Trotz der immer größer werdenden Bandbreite an Themen und Inhalten ist die SXSW Interactive im Kern nach wie vor eine Tech-Konferenz. Das Hauptthema der diesjährigen Konferenz ist natürlich KI. Aber auch Spatial Computing und seine potenziellen Anwendungsbeispiele, von Mixed Reality bis hin zu Virtual Reality Experiences, bestimmen die Kongress-Agenda.

KI wird Fehler machen

Einer der Höhepunkte am Montag war die Diskussion zwischen Peter Deng, VP of Consumer Product von OpenAI und Head of ChatGPT, und Josh Constine von Signalfire. Ihr Gespräch drehte sich hauptsächlich um die Interaktion zwischen Mensch und KI und die Zukunft von ChatGPT im Hinblick auf Produktentwicklung und Regulierung. Was eine aufschlussreiche und tiefgehende Diskussion über die zukünftige Roadmap von ChatGPT hätte werden können, bei der die verantwortungsvolle Entwicklung und Offenlegung der Nutzung von KI in der Kommunikation, die inhärente Voreingenommenheit von LLMs und mögliche Regulierung zur Sprache kommt, wurde leider durch Dengs diplomatische Antworten auf fast jede kritische Frage im Keim erstickt.

Wird KI zu einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen führen? Möglicherweise ja, aber vielleicht wird es künftig einfach mehr Unternehmen mit weniger Beschäftigten geben. Hat ChatGPT/OpenAI einen zu starken Amerika-Fokus? Nein, wir wollen uns an den Werten der Nutzer:innen orientieren und Teile aus allen Kulturkreisen einbeziehen. Haben die Veränderungen im OpenAI-Vorstand zu einer Ablenkung geführt? Nein, wir konzentrieren uns auf unsere Arbeit. Sollte es Regeln für die Offenlegung von Informationen geben? Nein, gesellschaftliche Normen sollten die Lösung sein. Wie können wir KI-Kompetenz sichern und eine neue digitale Kluft verhindern? Indem wir die Technologie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Die meisten dieser Antworten hätten eine eingehendere Bewertung und kritische Reflexion verdient, aber das ist leider nicht passiert.

Dennoch konnten einige interessante Erkenntnisse gewonnen werden. Auf die Frage, ob es immer eine kostenlose Version von ChatGPT geben wird, antwortete Deng mit „Ja“. Der Plan sei, immer mehr Funktionen aus der kostenpflichtigen Version hinzuzufügen, sobald diese günstiger und effizienter zu betreiben sei. Zwischen den Zeilen war auch herauszuhören, dass OpenAI viele Funktionen und Features für ChatGPT in der Warteschlange hat. Diese werden aber langsam und schrittweise eingeführt, um mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden. Wie Deng sagte: „KI wird Fehler machen“ – und OpenAI ist bemüht, diese Fehler als Teil seiner verantwortungsvollen Entwicklungsphilosophie klein und überschaubar zu halten.

Spatial Computing: Immersives Storytelling und mehr

Ola Björling von Buoy hob in seiner aufschlussreichen Session das Potenzial von Virtual und Augmented Reality (VR/AR) für das Marketing hervor: „Von traditionellen Methoden des Storytellings zu Spatial Computing”. Er wies darauf hin, dass VR-Geräte wie Metas Quest und Apples Vision Pro ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Schaffung immersiver Erlebnisse sind, die Momente und Emotionen einfangen und Nutzer:innen ein einzigartiges Gefühl der Präsenz vermitteln.

Um Spatial Computing zu definieren, zitierte Björling Simon Greenwold vom MIT (Massachusetts Institute of Technology), der Spatial Computing als eine Interaktion beschrieb, bei der Maschinen Bezugspunkte zu realen Objekten und Räumen manipulieren. Bei Spatial Computing gehe es nicht nur um Technologie, sondern darum, Erlebnisse zu schaffen, die sich nahtlos in unsere physische Umgebung einfügen und intelligent auf sie reagieren. Er betonte, dass Apple nicht erst seit kurzem in diesem Bereich aktiv sei, sondern bereits seit Jahren daran arbeitete und verwies auf die angemeldeten Patente. Aus technischer Sicht, so Greenwold, hätten ein Spatial-Computing-Gerät und das von Apple eingestellte Projekt eines selbstfahrenden Autos viele Gemeinsamkeiten in der Technologie, die ihnen zugrunde liegt.

