„Wir machen uns mit KI überflüssig.“ Diese Kritik haben wir alle schon gehört. Kopf aus, Maschine an. Läuft es ab jetzt so? Natürlich nicht. Und das sollte uns die DMEXCO, das jährliche Treffen der Digitalbranche, bestätigen. Komprimiert auf 14 Bühnen haben am 20. und 21. September insgesamt mehr als 770 Speaker:innen ihre Insights geteilt. Die Message hatten alle gemeinsam: KI ist das Thema der Zukunft, das wir uns schon heute zu eigen machen müssen.
KI-Tools: Neue digitale Mitarbeiter
Aktuell gibt es noch eine große Diskrepanz zwischen dem Hype um KI und der tatsächlichen Nutzung: Nur 2 Prozent der deutschen Unternehmen verwenden Sprachmodelle und KI in internen Unternehmensprozessen, 13 Prozent experimentieren damit. Das reicht nicht – wenn man Innovationen schaffen will. Inhouse-Expert:innen, die fähig sind, Tools zu bewerten und zu integrieren, sind das neue Must. Stichwort Prompts: Dieses Zitat aus einem Vortrag trifft es auf den Punkt – und ist auch ein Appell an uns:
„A fool with a tool is still a fool”
Um einen hochwertigen Output und eine inspirierende kreative Erweiterung zu generieren, ist das Schreiben guter Prompts maßgeblich. Durch die Verknüpfung mehrerer Tools erhalten komplexe Prozesse, wie die Ideenfindung oder Erstellung einer Marketingkampagne, damit einen unvergleichlichen Boost. Uns fiel auf: Die KI soll dabei nicht, wie so oft gemutmaßt wird, unsere Konkurrenz sein. Sie ist eher wie ein:e neue Mitarbeiter:in, die uns im Alltag unterstützt.
Eine Welt voller perfect matches
Immer Ads und Content sehen, die interessieren – KI macht es uns als Agenturen leichter, Nutzer:innen genau das zu bieten. Die Tools personalisieren Content und Werbung mit nur wenigen Prompts. Bei einem spannenden Praxisbeispiel wurden mithilfe von KI Werbemittel erstellt, bei denen sich das Testimonial und die Hintergrundszenerie jeweils an die Lebensrealität der Kund:innen angepasst haben. Dank der KI-Bilderstellung ließen sich so eine Vielzahl an Ad-Varianten generieren und auch gleich testen. On top brauchte es nur einen Bruchteil der Kosten.
Klingt erstmal ziemlich gut. Gleichzeitig fragen wir uns: Wenn wir immer exakt das sehen, was als passend berechnet wird oder was wir gerade suchen, verlieren wir dann nicht jegliche Inspiration? Und was muss der Content leisten, um sich von all der anderen personalisierten Informationsflut abzuheben? Hier macht der menschliche Input eben doch den Unterschied, nachdem die KI die Vorarbeit geleistet hat.
Alles künstlich – aber nicht unmenschlich
Ein weiteres spannendes Take-away: Durch Technik wird das Menschliche nicht ersetzt, der Wunsch danach wird sogar größer. Avatare geben einem Touchpoint einen menschlichen Anschein, treten in den Dialog und beraten, wo Kund:innen im Normalfall für Minuten in der Warteschlange hängen. Oder sie erleichtern die Anprobe beziehungsweise die Vorführung eines Produkts – nicht nur im B2C, sondern auch im B2B-Kontext eröffnen sich durch virtuelle Showrooms oder AR-Produktrealisierung spannende Möglichkeiten und eine neue Nähe zwischen Produkt und Zielpersonen.
KI klug integrieren: die rechtliche Sicht
Geben wir KI die Chance, Teil unseres Alltags zu werden, übernimmt sie viele Fleißaufgaben und schenkt uns Zeit fürs Fein-Tuning – wir arbeiten aber auch mit zahlreichen Daten, deren Ursprung wir noch nicht transparent nachvollziehen können. Ein wichtiges Watch-out, das wir mitgenommen haben: Urheberrechtsfragen sowie das Trainieren der KI mit (geschützten) Daten und das Prompten an sich sind noch unreguliert. Eine geplante EU-Verordnung für 2026 soll Klarheit für Kennzeichnungspflichten bringen.
Auch ethische Fragen spielen im Entwicklungsprozess eine wachsende Rolle: Herausforderungen des KI-Zeitalters wie Deep Fakes sind ein gutes Beispiel. Es braucht ID-Lösungen, mit denen die Identität jedes einzelnen geschützt und Identitätsdiebstahl verhindert werden kann. Daraus erwachsen ist das „Value-based Engineering“, ein Ansatz, der die Integration von Werten in den Entwicklungsprozess betont. Es erfolgt in drei Schritten: Technologieanalyse, Werteidentifikation und Definition von Systemanforderungen.
Was wir mitnehmen
Wir haben viele Antworten von der DMEXCO23 mitgenommen. Kopf aus, Maschine an? Gewiss nicht. Unsere Herausforderung als Agenturen ist es, uns schnell und stark zu verändern. KI ersetzt uns nicht, kann uns und unsere Arbeitsweise aber um Jahre nach vorne katapultieren, wenn wir sie jetzt richtig nutzen. Wer den Anschluss verpasst, wird stark abgehängt – und verschwindet.