Beiträge

Das mobile Internet in Deutschland boomt: Sowohl was die Nutzer betrifft, als auch den Traffic. Selbst Shoppen über Smartphone setzt sich immer mehr durch. Parallel hat sich Programmatic Advertising als feste Größe zumindest im Online-Mediabusiness etabliert. Als Konsequenz aus beiden Entwicklungen müsste Programmatic für Mobile demzufolge eigentlich ein Renner sein. Doch die Werbevolumina in diesem Segment wachsen – außerhalb der Silos von Facebook und Google – nicht in dem Maße, in dem man es eigentlich erwarten würde. Woran liegt es, dass Programmatic Advertising für Mobile Werbung in Deutschland das Potential bisher nicht ausschöpft?

Wenn wir heute von mobiler Werbung sprechen, meinen wir damit vor allem InApp-Werbung mit Formaten wie Bannern und Video Ads bis hin zu vollflächigen Interstitials. Drei von vier Werbe-Dollars werden aktuell innerhalb von Apps ausgegeben. Sieht man davon ab, dass es in Apps deutlich andere und weniger Webformate als auf dem Desktop gibt und der Dateneinsatz auf Apple-Devices wegen der mangelnden Cookie-Akzeptanz erschwert ist, funktioniert das mobile Web bezüglich der programmatischen Möglichkeiten sehr ähnlich wie das Web, auf das wir am Desktop-Computer zugreifen.

Die deutschen Vermarkter haben das Thema verschlafen

Und tatsächlich haben Mobile Apps durch Programmatic Advertising bereits einen Schub erlebt: Vor den Zeiten von DSP und SSP konnten Reichweiten nur über Aggregatoren gebucht werden. Eine Third-Party-Austeuerung über den Agentur- oder Kunden-Adserver war dabei nicht möglich. Außerdem steht heute mit der Advertising-ID aus den Apps ein sehr stabiler Identifier zur Verfügung, der eine langlebigere Profilierung erlaubt als ein Browsercookie. Über Programmatic Advertising kann ein Werbekunde auf diese Profile erstmals app-übergreifend seine Kampagne aussteuern.

Und es gibt noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Datenprovider stellen dem Markt Daten zur Verfügung, die neuartige und wirksame Kampagnenansätze vor allem im Bereich Hyper Local Targeting erlauben – also potentielle Kunden, die sich in unmittelbarer Nähe befinden, direkt und zielgenau anzusprechen.

Warum also die Zurückhaltung? Die deutschen Vermarkter von Qualitäts-Apps haben das Thema Programmatic Advertising verschlafen. Erst langsam machen sie ihre Reichweiten für InApp-Werbung vernünftig programmatisch nutzbar – denn dazu gehört mehr, als einfach nur die App in der Supply-Side Platform einzustellen. Diese Nachlässigkeit führt dazu, dass große Teile des programmatisch verfügbaren Angebots an mobiler Werbung in Deutschland noch immer aus intransparenten Reichweiten internationaler Marktplätze bestehen.

Nicht die Technik, die Werbeformate sind das Hindernis

Und in den Global Exchanges lauern erhebliche Defizite, was die Transparenz und die technische Kontrolle betrifft. Die Folge: AdFraud – also Traffic, der nicht durch menschliche User, sondern sogenannte Bots generiert wird – stellt bei mobiler InApp-Werbung sowohl bei den Reichweiten als auch bei Daten ein erhebliches Problem und somit ein Wachstumshindernis für die Branche insgesamt dar.

Mit den umfassenden Möglichkeiten des Programmatic Advertising wird auch mobile Werbung einfacher buchbar und gezielt steuerbar. Aber auch Programmatic kann ein zentrales Probleme nicht lösen, das Werbung auf den Smartphones generell noch hat: Es fehlt noch an reichweitenstarken attraktiven Werbeformaten, die zwar aufmerksamkeitsstark sind, aber die Nutzer dennoch nicht belästigen. Wenn wir diese Herausforderung besser bewältigen, wird für die mobile Werbung der Boom erst noch kommen.

