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Der Spielemarkt boomt: Rund 4,37 Milliarden Euro Umsatz erzielte die Gaming Industrie laut GfK 2018 in Deutschland. ESports-Turniere füllen weltweit ganze Stadien, die Candy Crush Saga führt das Ranking der umsatzstärksten Apps im Google Play Store an und das Augmented Reality-Spiel Pokémon Go verleitete Millionen User zur Jagd nach virtuellen Pokémons. Durch das Spielen werden Emotionen ausgelöst, die sich Marketer zunutze machen können: Spaß, Ehrgeiz und Glücksgefühle.

In jedem von uns steckt ein Spielkind

Der Spieltrieb liegt in der Natur des Menschen. Gerade bei Kindern ist das Spielen wichtig für ihre geistige und körperliche Entwicklung. Doch wer jetzt glaubt, der Spieltrieb beschränke sich nur auf Kinder oder Jugendliche, der hat weit gefehlt. Laut einer Studie des Verbandes der deutschen Games-Branche sind 28 Prozent der Computer- und Videospieler in Deutschland 50 Jahre und älter. Mit insgesamt 9,5 Millionen Spielerinnen und Spielern stellen sie die größte Altersgruppe in Deutschland dar. Seit Jahren steigt das Durchschnittsalter der Gamer: Lag es 2013 noch bei 32 Jahren, stieg es 2018 auf 36 Jahre. Diese Zahlen zeigen, dass meine Oma eine nicht zu unterschätzende Zielgruppe ist, gerade vor dem Hintergrund unserer alternden Gesellschaft. Durch den sozialen Interaktionscharakter können Spiele vielleicht sogar gesellschaftlichen Problemen wie der Einsamkeit im Alter entgegenwirken.

Neben der klassischen Zielgruppe der sogenannten Heavy Gamer, also den Spielern, die überdurchschnittlich viel Zeit mit Videospielen verbringen, gibt es auch jene Menschen, die nur gelegentlich Computer- oder Videospiele spielen möchten, doch die relativ hohen Anschaffungskosten für einen Gaming PC oder eine Spielkonsole schrecken sie häufig ab. Dies könnte sich jedoch dieses Jahr mit dem geplanten Launch von Googles neuer Game Streaming-Plattform „Stadia“ ändern. Die Spiele können laut Google aus der Cloud abgerufen und mithilfe eines eigenen Controllers auf jedem Device gespielt werden. Zwar ist bisher noch nichts über das Preismodell des Dienstes bekannt, es ist jedoch anzunehmen, dass dadurch ein bisher unerschlossenes Zielgruppenpotenzial entsteht.

Neue Technologien bieten eine breite Spielwiese für stationäre Händler

Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland kämpft der stationäre Einzelhandel weiterhin mit rückläufigen Kundenzahlen. Ein Weg, um Kunden vermehrt in die Innenstädte und Geschäfte zu locken, ist das Einkaufserlebnis durch Gamification spannender und interaktiver zu gestalten. Unter Gamification versteht man die Integration von spielerischen Elementen in einen nicht-spielerischen Kontext. Diese spielerischen Elemente sprechen menschliche Bedürfnisse wie den Wunsch nach Interaktion, Ehrgeiz, Wettstreit oder Belohnung an. Das Ziel ist es, die Spielteilnehmer zu gewünschten Verhaltensweisen zu motivieren, wie etwa einer gesteigerten Kaufabsicht und Loyalität oder eben einem erhöhten Kundenaufkommen im Geschäft.

Einige Unternehmen haben den Gamification-Ansatz schon erfolgreich in ihren Geschäften umgesetzt. Im Frühjahr 2018 hat der Buchhändler Hugendubel mit der „Bookbuster“-Kampagne Kunden zum Besuch der Filialen motiviert. Es wurde ein Mobile Game entwickelt, bei dem Nutzer in drei Leveln ihr Wissen rund um aktuelle Bücher testen konnten. Level 1 bestand aus einem virtuellen Buchcover-Puzzle und bei Level 2 mussten die Nutzer Buchtitel erraten, die anhand von Bildern dargestellt wurden. Auf dem dritten Level wurde Augmented Reality eingesetzt. Die Teilnehmer konnten virtuelle Vögel sammeln und dadurch Bücher gewinnen. Laut Hugendubels Marketing-Leiterin Sarah Orlandi hat die Kampagne zu erhöhten Besucherzahlen und einem gesteigerten Absatz geführt.

Neben Augmented Reality eignet sich auch Virtual Reality hervorragend, um das Einkaufserlebnis spannender und spielerischer zu gestalten. Für die Eröffnung eines neues IKEA-Stores in Dallas hat der Möbelhersteller eine Virtual Reality Experience entwickelt, bei der Besucher in die IKEA-Welt eintauchen können. Ein virtuelles Kissenwerfspiel ermöglichte die spielerische Interaktion mit den Produkten. Bei einer anderen VR-Experience lernten die Teilnehmer auf spielerische Art etwas über den nachhaltigen Designprozess einer IKEA Bambuslampe.

Ein weiteres gelungenes Gamification-Beispiel kommt von NIKE. Um den neuen „Epic React“-Schuh zu bewerben, wurde das Anprobieren der Schuhe im Store mit einem dreiminütigen Motion Game verknüpft. Bevor die Kunden aufs Laufband gestiegen sind, haben sie einen Avatar von sich erstellt. Dieser Avatar wurde durch die Laufbewegung der Kunden und einen in der Hand gehaltenen Knopf zum Springen gesteuert. Insgesamt gab es vier verschiedene Welten, die die Teilnehmer erkunden konnten, während sie spielerisch den neuen Nike-Schuh ausprobiert haben.

Wie man an den Umsetzungen sieht, sind der Fantasie und Kreativität bei Gamification keine Grenzen gesetzt. Jedoch sollten Händler darauf achten, dass die Spielelemente das Einkaufserlebnis unterstützen und nicht nur reines Gimmick sind und vom Kaufprozess ablenken.

