Die Abwicklung von Onlinedisplaykampagnen erfolgte lange Zeit ausschließlich nach Prozessen, die ursprünglich aus der Welt der Print- und TV-Werbung stammten. Natürlich wurden dabei die Werbemittel über die Adserversysteme von Vermarktern und Agenturen/Kunden im Webbrowser elektronisch ausgeliefert und nicht ausgedruckt, aber diese Systeme arbeiteten nicht wirklich integriert, ganz zu schweigen von den mit den Kampagnen verbundenen Anfrage-, Buchungs- und Abrechnungsprozessen. In den letzten Jahren hat durch die zunehmende Verbreitung von elektronischen Marktplätzen eine sehr rapide Prozessveränderung begonnen, die dazu führt, dass Kampagnen zunehmend über diese Plattformen abgewickelt werden. Im Grundsatz unterscheidet man dabei zwischen Technologien für die Nachfrageseite, also die Werbekunden und ihre Agenturen (DSPs – Demand Side Plattformen), und für die anbietende Partei, die Onlinevermarkter (SSPs – Sell Side Plattformen). Der Handelsprozess zwischen den Systemen beider Seiten findet dabei automatisiert statt, entweder zu vorab vereinten Preisen oder in Form einer Auktion (Real Time Bidding).

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Für die Durchführung von Targetingkampagen ergeben sich durch diese automatisierten Handelsprozesse deutlich erweiterte Möglichkeiten. Eine zentrale Voraussetzung für eine programmatische Kampagnenabwicklung ist nämlich, dass beide Seiten die Userinformationen ihrer Systeme miteinander abgleichen. Ein Prozess, der etwas unscharf auch als Cookie Synching bezeichnet wird. Dieser gemeinsame Pool an pseudonymen Identifikatoren macht es für eine Targetingkampagne auf der Demand Side sehr einfach, die in eine Zielgruppe passenden User auf der Sell Side zu selektieren und mit einem passenden Werbemittel anzusprechen, ohne dass ein Streuerverlust an nicht passende Empfänger auftreten muss. Auch können zusätzliche Daten zur Anreicherung von Targeting-Zielgruppen über Data Management Plattformen (DMPs) in standardisierten Verfahren in die programmatische Welt injiziert werden. Über die Plattformen können auch die Systeme von Messdienstleistern für die Bannersichtbarkeit oder Umfeldkontrolle (Brand Safety) von Kampagnen einfach integriert werden.

Real Time Advertising bedeutet für die Einsatzmöglichkeiten zielgruppenbasierter Onlinewerbung keinen kompletten Paradigmenwechsel, obwohl dies des Öfteren so dargestellt wird. Denn konzeptionell neuartige Targetingformen entstehen nicht, nur weil eine Kampagne jetzt plattformgestützt abgewickelt werden kann und nicht mehr nur konventionell über eine Kombination der Adserver von Vermarkter und Agentur. Die Marktplätze machen es aber viel leichter, Targetingkampagnen technisch transparent abzuwickeln und in ihrer Reichweite zu skalieren, was vor allem bei spitzen Zielgruppen eine große Rolle spielen kann.

Nicht verschwiegen werden kann allerdings, dass die programmatische Welt an die Umsetzung zielgruppenbasierter Onlinewerbung auch erhebliche neue Herausforderungen stellt. Zum einen wollen die neuen Marktpartner, die Demand- und Sell Side-Plattformen bereitstellen, ihre Dienstleistung natürlich bezahlt sehen, was aufgrund der Kostensteigerung eine erhebliche Effizienzminderung der Kampagne zur Folge haben kann. Zum anderen erleichtert die strukturelle Offenheit der Plattformen den Marktzugang für unseriöse Marktteilnehmer und zweifelhaftes Werbeinventar. Dies erfordert bei allen ernsthaften Marktpartnern einen deutlich erhöhten Aufwand zur Qualitätskontrolle der Umfelder und zur Abwehr von Betrugsversuchen. Darüber hinaus stellt die Auswahl an Reichweiten und Formaten, die auf programmatischen Weg erreicht werden können, kein komplettes Abbild des Gesamtmarktes dar. Weder jetzt, noch in überschaubarer Zukunft. Die Abwicklung von Targetingkampagnen über Plattformen stellt also nicht zwangsläufig und in jedem Einzelfall die beste Alternative dar.