Dieser Artikel wurde auf internetworld.de veröffentlicht.

Aus dem Begriff RTA wurde mittlerweile und sinnvollerweise die Bezeichnung „Programmatic Advertising“. Aus dem einstmaligen Trend ist ein unumkehrbarer Prozess geworden, der nicht nur die digitalen, sondern zunehmend auch die analogen Medien erfasst. Programmatic Advertising hat die erste große Hype-Welle (endlich) hinter sich.

Der Online-Werbemarkt ist, das zeigen die Spendings und auch die inzwischen vorherrschende Unaufgeregtheit sowie die damit einhergehende Sachlichkeit der Diskussionen rund um das Thema, auf dem Weg ins programmatische Zeitalter bereits ein gutes Stück vorangekommen. In diesem Jahr wird in Deutschland geschätzt gut ein Drittel der Netto-Werbeumsätze in der Online-Displaywerbung programmatisch gehandelt. Tendenz klar steigend. Treiber der Marktentwicklung hierzulande sind vor allem die private Exchanges, die gewachsene Beziehungen zwischen Publishern, Einkäufern und Advertisern sinnvoller abbilden als die meisten offenen Marktplätze und dabei definierte Qualitätsniveaus besser einhalten können. Treiber sind aber auch Amazon, Google und Facebook.

Im digitalen Marketing stellt heute niemand mehr Programmatic als festen Teil eines Mediaplans in Frage. Dennoch stehen wir auch in der Diskussion mit unseren Kunden über den richtigen und effizienten Einsatz immer noch am Anfang. Der Markt durchlebt aus meiner Sicht vier Phasen.

Phase 1: Versuch und Irrtum – Nur wer mitmacht, ist modern!

In dieser Phase sind wir heute hoffentlich nicht mehr. Kunden kamen zu uns und wollten Systeme, Tools und Möglichkeiten kennenlernen. Der Erfolg und die Effizienz wurden – wenigstens in Teilen – hinten angestellt. Ein klassisches Trial and Error eben. Das machte Sinn, doch nur für eine begrenzte Zeit, denn irgendwann musste auch die programmatische Kampagnenidee vor allem eines liefern: Ergebnisse, die so gut sind, dass die Mehrkosten im Handling und für den Einsatz entsprechender Tools amortisiert werden. Die Erkenntnis beschäftigt uns auch heute noch in Phase 2.

Phase 2: Qualität und Effizienz – quod erat demonstrandum!

Je größer der Marktanteil von Programmatic Advertising wird, desto genauer werden Werbungtreibende darauf achten, dass auch die Qualität der eingesetzten Reichweiten ihren Anforderungen entspricht. Der Code of Conduct für Programmatic Advertising, den die Fokusgruppe Programmatic Advertising im BVDW in den vergangenen zwei Jahren mit allen Marktteilnehmern erarbeitet hat und der noch dieses Jahr veröffentlicht werden soll, wird ein erster und wichtiger Schritt hierbei sein.

Doch selbst wenn die angebotenen und eingesetzten Reichweiten allen Qualitätsanforderungen entsprechen sollten, steht der Markt vor einer noch zentraleren Frage: Ist Programmatic Advertising immer effizienter als der klassische Weg der Mediaplanung und -buchung? Gerade wenn wir die durch Programmatic Advertising zwangsläufig entstehenden Mehrkosten in Betracht ziehen und feststellen, dass der reine Mediaeinkauf keineswegs zwangsläufig günstiger wird, so stellt sich sofort die Frage, wie ein wirklicher Effizienzgewinn zu realisieren ist. Die Antwort ist in der Theorie sehr einfach, jedoch schwer in der Realität umzusetzen: Die Effizienz steigt nur, wenn wir weniger medialen Streuverlust produzieren. Also die richtigen User mit der richtigen Kontaktdosis ansprechen und teure Streuverluste minimieren.