Gamification unterstützt den Agenturalltag

Eine immer größere Rolle wird Gamification zukünftig auch im ELearning-Bereich spielen. Die Online-Werbebranche entwickelt sich kontinuierlich weiter, es kommen neue Disziplinen hinzu und häufig gibt es neue Tools, deren Funktionen Mitarbeiter erst erlernen müssen.

Jeder, der schon einmal eine solche Schulung besucht hat, weiß, wie trocken das sein kann und wie schnell man das Gelernte wieder vergisst. Wenn zukünftig Onboarding-Veranstaltungen und Tool-Schulungen gamifiziert würden, könnte Wissen auf unterhaltsame Weise vermittelt werden. Unternehmen können beispielsweise Anreize setzen, die die Mitarbeiter motivieren, sich weiterzubilden und damit Punkte zu sammeln oder ein nächstes Level zu erreichen.

Salesforce, ein internationaler Anbieter von Cloud-Computing-Lösungen für Unternehmen, ist dafür ein Paradebeispiel. Für einen spielerischen Einstieg in ihre Software wurde eine eigene Lernplattform namens „Trailhead“ entwickelt, auf der Lernende Punkte und Abzeichen als Belohnung für das Lösen von Aufgaben erhalten. Der Wettbewerbscharakter fördert das Erlernen und die spätere Verwendung von Tools im Arbeitsalltag.

Auch für Recruiting und Innovationworkshops sind Gamification-Ansätze denkbar. Also, Kollegen, seid kreativ und lasst eurem Spieltrieb freien Lauf!

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Lead-digital.

Von außen betrachtet ist die SXSW ein ziemlich schlechter Deal. Man verbringt 12 Stunden im Flugzeug, um anschließend mit 30.000 anderen Verrückten eine Woche durch die Innenstadt von Austin zu hetzen, mit dem Ziel in überklimatisierten 80-Jahre-Style-Konferenzräumen Vorträgen und Panels zu lauschen. Inspiration klingt irgendwie anders. Für mich gehört die Konferenz trotzdem zu den absoluten Highlights des Jahres, denn eine höhere Konzentration an herausragenden Speakern zu den aktuellen Trends der digitalen Welt ist anderswo kaum zu finden. Auf welche Themen und Vorträge ich mich besonders freue, lest ihr im Folgenden.

Die Digitalisierung ist in der Gesellschaft angekommen

Schon in den letzten Jahren hat sich abgezeichnet, dass die Zeiten vorbei sind, zu denen man mit der nächsten Hype-Plattform oder App garantierte Aufmerksamkeit im Markt hatte. Längst drehen sich die Fragestellungen nicht mehr um digitale Dienstleistungen oder das Marketing dahinter, denn die Digitalisierung erfasst derzeit alle Lebensbereiche. Die Auswirkungen dieses Prozesses auf Gesellschaft, Arbeitsleben, Gesundheit und Stadtentwicklung werden, wie schon 2017, die dominierenden Themen der Konferenz sein. Ebenso die Frage nach den konkreten Lösungen, die neue Technologien in der Produktentwicklung und im Kreativprozess spielen.

Die Evergreens: VR, AR & AI

Gerade in der Kreativwirtschaft ist Virtual Reality weiterhin ein großes Thema. Während die Suche nach sinnvollen Einsatzszenarien außerhalb der Nische weitergeht, schickt sich Augmented Reality an, den Durchbruch zum massentauglichen Tool für modernes Storytelling zu schaffen.
Deutlich etablierter ist dagegen das Thema AI: Daten als DNA der modernen Welt und immer bessere Algorithmen versprechen Automatisierungen und Effizienzsteigerung in vielen Bereichen. Aber was davon hält wirklich Einzug in das Leben der Konsumenten? Amazon Echo & Google Home sind in Millionen Haushalten vorhanden, fristen aktuell aber ein trauriges Dasein als glorifizierte Lichtschalter und Bluetooth Speaker für Spotify. Wie sehen im Vergleich dazu die wirklich intelligenten Assistenten der Zukunft aus? Und wie setzen verschiedenste Branchen-Pioniere AI heute schon zur Kommunikation, Datenanalyse oder Produktentwicklung ein?

Blockchain-Selbstbewusstsein

Dieses Jahr als Thema auf Tech-Konferenzen wohl unausweichlich: die Blockchain. Das Vorzeigeprojekt Bitcoin hat sich vom demokratischen, grenzenlosen Zahlungssystem zu einer Investmentblase für risikofreudige Anleger entwickelt. Aber in der Technologie dahinter steckt unheimliches Potential. Wie werden Smart Contracts & transaktionsbasierte Systeme unser Wirtschaftsleben, Geschäftsprozesse und letztlich auch das Marketing verändern? Ethereum Miterfinder Joseph Lubin hat seinen Vortrag „Why Ethereum Is Going To Change The World“ genannt und auch den anderen Akteuren im Blockchain-Business fehlt es nicht an Selbstbewusstsein. Man darf gespannt sein.

Gaming & eSports

Selbstbewusst nehmen auch die Vertreter der Gaming & eSports Welt einen immer prominenteren Platz bei SXSW ein. Von Außenstehenden oft belächelt, hat sich Gaming inzwischen zu einer dominierenden Kraft der Unterhaltungsindustrie entwickelt. Die Professionalisierung der eSports Szene hat 2017 mit Millionen-Invests in Turniere und Teams neue Höhepunkte erreicht. Wer also in der zweiten Konferenzwoche noch vor Ort ist, sollte bei den Vorträgen der SXSW Gaming vorbeischauen. Wie die ROI Erwartungen der Branche aussehen und welche Möglichkeiten sich dort gerade im Marketing eröffnen, könnte interessant werden.

