An Virtual Reality (VR) führt momentan kaum ein Weg vorbei. Es gehört zu den meistdiskutierten Themen der Branche. Das Spektrum der Devices reicht vom Cardboard bis zur Oculus Rift und erst vor wenigen Tagen stellte Google auf der eigenen Entwicklerkonferenz Google I/O ein neues VR-Konzept namens Daydream vor. Die Technik ist marktreif und Marken suchen damit neue kreative Möglichkeiten, um Konsumenten anzusprechen. Egal ob zu Hause, im Store oder unterwegs.

Nicht überall, wo Virtual Reality draufsteht, ist auch Virtual drin.

Doch nicht jeder, der aktuell über VR diskutiert und berichtet, meint tatsächlich Virtual Reality im engeren Sinne, oft sind damit auch 360-Grad-Videos oder Augmented Reality (AR) gemeint. Zur Unterscheidung helfen zwei Faktoren: die Umgebung des Nutzers und die Art des Erlebnisses.

Bei Augmented Reality wird die reale Umgebung durch computer-generierte Inhalte angereichert und mittels eines AR-Headsets oder entsprechender Apps im Sichtfeld des Nutzers eingeblendet. Diese virtuellen Erweiterungen können unterschiedlichster Form sein, wie etwa ein Overlay mit zusätzlichen Informationen oder 3D-Objekte, mit denen man in Interaktion treten kann. Oft stehen sie in direktem Bezug zur Umgebung (Location Based Services) oder zu Objekten (Beacons/ QR-Codes).

Bei Virtual Reality wird ein Nutzer hingegen aus seiner physischen Realität in eine geschlossene virtuelle Umgebung transportiert, in der er sich frei bewegen kann. Darüber hinaus können die visuellen Eindrücke durch Sound und äußere Reize wie Temperatur, Wind oder Gerüche unterstützt werden, um die Imagination zu steigern und dem Nutzer das Gefühl zu geben, mittendrin zu sein. Diese Erfahrung wird als immersives Erlebnis bezeichnet.

360-Grad-Videos, die von einem festen Kamerastandpunkt gefilmt werden, stellen im Gegensatz dazu nur ein begrenztes Erlebnis dar. Der Nutzer kann sich nicht frei darin bewegen, sondern lediglich durch Kopfbewegung den Blickwinkel verändern.

Der entscheidende Mehrwert von VR gegenüber den anderen Technologien ist die Immersion. Dieses Mittendrin-Gefühl eignet sich hervorragend dazu, um überraschende und fesselnde Markenerlebnisse zu kreieren und auf eine besondere Weise mit den Konsumenten zu interagieren. Doch auch 360-Grad-Videos und AR-Apps bieten spannende Anwendungsszenarien. Von anderen Kommunikationskanälen unterscheiden sich die Technologien besonders durch drei Unique Selling Points.

1. AR und 360-Grad-Videos machen klassische Kommunikationskanäle interaktiv und digital

AR und 360-Grad-Videos erweitern das Spektrum klassischer Medien und machen beispielsweise Zeitungen oder TV-Spots interaktiv. Mit Hilfe von AR-Apps, die über Smartphone oder Tablet genutzt werden, können Produkte aus Print-Anzeigen in 3D erlebt werden. Integrierte Buttons verweisen zur Webseite für mehr Informationen oder direkt zum E-Commerce-Shop des Unternehmens.

Die New York Times hat ihr Print-Angebot durch eine Reihe von 360-Grad-Reportagen erweitert, die mit einem Google Cardboard angesehen werden können. Auch der Guardian hat kürzlich eine solche Reportage veröffentlicht, in der Zuschauer nachempfinden können, wie es sich anfühlt, in einer 6×9 Fuß kleinen Gefängniszelle in Einzelhaft zu sitzen. All das ermöglicht eine emotionale Art der Berichterstattung und eignet sich hervorragend zum Storytelling.

2. VR und 360-Grad-Videos überwinden räumliche Distanzen

Ein attraktiver Vorteil von 360-Grad-Videos und VR ist, dass räumliche Distanzen überwunden werden können, seit Kurzem bietet YouTube dazu sogar Live-Streaming in 360 Grad an. Dadurch können Marken Kunden an nahezu beliebige Schauplätze versetzen und sie weltweit an exklusiven Events teilhaben zu lassen, um so die Begehrlichkeit einer Marke zu steigern.