Dies funktioniert jedoch nur, wenn wir dem richtigen User ein für ihn relevantes Angebot mit einer für ihn relevanten Botschaft zeigen. Der Beginn von Phase 3.

Phase 3 : Kreation, Storytelling und Programmatic? Kein Widerspruch!

Lange, viel zu lange, haben wir das Thema Programmatic Advertising aus der rein technologischen Perspektive und mit der Brille der Mediaplaner betrachtet. Diese Situation muss sich ändern. Denn Programmatic kann seine Möglichkeiten und eigentlichen Stärken erst dann ausschöpfen, wenn wir die Kreativen mit einbeziehen. Das ist – zugegebenermaßen – nicht einfach. Die meisten hochdekorierten ADC- und Cannes-Reisenden wechseln spätestens bei DMP, DSP und SSP in den Standby- oder ESC-Modus. Das ist schade, aber unsere Schuld. Ist doch verständlich, dass der Kreative im klassischen Retargeting-Banner mit Produktbild, Preis, Streichpreis und einer wahnsinnig aufregenden Headline nicht wirklich seine Zukunft sieht.

Das heißt, wir müssen alle umdenken und verständlich erklären, warum Programmatic Advertising und „für die eigene Mappe“ arbeiten kein Widerspruch mehr sein muss: Statt einer Konsens-Kampagne für alle, verschiedene Motive und Kreationen für unterschiedliche Zielgruppen. Statt eines Flights, Storytelling über mehrere Stufen hinweg. Programmatic bietet Kreativen, die den Ansatz verstehen, eine große Spielwiese, denn Programmatic-Kreation ist weit mehr als der Banner-Generator, der kleine Text- und Bild-Bausteine in Echtzeit zusammensetzt. Was genau entstehen kann, darüber sollen in der Arbeitsgruppe „Programmatic Creativity“ des BVDW ab sofort Digitalos, Mediamenschen und Kreative diskutieren. Um ein gemeinsames Verständnis zu etablieren und notwendige Schnittstellen zu entwickeln.

Denn eines ist auch klar: Wenn wir via Programmatic und Targeting feinere Zielgruppenprofile herausarbeiten und diese zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Inhalten ansprechen wollen, dann brauchen wir mehr als einen Spot, eine Anzeige oder ein Banner. Wir brauchen vielleicht fünf Versionen eines Radio-Jingles, drei Versionen des TV-Spots und unterschiedlichste Bild-und Text-Kombinationen für Bannerwerbung im Verlaufe der Customer Journey. Das kostet in der Produktion für Werbungtreibende mehr Geld. Wird der Wirkungsvorteil der individuelleren Werbeausspielung (als ein zentrales Leistungsversprechen von Programmatic) den Kosten-Nachteil ausgleichen? Müssen wir Agenturen Werbung für das programmatische Zeitalter künftig nicht anders produzieren?

Diese Fragen werden wir den Werbungtreibenden spätestens 2017 auf der dmexco beantworten müssen. Bis dahin ist es unsere primäre Aufgabe, kreative Kampagnenansätze, die das Wort kreativ verdienen, auf den Weg zu bringen und unsere Kunden hierbei mit auf die Reise zu nehmen. Und am Ende sollten wir sicherstellen, dass diese aufwendiger produzierten Kampagnenbausteine dennoch zu einer höheren Effizienz und nicht nur zu höheren Kreationskosten führen. Heute ist das noch ein digitales Thema, doch schon jetzt (und da werden wir zur dmexco noch viel mehr sehen …) schwappt diese Welle auf andere – bisher analoge – Medien über.