Problemkinder Start-ups & Disrupting Dystopia

Im Gegensatz dazu kriselt es in der Startup-Szene des Silicon Valley ein wenig. Bei den Elevator Pitches im letzten Jahr war jeder zweite Kommentar gefühlt „Nette Idee, aber was macht ihr, wenn Zuckerberg euch in drei Monaten kopiert?“. Die erdrückende Marktposition der Big 4 hat die Bereitschaft der Investoren für Anschubfinanzierungen für neue Startups merklich abgekühlt. Wie können Startups weiterhin Kapital für die Umsetzung ihrer Ideen beschaffen und in einer von Facebook, Google, Amazon & Apple dominierten Welt wachsen?
Wenige Monate nach der Trumpocalypse war die Grundstimmung 2017 etwas bedrückt, man ein für die Branche eher untypisches Level an Selbstreflexion. Haben wir in unserer Begeisterung für die Digitalisierung aller Lebensbereiche die Risiken einer voll vernetzten und automatisierten Welt unterschätzt? Was wird von den leisen Selbstzweifeln 2018 noch übrig sein? Ein hervorragender Gradmesser dürfte die Abschluss-Keynote von SciFi Autor & SXSW Urgestein Bruce Sterling werden. Eine Stunde Rant gespickt mit subtilen Spitzen gegen die selbstverliebte Tech- und Marketingszene werden sicher wieder ein Highlight. Passender Titel 2018: Disrupting Dystopia.

Abseits der Vorträge

Neben den Vorträgen und Panels im Rahmen der Konferenz sind außerdem die Event Spaces der zahlreichen Marken und Unternehmen vor Ort ein Highlight. Aus deutscher Sicht spannend: Die Präsenz von Mercedes-Benz. Die gemeinsame Ausrichtung der me-Konferenz während der IAA hatte eine tiefergreifende Kooperation mit der SXSW schon angedeutet. Nun sind Mercedes und Smart als Super Sponsoren in Austin am Start und hosten im Palm Park, gleich neben dem Convention Center, eigene Vorträge und Events rund um den Themenkomplex Future Mobility.
Daneben dürften auch Besuche der Brand Locations der japanischen Elektronikgiganten Sony und Panasonic lohnen. Panasonic hatte 2017 zahlreiche, in Kooperation mit Studenten entwickelte Prototypen rund um das Thema Smart Home ausgestellt. Sony hingegen hat voll auf das Thema VR gesetzt.

Die Vielzahl an Vorträgen, Panel-Diskussionen, Pop-up Locations und die zahlreichen Events abseits des offiziellen Programms machen die Planung des SXSW Besuchs zur Herausforderung. Denkt man beim Flug nach Hause an die Tage in Austin zurück, reift oft die Erkenntnis, dass man die spannendsten Vorträge eher aus Zufall gesehen hat, die beste Brand Lounge eine war, an der man nur zufällig in einer Nebenstraße vorbeilief und man den interessantesten Menschen nur begegnet ist, weil sie neben einem in den ewigen Warteschlangen standen. Der Versuchung zu widerstehen, alles im Voraus zu planen, macht einen Besuch der SXSW aber umso interessanter.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei wuv.de.

Peter Gocht, Global Executive Creative Director, Part des Creative Boards bei der Serviceplan Gruppe und Mitglied beim Ersten Deutschen Fachverband für Virtual Reality spricht über die Bedeutung von Storytelling für VR.

Denken Sie gerade darüber nach, sich einen neuen Fernseher zuzulegen? Ein aufregendes Erlebnis – das Wohnzimmer ausmessen, sich den besten Stellplatz überlegen, die Farbe aussuchen, sich Gedanken machen über die nötigen Anschlüsse und Helligkeit. Und natürlich die Frage, ob der Fernseher den richtigen Abstand zur Couch hat – man will ja schließlich erkennen, wer das Tor in einem spannenden Fußballmatch schießt. Wenn Sie sich gerade nicht mit diesen Fragen auseinandersetzen, haben sie das wahrscheinlich schon zumindest einmal gemacht in Ihrem Leben oder es passiert noch irgendwann. Lassen Sie uns deshalb also mal kurz in die Zukunft blicken.

In naher Zukunft müssen Sie sich voraussichtlich nicht mehr mit Entscheidungen wie diesen plagen; nicht wegen eines Durchbruchs in der Projektionstechnologie, oder weil niemand mehr fernsehen wird. Auch nicht, weil Hardware- und Content-Hersteller aussterben und durch Netflix oder Apple ersetzt werden – das geschieht nämlich bereits. Sondern weil Sie auf jedem beliebigen Screen, in jeder beliebigen Größe, zu jeder Zeit und an jedem Ort fernsehen können werden – nicht nur auf Ihrer gemütlichen Couch zu Hause. Die Magie dahinter nennt sich Augmented (AR) oder Mixed (MR) oder auch Virtual Reality (VR), allerdings in ihrer finalen Form. Der finalen Form von Medien. Der finalen Konsumform von Inhalten. Der finalen Unterhaltungsform.

Schauen wir uns mal kurz die Gegenwart an: Es existiert derzeit eine Menge VR-Geräten – manche davon sind sehr abgehoben. Sie haben vielleicht schon Namen wie Oculus Rift, HTC Vive, Playstation VR oder Samsung Gear VR gehört. Einige Hersteller machen bereits ordentlich Profit damit – Samsung hat beispielsweise im Jahr 2016 mehr VR Headsets verkauft als Oculus, HTC und Playstation zusammen, nämlich 4,51 Millionen Stück – und sie versuchen ständig, sich gegenseitig zu übertrumpfen. Kein Wunder, nachdem Einnahmen für den Verkauf von VR-Hardware in der Höhe von 15,7 Millionen Euro bis 2020 prognostiziert werden. Und es wurde auch schon sehr viel erreicht: Sehr hohe Auflösung, Content-Vielfalt, Verfügbarkeit an verschiedenen Geräten, es wird einem nicht mehr übel, wenn man zu viel Zeit in der virtuellen Realität verbringt – alles da. Es können sogar schon Bewegungen des Körpers und der Augen gemessen und in die virtuelle Umgebung transportiert werden, womit der virtuellen Realität ein weiterer Schritt in Richtung tatsächlicher Realität gelungen ist.

