Werbetreibende im Digitalen Marketing erwartet 2024 ein Jahr der Veränderungen: Verschärfte Datenschutzanforderungen und Künstliche Intelligenz (KI) werfen nicht mehr nur ihre Schatten voraus, sondern erfordern auch sofortiges Handeln. Konkret geht es um den 6. März als Frist zur Implementierung des Google Consent Managers in der Version 2. Betroffen sind alle Websitebetreiber:innen und Werbetreibenden, die Google Analytics 4 als Analysetool nutzen oder ihre Kampagnen über Google Ads im Bereich Paid Search und YouTube aussteuern.

Diese Maßnahme begründet sich in der Umsetzung des Digital Marketing Act (DMA) der Europäischen Union. Diese im Dezember 2021 beschlossene Verordnung soll einer Marktbeherrschung durch die großen Tech-Konzerne entgegenwirken. Es ist also kein Wunder, dass Google als einer der größten digitalen Gatekeeper weltweit nun in die Initiative geht und die Verarbeitung von personenbezogenen Nutzerdaten strengen Regeln unterwirft.

Was steckt hinter dem Consent Mode v2?

Kurz gesagt: Der Google Consent Mode ist eine Verbindung zwischen der jeweiligen Consent Management Plattform (CMP) einer Website und Google. Er stellt sicher, dass essentielle Google Tags und die zur Kampagnensteuerung wichtige Verhaltensmodellierung ausgeführt werden können, ohne dass der Konzern aus Mountain View Zugriff auf personenbezogene Daten der Website-Nutzer:innen hat. In seiner „Basic Version (v1)“ wurden noch sämtliche Google Tags standardmäßig blockiert, sollte ein Nutzer seine CMP-Zustimmung verweigern. In der „Advanced Version (v2)“ des Consent Managers werden alle Google-Tags vorgeladen und es können, je nach Zustimmungsverhalten des Nutzers, mit Hilfe cookie-loser Pings und KI zumindest einige Features modelliert und weiterhin zur Verfügung gestellt werden. Hierzu zählen insbesondere die „Enhanced Conversions“ oder Remarketinglisten in Google Ads.

Massive Funktionseinschränkungen drohen, aber keine Strafen

Noch hüllt sich Google in Schweigen, was die Konsequenzen angeht, sollte die Nutzung des Consent Mode v2 durch Unternehmen oder Privatpersonen zum Stichtag am 6.März ausbleiben. Allerdings muss niemand mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Nutzt man eine gesetzeskonforme CMP, so erfüllt man alle Datenschutzauflagen im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Zu massenhaften Abmahnungen wird es also nicht kommen. Werbetreibende laufen aber Gefahr, die Möglichkeit zu verlieren, personalisierte Anzeigen auszuspielen. Denn eine Erstellung von Zielgruppen oder „Customer Match“ und „Lookalike-Segmenten“ wird dann verhindert. Da sich mit fehlenden Conversion-Daten auch ein effektives Gebotsmanagement als schwierig erweist, werden die Effizienz und die Qualität von Google-Ads-Kampagnen ohne den Consent Mode v2 mit Sicherheit negativ beeinflusst. Durch den Verlust von Messdaten wird sich auch das Kampagnen-Reporting ohne die Implementierung nicht stringent weiterführen lassen, was insbesondere bei Agenturen und Dienstleistern zu Problemen führen kann.

Nutzung in Verbindung mit einer CMP und SST

Die Implementierung des Consent Managers v2 bedarf keines Expertenwissens. Erfahrene Anwender:innen des Google Tag Managers werden die Umstellung ohne weitere Probleme durchführen können. Einige von Google zertifizierte CMPs werden sogar automatisch auf den neuen Standard aktualisiert. Da das Setup der CMP aber sehr individuell sein kann, empfiehlt es sich, die einwandfreie Funktionsweise zu testen. In einigen Fällen werden nämlich noch kleine Anpassungen von Tracking Pixeln auf der Website nötig. Noch mehr Kontrolle über die Nutzung von Userdaten durch Google kann man durch die Kombination des Consent Mode v2 mit Server-side Tracking (SST) herstellen. Dabei  werden Nutzerdaten samt Einwilligung auf einem Cloudserver gesammelt statt auf dem Endgerät des Nutzers. Die Kommunikation der Google Dienste mit der CMP erfolgt dann indirekt über den Server, was personenbezogene Daten besser schützt und dank weniger Scripte schnellere Ladezeiten von Inhalten im Client-Browser ermöglicht. Wer noch keine Erfahrung mit der Wechselwirkung von Consent Management-Bannern und dem Klickverhalten seiner Nutzer hat, sollte diesen Zeitpunkt nutzen, um die Konfiguration des Consent-Managers auf eine hohe Zustimmungsrate seiner Nutzer:innen zu optimieren. CMPs bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten bei der Farbgestaltung, Benennung und Platzierung der rechtlich vorgeschriebenen Buttons. Ziel sollte immer eine möglichst hohe Zustimmungsquote sein, denn die Einwilligung zu einem Cookie wirkt sich direkt auf die Nutzung des Datensatzes innerhalb der Google-Dienste aus. Hier empfiehlt sich das Testing verschiedener Consent-Banner-Einstellungen mit Hilfe von A/B-Tests.

Ein guter Kompromiss für alle Seiten

Die Einführung des Consent Mode v2 an einem festen Stichtag zu binden und funktionale Konsequenzen anzukündigen zeigt, wie ernst Google die regulativen Vorgaben zum Datenschutz auf nationaler und europäischer Ebene nimmt. Im Wettbewerb kann sich der Suchmaschinengigant aus Mountain View nur durch überzeugende Features und eine hohe Qualität seiner Daten abheben. Der Consent Mode v2 ist in dieser Hinsicht ein guter Kompromiss, mit dessen Implementierung Websitebetreiber kein funktionales oder rechtliches Risiko eingehen und ihre Marketingkampagnen in gewohnter Weise weiter betreiben können. An der marktbeherrschenden Stellung von Google wird sich durch diesen Schritt jedoch wenig ändern.

Stephan Daxberger ist Digital-Marketing Consultant bei der Plan.Net Impact. Er ist seit über 20 Jahren im Bereich Online-Business und Online-Marketing tätig. Sein Fokus liegt auf der Beratung und Konzeption von datenschutzkonformen, übergreifendem Tracking sowie auf der Optimierung von Performance-Marketing-Kanälen.

Zuerst erschienen bei Adzine.

Bewerbungsprozesse laufen immer nach Schema F ab. Das muss nicht sein: Virtuelle, interaktive 3D-Bewerbungserlebnisse begeistern nicht nur Kandidat:innen. Sie sorgen auch dafür, dass Unternehmen, die Spatial Experiences im Recruiting einsetzen, den War for Talents gewinnen.

Man kennt es: Um Bewerbende über die Unternehmensgeschichte und -kultur, über Produkte, Services und Innovationen zu informieren, verschicken Personaler:innen gerne PowerPoints. Nichts für ungut, aber wäre es nicht an der Zeit, daran etwas zu ändern? Und zwar so: Statt einer klassischen Präsentation gibt es eine Einladung mit Zugangsdaten und einer URL. Das macht neugierig. Talente loggen sich ein und finden sich automatisch in einer virtuellen Welt wieder. Sie suchen sich einen Avatar aus und beginnen mit ihrer Unternehmenserlebnisreise. Nicht mal eine VR-Brille ist nötig, sie kommunizieren über ihr Mikrophon, erkunden Markenräume, laufen und fliegen intuitiv zu verschiedenen inhaltlichen Bausteinen. Berühren sie sie, erzählen die Designelemente – und zwar audiovisuell – etwas über das Unternehmen. Während ihrer Journey lösen sie auch Aufgaben und Quizfragen. Möchten sie Inhalte vertiefen, helfen ihnen KI-gestützte Assistenten. Dabei ist es ihnen überlassen, wie lange sie im virtuellen Brand Hub bleiben – 20 Minuten oder 20 Stunden. Denn hier gibt es keine lineare Wissensvermittlung mehr.

Was wie eine Zukunftsvision klingt, ist bereits Realität: Schon heute können Personalverantwortliche Kandidat:innen solche neuartigen Erfahrungen im Recruitingprozess bieten, indem sie Spatial Computing-Konzepte mit auditiven Elementen und interaktivem Storytelling einsetzen. Denn Architektur, Design, Musik und Geräusche rufen bei Menschen automatisch Emotionen hervor. Spatial Computing übersetzt die Unternehmenshistorie, die Vision und Werte in Formen, Farben und Lichtstimmungen, in immersive Inhalte, in eine gut durchdachte und kreative Story. Das ist viel lebendiger als durch PowerPoints zu scrollen. Wichtig dabei ist, dass Bewerbende ihre zukünftigen Arbeitgeber:innen selbst entdecken. Sie entscheiden, was sie interessiert. Es liegt also auf der Hand, dass Spatial Experiences Bewerbungsprozesse bereichern und Unternehmen dadurch Kandidat:innen für sich gewinnen können. Schließlich bewerben sich heutzutage Unternehmen bei Talenten – und nicht umgekehrt.

Assessments, Hackathons und Think Tanks – natürlich rein virtuell

Spacial Computing hält nicht nur Talente im Bewerbungsprozess, sondern entlastet auch das Recruiting-Team. Denn solche Candidate Experiences müssen nicht unbedingt betreut werden. Sie können rein intuitiv angelegt sein.

Weil der virtuelle Raum wie ein Ökosystem funktioniert, gibt es etliche Anwendungsmöglichkeiten: Bewerbungsgespräche werden beispielsweise zu einem Erlebnis, in dem Talente währenddessen auch Geschäftseinheiten virtuell besuchen dürfen, die nicht vor Ort sind, aber für den Job eine relevante Rolle spielen. Das können internationale Logistikeinheiten, Produktionsstätten oder auch Think Tanks des Unternehmens sein. Auch für die virtuelle Durchführung von Assessments ist Spatial Computing geeignet. Unternehmen sparen so weiter Ressourcen. Schließlich brauchen Teilnehmer:innen nicht mehr anzureisen. Darüber hinaus werden Assessment Center oft als stressige und lästige Prüfungen empfunden. Wenn sie jedoch als kreativer Parcours oder Hackathon im virtuellen Raum angelegt sind, wo Hard Skills und Soft Skills auf spielerische Weise getestet werden, bleibt auch ein Assessment in positiver Erinnerung.