Phase 4: Analog wird digital wird programmatisch

Online-Displaywerbung hat den Anfang gemacht. Online-Videowerbung und Mobile zogen relativ schnell nach und in den nächsten Monaten werden immer mehr Medienkanäle in die Welt von Marketing Automation und personalisierter Werbung einsteigen. In der ersten Stufe geht es dabei weniger um das programmatische Aussteuern von Werbung (user-zentriert und in Echtzeit), sondern vor allem um das plattformgestützte Planen und Buchen von Werbeflächen. Fast alle klassischen Mediengattungen haben in diesem Jahr erste Pilotprojekte gestartet.

RTL-Vermarkter IP hat PR-wirksam Anfang des Jahres den Einstieg in den Programmatischen Verkauf verkündet, die Münchner Kollegen von ProSiebenSat1 stehen ebenfalls in den Startlöchern. Bis es jedoch soweit ist, dass „Programmatic“ bei linearem Fernsehen wirklich sein Label verdient, werden noch einige Monate oder sogar Jahre vergehen. Ein vollständig automatisierter Einkauf von Werbezeiten, bei denen Algorithmen entscheiden, wann und wo der Spot passend zur Zielgruppe ausgespielt wird, wird auch zur dmexco 2017 Vision sein. Bis dahin aber wird es jede Menge kleine Zwischenschritte geben: Vom Banner, der sich bei Umschalten des Programms über den Fernseher legt, bis hin zu „digitalen“ Fernsehsendern wie RTL II you, die 24 Stunden Programm ausstrahlen, jedoch nur über Desktop und App ansteuerbar sind, dafür programmatisch „Fernsehwerbung“ eingespielt werden kann.

Auch der Hörfunk hat die ersten Versuche mit Programmatic Audio bereits hinter sich. Die RMS testete mit Burger King Ende 2015 eine individualisierte Kampagnenaussteuerung und -optimierung in Echtzeit. Je stärker die Nutzung von Online-Audio-Angeboten (Webradios, Streaming-Angebote, Online-Only-Sender, Personal Radios, Aggregatoren, Music on Demand etc.) steigt, desto attraktiver wird dieser Kanal für Programmatic. Jüngst hatte auch Spotify angekündigt, sich für Programmatic Audio zu öffnen. Was fehlt, sind derzeit noch die großen reichweitenstarken Hörfunksender, die über UKW oder DAB ausgestrahlt und nicht via Smartphone konsumiert werden.

Je mehr Flächen in der Außenwerbung digitalisiert werden, desto interessanter wird auch der Bereich Digital Out of Home (DooH) für Programmatic, weil er Online perfekt ergänzen kann. Wir selbst haben erste positive Erfahrungen gesammelt: mit einer serverbasierten Ausspielung, flexibler Motivaussteuerung – kombiniert mit Online-Video.

Mein persönliches Fazit: Beim Thema Programmatic sind wir auf einem guten Weg. Auch wenn wir gefühlt schon lange unterwegs sind, ist es aber noch ein gutes Stück, bis zum Meer mit Sonnenuntergang. In diesem Sinne: gute Erholung, die dmexco wird laut und schnell und voller Programmatic!

Dieser Artikel wurde auf internetworld.de veröffentlicht.

Das Header Bidding ist Entwicklung, die aus dem US-amerikanischen Markt zu uns herüber schwappt, und die in Deutschland wahlweise als unentbehrlich oder als Weg in die Steinzeit beschrieben wird. Bei der leidenschaftlichen Diskussion wird deutlich, dass sich hier vor allem die Marktteilnehmer über die Bedeutung streiten, die mal sehr mal gar nicht profitieren. Platzhirsche wie Google oder Yieldlab beispielsweise zeigen wenig Interesse am Thema, denn Google oder das Google Display Network sind bei den Publishern ohnehin meistens integriert und etwa drei Viertel der Top-AGOF-Vermarkter setzen Yieldlab ein. Andere Markteilnehmer wie beispielsweise Appnexus oder Rubicon sehen hingegen ihre wohl letzte Chance, etwas Relevanz auf dem deutschen Markt zu erreichen. Um zu verstehen, warum sich die Marktpartner teilweise so gegensätzlich verhalten, muss man das Prinzip Header-Bidding einmal unter die Lupe nehmen.