Aber ein entscheidender Faktor fehlt nach wie vor – und alle aktuell verfügbaren Geräte können dafür keine zufriedenstellende Lösung bieten: Einfachheit. Ein Alltagsapparat. Ein Gerät für jeden, nicht nur Experten, Gamer, Wissenschaftler oder Enthusiasten. Etwas, das man einfach aufsetzt und loslegt. Ohne Kabelsalat, komplizierter Steuerung oder externer Batterie und CPU. So einfach wie das Tragen einer Sonnenbrille oder ein Smartphone-Unlock.

Manche Hersteller versuchen, die Erfolgsgeschichte der Smartphone-Entwicklung nachzuahmen, weil es das ist, was sie können und weil das Rezept in der Vergangenheit für sie funktioniert hat: Die Auflösung ein wenig hochdrehen, die neueste Kamera einsetzen, einen etwas schnelleren Prozessor verwenden, eine neue Softwareversion installieren und eine neue, unerprobte Technologie zum Drüberstreuen. Aber für kleine Schritte ist der Markt bereits zu übersättigt. Wir brauchen kein weiteres Gerät, das ein bisschen schneller ist und ein bisschen besser aussieht. Wir brauchen einen Durchbruch. Wir brauchen die Möglichkeit, unsere Bewegungen natürlich zu kontrollieren in einer unnatürlichen Umgebung. Unser Gehirn will überlistet werden zu glauben, dass wir tatsächlich neben einem Lavastrom am Vulkan stehen oder in einem imperialen Hangar von Star Wars, voller Anspannung wartend auf den nächsten Laserabschuss aus dem Todesstern, ohne zu denken „Es ist ja eh nur ein Spiel“.

Lassen Sie mich meine ursprüngliche Frage neu formulieren: Sie möchten Ihr Wohnzimmer in einen Keller voller Zombies verwandeln, um diese zu jagen? Geht. Sie möchten Ihren neuen Kühlschrank virtuell in diese unmögliche Ecke in Ihrer Küche stellen, um zu sehen, ob er reinpasst? Geht auch. Sie möchten das Interieur Ihres neuen Autos in Originalgröße bewundern, während dieses in Ihrem Wohnzimmer steht? Klar. Oder Sie möchten sich einfach nur die letzte Folge Ihrer Lieblingsserie in Ihrem Garten auf einer riesigen Leinwand ansehen, mit ihren Freuden, während zeitgleich ein Hockey-Finalspiel läuft, das nur sie interessiert? Ja, das ist die Zukunft von der ich spreche. Und das Ende der Unterhaltungselektronik, wie wir sie kennen.

Wenn die Gerüchte wahr sind, ist die erste Firma, die diese Vision tatsächlich ermöglichen wird, Magic Leap. Zitat: „Diese Technologie könnte jedes Unternehmen betreffen, das Bildschirme oder Computer verwendet und viele, die das nicht tun. Es könnte den $120 Milliarden und $1 Trillionen Markt für Flachbildschirme vernichten und den $1 Trillionen globalen Markt für Unterhaltungselektronik in seinen Grundfesten erschüttern“, sagt David Erwalt vom Forbes Magazin. Und er hat recht: Wenn diese Vision zur Realität wird und endlich ein Erscheinungsdatum und einen Preis hat, ändert sich mit einem Schlag unser Konsumverhalten von digitalen Medien von Grund auf.

Vielleicht warten Sie also noch ein wenig mit dem Kauf eines neuen Fernsehers. Die Zukunft ist nur einen (magischen) Sprung entfernt.

Dieser Artikel erschien zuerst in Discover ME.

Mehr als 2.300 Aussteller aus 208 Ländern und über 108.000 Besucher (+7%). Der Veranstalter freut sich wieder über ein Rekordjahr. In wenigen Worten zusammengefasst lautet die Bilanz dabei folgendermaßen: Wenig überraschend und wie erwartet waren die wichtigsten Themen dieses Jahr künstliche Intelligenz in Verbindung mit Voice Control Services („Shy Tech“), Internet of Things und Smart Homes – wobei die Grenzen naturgemäß sehr fließend sind. Alle möglichen Virtual und Mixed Reality Experiences sind dagegen schon eher eine Selbstverständlichkeit auf der Messe. Überrascht hat mich die starke Präsenz von Connected Cars. Und ein bisschen schauten auch Roboter um die Ecke. Von einem Durchbruch ist hier aber lange noch nicht zu sprechen. Da haben sich einige – mich eingeschlossen – etwas mehr erwartet.

Autos stehlen Smartphones immer mehr die Schau

Dass das Auto immer mehr zum „Mobile Device“ wird, wurde auf dem Mobile World Congress (MWC) 2017 mehr als deutlich. Interessant war dabei, dass alle Aussteller dieses Themenfeld und auch ihre Hoffnungen unmittelbar an den neuen Netzstandard 5G zu koppeln scheinen. Bei allen Fahrzeugpräsentationen war 5G das prominenteste Thema und der Eyecatcher schlechthin. Wenngleich 5G bereits im Vorjahr ein großes Thema auf der Messe war, müssen wir uns aber noch alle ein wenig gedulden, bis wir vielleicht 2020 mit 10-facher LTE-Geschwindigkeit durch das mobile Internet flitzen können. Das Connected Car bekommt dann – wie andere Bereiche (z.B. das mobile Fernsehen) auch – sicherlich nochmals einen ordentlich Boost. Allerdings wird ja auch schon bis dahin eine Menge an neuen Services in dem Bereich entwickelt werden, beispielsweise der in Kooperation zwischen Jaguar und Shell entstehende Services „In-Car-Payment“. Dabei handelt es sich um ein Zahlungssystem direkt als App im Auto installiert. Das macht schon heute  Sinn und benötigt kein 5G für eine gelungene User Experience.