Spatial Experiences können auch das Onboarding unterstützen. Beispielsweise trifft sich eine kleine Gruppe an neuen Mitarbeitenden mit einer Moderatorin oder einem Moderator aus dem HR-Bereich am ersten Arbeitstag im virtuellen Brand Hub. Sie lernen dort nicht nur die Organisationsstruktur, die Arbeitsweise und Kultur kennen, sondern auch erste Kolleg:innen. Das gemeinsame Erlebnis ist wie ein Ice Breaker, der die Gruppe zusammenschweißt und tiefe Bindungen schafft.

So wird der virtuelle Raum entwickelt und gebaut

Du bist Recruiter:in oder HR-Verantwortliche:r und denkst dir jetzt: Wir brauchen für die Personalprozesse in unserem Unternehmen auch eine Spatial Experience! Dann gilt es ein Konzept zu entwickeln, das folgende Fragen beantwortet: Wo hätte Spatial Computing den größten Impact im Bewerbungsprozess? Welche Inhalte sollen tatsächlich kommuniziert werden? Wie sieht die Inszenierung aus? Je interaktiver, desto spannender und nachhaltiger. Wie sieht die Story aus? Kreative Unternehmensgeschichten sind die besten – besonders wenn sie Kandidat:innen tief in die Handlungen einbeziehen. Soll es ein Gruppenerlebnis oder eine 1:1-Situation sein? Das hat Auswirkungen auf die virtuelle Raumgestaltung: Kleinere Räume mit weichem Licht und natürlichen Materialien strahlen Intimität und Wärme aus. Für größere Gruppen, die auf einer virtuellen Tour sind, braucht es Platz.

Anschließend geht es an die technische Umsetzung der eigentlichen, ganz individuellen Architektur. Unternehmen können sich beispielsweise für einen Digital Twin ihres Headquarters entscheiden oder auch für ein ganz abstraktes und kreatives Design. Ein Tech-Konzern lässt sich beispielweise als Steampunk-Metropole, mit dampfgetriebenen Apparaturen und viktorianischer Architektur visualisieren. Die Bandbreite ist groß und der Kreativität sind im virtuellen Raum keine Grenzen gesetzt.

Integrieren Unternehmen Spatial Experiences in ihrem Recruiting-Prozess, liefern sie eine einzigartige Candidate Experience, die besonders für tech-affine Bewerbende und die Digital Natives attraktiv ist. Sie unterstreichen ihre Innovationskraft und hauchen ihrem Employer Branding neues Leben ein. Sie sparen ganz nebenbei Kosten und entlasten das Recruiting-Team. Und heben sich letztlich erfolgreich von der Konkurrenz ab.

Zuerst erschienen bei Business Punk.

APPLE VISION PRO AUF DEM MARKT

Viele sind noch skeptisch. Doch Apple bringt mit der Vision Pro den Stein ins Rollen. Dass ab 2024 mehr und mehr Menschen VR- und AR-Brillen nutzen werden und sich dies enorm auf Marken und das Marketing auswirken wird, meint Sebastian Küpers, Chief Transformation Officer bei der Plan.Net Group sowie Managing Director der Plan.Net Studios.

Am 2. Februar kommt die Vision Pro auf den US-Markt. Dabei wartet Apple nicht als erstes Unternehmen mit einem Mixed-Reality-Headset auf, das Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) bietet. Seit 2019 verkauft Meta bereits die Headset-Serie Quest. Auch HTC oder Sony haben VR-Brillen im Angebot. Und Konzerne wie Samsung und LG stehen kurz vor ihrem Headset-Launch. Alle eint, ein großes Stück vom schnell wachsenden Markt abzubekommen.

Doch der Marktstart der Vision Pro markiert einen Wendepunkt: Apple passt – wie schon in der Vergangenheit mit dem iPod, iPhone, iPad und der Apple Watch – auch jetzt den richtigen Moment für den Markteintritt ab. Immer gelang es Apple, die Marktentwicklung mit jedem Produkt-Launch voranzutreiben, die Konkurrenz einzuholen und Menschen auf der ganzen Welt von neuen Technologien zu begeistern. Auch bei der Vision Pro ist dies vorprogrammiert. Denn Apple punktet mit seinem riesigen Ökosystem: Nutzer:innen können auf alle Apple-Apps zugreifen wie Apple Music oder Apple TV. Im Vergleich zum Wettbewerb bietet die Vision Pro damit einzigartigen Entertainment-Content an.

Marketers sollten auf Spatial-Computing reagieren

Aber was wird diese neue Headset-Generation bieten? Mit der Vision Pro können Kund:innen beispielsweise dreidimensionale filmische Szenen wie auch virtuelle Arbeitsumgebungen mit ihrem physischen Raum verbinden. Apps öffnen sich in großen Fenstern, die in der Umgebung schweben und sich frei im Raum platzieren lassen. Ferner ist es möglich, dreidimensionale Objekte in die eigene physische Realität zu bringen. Kund:innen werden beginnen, mit diesen neuen Anwendungen zu spielen, zu interagieren und zu kommunizieren.

Es ist davon auszugehen, dass Menschen mittelfristig in einer Welt leben werden, in der sie täglich virtuelle Inhalte nahtlos in ihre physische Welt integrieren. Damit einher gehen signifikante Veränderungen und völlig neue Möglichkeiten für das Marketing: Brands können durch die Nutzung räumlicher Designsysteme virtuelle Umgebungen schaffen, wo sie ihre Marken- und Produkt-Stories interaktiv erzählen und damit unvergessliche, immersive Erlebnisse schaffen. Sie werden so auf einer tieferen Ebene kommunizieren, starke Emotionen hervorrufen und bleibende Eindrücke hinterlassen. Das stärkt die Markenbindung und erhöht die Konversion. 

Ein Anwendungsbeispiel: Eine Automarke platziert sein neues Modell im Wohnzimmer von VR-Headset-Nutzer:innen. Sie können nun auf einmal selbst virtuell und ohne viel Aufwand in diesem Fahrzeug sitzen, es ausprobieren und entdecken. Sogar Menschen, die nicht gerade Fan dieser Automarke sind, werden sich mit dem interaktiven Content beschäftigen und so der Marke und dem neuen Produkt ihre Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Es liegt auf der Hand, dass sich Produkte während dieser emotionalen Spatial-Experience besser verkaufen lassen werden.

Nächste Entwicklungsstufe: KI und Blockchain steigern die immersiven Erlebnisse

Künstliche Intelligenz (KI)-Systeme werden solche immersiven Markenerfahrungen künftig um personalisierte Interaktionen ergänzen und in Echtzeit neue Inhalte kreieren und so organisch mit Kund:innen im Dialog kommunizieren. Darüber hinaus wird die Blockchain-Technologie weiter an Relevanz gewinnen. Wenn nun Spatial Computing, KI und Blockchain-Technologie im Marketing kombiniert werden, könnte sich folgendes Markenerlebnis daraus entwickeln: Potenzielle Kund:innen möchten ein Auto kaufen. Sie setzen ihre Mixed-Reality-Headsets auf und benutzen den virtuellen Konfigurator der Fahrzeugmarke, der ihnen ein räumliches Erlebnis der Automodelle und ihrer Konfiguration bietet. Dabei berät sie ein digitaler KI-Assistent, mit dem sich die Interessenten in natürlicher Sprache austauschen und der ihnen hilft, gewisse Entscheidungen zu treffen – welches Leder oder welche Felge sie wählen sollten. Denn die KI weiß, dass es sich bei den potenziellen Käufer:innen um ein gutsituiertes, junges Ehepaar handelt, das gerne mit dem Auto verreist, Luxus, Komfort und Blautöne liebt. Parallel geben sie die Informationen aus ihrer Wallet frei, wo alle ihre Belege gespeichert sind. Das ermöglicht, dass das Kauf- und Markenerlebnis zusätzlich gesteigert wird. So erfährt der Hersteller vielleicht, dass die Interessenten schon einmal ein Auto von dieser Marke gefahren sind und geben ihnen einen Preisnachlass. Kund:innen sparen sich zum einen das Durchklicken durch die verschiedensten Konfigurationsmöglichkeiten und erleben zum anderen eine Kaufberatung auf höchstem Niveau.

Wie schnell auch immer die Brillen den Markt durchdringen: Marketingverantwortliche sollten sich auf die Spatial-Computing-Ära vorbereiten und sich mit räumlichen Designsystemen für ihre Marke und Produkte beschäftigen. Denn Spatial Computing funktioniert nicht nur mit Headsets, sondern Brands können schon heute ihren Kund:innen immersive Erlebnisse auf ihrer Website, in ihren Apps oder auf Displays am Point of Sale bieten. Deshalb gilt es, Konzepte, Brand Guidelines und möglichst schon eine Bibliothek immersiver Inhalte aufzubauen. Denn indem sie ihren Kund:innen gleich zu Beginn interaktive Markenerlebnisse in virtuellen Umgebungen bieten, werden sie der Konkurrenz ein Stück voraus sein.

Zuerst erschienen bei Horizont.

Die SXSW geht zu Ende und damit auch die Reise von Mediaplus und Plan.Net. Was vor allem bleibt, ist das Gefühl eines Umbruchs. Science Fiction im banalen Alltag verankert. Eine Zukunft mit unvorstellbaren neuen Herausforderungen und eine Entwicklungsgeschwindigkeit der Technologien, wie wir sie uns noch vor einem Jahr kaum vorstellen konnten. Der letzte Recap zur SXSW kommt dieses Mal im Doppelpack von Alex Turtschan, Director Innovation bei Mediaplus und Nina Matzat, General Manager Plan.Net Studios.

„We all know something is changing, right? You guys feel it as well?” So begannen die meisten Sessions der SXSW. Wir blicken zurück auf ein Jahr bahnbrechender Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Unsere Kinder nutzen ChatGPT heute ganz selbstverständlich, um etwas so Banales wie ihre Hausaufgaben zu erledigen – mit Technologie, die uns noch vor wenigen Jahren wie Science-Fiction vorkam. Und es hat weniger als ein Jahr gedauert, bis diese Science Fiction zur Normalität geworden ist.

KI – wenn die Maschine vor dir weiß, was du tust

Was die SXSW dieses Jahr sehr besonders gemacht hat: Die Gespräche und Einschätzungen über KI wurden sehr konkret, gingen in den meisten Fällen über Buzzwords und einfache Wahrheiten und Thesen hinaus. Für Amy Webb, CEO des Future Today Institute, steht KI im Zentrum eines neuen Technologie-Superzyklus, auf einer Stufe mit Elektrizität, der Dampfmaschine und dem Internet. Nur haben wir es diesmal nicht mit einer „General Purpose Technology” zu tun, sondern mit drei. Neben KI wird das Internet of Things zum „Connected ecosystem of things”. Und nicht zuletzt werden wir das Zeitalter von Biotechnologie und „Generative Biology“ einläuten. Wir werden Biocomputer erleben, die aus menschlichen Gehirnzellen gebaut werden.