Was ist Header Bidding?

Unter der Bezeichnung Header Bidding verbirgt sich ein Verfahren der programmatischen Display-Vermarktung, dem die Technologie der Pre-Bid-Tags zu Grunde liegt. Diese Tags werden bereits ganz zu Beginn des Ladens einer Webseite aufgerufen. Dadurch erhält die auf der Seite eingesetzte Supply-Side-Plattform (SSP) bereits vor Beginn der eigentlichen Auktion der Werbeplätze Kontakt mit dem Profil des angebotenen Users. In Folge können die angeschlossenen Demandpartner (DSPs) schon sehr früh über ihre Gebotabgabe entscheiden. Gleichzeitig wandern Impressions, für die sich aller Voraussicht nach keine Bieter finden würden, gar nicht erst in die tatsächliche Auktion. Statt über einen technisch und ökonomisch unvorteilhaften „Passback“ am Ende des Bietprozesses, können diese Impressions durch Pre-Bid-Tags direkt durch den Adserver verwertet werden.

Header Bidding beteiligt am Pre-Bid-Prozess nicht nur eine, sondern gleich mehrere SSPs, indem ihre Tags im Header verbaut werden. Ziel dieses Vorgehens ist es, mehreren Exchanges die Gelegenheit zu bieten, den User in einer Art transparenten Meta-Auktion ihrem eigenen Marktplatz zuzuführen. So komplex sich die Materie in der Theorie anhört, so groß ist auch die Herausforderung ein technisches Setup für ein sauber funktionierendes Header Bidding zu erstellen. Als Schwierigkeit kommt noch der negative Effekt auf die Ladezeiten der Seiten und eine erhöhte Gefahr von Data Leaking hinzu – beides bedingt durch die zusätzlichen (Header-Bidding)-Partner, die sich der Publisher auf seine Seite holt.

Was bringt das für Publisher?

Diesen Nachteilen steht für den Publisher oder Vermarkter eine scheinbar bessere Monetarisierung des Inventars gegenüber. Das Versprechen des Header-Biddings lautet: Weil möglichst viele Exchanges angebunden werden, erhält wirklich sämtliche Nachfrage, die im Markt existiert, Zugang zu dem angebotenen Inventar. So soll für den Publisher mehr Geld fließen. Doch gerade auf dem deutschen Markt überzeugt dieses Argument wenig. Hierzulande ist bereits jede marktgängige Demand-Side-Plattform an alle relevanten Supplypartner angeschlossen. So werden bereits die Impressions einer Website parallel über mehrere Exchanges zugänglich gemacht. Statt jedoch wie versprochen für mehr Umsatz zu sorgen, würde Header Bidding eher zu mehr Intransparenz und Misstrauen führen, weil auf einmal ein und dieselbe Platzierung von mehreren Marktplätzen angeboten wird. Wie hinderlich diese Herangehensweise für eine positive Entwicklung des Gesamtmarktes ist, sehen wir heute schon im Bereich der Mobile App-Vermarktung. Dort ist die Multiplattformanbindung über die großen Mobile Supply-Side-Plattformen eines der zentralen Hindernisse für eine positivere Marktentwicklung Sie führt zur Verwirrung beim Einkäufer und hinterlässt das Gefühl, dass es nicht ganz mit rechten Dingen zu geht.

