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Oliver Grüttemeier, Geschäftsführer von Serviceplan Köln, spricht im Interview mit „Industry of Things“ darüber wie Marken dazu beitragen können Mitarbeitern Orientierung zu geben und warum Unternehmen nur mit den richtigen Zielen und Werten am Markt bestehen können.

Wiesenhof –  das klingt eigentlich schön. Als unbefangener Konsument würde ich bei der Marke Wiesenhof an einen hübschen alleinstehenden Bauernhof denken, umgeben von Wiesen und Feldern, an einen Misthaufen mit scharrenden Hühnern und an einen Hofhund, der im Schatten einer Scheunentüre döst. Im echten Leben allerdings verbirgt sich hinter Wiesenhof ein gigantischer hochindustrialisierter Geflügelkonzern, der alleine für seine Schlachterei im niedersächsischen Landkreis Vechta die Erlaubnis hat, täglich 430.000 Hühner zu schlachten. Täglich wohlgemerkt.

Über die Folgen dieser Gigantomanie berichten Medien seit Jahren. Das ARD beispielsweise widmete dem Unternehmen eine Reportage mit dem Titel „Das System Wiesenhof: Wie ein Geflügelkonzern Tiere, Menschen und die Umwelt ausbeutet“. Die Liste der Vorwürfe gegen Wiesenhof auf Wikipedia liest sich wie der Plot eines Wirtschaftskrimis: Tierquälerei, illegaler Export von Tiermehl aus Schlachtabfällen mit hohem BSE-Risiko, Verletzung von Hygienevorschriften, Raubbau am Grundwasser, Verdacht auf Subventionsbetrug, Beschäftigung von Arbeitskräften aus Rumänien, Bulgarien und Vietnam, die in Massenunterkünften mit bis zu 15 Betten pro Zimmer eingepfercht sind, zu Hungerlöhnen.

Wahrscheinlich wird der Wikipedia-Beitrag über die niedersächsischen Geflügelbarone demnächst noch ein Stück länger. Der Geflügelfleischproduzent sah sich jüngst mit einem veritablen Shitstorm konfrontiert, nachdem ein Wiesenhof Werbespot Online gegangen war. In dem Video sitzt Profiproll Atze Schröder am Grill, grinst in die Kamera und fragt mit einer Grillzange in der Hand: „Und, seid ihr bereit für die größte Wurst des Sommers? Hier ist das Ding. Danach müssen Gina und Lisa erst mal in die Traumatherapie.“ Damit spielt Wiesenhof auf den Fall des Modells und it-Girls Gina-Lisa Lohfink an. Die Schönheitskönigin steht gerade vor Gericht, da sie zwei Männer fälschlicherweise der Vergewaltigung und der Verabreichung von K.O.-Tropfen verdächtigt haben soll.

Komödiant Schröder beschreibt in dem Video detailliert, wie die Wurst aussieht

„Guckt euch das mal an: Diese Form, dieser Schwung“ und macht peinliche, wenig zweideutige Bemerkungen wie: „Wisst ihr, was ich jetzt anlege? Das Zentimetermaß, damit ihr mal sehen könnt, wie groß meine Wurst wirklich ist.“

Die Empörung über den Spot im Netz ist riesig. „Ihr & Atze seid ekelhaft“, twitterte ein User. Ein anderer Kritiker schrieb in dem Kurznachrichtendienst: „20 Zentimeter Hirn – danach müssten Atze und Wiesenhof erst einmal in die Traumatherapie.“

Meiner Meinung nach lassen sich aus dieser jüngsten PR-Krise des Geflügelherstellers vier Dinge lernen.

Erstens: Wer glaubt, es gebe eine unterste Schublade, nennen wir sie Trash, die niveaumäßig nicht zu unterbieten ist, der täuscht sich. Es findet sich immer wieder ein Unternehmen, eine Agentur und ein Promi, die es gemeinsam schaffen, das Niveau noch tiefer legen. Von der untersten Schublade Richtung unterirdisch.

Zweitens: Comedians genießen Narrenfreiheit und das ist auch gut so. Bei kommerziellen Spots gelten andere Regeln. Atze Schröder hat dies erkannt sich mit den Worten „der Werbespot hätte niemals veröffentlicht werden dürfen. Schon gar nicht jetzt, wo er einen Bezug herstellt, der ekelhaft ist und so nie gedacht war“ entschuldigt.

Drittens: Ein Unternehmen, das über Jahre immer wieder von unterschiedlichen Stakeholdern massiv kritisiert wird wie Wiesenhof, verliert irgendwann seinen Kredit in Sachen Reputation komplett. Wenn sich Wiesenhof Sponsoringpartner Werder Bremen, der jedes Jahr Millionenbeträge von den Hühnerschlachtern bekommt sich öffentlich via Twitter von Wiesenhof distanziert, ist das ein Zeichen dafür, dass es langsam eng wird.