Ein Satz von Amy Webb hat uns besonders aufmerken lassen: „AI will run out of Internet soon.” Die aktuellen Generative-AI-Modelle sind trainiert auf Daten aus der Vergangenheit – zumeist mit Abermillionen von Texten und Bildern aus mehreren Jahrzehnten Internet. Für die nächste Evolutionsstufe von KI und den Wandel von Large Language Models (LLMs) zu Large Action Models (LAMs) braucht es jedoch mehr und vor allem andere Daten.

Der beste Weg, diese zu bekommen? Wearables, die wir 24/7 mit uns tragen, in allen Formen und Größen: von Smart Rings über Smart Glasses und AI Pins bis hin zu den von Amy Webb wenig schmeichelhaft als „Gesichtscomputer” bezeichneten Devices wie der Apple Vision Pro – dazu unten mehr. In den nächsten Monaten und Jahren werden wir eine wahre Explosion an Devices erleben. Wo LLMs in der Lage sind, vorherzusagen was wir als nächstes sagen wollen, werden LAMs wissen, was wir als nächstes tun – vielleicht sogar, bevor wir es selbst wissen. 

Klingt aufregend, eröffnet allerdings eine ganz neue Dimension an Problemen rund um Datenschutz, Privatsphäre und Regulierung. Es ist an der „Transition Generation”, und denen, die uns folgen, diesen Wandel zu begleiten und in die richtigen Bahnen zu lenken.

Der Sprung zum überübermorgen: aus GenZ wird Alpha

Doch was macht das eigentlich mit uns Menschen, auch das eine zentrale Frage der SXSW 2024. Während ein Großteil der Marketing- und Geschäftswelt gerade noch versucht, die Gen Z zu verstehen, wartet mit der Gen Alpha bereits die nächste Konsumgeneration auf uns: die zwischen 2013 und 2024 Geborenen. Hier ist ein Rückblick auf die Elterngeneration notwendig, deren Jugend und Erwachsenenalter von einschneidenden Ereignissen geprägt ist: 9/11, Finanzkrise, Rezession, Pandemie, digitale Revolution, Klimawandel – kurz: Unsicherheit.

Starke Einbindung in die Entscheidungen innerhalb der Familie, Transparenz hinsichtlich Finanzen, selbstverständliche Nutzung digitaler Medien: Die Gen Alpha ist meinungsstark und entscheidungsfreudig, auch was das Verhältnis zu Medieninhalten und Marken angeht. Technologie kommt im Zweifel vor Marke – hier gilt es aufzupassen.

Und das Marketing? Kommt kaum hinterher!

Das Marketing hat hier viel zu stemmen: Die Abkehr von klassischen Zielgruppen hin zu interessensgetriebenen Communities, aber auch das geschickte Nutzen von Hype-Zyklen rund um Produkte, Popkultur und Persönlichkeiten. Dazu kommen die Anforderungen an stringente Markenführung in Zeiten von hoch-personalisierten Kampagnen. Angesichts von Kostendruck, Effizienzdenken und oft schlechter Produkt- und Servicequalität – wie Jake Brody von Accenture Song kritisiert – eine gewaltige Herausforderung für CMOs. 

Lädierte Kunden-Marke-Beziehungen zu reparieren, die eigene Marke zu differenzieren, der Umgang mit neuen Technologien (von KI bis Spatial Web) sind Herkulesaufgaben. Hier tut es gut, sich an der „Beyond the Buzz”-Session von Noor Naseer, Basis Technologies, zu orientieren: „Focus on your own problems and don’t worry about what others are doing.” Oder etwas positiver formuliert: Mit Fokus auf die eigenen Stärken, Ideen und Kreativität meistern wir auch diese Transition. 

Alex Turtschan, Director Innovation bei Mediaplus

Das nächste Internet

Die SXSW erlaubt es, den eigenen Planeten zu betrachten (für uns bei Plan.Net Studios: Spatial Computing, Blockchain und Emerging Tech), das Sonnensystem drumherum (was bedeutet AI eigentlich für unsere Branche, unsere Gesellschaft und die Zukunft der Menschheit?) und darüber hinaus – wortwörtlich – das ganze Universum (Danke, NASA).

Genau das ist die große Stärke der Konferenz. Nur durch den Blick über unsere eigene Bubble hinaus können wir die Ereignisse in unserer Bubble vernünftig einordnen. Und manchmal erdet es auch, wenn man zwischen Futuristin Amy Webb und ChatGPT-Chef Deng live mit Astronaut:innen auf der ISS spricht und hört, wie an den Lösungen für Krebs, Alzheimer und Klimakrise geforscht wird. Oder wie Scott Galloway sagen würde: „Life’s so rich.“

Apple Vision Pro – der Mac fürs Gesicht

Im Kern ist Spatial Computing die Verschmelzung von Computer Vision, Extended/Virtual Reality, AI und der echten Welt. Es wird uns ermöglichen, auf ganz neue Arten miteinander zu interagieren und zu kommunizieren und vor allem das Verständnis unserer elektronischen Begleiter für die Welt auf ein völlig neues Niveau heben: Raum, Audio, Daten – alles wird nutzbar, fühlbar und interagierbar. Das führt zu neuen Formen von Entertainment, Handel und Bildung – die physische Welt als Leinwand für digitale Interaktion. Bestes Beispiel: Die Apple Vision Pro.

Elizabeth Bramson-Boudreau, CEO der MIT Technology Review, sagt, was alle denken: Es gibt bereits diverse Headsets und VR-Geräte. Der Unterschied zu allen Vorgängern, die versucht haben, VR und AR an die Massen zu bringen: „It’s Apple“. Für Ted Schilowitz, Futurist bei Paramount Global, ist Apples Superkraft deshalb nicht Innovation oder Erfindung, sondern „Refinement“. Man hat sich aufgemacht, User Experience, Auflösung, Immersion, Sensorik, Design und verfügbaren Content zu perfektionieren. Die erste Vision Pro ist eine „Developer Version“ – aber es wird nicht lange dauern, bis die nächste Iteration zur Verfügung stehen wird, die nicht nur optimiert, sondern auch für eine breitere Masse an Nutzer:innen erschwinglich sein wird. 

Mit der Vision Pro begründet Apple aber auch eine neue Technologie-Kategorie: Spatial Computing. Die Vision Pro ist eben keine Brille wie Meta’s Quest, die großen Fokus auf Gaming legt. Sie ist ein Mac für das Gesicht. Fast forward: In ein bis zwei Jahren wird Apple diese Kategorie nachhaltig anführen – so die einhellige Meinung auf der SXSW. 

Blockchain: Alle Macht den User:innen

Neue Chancen eröffnet hier auch die Blockchain. Das Bashing von NFTs als Spekulationsobjekte und Crypto als Scam ist verklungen. Jetzt können die Bauherren des neuen Internets in Ruhe arbeiten. Chris Dixon, Andreessen Horowitz Partner und Gründer des größten Web3 Venture Capitals a16z, sieht Blockchain als Lösung für die Dominanz und Kontrolle, die Big Tech (Amazon, Google, Apple & Co.) über unsere Daten und – gelinde gesagt – über die gesamte Weltwirtschaft hat. Big Tech hat das Internet monopolisiert. Die große Vision derer, die Blockchain voranbringen, ist es, die Zentralisierung des Internets aufzulösen und den User:innen die Hoheit über Daten und Besitz zurückzugeben. 

Zwei große Zukunftsvisionen tun sich hier auf: Blockchain als System von Authentifizierung, Validierung und „Trust“ für Identität, Besitz, und Urheber – und damit ein valides Gegengewicht zu KI. Und zweitens: Blockchain und Tokens als Technologie für Interoperabilität von digitaler Identität, Daten, Besitz und Content und damit als Fundament für das zukünftige Metaverse. Und das sieht ganz anders aus als das geschlossene kleine – und auch schon totgesagte – Spielimperium von gestern.

Ready Player One – vom Buch zur Realität

Die Vision des 2011 verfassten und 2018 verfilmten Buchs „Ready Player One“ von Ernest Cline war bereits eine Zukunftsvision dessen, was wir als das künftige Metaverse bezeichnen. Ein virtuelles Universum, in dem drei grundlegende Prinzipien zusammenkommen: Zum einen die Idee von Konvergenz, der Annäherung und Zusammenführung von unterschiedlichsten virtuellen Welten. Zum zweiten die Datenebene – Informationen darüber, wer wir sind, was wir gerne tun, was wir lieben –, komplett im Besitz der Nutzer:innen. Und zuletzt die Interoperabilität – die Möglichkeit, sich naht- und reibungslos zwischen den Welten zu bewegen, mit all dem, was uns ausmacht: unsere Identität, unser Besitz, unser digitales Leben. Das ist die originäre Vision des Metaverse, festgehalten in Ready Player One.  

Spannende News auf der SXSW: Die Mannschaft, die das Buch und den Film zum Leben erweckt hat, ist dabei, die Vision in die Realität umzusetzen. Angekündigt wurden das Readyverse als Plattform und eine Battle Royale Hero Experience, genannt OPEN  Autor und Filmcrew haben hierfür elf Unternehmen unter einem Dach vereint und sich mit den größten Gaming Studios verpartnert, unter anderem Microsoft, Epic Games, Ubisoft, Playstation, Mojang. Weitere sollen folgen. Aaron McDonald, Co-Founder der Readyverse Studios, versprach: „The Metaverse is the internet grown up.”

Soweit zur Zukunft des Metaverse. Worüber sich letztendlich aber selbst die schlauesten Köpfe nicht einig sind: Wie die Zukunft mit AI, Spatial, Blockchain und Co. ausgeht. Futuristin Amy Webb eröffnete eine bisweilen dystopische Vision der Zukunft, in der unreglementierte KI die Gesellschaft weiter spalten und zu einer noch größeren ökonomischen und sozialen Kluft führen könnte. Ray Kurzweil, Begründer des Prinzips der Singularität und der Mensch, der sich länger mit AI beschäftigt hat als jeder andere Mensch (65 Jahre, wow), zeichnete hingegen ein sehr optimistisches Bild der Zukunft unter AI: „Tomorrow’s gonna be better and better“ – wenn wir es nur schaffen, die ethischen Herausforderungen von AI zu lösen. Spoiler: Es sind eine Menge.

Nina Matzat, General Manager Plan.Net Studios

Zuerst veröffentlicht bei Horizont.