Eine weiterhin bestehende Herausforderung wird – schnelles Netz und tolle Dienste hin oder her – darin bestehen, Inhalte und Services möglichst elegant entlang der User Journey zu führen. Denn alle neuen Angebote, seien es Connected Cars, Smart Home Anwendungen oder neue App-Dienste, können ihre Kräfte nur entfalten, wenn sie miteinander vernetzt sind und aufeinander aufsetzen. Da ist es kein Wunder, dass das Wettrennen um die notwendige User-ID-Herrschaft längst begonnen hat. Neben den großen Tech Companies sind nun auch die Automobilhersteller mit eigenen Ideen hierzu – z. B. der Seat ID – am Start. Oder sie lassen zumindest schon mal die Motoren dafür warm laufen. Mal schauen, ob das reicht, um hier die Nase vorn zu haben.

Connected Products everywhere

Absolut erwartungsgemäß waren die unterschiedlichen Angebote an vernetzten Produkten. Eine ganze Palette wurde beispielsweise bei Bosch präsentiert –  vom „BML050“, einem hochpräzisen Scanner für interaktive Laserprojektion, der sich auch in Spielzeugfiguren einbauen lässt, bis hin zum „Spin Master Zoomer Chimp“, dem Spiel-Schimpansen mit lebensechten Bewegungen. Schließlich sollen schon die Kleinsten an die neuen Technologien herangeführt werden. Das wohl aktuell wichtigste Bindeglied in der Vernetzung der Smart Homes ist der Zugang über Sprachsteuerungssysteme, idealerweise mit intelligenten Bot-Systemen ausgestattet. Dass man hier Amazon Alexa und Google Home nicht den Markt überlassen will, war klar. Entsprechend konnte man erste Alternativ-Systeme auf dem MWC entdecken: Z. B. NUGU oder SONY Agent oder Aristotle Hub von Mattel mit Qualcomm-Power, für das vernetzte Kinderzimmer der Zukunft. Die Vielzahl an neuen Produkten wird das Geschäft beleben, das wird letztlich auch dem Verbraucher zu Gute kommen. Entscheidend für den Erfolg der einzelnen Geräte wird aber vor allem die damit vernetzte Infrastruktur sein, über die vor allem die großen Player verfügen: Suchmaschinen, Einkaufsportale, Musikbibliotheken oder Smart Home Schnittstellen. Erst der Zugriff auf diese Plattformen kann ein Sprachsteuerungssystem mächtig machen.

Virtual Reality wird selbstverständlicher

VR- und AR-Headsets gehörten dieses Jahr schon zum selbstverständlichen Bild auf der Messe. Im Bereich VR wurde vor allem neues Zubehör präsentiert: Wireless-Systeme oder VR-Handschuhe für noch immersivere Erlebnisse genau so wie der von uns schon heiß erwartet Tracker für die HTC VIVE. Neue VR-Installationen am Samsung Stand lockten ebenfalls die Besucher, wenngleich nicht mehr in Scharen, wie im vergangenen Jahr. Virtual Reality ist 2017 in der Realität angekommen. Die großen Überraschungsmomente gab es hier nicht mehr.

Interessant war hingegen, dass viele Aussteller, z. B. Intel, die Microsoft HoloLens in ihr Präsentationskonzept aufnahmen. Das ließ einem zwar nicht den Atem stocken, fühlte sich aber durchweg richtig und zielführend an und rundet die Produktpräsentation durchaus ab.

Und Telefon-Highlights?

Ach ja, es gab natürlich auch weitere Hardware-Neuigkeiten – dieses Thema rückt ja seit einigen Jahren bei dem MWC fast schon in den Hintergrund. Und auch dieses Mal gab es fast keine Überraschungen, wenn man mal vom Nokia 3310 absieht. Fast schon grotesk, dass die Aufmerksamkeit hier so groß war. Ist das Retro-Handy doch eher eine Randerscheinung. Vielleicht lag es aber auch daran, dass eigentlich alle Hersteller, sei es nun LG (G6), HUAWEI (P10/plus) oder BlackBerry (KeyOne), mittlerweile schöne, große Smartphones mit immer tolleren Kamerafunktionen im Angebot haben. Am Ende sehen sie irgendwie fast alle gleich aus, scheinen sich die Marken doch primär gestalterisch an Apple und Co. zu orientieren. Insgesamt werden die Geräte natürlich alle leistungsstärker, Evolution statt Revolution ist auch hier das Motto.

Sinnvolle Evolution

Einige Journalisten und Kommentatoren beklagten derweil, dass große Innovationen dieses Jahr ausblieben. Ja, das stimmt sicherlich und es macht natürlich auch besonders Spaß über große Leuchttürme zu berichten. Doch statt wieder eine neue Technologiewelle herbeizurufen, sollten wir uns die Zeit nehmen, die bestehenden Lösungen und Möglichkeiten für Marketing, aber auch für uns als Verbraucher, zu beurteilen und sofern passend mit Sinn und Verstand für unsere Ziele einsetzen. Nehmen wir das Beispiel Virtual Reality: Im vergangenen Jahr wurden erstmalig marktfähige Geräte gelauncht. Verbraucher wie Marken haben schnell Feuer gefangen und jeder erkennt darin großes Protential. Im Ergebnis landen VR-Systeme immer mehr auf den Wunschlisten der Technik-affinen Kunden, entsprechend werden Reichweiten langsam zunehmen. Gleichzeitig haben viele Marken die Impulse des vergangenen Jahres in konkrete Projektierungen umgewandelt und arbeiten an entsprechenden Produkten sowohl im Bereich B-to-B, als auch im Bereich B-to-C. VR-Projekte sind oftmals kostenintensiv und zeitaufwändig, entsprechend verantwortungsvoll sollten alle Projektbeteiligten mit den verfügbaren Ressourcen umgehen.

Gut, wenn da nicht schon der nächste Trend durchs Dorf gejagt wird.

Dieser Artikel wurde auf wuv.de veröffentlicht.