Des Weiteren verspricht Header Bidding eine Reduzierung des sogenannten „Waterfallings“. Das Wasserfall-Prinzip bezeichnet eine relativ statische Verteilung von Ad Impressions anhand von Preis- und Volumenparametern zwischen dem Adserver zum einen und der auf der Seite eingesetzten Supply-Side-Plattform zum anderen. Waterfalling verhindert, dass jede Ad Impression immer zum höchstmöglichen Preis verkauft wird. Doch ob sich dieses Problem wirklich durch Header Bidding reduzieren lässt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Das hängt in der Praxis sehr stark vom Einzelfall ab. Ist die Inventarverwertung eines Publishers technisch nicht optimal aufgesetzt und beispielsweise mit Altlasten und Sonderlösungen befrachtet, kann der Einsatz von Header Bidding in einem solchen Fall natürlich für mehr Erlöse sorgen. In einem sauberen Setup, mit nur wenig Technologien auf einer Webseite, ist dagegen eine integriertere Zusammenarbeit von Adserver und Supply-Side-Plattform eine viel modernere sowie erfolgversprechendere Lösung.

Mittlerweile scheint sogar Google selbst scheint gewillt zu sein, seinen marktführenden Adserver DFP (Doubleclick for Publishers) für eine bessere Verzahnung mit Fremdsystemen zu öffnen. Diese Erkenntnis ist wohl auch der Grund, warum Header Bidding im amerikanischen Markt kaum mehr Gewicht hat und einige bereits die Totenglöcklein leise läuten hören. Mal schauen, ob uns Header-Bidding über die dmexco hinaus als Thema weiter begleiten wird. Ich bin gespannt, aber eher skeptisch.

Dieser Artikel wurde auf lead-digital.de veröffentlicht.

Wir als Agentur stellen das Bindeglied zwischen Kunde und Vermarkter dar und fungieren deshalb auch als Kontrollinstanz für die korrekte Auslieferung der Werbemittel. Für uns ist es daher sehr wichtig, durchgehend einen umfassenden Einblick, d.h. volle Transparenz und Kontrolle über die Kampagnenauslieferung zu haben. Nur so können wir bestmöglich sicherstellen, dass die Banner unserer Kunden auch dort erscheinen, wo sie gebucht sind und somit einen bestimmten Qualitätsstandard gewährleisten.

Bei einer Direktbuchung der Agentur beim Publisher haben im Regelfall beide Partner einen vollständigen Einblick in die Kampagnenauslieferung. Durch den Einzug der verschiedenen Typen von Programmatic Advertising in den deutschen Markt und damit auch in unsere tägliche Arbeit, muss der Punkt „Kampagnentransparenz“ nun aus einem neuen Blickwinkel betrachtet werden. Die für uns entscheidende Frage lautet: Wo wird ein Banner wann und wie ausgeliefert? Damit stehen wir vor einer neuen Herausforderung bei der Kampagnenbetreuung.

Wie AdVerification-Tools in Hinblick auf Transparenz helfen können, beschreibt Alice Riesmeyer im mediascale-Blog.

Programmatic Advertising ist gerade in aller Munde, doch jeder scheint darunter etwas anderes zu verstehen. Also brauchen wir erst einmal ein gemeinsames Verständnis, von was wir überhaupt sprechen: Programmatic Advertising ist die profilbasierte Konzeption, Buchung, Aussteuerung und Optimierung von Mediaflächen und inhaltlicher Botschaft über automatisierte Prozesse. Es geht also primär um das automatisierte Zusammenspiel von Reichweiten, Daten und Kreation und nicht ausschließlich um die Automatisierung von Buchungsvorgängen – letzteres wäre weder neu noch innovativ und daher eher in das Feld des Category Managements einzusortieren.