Digitale und virtuelle Erfahrungen verschmelzen zunehmend mit der realen Welt. Diese Entwicklung eröffnet Marketing- und Brandverantwortlichen völlig neue Möglichkeiten, mit ihren Kundinnen und Kunden in Kontakt zu treten und mit ihnen zu interagieren. Wie ein beeindruckendes, immersives Erlebnis in digitalen und virtuellen Räumen gelingt und warum Spatial Computing, Künstliche Intelligenz und die Blockchain-Technologie dabei wichtige Rollen spielen, schildern Sebastian Küpers, Chief Transformation Officer bei der Plan.Net Group sowie Managing Director der Plan.Net Studios, und Dr. Andreas Liebl, Managing Director und Gründer der appliedAI Initiative GmbH, im Gespräch mit Mario Zillmann von Lünendonk. Die beiden Unternehmen arbeiten im Rahmen von KI-Projekten für Kundinnen und Kunden partnerschaftlich zusammen.

Herr Küpers, Sie sind bei der Plan.Net Group für die großen Transformationsthemen zuständig, die derzeit alle Unternehmen betreffen, um zukünftig wettbewerbsfähig zu sein. Digitale Technologien nehmen dabei eine immer größere Rolle ein. Erklären Sie doch bitte einmal, was Sie unter Spatial Computing verstehen und wie sich die Unternehmens- und Markenkommunikation dadurch verändern wird.

Sebastian Küpers (SK): Die Ankündigung von Apple, mit der Vision Pro Anfang 2024 ein neues Device herauszubringen, hat dem Begriff Spatial Computing neues Leben eingehaucht. Generell existiert der Begriff aber schon über 20 Jahre. Im Kern geht es bei Spatial Computing um eine Technologie, die es ermöglicht, virtuelle und physische Welten und Nutzerinteraktionen nahtlos im dreidimensionalen Raum zu verschmelzen und damit ein neues, immersives Erlebnis zu bieten. Und dies völlig unabhängig von der Technologie: Spatial Experiences kann es nämlich auf einer Website, in einer mobilen App, auf einem Display am Point of Sale oder in Zukunft auf anderen Devices geben.

Meiner Ansicht nach ist das Spannende an Apples neuer Vision Pro gar nicht das Gerät an sich, sondern vielmehr das Betriebssystem und das damit verbundene Interaktionsparadigma – das stufenlose Reinzoomen: Man sieht ein Bild, zoomt hinein und steht plötzlich mittendrin.

Geben Sie uns doch mal bitte ein Beispiel.

SK: Gerne. Stellen Sie sich vor, Sie sehen sich Autobilder auf einer Webseite an und können plötzlich reinzoomen, bis Sie das Gefühl haben, Sie sitzen praktisch im Fahrzeug und erleben dieses räumlich. Das ist toll und bietet eine völlig neue Experience. Natürlich beschäftigen sich Menschen dann auch gerne mit einem solchen Content und verbringen auch mehr Zeit mit der Marke. Der positive Einfluss auf ein Erlebnis entsteht aber nicht nur beim Shoppen, sondern beispielsweise auch im B2B-Sektor, wenn es darum geht, komplexe Produkte greifbar darzustellen und erlebbar zu machen. Zudem haben wir festgestellt, dass sich Produkte während einer Spatial Experience besser verkaufen – wenn also beispielsweise ein Live-Konzert in einer immersiven Umgebung stattfindet.

Herr Dr. Liebl, schildern Sie bitte,wie KI unser Erleben und unsere Interaktion mit Marken schon heute beeinflusst und wie sich dies in Zukunft entwickeln wird. Wo liegen die Möglichkeiten und Vorteile für Marken in Bezug auf Spatial Computing oder eine neue Generation des Internets?

Dr. Andreas Liebl (AL):KI-Systeme ergänzen die Markenerfahrung um echte Interaktion und kreieren in Echtzeit neue, nicht einprogrammierte Inhalte. Die Interaktionen sind also nicht mehr vorgegeben, sondern entwickeln sich generativ, was die Qualität der Personalisierung und die der Interaktionen natürlich deutlich steigert.

Ich denke zwar nicht, dass „Browsing“ und „Search“ verschwinden werden. Aber Conversational wird einen starken Marktanteil einnehmen. Schon heute erleben wir eine Omnipräsenz der verschiedenen Conversational Interfaces. Wir sprechen mit Siri auf unseren iPhones, mit Alexa oder im Kundenservice mit einem virtuellen Assistenten oder KI-basierten Avatar. Ähnliches gilt für den B2B-Kontext. Die individuelle Exploration ist immens – angefangen von einem Maschinenbauhersteller, der ein virtuelles Interface zu Kundinnen und Kunden ermöglicht, um Anlagen zu bedienen oder zu warten, bis hin zu digitalem Content, der förmlich mit der Realität verschmilzt und Menschen Teil der Experience werden lässt.

Markenverantwortliche können vor allem von der möglichen Personalisierung profitieren, indem sie die KI entsprechend trainieren. In absehbarer Zeit hebt das die Markenerfahrung in eine neue Dimension.

Herr Küpers, wenn das Markenerlebnis bereits durch Spatial Computing und Künstliche Intelligenz eine neue Dimension erhält, welchen Nutzen kann da die Blockchain-Technologie Unternehmen in der Interaktion mit den Kundinnen und Kunden noch bieten?

SK: Während Spatial Computing und Künstliche Intelligenz sehr sichtbar für die Menschen sind, agiert Blockchain eher im Hintergrund.

Die Blockchain-Technologie punktet bei sogenannten Smart Contracts, indem sie automatisiert Verträge gestaltet und zusätzlich Interaktionen steuert. Ein Beispiel: Jemand kauft ein Produkt mit Garantie und der Kaufnachweis wird auf der Blockchain gespeichert. So kann die Käuferin oder der Käufer – ohne die Quittung aufzubewahren – digital nachweisen, dass sie oder er dieses Produkt besitzt. Darüber hinaus kann die Technologie im Smart Contract beispielsweise auch das Garantieversprechen vollautomatisiert einlösen und Geld zurückerstatten. Wenn der Kauf sogar an ein Loyalty-Programm geknüpft ist, könnte über den Smart Contract auch automatisch die Bonuszahlung veranlasst werden.

Wir gehen davon aus, dass hochautomatisierte Smart Contracts in Zukunft die Interaktion zwischen Marken und Konsumentinnen und Konsumenten immer stärker mitgestalten werden. Das betrifft insbesondere zusätzliche, an das Produkt gekoppelte Serviceleistungen. Die Menschen werden zukünftig mehr Belege in ihrer Wallet haben und davon automatisch profitieren.

Bitte erklären Sie uns genauer, wie die drei Themenbereiche Spatial Computing, Künstliche Intelligenz und Blockchain-Technologie zusammenkommen. Was ist das Besondere an diesen Schnittstellen und wie wirken sie sich auf das Markenerlebnis aus?

SK: Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels schildern: Ich will ein neues Auto kaufen und benutze den Konfigurator, der mir zum einen ein räumliches Erlebnis der Automodelle und ihrer Konfiguration bietet. Dabei berät mich ein digitaler KI-Assistent, mit dem ich mich in natürlicher Sprache austausche und der mir hilft, gewisse Entscheidungen zu treffen –welches Leder oder welche Felge ich wählen könnte. Parallel gebe ich die Informationen aus meiner Wallet frei, wo alle meine Belege gespeichert sind. Das ermöglicht, dass mein Kauf- und Markenerlebnis zusätzlich personalisiert wird. So erfährt der Autohersteller vielleicht, dass ich schon einmal ein Auto der Marke hatte und gibt mir einen Preisnachlass.

Gerade in der Kombination aus allen drei Themen – Spatial Computing, Künstliche Intelligenz und Blockchain-Technologie – entsteht ein ganz neues, immersives Kundenerlebnis. 

Für Spatial Computing oder die neue Generation des Internets werden AR-Brillen oder VR- und MR-Headsets gebraucht. Sie gelten nach wie vor als teuer und unpraktisch. Sind die Hürden nicht doch noch ein wenig zu hoch, damit eine breite Masse an Nutzerinnen und Nutzer täglich in digitale und virtuelle Räume eintaucht?

SK: Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass ein 3D-Erlebnis von AR-, VR- oder MR-Headsets abhängig sei. Spatial Experiences sind vielmehr Geräte-unabhängig und können über die verschiedensten Kontaktpunkte erlebt werden: beispielweise auf dem Handy, dem Tablet oder auf dem Laptop.

Davon abgesehen ist es nur eine Frage der Zeit, dass die Brillen oder Headsets wesentlich günstiger, einfacher verfügbar und in ihrer Anwendung immer simpler werden. Das haben wir beim iPhone, beim iPad oder auch bei der Apple Watch doch längst erlebt.

Was sollten Marketing- und Brandverantwortliche aus Ihrer Sicht heute schon tun, um sich auf die nächste Generation des Internets vorzubereiten und um ihren Kundinnen und Kunden gleich zu Beginn ein beeindruckendes, immersives Erlebnis in den neuen digitalen und virtuellen Räumen bieten zu können?

AL: Wir sollten uns vor Augen halten, dass nur zwei Monate nach dem Start von ChatGPT bereits hundert Millionen Menschen die KI nutzten. Der Reaktionszeitraum für Entscheiderinnen und Entscheider war also kurz. Darauf muss man sich vorbereiten und permanent am Ball bleiben. Denn KI ist nicht einfach eine weitere Software. Es sind Modelle, die auf Daten trainiert werden. Dabei besteht immer die Gefahr, dass KI beispielsweise offskript geht und außerhalb der gewünschten Bereiche antwortet. Es gilt unbedingt zu lernen, wie man mit diesen Systemen umgeht.

Auch wenn einige Technologien erst in ein oder zwei Jahren durchschlagen werden, empfehle ich jedem, jetzt zügig Erfahrungen zu sammeln.

SK: Absolut. Wenn man die ersten Schritte ins Spatial Computing gehen will, kann man schon auf der eigenen Webseite kleine Bereiche testen. Es geht ums Ausprobieren und Erleben – dass in dem Moment, wo jemand in ein Bild zoomt, ein räumliches Erlebnis entsteht.

Genauso mit KI: Man muss nicht gleich den alles könnenden Assistenten rund um die Marke bauen. Schon ein kleiner Use Case hilft, in dem man den Chatbot gezielt einsetzt und erste Erfahrungswerte sammelt: Worin liegen die Benefits eines intelligenten Assistenten?

Genauso ist es mit der Blockchain. Auch da geht es nicht um die eierlegende Wollmilchsau, sondern um erste Use Cases – gerade in den Feldern Loyalitätsprogramme oder Employer Branding–, die heute schon umsetzbar sind.