Als Digitalspezialisten arbeiten wir in einem spannenden Umfeld. Neue, technologiengetriebene Themen sind unser Alltag. Messen wie CES, MWC und Co. sind dabei ein Mekka für Neues. Wichtiges. Für den unaufhaltsamen Fortschritt. Mit dem Mobile World Congress (MWC) startet heute nun wieder die wichtigste Veranstaltung des Jahres für alle mobilen Technologieenthusiasten. Wie im vergangenen Jahr werde ich auch dieses Mal durch die Hallen eilen – auf der Suche nach neuen Ideen, möglichst exotischen, aufregenden Gadgets, Systemlösungen und digitalen Produkten sowie, ja auch das, spannenden Gesprächen. Face-to-Face und ganz analog.

Im Mittelpunkt des MWC werden dabei meiner Erwartung nach folgende fünf Trends stehen:

  • Chatbots und künstliche Intelligenz
  • Virtual, Augmented und Mixed Reality
  • Internet of Things & Smart Homes
  • Shy Techs
  • Robots

Vieles davon hat die Messe auch schon im vergangenen Jahr geprägt. Das Spannende wird sein, wohin sich die Technologien in Zukunft entwickeln werden – und wann sie aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind.

1) Chatbots und künstliche Intelligenz

Chatbots sind ein spannendes Beispiel dafür, wie ein eigentlich kleineres Trendthema – denn so ein einfacher Bot ist schließlich vergleichsweise schnell gebaut – viel größere Relevanz bekommt. Chatbots erfüllen den Wunsch der Verbraucher, einfach und schnell Informationen zu erhalten, genau den persönlichen Bedürfnissen entsprechend und an jedem Ort mobil verfügbar. Aber mit der einfachen Oberfläche ist es keinesfalls getan. Mächtig werden die Systeme erst, wenn die Treffsicherheit der Antworten durch CRM-, Produkt-, und weitere Datenbanken-Anbindungen optimiert wird. Ein Chatbot muss auf Kommunikationshistorien mit dem Kunden eingehen können und stetig lernen. Spannend wird sein, welche Systemlösungen auf dem MWC angeboten werden und in welchen Umfeldern sich Chatbots zeigen werden. Ein Social Media Messenger ist ja schließlich nur eine Einsatzoption von vielen.

2) Virtual, Augmented und Mixed Reality

Es ist wirklich großartig, was hier im Laufe des vergangenen Jahres alles an Hardware auf den Markt gebracht wurde. Virtual Reality wurde 2016 Realität. Neue Gadgets haben unsere Sinne beflügelt und uns einen Vorgeschmack auf die Zukunft gegeben. Keine Frage: Das wird auch weiter spannend vorangehen, Anbieter wie Samsung haben bereits viele Neuentwicklungen angekündigt, die auf dem MWC präsentiert werden sollen. In Teilbereichen können hier sensationelle Möglichkeiten erschlossen werden. Aber auch wenn die Verkaufszahlen von Oculus, HTC und Co. im Bereich des True – also wirklich immersiven – VR steigen, wirklich große Reichweiten sind noch nicht zu erzielen. Es sind die Marken-Inszenierungen am POS oder auf Messen, die derzeit aus Marketingperspektive spannend sind. Punktuell.

Auch Augmented Reality hat noch nicht den großen „Durchbruch“ erlebt. Auch wenn das aufgrund eines kurzen, aber heftigen Scharmützels mit Pokémon Go von so manchem herbeigeredet wurde. Die meisten Spieler hatten vermutlich ohnehin nicht beim Spielen die Kamerafunktion aktiviert. Und auch die HoloLens ist vor allem für ein paar einzelne Anwendungsszenarien – z. B. im Rahmen von Schulungsmaßnahmen – ein toller Problemlöser. Die Betonung liegt aber eben im Moment noch auf „einzelne“.

Aber: Hier bin ich wirklich gespannt, ob sich auf dem MWC (oder auf einer kommende Apple Keynote?) ein echter Augmented-Durchbruch erzielen lässt. Die systemseitige Nutzbarkeit dieser Funktionen kann schlagartig für echte Reichweite und spannende Services sorgen. In einer Zeit, wo im Grund alle Informationen bereits mit einer räumlichen Koordinate versehen sind, lassen sich diese auch mit der Kamerafunktion verknüpfen. Zusatzinformationen zu Standorten, zum Gegenüber oder zu einzelnen Produkten als Basisfeatures – das wäre schon was!

3) Internet of Things & Smart Homes

Keine Frage: Es wird weiterhin alles verdrahtet, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. CES und MWC leisten sich dabei auch ein Wettstreit um die erstaunlichsten Produkte. Aber was kann noch mehr passieren, als Haarbüsten zu verdrahten? Wir werden es sehen… Bei all diesen Skurrilitäten sollten wir aber nicht vergessen, dass es durchaus spannende Anwendungsfälle im Bereich der Heimautomatisierung gibt. Wer sich einmal Wireless-Speaker für sein Wohnzimmer angeschafft hat, möchte kaum mehr darauf verzichten. Und wenn man nicht sicher ist, ob die Lichter, der Backofen oder die Herdplatte aus sind, kann ein Blick in die Smart Home App durchaus für Entspannung sorgen. Ob man das nun heute schon alles nutzt oder nicht: Wenn ich bemerke, dass Toilettenpapier alle ist und ich direkt an Ort und Stelle Nachschub ordern kann, hat der gesamte Haushalt etwas davon. Diese Funktionen und andere werden sich immer mehr, und wie selbstverständlich, in unsere Wohnungen integrieren.