Algorithmisch lieblos exekutierte Formen

Aber, was viele gerne vergessen: Programmatic ist kein Selbstzweck! Steigt man ins Detail ein, also in die tiefgreifende Datenanalyse und deren Management, die kontinuierliche datenbasierte Kampagnenoptmierung, dann erkennt man, dass programmatische Kampagnen bei Weitem nicht immer günstiger sind. Der Mehrwert ergibt sich nur dann, wenn die Effizienzsteigerung einer individuellen, profilbasierten Adressierung die Kosten für Reichweite, Daten und Kampagnenoptimierung übersteigt. Und nur dann macht Programmatic Sinn, egal in welchem Kanal! In digitalen Kanälen erleben wir leider viel zu oft eine schlampige Version des Retargetings, beziehungsweise eine algorithmisch lieblos exekutierte Form („… die Schuhe vor zwei Monaten gekauft und noch immer mit drei Anzeigen auf einer Website angeboten…“). Diese Art ist in ganz unterschiedlichen Modellen fester Bestandteil von Kampagnenplanung. Ebenso wie komplexe datenbasierte Kampagnenmodellings auf Basis von Kaufdaten, die womöglich mit vollautomatischen Kreationskonzepten angereichert sind.

Digitales Programmatic steht noch vor operativen Herausforderungen

Auch hier sind wir noch immer weit davon entfernt, von einem saturierten Regelbetrieb zu sprechen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Sie zwingen uns zum Nachdenken, welches die großen Herausforderungen in den kommenden Jahren in allen anderen Mediengattungen sind:  

1. Wir brauchen mehr Premiumreichweiten und Premiumformate

Vielleicht ist es ein deutsches Phänomen. Gerade brandorientierte Werbungtreibende fordern bestimmte Qualitäten des Umfelds, in dem ihre Kampagne zu sehen ist – in programmatisch eingekauften datenbasierten Onlinekampagnen. Nun kann man darüber streiten, ob das Banner mit dem 55-Zoll-Fernseher zum Schnäppchenpreis auf einer Pornoseite nicht den gleichen Aufmerksamkeitswert auf den User hat wie auf einem Newsportal. Doch de facto ist es heute für Kunden mit Premiummarken zu recht undenkbar, auf diesen Seiten werblich aktiv zu sein, selbst wenn dort der vermeintlich richtige User adressiert werden kann. Um auch für diese Werbungtreibenden programmatische Kampagnen dauerhaft umsetzen zu können, brauchen wir mehr Premiumreichweiten transparent einkaufbar – und hier geht es nicht um den billigsten Einkauf, sondern um einen qualitativen Anspruch an die Platzierung der Kampagne.

 2. Programmatic Advertising bekommt man nicht geschenkt

Programmatic ermöglicht Kunden vollkommen neue Wege der Kampagnenplanung, -steuerung und Optimierung. So weit, so schön. Doch verlangen Kunden heute vor allem Orientierung und damit Beratung: Wie man die neuen Tools und Daten richtig im Sinne einer effizienzsteigernden Kampagnenkonzeption einsetzt. Wie also das Zusammenspiel von Platzierung, Daten, Inhalt und Dosis einer Kampagne aussehen muss. Das sind Fragen, die in Teilen vorher beim Vermarkter lagen und in Teilen so nicht gestellt wurden, da es die Möglichkeit einer individuellen Kampagnenkonzeption schlicht nicht gab. Dass diese Mehrleistungen nicht kostenlos erbracht werden können und damit in die gesamtheitliche Betrachtung von Programmatic Advertising mit einfließen müssen, wird erst so langsam vielen Kunden klar. Programmatic erhöht nicht nur die Komplexität und führt eben nicht automatisch zu Kosteneinsparungen – wenigstens beim Werbungtreibenden und der Agentur. Sondern führt oft zum Gegenteil: zu Kostensteigerungen.

3. Programmatic Advertising braucht mehr zielgruppenspezifische Daten

Soll PA mehr als klassisches Retargeting sein, oder möchten wir nicht nur Bestandsinteressenten, sondern vor allem neue Zielgruppen trennscharf ansprechen und damit profilbasierte, reichweitenstarke Kampagnenmodelle umsetzbar machen, dann brauchen wir mehr zielgruppen- und markenspezifische Daten. Die Datenverfügbarkeit in Deutschland ist aber, anders als in den USA, gering und deren Qualität noch immer ein großes Problem.