AL: Noch ein Tipp zum Schluss: Die Use Cases sind bestenfalls nicht nach dem Zufallsprinzip auszuwählen, sondern sollten sich systematisch mit Themen beschäftigen, bei denen man lernt und sich als Organisation weiterentwickelt.

Lünendonk: Herzlichen Dank für das Gespräch und die spannenden Insights.

Dieses Interview erschien zuerst im Rahmen der Lünendonk-Studie zum Markt für Digital Experience Services in Deutschland.

Social Bee steht für die nachhaltige Integration von Geflüchteten und Migrant:innen in den deutschen Arbeitsmarkt – für Chancen auf eine Karriere in Deutschland und ein selbstbestimmtes Leben. Innerhalb der Serviceplan Group haben wir uns dazu entschieden, das „Female Accelerator Program“ von Social Bee zu unterstützen und damit für mehr Chancengleichheit und eine einfachere Integration im deutschen Arbeitsmarkt zu sorgen. Zwei neue Kolleginnen haben im Juni bereits bei Plan.Net TechNest gestartet.

Geflüchteten Menschen wird der Zugang zum Arbeitsmarkt häufig erschwert: Zertifikate oder Abschlüsse werden teilweise nicht anerkannt, Bearbeitungsprozesse dauern lange und es kommt immer wieder zu Sprachbarrieren. Durch die Kooperation mit Social Bee leisten wir unseren Beitrag dazu, Migrantinnen und Frauen in Tech-Berufen zu unterstützen und uns im Gegenzug mehr Expertise in diesem Bereich ins Haus zu holen.

Arbeitnehmer:innenflaute im Tech-Bereich

Dem europäischen Arbeitsmarkt fehlen Arbeitskräfte im Technologieumfeld – allein in Deutschland sind aktuell rund 780.000 Stellen in diesem Sektor vakant, wie ein ZDF heute-Artikel zeigt. Bis 2027 werden dem EU-Arbeitsmarkt voraussichtlich bis zu vier Millionen Arbeitskräfte fehlen. Die steigende Nachfrage kann laut Artikel durch den aktuell überwiegend von Männern geprägten, europäischen Talentpool nicht gedeckt werden.

Zeit, umzudenken! Daher haben wir uns entschieden, Partner des „Female Accelerator Program“ von Social Bee zu werden. Die Kooperation liegt uns sehr am Herzen, weil das Programm gerade geflüchtete Frauen in Tech-Berufen unterstützt und damit Chancengleichheit und Integration fördert. Darüber hinaus bietet die Förderung des Frauenanteils im MINT-Bereich ein großes wirtschaftliches Potenzial, wie eine McKinsey-Studie zeigt: Wenn es gelingt, den Frauenanteil in Tech-Berufen wie Produktentwicklung, Datenanalyse oder Programmierung bis 2027 zu verdoppeln, könnte das europäische Bruttoinlandsprodukt um bis zu 600 Milliarden Euro steigen.

Das Portfolio von Social Bee

Das Ziel von Social Bee ist es, geflüchteten Menschen zu helfen, sich in ihrer neuen Heimat wohl und integriert zu fühlen. Dabei stellt die Integration über den Arbeitsplatz eine der nachhaltigsten und effektivsten Formen dar. Die Initiative hat einen beeindruckenden Track Record, was das Thema angeht. Sie arbeiten mit ausgewiesenen Expert:innen für Interkulturalität und Integration zusammen. Das ist für uns ungemein hilf- und lehrreich.

Geflüchtete können durch die Zusammenarbeit mit Social Bee Zusatzqualifikationen erwerben und Weiterbildungen wahrnehmen, zum Beispiel die Zertifizierung als Projekt-Manager:innen und Scrum Master, und sie werden auf einjährige Traineeships in Unternehmen vorbereitet. Zudem übernimmt Social Bee die Vermittlung zwischen den Projektteilnehmenden und den (potentiellen) Arbeitgebern. Regelmäßige Mentoring-Termine runden das Portfolio von Social Bee ab.

Wie das ganz konkret bei uns aussieht: Anisa aus Afghanistan und Christine aus Uganda arbeiten seit Juni als Trainees Technical Project Manager bei Plan.Net TechNest. Sie werden von Plan.Net-Ambassadors vor Ort begleitet und haben immer wieder Abstimmungstermine, Entwicklungsgespräche, Coachings und Mediationen mit Social Bee. Auch die Ambassadors aus unserem Haus nehmen an verschiedenen Workshops teil, um sich beispielweise bezüglich Unconscious Bias und interkulturellem Training weiterzubilden.

Wir freuen uns sehr, dass wir als Partner des Female Accelerator Programms mit dabei sind, denn interkulturelle Zusammenarbeit kann durch unterschiedliche Herangehensweisen nicht nur die Produktivität im Team steigern, sondern auch großen Mehrwert schaffen und dabei helfen, Herausforderungen zu bewältigen. Es ist Zeit, umzudenken und es macht uns große Freude, dabei mit gutem Beispiel voranzugehen.

 „Wir machen uns mit KI überflüssig.“ Diese Kritik haben wir alle schon gehört. Kopf aus, Maschine an. Läuft es ab jetzt so? Natürlich nicht. Und das sollte uns die DMEXCO, das jährliche Treffen der Digitalbranche, bestätigen. Komprimiert auf 14 Bühnen haben am 20. und 21. September insgesamt mehr als 770 Speaker:innen ihre Insights geteilt. Die Message hatten alle gemeinsam: KI ist das Thema der Zukunft, das wir uns schon heute zu eigen machen müssen.

KI-Tools: Neue digitale Mitarbeiter

Aktuell gibt es noch eine große Diskrepanz zwischen dem Hype um KI und der tatsächlichen Nutzung: Nur 2 Prozent der deutschen Unternehmen verwenden Sprachmodelle und KI in internen Unternehmensprozessen, 13 Prozent experimentieren damit. Das reicht nicht – wenn man Innovationen schaffen will. Inhouse-Expert:innen, die fähig sind, Tools zu bewerten und zu integrieren, sind das neue Must. Stichwort Prompts: Dieses Zitat aus einem Vortrag trifft es auf den Punkt – und ist auch ein Appell an uns:

A fool with a tool is still a fool”

Um einen hochwertigen Output und eine inspirierende kreative Erweiterung zu generieren, ist das Schreiben guter Prompts maßgeblich. Durch die Verknüpfung mehrerer Tools erhalten komplexe Prozesse, wie die Ideenfindung oder Erstellung einer Marketingkampagne, damit einen unvergleichlichen Boost. Uns fiel auf: Die KI soll dabei nicht, wie so oft gemutmaßt wird, unsere Konkurrenz sein. Sie ist eher wie ein:e neue Mitarbeiter:in, die uns im Alltag unterstützt.

Eine Welt voller perfect matches

Immer Ads und Content sehen, die interessieren – KI macht es uns als Agenturen leichter, Nutzer:innen genau das zu bieten. Die Tools personalisieren Content und Werbung mit nur wenigen Prompts. Bei einem spannenden Praxisbeispiel wurden mithilfe von KI Werbemittel erstellt, bei denen sich das Testimonial und die Hintergrundszenerie jeweils an die Lebensrealität der Kund:innen angepasst haben. Dank der KI-Bilderstellung ließen sich so eine Vielzahl an Ad-Varianten generieren und auch gleich testen. On top brauchte es nur einen Bruchteil der Kosten.

Klingt erstmal ziemlich gut. Gleichzeitig fragen wir uns: Wenn wir immer exakt das sehen, was als passend berechnet wird oder was wir gerade suchen, verlieren wir dann nicht jegliche Inspiration? Und was muss der Content leisten, um sich von all der anderen personalisierten Informationsflut abzuheben? Hier macht der menschliche Input eben doch den Unterschied, nachdem die KI die Vorarbeit geleistet hat.

Alles künstlich – aber nicht unmenschlich

Ein weiteres spannendes Take-away: Durch Technik wird das Menschliche nicht ersetzt, der Wunsch danach wird sogar größer. Avatare geben einem Touchpoint einen menschlichen Anschein, treten in den Dialog und beraten, wo Kund:innen im Normalfall für Minuten in der Warteschlange hängen. Oder sie erleichtern die Anprobe beziehungsweise die Vorführung eines Produkts – nicht nur im B2C, sondern auch im B2B-Kontext eröffnen sich durch virtuelle Showrooms oder AR-Produktrealisierung spannende Möglichkeiten und eine neue Nähe zwischen Produkt und Zielpersonen.

KI klug integrieren: die rechtliche Sicht

Geben wir KI die Chance, Teil unseres Alltags zu werden, übernimmt sie viele Fleißaufgaben und schenkt uns Zeit fürs Fein-Tuning – wir arbeiten aber auch mit zahlreichen Daten, deren Ursprung wir noch nicht transparent nachvollziehen können. Ein wichtiges Watch-out, das wir mitgenommen haben: Urheberrechtsfragen sowie das Trainieren der KI mit (geschützten) Daten und das Prompten an sich sind noch unreguliert. Eine geplante EU-Verordnung für 2026 soll Klarheit für Kennzeichnungspflichten bringen.

Auch ethische Fragen spielen im Entwicklungsprozess eine wachsende Rolle: Herausforderungen des KI-Zeitalters wie Deep Fakes sind ein gutes Beispiel. Es braucht ID-Lösungen, mit denen die Identität jedes einzelnen geschützt und Identitätsdiebstahl verhindert werden kann. Daraus erwachsen ist das „Value-based Engineering“, ein Ansatz, der die Integration von Werten in den Entwicklungsprozess betont. Es erfolgt in drei Schritten: Technologieanalyse, Werteidentifikation und Definition von Systemanforderungen.

Was wir mitnehmen

Wir haben viele Antworten von der DMEXCO23 mitgenommen. Kopf aus, Maschine an? Gewiss nicht. Unsere Herausforderung als Agenturen ist es, uns schnell und stark zu verändern. KI ersetzt uns nicht, kann uns und unsere Arbeitsweise aber um Jahre nach vorne katapultieren, wenn wir sie jetzt richtig nutzen. Wer den Anschluss verpasst, wird stark abgehängt – und verschwindet.

„Insbesondere für junge Generationen gilt: Vorn ist das neue Oben“, sagt Dr. Jens Thiemer, Senior Vice President Kunde und Marke BMW bei der BMW Group. Doch wie schnell müssen Marken heute tatsächlich sein, um zu den Besten zu gehören – und wann sollte man den Fuß auch mal vom Gas nehmen? Wolf Ingomar Faecks, Managing Partner der Serviceplan Group, hat nachgefragt.

WOLF INGOMAR FAECKS: Ist das Prinzip „Höher, schneller, weiter“ noch zeitgemäß?