4) Shy Tech

Am Ende sind die meisten Menschen sicherlich an einer Vereinfachung von Abläufen und an der Unterstützung in ihren Lebensumfeldern interessiert. Auch wenn sie nicht gleichzeitig Technik-Nerds sind. Diesen Menschen kommt die sogenannte Shy Tech sehr entgegen. Keine Tastaturen, nicht einmal Monitore sind zwingend notwendig, um Funktionen auszulösen oder Informationen abzurufen. Mit „Echo“ hat Amazon einen ersten größeren Schritt in diese Richtung gemacht. Google Home wird folgen und Apple wird Siri weiter ausbauen, vermutlich wohl eher mit dem iPhone als Hardware als mit einem eigenen Lautsprecher. Prima, wenn das dann alles reibungslos funktionieren wird. Eine Armee an schlauen Bots wird uns umfassend unterstützen.

Spätestens an dieser Stelle muss aber immer wieder abgewogen werden: Wo werden die Daten eigentlich jeweils gespeichert, wo kann ich Informationen hierzu einsehen? Kommt eigentlich die Rechtsprechung hinterher, wenn die Produktentwicklung jeden Tag in neue Grauzonen oder komplett unbekanntes Terrain vordringt? Ideen und Content für diese Systeme zu entwickeln, ist sicherlich richtig. Aber vielleicht starten wir alle erstmal lieber mit Kochrezepten und lassen uns nicht sofort von diesen Voice Control Systemen die Krankenakte vorlesen. Auf dem MWC erwarte ich auf jeden Fall jeden denkbaren Anwendungsfall. Man darf gespannt sein!

5) Robots

Wenn in der digitalen Evolution Alexa und Siri schließlich laufen lernen, kommen am Ende vermutlich Roboter raus. Schon im vergangenen Jahr konnte man kleine „Bälle“ via Smartphones durch die verwaiste Wohnung rollen lassen und über integrierte Kameras auch vom Café aus die Wohnung überwachen oder mit der Katze spielen. Die Steuerung via Smartphone dürfte Bestand haben, aus rollenden Kugeln werden aber vermutlich zusehends ausgewachsene Roboter für den Hausgebrauch. Ich bin gespannt, welche Neuigkeiten es hierzu zu sehen gibt. Vielleicht treffe ich ja „Kuri“, den kleinen Bosch-Roboter, oder einen seiner Artgenossen. Einmal abgesehen von der durchaus berechtigten Frage, die Bill Gates jüngst formulierte, ob man zukünftig nicht im gewerblichen Einsatz Steuern auf Roboter erheben müsste, um so die drohenden Einnahmerückgänge bei der  Einkommenssteuer zu kompensieren, werden sich Robots in unseren privaten Alltag doch vermutlich eher langsam etablieren.

Denn noch freue ich mich im Einkaufszentrum mehr, wenn ich ein menschliches Wesen und keinen Roboter nach dem Weg fragen kann. Und damit bin ich nicht alleine. Daher müssen wir uns bei aller Euphorie, die sich auf Messen wie dem MWC ganz von alleine einstellt, immer wieder auch selbst bremsen. Unser Ziel ist es, dass wir unsere Kunden bestmöglich dabei unterstützen, erfolgreich und zukunftsfähig zu sein. Wir haben alle Trends im Blick, analysieren, sprechen Empfehlungen aus und beraten. Dabei geht es uns nicht darum, die Schnellsten bei der Umsetzung neuer Technologien zu sein, sondern die für den Kunden beste und passendste Lösung zu finden. Auch wenn das manchmal bedeutet, auf den neusten Hype erst einmal zu verzichten.

Eindrücke vom Mobile World Congress finden Sie auf Tumblr unter sp-url.com/correspondent.

Die Regeln von VR sind noch ungeschrieben. Eine seltene Chance für die Markenkommunikation.

Innovationen werden in der Kommunikationsbranche routiniert angekündigt und selten eingelöst. Bei Virtual Reality ist es anders, dieses „Next Big Thing“ rechtfertigt jeden Hype. VR ist eher unter- als überschätzt, denn es ist tatsächlich ein vollständig neues Medium.

Wenn ein neues, folgenreiches Medium entsteht, muss es eine Weile mit bereits bekannten verglichen werden, um die Erfahrung in Begriffe zu bringen. Das beeinflusst eine Weile auch die kreative Form. Kino begann als „lebende Photographie, perfekt in jedem Detail und in Lebensgröße“, Fernsehen als visuelles Radio, das World Wide Web als Hypertext. Bei VR ist es der Name selbst, der auf diesen Übergang verweist: VR ist „sowas wie Realität“.

Natürlich ist VR so wenig über Realität erklärbar wie jedes andere Medium. Aber uns fehlen Erfahrungen und Konventionen, um VR als Medium einzuordnen. Deshalb ist jeder Beitrag über VR ein Erlebnisbericht, und deshalb macht Erfahrung hier auch tatsächlich noch den Unterschied: Man begreift es nicht, wenn man es nicht erlebt hat.

VR wird als immersives Medium aufgefasst, also das Versprechen des „als ob“ – als ob man da wäre, als ob man die Person wäre, die repräsentiert wird. Die Idee der visuellen Immersion ist jedoch wesentlich älter. 1787 baut Robert Barker seine begehbaren 360-Grad-Ansichten auf und nennt sie „Panorama“. Noch älter sind die „Guckkästen“, die bis ins 19. Jahrhundert in Salons und auf Jahrmärkten beliebt waren, hölzerne Kleinapparaturen zur Betrachtung von Perspektivtheatern aus Papier, Holz oder Glas. Frühzeitliche VR-Gears also.

Diese Panoramen und Guckkästen waren primär optische Illusionen. Mit der Digitalisierung kommt in den 1980ern Taktilität ins Spiel, aus dem Zuschauer wird ein Akteur. Jaron Lanier entwickelt den „Data Glove“ und prägt den Begriff Virtual Reality. Die visuelle Repräsentation, die der Data Glove steuern kann, ist noch abstrakt und klötzchenhaft, aber richtungsweisend. Die eigene Körperwahrnehmung beeinflusst, was wir sehen. Wir können im Bild handeln.