4. Datengestützte Kampagnensteuerung bedeutet Vernetzung von Media und Kreation

Was wir heute gerne übersehen, ist die wahrscheinlich größte Herausforderung, die PA an uns stellt: die inhaltliche und konzeptionelle Verknüpfung von medial gezielter Kampagnensteuerung mit inhaltlich richtiger individueller Botschaft entlang der Customer Journey! Was bringt es, nur den richtigen User mit der richtigen Kontaktdosis anzusprechen, wenn ich inhaltlich keine relevante Botschaft sende? Die beiden Silos Media und Kreation werden hier gezwungen, endlich integriert zusammenzuarbeiten _– eine Herausforderung für Werbungtreibende und integriert arbeitende Agenturen. Weder die einen noch die anderen sind darauf, in aller Regel, prozessual und organisatorisch eingestellt. Und darüber hinaus? Gelten diese Regeln auch für bisher analoge Kanäle? Können wir nicht schon heute „Programmatic TV“ oder „Programmatic Print“ genauso aussteuern?

Programmatic ist viel mehr als die Automatisierung von Buchungsvorgängen

Seit Ende 2015 schwappt die programmatische Welle nun auch in bisher analoge Kanäle über. Alle Kanäle sind heute – glaubt man vielen Behauptungen in der Presse – programmatisch ansteuerbar. Doch ist das wirklich alles programmatisch? Basierend auf der oben genannten Definition findet in den allermeisten analogen Kanälen de facto kein Programmatic Advertising statt! Denn die Automatisierung von reinen Buchungsprozessen und die Anbindung von Buchungssystemen zwischen Agentur und Vermarkter haben nichts mit Programmatic zu tun, sondern bestenfalls etwas mit Automatisierung. Klar will auch der Printvermarkter gerne programmatisch sein. Ebenso empfindet der TV-Sender es vielleicht als programmatisch, eine Online-Buchungsschnittstelle zu haben, die eine notwendige Voraussetzung für Programmatic Advertising sei. Doch mal ehrlich: Diese Form der Automatisierung hätte jede Agentur und jeder Sender und Verlag auch schon vor fünf Jahren haben können. Mit datengestützter adserverbasierter Kampagnenplanung und Umsetzung hat es wenig zu tun. Wollen Kunden also programmatische Ansätze in bisher analogen Medien einsetzen, die dem digitalen Vorbild nahe sind, gibt es nur wenige Medien: Out of Home mit all seinen digitalen Screens sowie Radio-Streaming, das über digitale Endgeräte ausgestrahlt wird. Hier besteht die Möglichkeit, inhaltlich individuelle Botschaften auszusteuern, einzelne Platzierungen indivduell und datenbasiert zu belegen – oder eben nicht. Das ist am Ende eine wirklich programmatische Kampagnenkonzeption. Sicher wird auch programmatisches TV angeboten. Aber außerhalb von mikrobischen Testreichweiten in Smart-TVs sind wir da heute noch nicht so weit. Noch nicht. Genug Zeit also, um die Hausaufgaben im Digitalen zu lösen und parallel zu begreifen, dass Programmatic nicht Automatic ist. Dass Programmatic nicht automatisch billiger bedeutet. Und dass Programmatic mehr ist, als nur eine mediale Spielart, sondern ein ganzheitlicher integrierter Ansatz für Media und Kreation. Gefragt ist bei Programmatic Advertising ein neuer ganzheitlich denkender und integriert handelnder Agenturtyp. Darauf muss sich die Branche einstellen.

In einem Gastbeitrag für das Online-Marketing-Magazin Adzine erläutert Julian Simons, Geschäftsführer von Mediascale, dass der Werbetreibende verstehen muss, wie sehr eine inhaltlich und medial integrierte Kampagnensteuerung auf Profil- und nicht mehr nur auf Umfeldebene den Außenauftritt einer Kampagne verändert.

Zum Artikel