JENS THIEMER: Wir beobachten verstärkt, dass sich das Statusdenken in der Gesellschaft verändert. Insbesondere für junge Generationen gilt: Vorne ist das neue Oben. Das heißt, dass wir einen Trend von den Social Climbern hin zu den Social Drivern erleben, die der Welt etwas zurückgeben möchten und sich als Teil einer Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Sinn betrachten. Für BMW geht es daher nicht mehr nur noch darum, der Beste in der Welt zu sein, sondern eben auch der Beste für die Welt. Wir bewegen Menschen, berühren Herzen und beflügeln den Verstand. Das ist unser Führungsanspruch.

Darf mich die „Fear of missing out“, kurz FOMO, im Digitalisierungskontext unvorsichtig machen? 

JT: Grundsätzlich sollte man beim Thema Digitalisierung neugierig und aufmerksam, aber nicht unbedingt vorsichtig oder zurückhaltend sein. So sehr uns die Digitalisierung auch anspornt, so viele neue chancenreiche Aufgaben und eben teilweise Risiken ergeben sich daraus. Gerade während Corona haben Hackerangriffe, Datendiebstahl und Datenmissbrauch einen neuen Höchststand erreicht. Für uns bei BMW gilt ein Höchstmaß an Achtsamkeit und Vertraulichkeit mit allen Daten. Und was FOMO angeht: Im Digitalisierungskontext erleben wir beinahe jeden Tag neue Hypes und Trends. Man sollte sich immer fragen, warum man vermeintlich unter FOMO leidet. Was genau ist es, das man verpassen könnte? Hat man es bereits vollständig verstanden? Welche Rolle spielt es für andere Entscheidungen? Und dann genau abwägen, ob man hier mitgehen sollte. 

Wie entscheiden Sie, ob etwas ein Hype oder ein ernst zu nehmender Trend ist, dem man folgen muss?

JT: Zunächst einmal analysieren wir sehr gründlich, woher eine Bewegung branchenübergreifend kommt, in welchem Umfeld sie entsteht und wer zuerst darauf aufspringt. Viele sogenannte Hypes scheiden danach bereits aus, weil sie nicht zur Unternehmensausrichtung und -strategie passen. Wenn ein Hype Potenziale für eine Marke bietet, sollte man schauen, wie schnell er sich in Richtung eines stabileren Trends entwickelt und wie schnell andere Player darauf aufspringen. Man sollte auch keine Angst haben, dass der Trend bricht oder floppt. Das kann passieren. Clubhouse war in Deutschland vor zwei Jahren ein Beispiel, wo wir relativ früh aktiv waren, weil die Plattform großes Potenzial hatte, zu einem Trend zu werden. Viele namhafte Persönlichkeiten waren dort früh vertreten. Wie wir heute sehen, hielt der Trend nicht so lange an wie erwartet oder braucht einfach noch Zeit. Da muss man dann reagieren, um nicht unnötig Ressourcen einzusetzen.

Geschwindigkeit ist heute ein entscheidender Erfolgsfaktor. Hat Speed auch Relevanz für das Vertriebsmodell, Innovationen und Customer Centricity?

JT: Geschwindigkeit hat für jeden unserer Prozesse Relevanz, denn sie zwingt uns dazu, unsere Prozesse auf das Wesentliche zu reduzieren und unnötige Redundanzen zu vermeiden. Ansonsten ist man einfach nicht schnell genug. Man könnte vielleicht die Bedeutung von Geschwindigkeit in diesen Prozessen gewichten. Bei Innovationen ist Geschwindigkeit grundsätzlich der entscheidende Faktor, um vorne zu bleiben. Wer hier schnell ist, gibt die Pace einer ganzen Industrie vor. Beim Vertriebsmodell wird Geschwindigkeit aus Kundensicht auch immer wichtiger: Transaktionen sind überall gefordert und sollten simpel, kurz und reibungsfrei erfolgen können. Customer Centricity dagegen ist zunächst einmal eine Haltung, die substanziell gelebt und mit Daten unterfüttert werden muss, um Prozesse optimal auf sie auszulegen. Das hat mit Schnelligkeit nur indirekt etwas zu tun. Allerdings sollte man den notwendigen Mindset Shift in einem Unternehmen hin zu echter Kundenorientierung nicht unterschätzen. Das dauert und muss dauerhaft und vorbildhaft gelebt werden.

Welche Gefahren und Vorteile hat Speed im Unternehmen – und auf der Straße?

JT: Mit unseren Fahrzeugen genießt man ab und zu ja auch höhere Geschwindigkeiten auf der Straße. Natürlich situationsangepasst und unterstützt durch alle vorstellbaren und technisch möglichen Fahrerassistenzsysteme. Aber der Fahrspaß eines BMW hängt nicht an der gefahrenen Geschwindigkeit. Freude am Fahren erleben alle Passagiere auch bei gemäßigter Fahrt. Im Unternehmen bietet Geschwindigkeit den Vorteil, Wettbewerbsvorteile schneller als andere zu erreichen, birgt aber auch das Risiko, ungenau zu werden und Fehler zu machen. Davor darf man dann keine Angst haben.

Ist Speed für BMW ein Unternehmensziel?

JT: Geschwindigkeit ist kein Selbstzweck. Sie schwingt natürlich bei allem mit, was wir tun. Wir beschleunigen unsere Prozesse, vermeiden Redundanzen und setzen klare Prioritäten. Das betrifft insbesondere unseren Entwicklungsprozess, unsere Innovationsgeschwindigkeit im gesamten Unternehmen und interne Entscheidungsprozesse. Somit zahlen unsere Ziele indirekt auf jeden Fall auf Geschwindigkeit ein.

Steht Speed im Zielkonflikt mit anderen Unternehmenszielen?

JT: Die Dinge gehen Hand in Hand. Manche Dinge müssen sehr schnell erledigt werden, anderes braucht auch Zeit, um zu wachsen. Das steht nicht im Konflikt, sondern wird je nach Ziel unterschiedlich bewertet.

Was sind für Sie die drei größten Speed-Killer?

JT: Lange Diskussions- und Entscheidungswege. Grundsätzliche Risikoaversion. Fehlender mutiger und reflektierter Blick über den eigenen Tellerrand.

Wie kann BMW die Geschwindigkeit gegenüber automobilen Disrupteuren, wie beispielsweise Tesla und Nio, die ein D2C-Vertriebsmodell anbieten, erhöhen?

JT: In der Automobilindustrie gibt es inzwischen viele junge, schnelle und risikobereite Unternehmen mit kaum gewachsenen Strukturen. Das ermöglicht Flexibilität und Freiraum zum Experimentieren und zum grundsätzlichen Einschlagen gänzlich neuer Wege. BMW ist ein Konzern, der über mehr als 100 Jahre Erfahrung hat. Bei uns brauchen Entscheidungen manchmal länger, aber wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass das oft die richtigen Entscheidungen waren, und wir konsequent unseren Weg weitergehen, langfristig orientiert, kundenorientiert und technologisch fokussiert – tech magic und human centric. Der Wettbewerb regt uns aber immer dazu an, schneller zu werden, konsequenter und noch mehr Wirkung zu erzielen.

Ist D2C der einzige Weg vorwärts? 

JT: Direct Sales hat für uns neben einer nochmaligen Verbesserung des Kundenerlebnisses natürlich noch viele weitere Vorteile, insbesondere den direkten Kundenzugang und die Möglichkeit, an jedem Touch Point im Vertrieb digital wie physisch Transaktionen zu ermöglichen, Omnichannel genannt. Hinzu kommt ein nicht verhandelbarer fairer Festpreis für die Produkte, damit die Kunden nicht mehr nach Rabatten und Angeboten suchen müssen; das ist heute für ein Premiumprodukt einfach nicht mehr zeitgemäß. Damit erreichen wir auch unser ambitioniertes Ziel 2025 einen 25-prozentigen Online-Sales-Anteil zu haben. Wir machen das Hand in Hand mit unserem starken Händlernetzwerk, das von Beginn an in den Prozess eingebunden wird. Daher ist das unser Weg vorwärts. Aber auch ein klassisches Wholesale-Modell kann natürlich digital optimiert werden. Wichtig sind immer bessere Prozesse und bessere Ergebnisse.

BMW setzt mit „Wir machen nicht Nachhaltigkeit bei BMW, sondern wir machen BMW nachhaltig“ ein starkes Leitmotiv zum Thema Sustainability. Benötigt es für diesen Ansatz noch mehr Speed als bisher?

JT: In erster Linie braucht dieser Ansatz Transparenz und Vertrauen. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das viel Substanz benötigt und noch mehr Konsequenz. Zudem braucht es viel Kommunikation und Erklärung nach innen und außen. Oberflächlichkeit muss unbedingt vermieden werden, um nicht unglaubwürdig zu werden. Oft liegt Unglaubwürdigkeit daran, dass Unternehmen zu schnell zu viel kommunizieren und dann nicht liefern. Daher geht es viel mehr um Ehrlichkeit als um Schnelligkeit. Wo steht ein Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit? Was können wir bereits leisten und was eben auch nicht? Das zu jeder Zeit technologisch Machbare in der Serie ist hier das jeweilige Optimum. Und ab und an einen Nordstern in die Zukunft des Anzustrebenden aufzeigen. Unser BMW i Vision Circular zeigt hier, wie umfassend und konsequent wir nachhaltige und vor allem zirkulare Mobilität denken. Er steht für unseren Anspruch, Vorreiter bei der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft zu sein. Wir haben bewusst gesagt: „Das ist unsere Vision für das Jahr 2040, und wir begeben uns auf eine aktive Reise dorthin.“ Dass man auf dem Weg natürlich trotzdem relativ schnell an nachhaltigen Lösungen arbeiten muss, liegt auf der Hand. Auch wenn die Schritte dahin noch zu klein scheinen. Einer muss hier in Führung gehen.

Helfen Speedboats als Pilotprojekte, bevor man den Regelprozess umstellt?

JT: Ein Speedboat eignet sich hervorragend, um Veränderungen erst mal im Kleinen zu erproben und die Auswirkungen abzuschätzen. Das spart Zeit und Nerven. Es ist viel leichter, einzelne Parameter sehr viel schneller anzupassen und die Schieberegler so einzustellen, dass es am Ende für den gesamten Prozess passend ist. Allerdings darf es nicht beim Piloten bleiben. Ich bin ein großer Unterstützer von Skalierung und schneller Überführung in das große Ganze.

Ist die Geschwindigkeit in unterschiedlichen Verticals überall gleich schnell? 