Er skizzierte eine Reihe zukünftiger Anwendungsbereiche für Spatial Computing, wobei eines klar ist: Bei dieser Technologie geht es nicht darum, Massen zu erreichen, sondern darum, bedeutungsvollere und tiefere Interaktionen mit den Nutzer:innen zu schaffen. Spatial bietet ein Gefühl von Präsenz und Immersion, das von anderen Medienformen nicht erreicht werden kann. Damit ist es ein außergewöhnliches Werkzeug, um tiefe emotionale Bindungen zu schaffen. VR sei eines der emotional stärksten Medien weil es Erinnerungen und Erfahrungen schaffen kann, die von den Nutzer:innen so verarbeitet werden, als wären sie real. Dies kann tiefgreifende Auswirkungen auf Markenerlebnisse haben: Sie werden einprägsamer und wirkungsvoller.

Mixed Reality ermöglicht, digitale und reale Inhalte zu verschmelzen und eröffnet neue Möglichkeiten der Unterhaltung, Produktivität und Zusammenarbeit.

Gaming definiert die Unterhaltung für die digitale Generation neu

Joost van Dreunen, renommierter Experte und Professor für die Gaming-Industrie, sprach über die Konvergenz von digitalen und realen Inhalten und betonte die Bedeutung der Gaming-Industrie als (noch) oft unterschätzte, aber massive Kraft in der Unterhaltungsbranche. Er beschrieb die aktuelle Entwicklung von traditionellen, produktbasierten Modellen (Kauf von physischen oder digitalen Spieleversionen) hin zu Dienstleistungen und Plattformen, die soziale Interaktion und Community-Bildung in den Mittelpunkt stellen. Diese Verlagerung ist Teil eines viel umfassenderen Trends, der sich weg von einzelnen Spielen hin zu vielschichtigen Erlebnissen bewegt. Gaming nimmt eine neue Rolle ein, die über das reine Spiel hinausgeht. Gaming umfasst heute nämlich auch das Teilen und Kreieren von Content sowie das Engagement in der Community.

Trotz des finanziellen Erfolgs in den meisten Bereichen sieht sich die Gaming-Industrie mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, darunter Massenentlassungen (wie auch in anderen Teilen der Technologiebranche) und der Kampf unabhängiger Studios gegen steigende Marketingkosten und mächtige Gatekeeper. Dennoch schafft es die Branche durch Innovationen und Kooperationen, wie z. B. den letztjährigen Blockbuster „The Super Mario Bros.“ oder Partnerschaften zwischen den großen Spiele- und Unterhaltungskonzernen, sich tiefer in unsere kulturelle Landschaft zu integrieren und dabei weiterzuentwickeln. Ein Paradebeispiel dafür, wie traditionelle Grenzen überschritten werden, ist die Partnerschaft zwischen Disney und Epic Games, in deren Rahmen gemeinsame immersive Erlebnisse aus Disneys beliebten Themenparks und Epics erfolgreicher Fortnite-Welt geschaffen werden.

Ein weiterer wichtiger Trend sind Online-Multiplayer-Spiele, die sich immer größerer Beliebtheit erfreuen und den Wunsch nach Online-Communities deutlich machen. Diese Spiele können echte Verbindungen schaffen und die Nutzer:innen in fesselnde Erlebnisse einbeziehen, die Online- und Offline-Welt miteinander verschmelzen lässt. Man denke nur an das Pokémon-Go-Phänomen 2016, wo Fremde zusammenkamen, um virtuelle Charaktere auf der ganzen Welt zu jagen. Spiele überschreiten weiterhin Grenzen. Sie sind eine zentrale kulturelle Kraft, die neu definiert, was Unterhaltung im digitalen Zeitalter sein kann. Gaming ist nicht einfach ein weiterer Zweig der Unterhaltungsindustrie, sondern revolutioniert die Art und Weise, wie wir zeitgenössische Kultur erleben, schaffen und uns mit ihr verbinden.

Zuerst veröffentlicht bei Horizont.

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