Beiträge

Wenn in wenigen Tagen die Autobauer auf der IAA in Frankfurt ihre Lösungen und Konzepte für die Mobilität der Zukunft präsentieren, dann drängen sich viele Fragen auf: Was machen wir im Fahrzeug, wenn das Auto bald selbst fährt? Wenn Armaturenbrett und Seitenscheiben künftig aus Screens bestehen, welche Inhalte nutzen wir während der Fahrt? Welche Daten liefert ein vollvernetztes Fahrzeug und wer nutzt sie wozu? Manfred Klaus glaubt, dass das Auto der Zukunft nicht nur weniger Emissionen ausstoßen (müssen) wird. Aus Sicht des Plan.Net-Chefs werden Autos zur eigenen Kommunikationsplattform – mit neuen Business-Modellen, wie er in seinem Gastbeitrag schreibt.

Es ist Zufall, dass die Wahl zum nächsten deutschen Bundestag auf den letzten Tag der diesjährigen Internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in Frankfurt fällt (den 24. September 2017). Aber es passt zusammen, denn Deutschlands Autofahrer sind auf einmal mitten im Wahlkampf gelandet. Die Diskussion um Diesel-Fahrverbote und Elektromobilität, Software-Updates und Hardware-Nachrüstung beherrschen die Medien und die politische Diskussion.

Keine Frage, die Emissionen des Individualverkehrs sind ein zentrales Thema für die Öffentlichkeit – vor allem in den Metropolen. Aber der Elektromobilität fehlen im Augenblick die Infrastruktur und die Reichweite, um den Verbrennungsmotor nahtlos und massenhaft zu ersetzen. Ähnliches gilt für das Thema autonomes Fahren. Was in Studien funktioniert, würde derzeit im Massenbetrieb noch scheitern. Sobald sich die Diskussion an der Diesel-Front versachlicht, wird deshalb ein anderes Thema für die Autohersteller an Gewicht gewinnen: Mit der Digitalisierung und Vernetzung der Fahrzeuge werden die Autos selbst immer mehr zur eigenständigen Kommunikationsplattform – einer Art Smartphone auf Rädern.

Viele Aspekte dieser Entwicklung werden heute unter dem Schlagwort „Connected Car“ zusammengefasst. Dahinter verbergen sich drei grundlegende Funktionsbereiche: Zum einen „allgemeine Funktionen“ wie beispielsweise eine reibungslose Internet-Anbindung, ein WLAN-Hotspot im Fahrzeug oder die persönliche Registrierung des Fahrers. Unter „fahrzeugbezogenen Funktionen“ versteht man u.a. Daten zum Zustand des Fahrzeugs, zu seiner Position oder Zusatzfunktionen auf Abruf (hellere Scheinwerfer, Allradantrieb o.ä.). Echtzeitinformationen zum Verkehr sowie ortsbezogene Services und Content-Angebote fallen unter die „Info- und Entertainmentfunktion“. Digitale Technologien kommen also im Auto schon heute bei einer ganzen Reihe von Funktionen zum Einsatz – auch ohne autonomes Fahren.

Nur haben es die meisten Deutschen bisher lediglich am Rande mitbekommen. Digitale Features werden von den Herstellern bisher eher zurückhaltend beworben. Ganze zehn Prozent der Bundesbürger, so eine Studie im Auftrag der Motorpresse Stuttgart, können mit dem Begriff „Connected Car“ oder „Connectivity“ etwas anfangen. Und selbst in der Generation Y, der zentralen Zielgruppe für Connected Car-Angebote, kennt laut Deloitte nur jeder zweite den Begriff. Außerdem wird er von den Autofahrern auch völlig unterschiedlich interpretiert: von der automatischen Einparkhilfe, über die Notruffunktion bis zum WLAN-Hotspot oder der Musik-Playlist vom eigenen Smartphone.

Dabei zeigen erste Studien der Hersteller, die sie auch auf der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas zeigten, was in Kürze machbar wäre: smarte Windschutzscheiben, die mehr bieten als ein reines Head-Up-Display. Armaturenbretter, die nur noch aus einem Touchscreen bestehen und auf denen zentrale Funktionen wie in Apps aufbereitet sind. Seitenscheiben, mit denen man via Touchscreen im Internet surfen oder Apps aufrufen kann. Apps für defensives Fahren gibt es ja bereits mehrere. Das jüngste Angebot allerdings maßregelt Jugendliche auf eine ungewöhnliche Art: Überschreiten die Fahranfänger die festgelegte Höchstgeschwindigkeit, spielt die App die Lieblingsmusik der Eltern ab. Für die meisten dürfte das Strafe genug sein.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Horizont.