JT: Das ist nicht der Fall. Und ich finde es auch normal. Wer schneller ist, soll vorauslaufen. Eine gleichzeitige End-to-End-Verantwortung über alle vertikalen Streams ermöglicht dann nach und nach einen Gleichklang. Dadurch schaffen wir gemeinsame Haltepunkte und stellen sicher, dass jeder Stream zur richtigen Zeit das Richtige abliefert. Das ist die Grundlage jeder echten Kundenorientierung, jeder weiß ungefragt, was er zu welchem Zeitpunkt zu tun hat.

Welche Rolle spielt Geschwindigkeit beim neuen, für BMW maßgeschneiderten Performance-Marketing-Agenturmodell?

JT: Ein Hauptgrund für die Implementierung des neuen Performance-Marketing-Agenturmodells war es definitiv, die Geschwindigkeit zu erhöhen, mit der wir unsere Kundinnen und Kunden relevant ansprechen und ihnen Angebote unterbreiten. Indem wir die Anzahl an Agenturen deutlich reduziert haben und eine maßgeschneiderte Lösung für unsere Umfänge in ganz Europa geschaffen haben, bieten sich hier bessere Möglichkeiten. Das Konstrukt der Marcom Engine ist auf inhaltlich ganzheitliches Performance-Marketing ausgerichtet, das datenbasiert und kundenzentriert echten Business Impact generiert und das beste Kundenerlebnis in unserer Kategorie schafft. Die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung unserer Arbeitsprozesse werden wesentlich zur Erhöhung der Geschwindigkeit beitragen. Natürlich ist die Umstellung mit sehr viel Aufwand verbunden und kostet zu Beginn eher Tempo, bis die Transition hin zum neuen Set-up geschafft ist. Auch der Transformationsprozess, sprich die veränderten Arbeitsprozesse erfordern anfangs mehr Managementkapazität und Zeit. Aber wir sehen hier heute schon enorme Synergieeffekte und Effizienzen und gleichzeitig einen hohen Innovationsgrad, der unsere Kundenansprache und unser Interaktionsverhalten einfach schneller und besser macht.

Welches Risikomanagement wird hier betrieben?

JT: Diese Umstellung erfordert Beidhändigkeit. Während wir an der Transformation arbeiten, fokussieren wir uns gleichzeitig auf unsere aktuellen Kernprozesse und stellen sicher, dass diese weiterhin weitgehend reibungslos funktionieren und wir auf dem gewohnten Qualitätsniveau liefern. Ein ordentlicher Planungsprozess und ein durchdachter Transitionsplan stellen sicher, dass die Umstellung vorwiegend reibungsfrei funktioniert und ein ordentliches Handover gewährleistet ist. Das ist gleichzeitig das beste Risikomanagement. 

Verlangsamen Transformationsprozesse den Vertriebsprozess?

JT: Es hilft sicherlich, Transformationsprozesse und organisatorische Anpassungen zeitgleich in Gang zu setzen. Oft passiert das in einem Großkonzern aber zeitlich versetzt. Auf allen verschiedenen Ebenen des Vertriebs müssen Menschen überzeugt, Prozesse verändert und die Aufbauorganisation optimiert werden. Der zeitliche Versatz sorgt manchmal für Störungen im System, sodass sich das neue Unbekannte erst einmal Platz verschaffen muss. Hier helfen Pilotprojekte oder die Unterstützung einzelner Märkte. Oftmals ist es der Impuls von außen über neuen Wettbewerb oder andere Branchen, der notwendig ist, um interne Veränderungsprozesse anzustoßen und uns hilft, uns weiterzuentwickeln und zu optimieren. Das muss man dann auch mal aushalten. Voraussetzung dafür ist natürlich eine gut koordinierte Transformation und die richtige Kommunikation im Unternehmen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview erschien zuerst im TWELVE, dem Magazin der Serviceplan Group für Marken, Medien und Kommunikation. Weitere spannende Artikel, Essays und Interviews von und mit prominenten Gastautor:innen und renommierten Expert:innen lesen Sie in der neunten Ausgabe unter dem Leitthema „Speed! The Winning Factor in the Digital Age“: https://sp-url.com/twelve23-lp

Digitalisierung, die geopolitische Neuordnung der Welt, globale Krisen – seit der Jahrtausendwende durchleben Menschen und Marken einen nie dagewesenen Wandel. Ungeachtet aller Veränderungen behaupten einige Marken seit zwanzig Jahren ihre Top-Position bei den Best Brands. Wie gelingt ihnen das und was kann man vor diesen All-time-Champions lernen? Antworten darauf gab es im 20. Jahr der  Best Brands beim dazu gehörigen Best Brands College. Durch das Programm führte live aus dem House of Communication Daniel Boschmann. Die Keynote hielt Christoph Keese, Journalist, Bestsellerautor und Vordenker des digitalen Wandels.

Dass Marken sich immer neu erfinden müssen – das sieht Digital-Vordenker Christoph Keese fast als kategorischen Imperativ! „Neue Märkte werden verteilt, wenn sie entstehen. Wenn man zu den letzten gehört, ist es zu spät“. Amazon, Facebook, Elon Musk sind für den Ex-Chefredakteur von „Welt am Sonntag“ und „Financial Times Deutschland“ Paradebeispiele für First Principle Denker: Sie erkennen lange vor anderen ein logisches Prinzip, die Art und Weise wie die Gesellschaft oder ein Business sich verändern werden – und sie entwickeln eine neue Idee. Keeses Beobachtung: „Über 95 Prozent der Disruptoren der Welt haben zuvor nicht in der Branche gearbeitet, die sie disrupieren.“ Sie sind erfolgreich, gerade weil sie nicht belastet sind mit dem Vorwissen der Branche und neue Denkmuster entwickeln. Keese fordert von Unternehmen Thought-Leadership. Thought Leadership zieht Investoren und Talente magnetisch an.  Man müsse etwas Neues zu sagen haben, und es dann auch umsetzen, das ist Keeses Erfolgsrezept der Zukunft!

Christoph Keese plädiert für Thought Leadership von Unternehmern

Best of the Best Brands – Erfolgsfaktoren aus 20 Jahren Best Brands und darüber hinaus.
Petra Süptitz und Mathias Friedrichs, GfK

Was macht Marken dauerhaft stark? Die beiden GfK-Expert:innen Petra Süptitz und Mathias Friedrichs identifizieren 2 Hauptfaktoren: Liebe und Vertrauen. Doch wie schafft man gerade in diesen Zeiten Vertrauen? Marken verlieren bereits seit Jahren an Stellenwert. Nur 14 Prozent der Deutschen kaufen derzeit Marken, weil sie auf bessere Qualität vertrauen. Handelsmarken hingegen gewinnen hinzu, und nicht nur aus finanziellen Gründen: Ein Viertel der Menschen mit hohem Einkommen wechselt gleichfalls zu Handelsmarken.

Ein wichtiger Hebel sind Werte. Jeder zweite kauft Produkte, weil sie seinen Wertvorstellungen entsprechen. Nur wenn Marken die Konsumenten emotional berühren, bleiben diese der Marke treu.

Werte aber befinden sich im Wandel. Einer der wichtigsten Werte 2004 etwa war Gesundheit & Fitness. Best Brands 2004 war folgerichtig Adidas. 2017 stehen Werte wie „Leben genießen“, Freundschaft, Liebe hoch im Kurs. Der Sieger in diesem Jahr: Die Best Brand Coca-Cola hat damals am überzeugendsten auf diesen Wertekosmos eingezahlt.

Die beiden GfK-Forscher geben 3 Hinweise zur Markenführung mit auf den Weg:

  • Vertrauen und Liebe sind maßgeblich für den Erfolg von Marken
  • Halten Sie, was Sie versprechen und bieten Sie Produkte, die die Werte der Menschen adressieren
  • Erfinden Sie Ihre Marke immer wieder neu und setzen Sie auf relevante Trends
Petra Süptitz und Mathias Friedrichs, GfK erklären, was Best Brands zu Best Brands macht


Erfolgreiche Markenführung als Prozess konstanten Wandels
Christian Köhler, Markenverband

„Erfolgreiche Marken hören nie auf, sich zu verändern, Markenführung ist ein konstanter Prozess“, sagt Markenverband-Hauptgeschäftsführer Christian Köhler, mahnt aber: „Zukunft braucht Herkunft, ansonsten verliert man die, die an die Marke glauben“. Zusammen mit der Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens hat der Markenverband eine Szenario-Studie gemacht. Die Studie identifiziert 6 selbstverständliche Faktoren, auf die sich Marken besinnen sollten:

  1. Qualität der Leistung
  2. Vertrautsein mit dem Verbraucher
  3. Klare konsistente Botschaften
  4. Relevanter Kundennutzen
  5. Ehrlichkeit
  6. Wertschätzung des Verbrauchers

Marken bedroht sieht Köhler durch Werbeverbote und Monopolstrukturen. „Es geht um den Missbrauch marktmächtiger Strukturen.“ Der Markenverband reagiert: Beschwerden etwa gegen Apples Ad Tracking Transparency Modul, Verfahren gegen Google und Apple, die Bestwertklausel von Amazon  sollen Gesetze und Regulierungen schaffen.


Von den Best Brands der letzten 20 Jahre lernen – LEGO Gruppe
Katharina Redmonds, LEGO

3 „P“s – das ist das Erfolgsrezept von LEGO

  • Purpose
  • Play
  • People

To inspire & Develop the builders of tomorrow, so formuliert der Spielwarenhersteller seinen Purpose: „Wir sind überzeugt, dass Kinder alle Fähigkeiten, die sich auch für eine Welt von morgen brauchen, über Spielen lernen.“ Purpose hat aber weitreichendere Dimensionen: Inklusion und Diversität etwa – LEGO gibt es überall auf der Welt und ist für alle da, unabhängig von Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Kultur. Schon immer spielt auch Nachhaltigkeit eine große Rolle: LEGO-Steine sind kein Wegwerfprodukt, man gibt sie weiter an die nächste Generation. Bis 2030, so das Unternehmensziel, soll jeder einzelne Stein nachhaltig produziert werden, schon 2022 hat man auf papierbasierte Verpackungen umgestellt. 25 Prozent der Gewinne fließen zudem in die in LEGO Foundation, sie unterstützt benachteiligte Kinder rund um den Erdball

Das Play verändert sich ständig, auf der anderen bleibt es immer gleich. Die Strategie bei der Produktpalette heißt daher: Über 50 Prozent sind Neuheiten, doch der klassische Quader bleibt Kernelement aller Produkte. Ein wichtiger Grundsatz der Dänen: Mut zum Scheitern. Innovation geht auch mal schief. Ähnliches Prinzip wie beim spielen: Man baut etwas, baut auseinander und wieder neu. Erfolgreich hat LEGO sich eine neue Zielgruppe erschlossen: Erwachsene sind der große Wachstumstreiber der vergangenen Jahren. LEGO Bausets für Kunst, Design, Musik, Wissenschaft, Reisen und Geschichte sind Ausgleich zum stressigen Berufsalltag, bieten Möglichkeit, selbst wieder Kind zu sein.