In modernem VR kommt beides zusammen – Körperlichkeit und Panorama. Dabei hat VR einige Tricks im Ärmel, die unser Gehirn effektiv überlisten. Und zurzeit sieht es so aus, als ob wir auch nach mehrfacher Wiederholung darauf hereinfallen. Der Gang über den virtuellen Abgrund bringt im Labor auch nach der x-ten Wiederholung das Herz zum Rasen und erzeugt messbare, körperliche Angst. Falsche Körpererfahrung im VR-Dummy, der simulierten Person, die „ich“ bin, kann quasi-traumatische Effekte auslösen. So spürbar, dass der Bewusstseinsforscher Thomas Metzinger mit Kollegen eine Ethik der VR-Produktion formuliert hat.

vr-gocht-header

Im britischen Thorpe Park schickt der Mentalist und Illusionist Derren Brown seit Juli die Besucher in seinen „Ghost Train“. Ausgestattet mit einem VR Gear Kit, wird man buchstäblich zum Teilnehmer eines Grusel-Szenarios, attackiert von Dämonen und anderen seltsamen Passagieren. Brown verstärkt die sowieso überzeugende VR-Illusion mit Bewegung, Ortswechsel und Berührungen durch Schauspieler. Immersion pur.

Und dennoch spricht vieles dafür, dass dieses Wunder des „Dabeiseins“ vorübergeht, dass es ein Phänomen der Pionierphase ist. Es fehlt nicht nur die Erfahrung bei Rezipienten, es fehlen auch die Regeln der Form. Beide, Produzenten und Rezipienten, experimentieren noch. Es ist ein Vortasten zur Grammatik des Mediums, die Konventionen ermöglicht.

Das zeigt sich in einer großen Formenvielfalt, geradezu eine Explosion der Ideen. Zurzeit scheint VR alles sein zu können: Spiel, Kino, Dokumentation, E-Learning, Horror-Trip, und, nun ja, Videokonferenz. Einer der Gründer der US-Produktionsfirma Wevr, Anthony Batt, bringt es auf eine schöne Formel [„Studio 360“, New Yorker, 25. April 2016]:

„Does that mean our stuff is always perfect? Fuck no! It means we start with no idea of how we´re gonna make a project work, and we make it work. Or we don´t, and the whole thing turns to jello, and we learn.“

Es ist eine große Chance der Markenkommunikation, sich an der Entwicklung dieser Grammatik zu beteiligen. Zwei Besonderheiten helfen dabei: erstens sind kurze Formate heute noch am besten für VR geeignet, und zweitens sind auch vergleichsweise kostengünstige Produktionen umsetzbar.

Seien wir ehrlich: 90% der Markenkommunikation ist mehr oder weniger freundliche Überlistung. Retargeting ist kein Vergnügen fürs Publikum. Mit VR darf Werbung endlich Spektakel sein. Gut gemacht, entlässt sie ihr Publikum aus einer (überwältigenden, aufklärenden, erschreckenden) Erfahrung. Dieses vollständig neue Medium mitzugestalten ist eine Gelegenheit, die so schnell nicht wiederkommt.

 

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Erleben Sie VR auf unserer Roadshow „Reality by Virtuality“ im November live in Hamburg, Berlin, München und Köln.

Wie denke ich mir einen Film aus, der komplett um mich herum stattfindet? Oben, unten, links, rechts und sogar hinter meinem Rücken kann sich etwas abspielen. Plötzlich sind die Regeln anders als beim gewohnten Film im 16:9-Format. Die folgenden Punkte sollen den Einstieg für so eine Idee erleichtern.

Denken Sie jetzt bitte einmal ganz fest an Ihre Marke und stellen Sie sich die folgenden sechs Fragen:

1. Wo wäre meine Zielgruppe gerne?

Durch eine Virtual Reality Brille hat man das Gefühl, plötzlich an einem anderen Ort zu sein. Nur: Welcher Ort ist der richtige für meine Marke? Was weiß ich bereits über die Bedürfnisse meiner Zielgruppe? Was sind die Orte, die Emotionen auslösen? Welche Orte kennt die Zielgruppe vielleicht schon aus meinen TV-Spots?

2. In welcher Situation wäre sie gerne?

Wenn es kein bestimmter Ort ist, dann ist es vielleicht ein bestimmter Moment? Ein Moment mit anderen Menschen? Ist er lustig, ergreifend oder romantisch? Was wäre unglaublich, wenn es mir einmal passieren würde? Oder wo stünde ich gerne direkt daneben?

3. Wer wäre meine Zielgruppe gerne mal?

Als Zuschauer kann ich die Welt plötzlich aus den Augen eines Anderen betrachten. Und zwar deutlich stärker als in einer Point-of-View-Perspektive bei 16:9-Filmen.

4. Wo kann nur meine Marke die Menschen hinbeamen?

Veranstalte ich besondere Events, bei denen die Zielgruppe virtuell dabei sein könnte? Habe ich einen Promi, dem man virtuell ganz nahe sein kann? Sollen alle in meinem neuen Auto Probesitzen? Oder in dem Auto, das noch gar nicht gebaut ist?

5. Wie sieht meine Markenwelt aus?

Wenn man bislang davon sprach, dass Kunden eine Markenwelt betreten können, dann ging es meist um einen Messestand oder einen Shop. Virtual Reality und 360°-Filme sind das erste Medium, das Kunden wirklich in eine Markenwelt bringen kann. Die Chance für ein emotionales Erlebnis mit der Marke! Also: Wie sieht es dort aus? Wie sind die Farben, wie begegnen mir die Menschen? Welche Geräusche oder Musik höre ich?

6. Welcher Ort oder welches Erlebnis stützt die Kampagnenmessage?

VR ist ein neues Medium und nicht einfach nur eine einzelne Maßnahme. Im Mediamix einer Kampagne kann es beispielsweise die Rolle übernehmen, die Werbeaussage zu beweisen. Wenn ich im TV etwas behaupte, könnte ich es als VR oder 360°-Film für die Kunden erlebbar machen.

Inspiriert? Viel Spaß beim Ausdenken!