Besonders spannend sind VR und 360-Grad-Videos natürlich für die Touristik-Branche: Um junge Reisende anzusprechen und sich als moderne, innovative Hotelkette zu positionieren, stellte Marriott in New York eine Art Telefonzelle auf, die Besucher mittels Oculus Rift an einen Strand auf Hawaii transportierte. Das Besondere war die zusätzliche Unterstützung der audiovisuellen Eindrücke durch externe Reize. Die Besucher spürten Wärme und Sprühnebel auf der Haut und hatten eine salzige Brise in der Nase. Dadurch vermittelte Marriott ihnen das Gefühl, an einem anderen Ort zu sein, ohne ihren physischen Standort verlassen zu haben.

3. AR und VR intensivieren das Produkterlebnis und machen Produkte und Services erlebbar

Virtual Reality ermöglicht es, das Produkterlebnis am Point of Sale zu intensivieren. Zum Launch seines neuen Wanderschuhs schickt der Outdoor-Hersteller Merrell etwa die Store-Besucher auf eine virtuelle Wanderung in den Dolomiten. Dabei liefen sie über eine aufgebaute, wackelige Brücke und mussten sich an Felsen entlang tasten. Die Verbindung zwischen audiovisuellen und taktilen Reizen machte das Erlebnis hochgradig immersiv. Diese virtuelle Erfahrung sollte demonstrieren, an welche Orte der neue Wanderschuh sie bringen kann. Damit fokussiert sich Merrell auf seinen Wurzeln und spricht genau seine Kernzielgruppe an. Indem Merrell eine Oculus Rift bereitgestellt hat, machte das Unternehmen außerdem die Technologie vielen Besuchern zugänglich, die (noch) nicht bereit sind, in eine VR-Brille zu investieren.

Serviceplan setzte bereits 2014 VR ein, um gemeinsam mit BMW Motorrad eine virtuelle Probefahrt zu inszenieren. Mit Hilfe einer Oculus Rift und einer Windmaschine schafft „Eye Ride“ ein realitätsnahes Fahrererlebnis, das ein bis dahin unerreichtes immersives Erlebnis erzeugte. Das Ziel der Installation war, die Freude am Motorradfahren zu vermitteln.

Aber nicht nur In-Store, sondern auch zu Hause können die Technologien potenziellen Kunden einen Mehrwert bieten: Mit der Makeup Genius App von L’Oreal Paris können Nutzer über AR verschiedene Make-Up-Looks ausprobieren. Durch die realitätsnahe Produktdarstellung werden Unsicherheiten bei den Konsumenten abgebaut, die vor einem Kauf bestehen können. Dies wirkt sich wiederum positiv auf den Abverkauf aus.

IKEA testet derzeit, wie Kunden künftig auf virtuelle Einkaufstouren durch das Möbelhaus geschickt werden können. Dazu ließ IKEA eine kostenlose App für das VR-System HTC Vive entwickeln. Damit kann man sich inmitten einer maßstabsgetreuen Küche frei bewegen, mit den Controllern der HTC Vive lassen sich verschiedene Materialien für die Oberflächen auswählen, Schubladen öffnen und sogar Essen kochen. Darüber hinaus plant das Unternehmen eine Reihe von Möbel-Lösungen, die Kunden per VR-Headset vor dem Kauf virtuelle erkunden können. So können sich Interessierte Produkte detailliert ansehen, ohne dafür in ein Möbelhaus fahren zu müssen.

Engagement, Immersion, Impact

Die Entwicklungen rund um das Thema VR schaffen völlig neue Wege zur Inszenierung interaktiver Markenerlebnisse. Zielführende Ansätze folgen dabei einem dreistufigen Ansatz: Um Engagement zu generieren, ist ein Erlebnis-Konzept und -versprechen erforderlich, das zu einer aktiven Auseinandersetzung des Nutzers mit der Marke führt – nur dann wird er den Schritt zu dieser Technologie gehen. Maximale Immersion muss in der Umsetzung im Fokus stehen – damit der User auch emotional Teil des Markenerlebnisses wird. Dann erzielt diese neue Art der Markeninszenierung optimalen Impact. Der Wirkungsnachweis? Der Blick ins Gesicht des Users, wenn er zum Beispiel nach dem virtuellen Eye-Ride auf einem BMW Motorrad die VR-Brille abnimmt 😉

Der Artikel wurde auf internetworld.de veröffentlicht.

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