Das dritte „P“ sind die People, die Mitarbeiter. Einen Arbeitsplatz schaffen, wo Mitarbeiter sich ausleben können, ganz sie selbst sein. Mitarbeiter zu fördern und zu inspirieren. Pate stand hierfür der Spielplatz in Live und wie Kinder dort interagieren: Be Curious, be focused, be brave.

Nadine Bartenschlager und Catherine Niebuhr machen als Führungsduo Nivea zur Lovebrand


Von den Best Brands der letzten 20 Jahre lernen – Nivea
Nadine Bartenschlager und Catherine Niebuhr, Nivea

Wer kennt sie nicht, die blaue Dose? Seit 112 Jahren schreibt die Marke Erfolgsgeschichte: Nummer eins Hautpflegemarke in Deutschland, Europa und weltweit. Nadine Bartenschlager und Catherine Niebuhr, die sich die Nivea- Markenführung im Jobsharing teilen, stellen stolz fest: „Ja, Wir sind eine  Ikone und eine Love Brand!“

Doch wie wird man zur Love Brand? Man muss immer wieder das Feuer entfachen, immer wieder überraschen – und trotzdem die perfekte Balance  zwischen Kontinuität und Innovation halten. Im Gegensatz zu LEGO aber liegt der Schwerpunkt eindeutig auf Kontinuität. Den Großteil der Umsätze macht Nivea mit seinen Bestsellern. Produkten, die stark an die originäre Nivea-Creme angelehnt sind. Farbe, Form, Schriftzug und Duft sind zentrale Elemente der Wiedererkennung. Jede noch so kleinste Veränderung an einer Ikone wie Nivea ruft unglaublich viel Feedback über Monate hervor. „Da müssen wir manchmal die Nadeln wieder zurückdrehen“, so Niebuhr.

„Andererseits muss man sich auch ab und zu in Schale schmeißen“. Gold und Silber spielen Rolle bei der Premierisierung der Marke. Die klassische Nivea-Creme kostet 2,50 Euro. Daneben ist Nivea auch mit seinen hochpreisigeren Produkten erfolgreich. In Impulskategorien wie Duschgel gilt: auffallen im Regal! First Mover zu sein ist auch für Nivea  höchstrelevant. 2020 etwa wurde die Luminous-Range gelauncht , inzwischen die Nummer 1  gegen Pigmentflecken.

Die sich verändernden Werte erkennen, ihnen folgen: Nivea steht schon immer für gesunde schöne Haut. Aber wie diese aussieht, hat sich im Laufe der Jahre verändert: in den 70ern war tief gebräunte Haut das absolute Schönheitsideal, heute – mit zunehmendem Wissen über die Gefahren der Sonne – ist ein natürlicher gesunder Teint gefragt. Auch Familienbilder ändern sich. Anfangs klassisches Role-Model. Später: die Rolle des Vaters nimmt zu. Heutzutage ist der Freundeskreis ebenso Familie. All das spiegelt die Kommunikation wider.

Niveas Zielsetzung: Auch für künftige Generationen Lovebrand mit großem Herzschlag bleiben.

Serviceplan-CSO Stefanie Kuhnhen: „Tappen Sie nicht in die Romanesco-Falle!


Markenkonsistenz braucht Wandel – die Megatrends der nächsten 20 Jahre
Stefanie Kuhnhen, Serviceplan Germany

Ein Fraktal: das kleinste Teil sieht aus wie das Ganze. Damit hat das grüne Kohlgemüse Romanesco mit Markenführung viel gemein: auch die sollte konsistent sein und sich immer ähnlich. Doch Vorsicht: Die Schönheit des Romanesco entsteht aus einem Gen-Defekt! Ständig bringt er neue Knospen hervor, die aber nie zur Blüte kommen. So wie 70 Prozent der Marken, die schon innerhalb von 10 Jahren wieder vom Markt verschwinden. Serviceplan-CSO Stefanie Kuhnhen rät: „Tappen sie nicht in die Romanesco-Falle. Marken müssen nicht nur schön und konsistent sein, sondern über viele Jahrzehnte blühen“ Die wichtigste Zutat ist Neugier. Neugier auf Kunst und Kultur, neue Phänomene, das Verhalten junger Menschen.

Der Fotograf Luc Kordas etwa hat die Einsamkeit in der Großstadt New York fotografisch eingefangen. In Japan beobachten wir seit 10 Jahren das Phänomen der Streichelcafes, Menschen können dort gegen Gebühr Katzen und Hunde streicheln. Eine Studie gibt zudem Einblicke in die Gefühlswelt der 13- bis 16-Jährigen: 30 % dieser Generation Alpha geben an, dass es ihnen schwer fällt, Freunde zu gewinnen. 63 % fühlen sich einsam selbst im Kreise von Freunden und Familien.

Drei Beobachtungen, ein augenscheinlicher Trend: Einsamkeit. Cultural Strategy ist die Fähigkeit von Marken Subkultur zu erkennen, darauf aufzusetzen und in den Mainstream zu bringen. Damit können selbst kleine Marken in kürzester Zeit Platzhirsche verdrängen. Kuhnhen definiert vier Megatrends der nächsten 20 Jahre.

  1. neue Gesellschaften – die Pflicht mit echter Wertschätzung neue Communities zu erschließen.
    54 Prozent der Deutschen wünschen sich mehr Diversität in der Kommunikation. 66 % der Jungen würden Marken kaufen, die das in der Kommunikation versprechen
  2. Neue Realitäten – die Chance, das Markenerlebnis neu zu erfinden.  
    75 Prozent der Befragten sind eher positiv gestimmt auf zukünftige digitale Erfahrungen. Herausforderung an Marketer: Wie kann sich die Marke in einen dreidimensionalen Raum anfühlen?  Eine andere: Welches Kundenproblem lösen wir mit Web3, das Web2 so nicht lösen kann?
  3. Neue Knappheit – die neue Notwendigkeit aus weniger mehr zu machen
    62 Prozent der Deutschen kaufen Second Hand Kleidung. In knappen Zeiten muss das Produktangebot sinnvoller gestaltet werden: Sei es durch bessere Haltbarkeit, Leasingoptionen, Reparierbarkeit oder Kreislaufwirtschaft.
  4. Neue Markenrelevanz – Marken müssen wieder faszinieren, um datenbasierte Experiences zu bieten
    73 Prozent der Menschen nutzen “Private Browsing“, einen AD-Blocker oder löschen Cookies. Wo Adblocker und DSGVO Push-Marketing ausschalten, erlebt emotionale Markenführung eine neue Relevanz.

Wie arbeiten wir 2035, fragt Dr. Steffi Burkhart

What if in 2035 … we live in a post-demographic society?
Dr. Steffi Burkhart, Human Capital Evangelist

Was wäre, wenn wir in 2035 erstmals alle Probleme der Menschheitsgeschichte zu lösen? Diese Frage wirft Steffi Burkhart auf. Sie nennt sich Human Capital Evangelist und wirft einen Blick auf die Gesellschaft der Zukunft. Bereits heute sind 40 % der Menschen weltweit aus Generationen Y,Z und Alpha, 2035 werden sie 75 Prozent der Arbeitswelt stellen. Zentrale Frage wird sein: Was möchte ich mit meiner begrenzten Arbeits- und Lebenszeit anstellen?

Burkhart identifiziert 5 Zentrale Antreiber

  1. Statusorientierung: Status bedeutet, dass wir mehr Macht einnehmen.
  2. Nutzenzentrierung: Leben wir, um zu arbeiten? Nein! 2035 werden wir in einer Post-Growth Era ankommen. Wirtschaftlicher Wachstum ist dann nicht mehr selbstverständlich ist, insbesondere in Bezug auf Gewinn, Umsatz und Mitarbeiter.
  3. Beitragsorientierung:  Was geben wir unseren Kunden und Kollegen, was wirklich nutzenstiftend ist
  4. Gemeinschaftsorientierung: In Zeiten zunehmender Vereinsamung und Individualisierung steigt der Wunsch der Menschen nach echter Verbundenheit und Zugehörigkeit. Die Folge: Wir erleben einen Shift von Community zu Careunity, wo es in der Erfüllung durch die Zuwendung zu anderen geht.
  5. Leidenschaft: What Humans can be they must be, getreu nach Maslow: ein Poet muss schreiben, ein Sportler performen, ein Werber werben

Immer mehr Touchpoints, immer mehr Daten: Vielen Unternehmen fällt es schwer, den Überblick über alle Kundeninteraktionen mit der eigenen Marke zu behalten und personalisiertes Marketing zu betreiben. Customer-Data-Plattform (CDP) und die damit verbundenen Cloud-Lösungen können der Schlüssel sein, alle Aktivitäten und Interaktionen im Blick zu behalten.

Als Beratungs- und Implementierungspartner von Unternehmen ist es uns bei Future Marketing wichtig, die richtigen Partner an unserer Seite zu haben. Die Google Cloud Partnerschaft ist deshalb ein wertvoller Zugewinn. Sie eröffnet uns erweiterte Möglichkeiten für Datenanalyse, Datenmanagement, Predictive Modeling sowie Möglichkeiten zur Entwicklung und Umsetzung einer konsequenten 1st Party Data Strategy bei unseren Kunden. Kurz gesagt: Von unserem stärkeren Austausch mit Google profitieren auch unsere Kunden.

Gleichzeitig bauen wir mit der Google Cloud Partnerschaft unsere Beziehung zu diversen Customer-Data und Customer-Experience-Plattform-Partnern aus, deren Technologien auf der Google Cloud basieren.

Future Marketing setzt in der Zusammenarbeit mit Kunden jederzeit auf die modernsten und für die Problemstellung des Kunden jeweils besten Lösungen. Die Anwendungszwecke von MarTech-Anwendungen und Cloud Services sind umfangreich und vielfältig. Um das richtige Werkzeug und den richtigen Techprovider für jeden Anwendungsfall zu finden, evaluieren wir im engen Schulterschluss mit unseren Kunden die unterschiedlichen Optionen, stellen ihnen unser gesamtes Partnernetzwerk zur Verfügung und begleiten unsere Kunden Stück für Stück auf dem Weg in die neue Umgebung. Zudem bieten wir Workshops rund um das Thema Cloud und die Anwendungsbereiche.

Kontakt: Thomas Nuss, t.nuss@futuremarketing-network.de