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Ein Beitrag von Florian Haller, CEO Serviceplan Gruppe, und Niklas Schaffmeister, Managing Partner Globeone

Die erfolgreiche Positionierung einer Marke gehört zur hohen Kunst des Marketings. Auf der Grundlage komplexer Faktoren muss ein Konzept entwickelt werden, das die Markenbildung in den Köpfen der Verbraucher im lokalen Zielmarkt passgenau unterstützt. In dem ersten Teil unserer Blogserie haben wir bereits die wichtigsten Strategien für die globale Expansion von Marken vorgestellt. Darauf aufbauend haben Marken grundsätzlich die Möglichkeit, sich zwischen einer globalen, hybriden oder lokalen Positionierung zu entscheiden. Es kommt also darauf an, anhand geeigneter Entscheidungskriterien den richtigen Anpassungsgrad an den lokalen Markt zu ermitteln. In diesem Beitrag werden die vier wichtigsten Strategien dafür vorgestellt. Im Detail nachzulesen in der Springer-Neuerscheinung „Erfolgreicher Markenaufbau in den großen Emerging Markets“ (Autoren: Niklas Schaffmeister, Managing Partner Globeone, und Florian Haller, CEO Serviceplan Gruppe).

1. Produktkategorie: Wie groß ist die kulturelle Komponente meines Produktes?

Jeder Verbraucher kennt das: Bestimmte Produkte sind enger an kulturelle Vorstellungen und Gewohnheiten geknüpft als andere. Besonders augenscheinlich wird das z.B. bei Lebensmitteln oder Kleidung, bei denen sich die lokalen Verbrauchervorstellungen über die Jahrhunderte hinweg entwickelt haben. Andere Produkte, wie z.B. Fahrzeuge oder Elektronikgeräte, besitzen demgegenüber eine nur schwach ausgeprägte kulturelle Komponente. Vor der Entscheidung für eine lokale Positionierung muss deshalb geklärt werden, ob das eigene Produkt überhaupt eine realistische Chance hat, die lokale Kultur genügend zu reflektieren und sich folglich gegen lokale Wettbewerber durchzusetzen.

2. Statusrelevanz: Bedient mein Produkt die richtigen Statusfaktoren?

Ausländische Marken werden in den großen Emerging Markets gerne dazu benutzt, einen gewissen Status zur Schau zu tragen. Neureiche Chinesen symbolisieren ihren Wohlstand beispielsweise gerne mit Uhren aus dem Luxussegment – Untersuchungen zufolge besitzen reiche Chinesen im Schnitt sechs Stück davon. Eine zu starke Anpassung an den lokalen Zielmarkt kann das globale Markenversprechen von Premiummarken allerdings verwässern. Vor diesem Hintergrund sind sie in der Regel besser beraten, bei einer Markenexpansion insbesondere jene Stärken ihres Country-of-Origin-Images auszuspielen, die das Statusbedürfnis lokaler Verbraucher bedienen. Vor dem Eintritt in den lokalen Zielmarkt muss also geklärt werden, ob die Marke dort gewisse Statusbedürfnisse bedient und ob dies durch eine zu starke Anpassung gegebenenfalls gefährdet würde.

3. Verbraucherpatriotismus: Wie hoch ist der politische Einfluss auf Kaufentscheidungen?

Auch Patrioten haben mitunter ein Faible für ausländische Marken. In Zeiten politischer Spannungen kann jedoch die Verbundenheit zum eigenen Land ausschlaggebend gegen den Kauf ausländischer Marken sein und sich damit als ernsthaftes Risiko für eine erfolgreiche Positionierung in dem Zielmarkt herausstellen. Das Risiko muss deshalb vor dem Markteintritt beleuchtet werden: Welche Konflikte gibt es, welche lassen sich antizipieren? Traditionelle Eliten, Verbraucher mit geringen Einkommen und ältere Menschen neigen dabei eher zu einem patriotischen Konsumverhalten als andere gesellschaftliche Gruppen. Neben Konflikten, die weit in die Geschichte zurückreichen, können sich auch aktuelle politische Spannungen, wie z.B. Trumps protektionistische Agenda, negativ auf ausländische Marken auswirken.

4. Einkommensniveau: Was können sich die Verbraucher überhaupt leisten?

Das Einkommensniveau gehört ebenfalls zu den entscheidenden Determinanten einer Positionierungsstrategie. Als Faustregel gilt dabei für die meisten Emerging Markets: Je höher das Wohlstandsniveau insgesamt ist, desto stärker bevorzugen die Verbraucher ausländische Marken. Darin spiegelt sich die Tendenz wider, einen gewissen Wohlstand auch durch den Kauf ausländischer Marken öffentlich zur Schau tragen zu wollen. Marken müssen vor dem Eintritt in einen lokalen Zielmarkt also das Einkommensniveau ihrer Zielgruppen analysieren, weil es unter anderem davon abhängt, wie stark die Anpassung an die lokalen Marktbedingungen am Ende ausfallen darf.

Alle vier Faktoren müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Der wichtigste Grundsatz lautet dabei, Zielkonflikte in der Positionierung zu vermeiden: Wer sich einmal für eine globale oder lokale Positionierung entschieden hat, muss darauf achten, hier keine Inkonsistenzen entstehen zu lassen. Die Schwierigkeit bei der hybriden Positionierung besteht hingegen darin, den globalen Markenkern von jenen Aspekten zu separieren, die an die Kultur im lokalen Zielmarkt angepasst werden.