Viertens: Die Selbstkontrolle der Kommunikationswirtschaft funktioniert. Neben dem Agenturverband GWA hat der Deutsche Werberat den Online-Spot von Wiesenhof beanstandet und als „entwürdigend und diskriminierend“ eingestuft. Der Film ist zurückgezogen, Wiesenhof hat sich öffentlich entschuldigt. Dies zeigt, dass die Initiative von Bundesjustizminister Heiko Maas, geschlechterdiskriminierende Werbung per Gesetzt zu verbieten, überflüssig ist.

Dieser Artikel wurde auf wuv.de veröffentlicht.

Was ist Leadership Reputation?

Frank Keuper: Einfach gesprochen: Es geht um die Reputation der Führungsriege von Unternehmen. Hieraus ergibt sich die Frage nach dem Reputatationsbegriff. Abraham Lincoln beschrieb ihn einst mit den Worten: „Character is like a tree and reputation like a shadow.“ Während der Baum real ist, stellt der Schatten nur ein Abbild dar, das uns erahnen lässt, wie der Baum wohl aussehen könnte. Während der Charakter also die Person selbst beschreibt, liefert die Reputation einen Hinweis darauf, wie sie auf andere wirkt.

Welche Bedeutung hat die Reputation einzelner Führungskräfte für Unternehmen?

Keuper: Als Josef Ackermann im Januar 2009 einen Schwächeanfall erlitt, brachen die Aktienkurse der Deutschen Bank innerhalb weniger Stunden um 3 % ein. Das gleiche Phänomen ließ sich während der Amtszeit von Steve Jobs bei Apple gleich mehrfach beobachten. Auch hier reagierte der Aktienkurs stets sehr sensibel auf neue Gerüchte um den Gesundheitszustand des Konzernchefs. Dies sind nur zwei Beispiele unter vielen, die zeigen, wie eng der Glaube an den Firmenerfolg an einzelne Personen geknüpft sein kann. Sie machen darüber hinaus deutlich, dass CEOs nicht nur Entscheider sind. Sie verkörpern besondere Werte und beeinflussen auf diesem Wege auch die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Marke.

Wie baut man in Unternehmen CEO- und Leadership Reputation auf?

Jörn Becker: Zunächst durch die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens, dass „unsichtbar“ handeln, also zurückgezogen von Öffentlichkeit und Medien, immer schwieriger wird. Auch Kunden fragen immer häufiger: Wer managed und führt das Unternehmen eigentlich auf welche Art und Weise? Anschließend gilt es eine eigene Kommunikations- und Auftrittsagenda für CEOs bzw. ausgewählte Führungskräfte entlang der Unternehmensstrategie zu entwickeln. Mit klaren und dauerhaften internen und externen Botschaften.

Ist Leadership Reputation in der heutigen Zeit wichtiger als in der Vergangenheit?

Keuper: Heute ist es für jedes Unternehmen bedeutsam, alle sich bietenden Möglichkeiten zur klaren Abgrenzung von der Konkurrenz zu erkennen und zu nutzen. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein dominierte das Angebot die Nachfrage. Für nahezu alle Warengruppen galt, dass die Nachfrage die Anzahl der verfügbaren Produkte deutlich überstieg. Dies hat sich insbesondere durch die Globalisierung und in den vergangen Jahren nochmals erheblich durch die Digitalisierung geändert. Differenzierung ist deshalb das A und O heutiger Marketingerfolgskonzepte. Die Marke CEO leistet hierzu einen Beitrag, den nur die wenigsten Unternehmen bisher für sich zu nutzen wussten. Leadership Reputation ist somit bis heute ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

Wie lässt sich Leadership Reputation steuern?

Becker: Letztendlich sprechen wir über die Einführung eines ganzheitlichen Reputationsmanagements. Die Leadership Reputation ist hier ein bedeutender Wahrnehmungs- und Kontaktpunkt der Stakeholder. Erfolgreiche Unternehmenskommunikation greift daher zur Steuerung von Maßnahmen auf ermittelte KPIs und etablierte Bewertungsraster zurück. Erfolgsfaktoren sind aber vor allem die Klassiker: Authentisch bleiben, Inhalte und Botschaften entwickeln, Führung und Kultur gestalten und Meilensteine nutzen.

Was für den Werber der ADC ist für die Kommunikatoren auf Unternehmensseite der Kommunikationskongress. Man trifft sich einmal im Jahr – hier ist es traditionell noch Berlin – man feiert und verleiht Preise. Agenturen spielen keine große Rolle, sie sind nur geduldet.

Trotzdem ist es interessant, sozusagen am Katzentisch Mäuschen zu spielen. Denn man bekommt aus erster Hand mit, was Unternehmen in Sachen Kommunikation bewegt. Es gibt eine Vielzahl von Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Best Cases, aus denen man Honig saugen kann.

Hier die wichtigsten Trends, die wir aufgeschnappt haben.

1.    Marketing, PR und Unternehmenskommunikation wachsen zusammen

Kommunikation auf Unternehmensseite wächst weiter zusammen. Viele Unternehmen sind bemüht, die Gräben zwischen Marketing, PR und Unternehmenskommunikation einzuebnen. Man verspricht sich davon mehr Klarheit in der Außendarstellung und mehr Effizienz. Eine Chance für Agenturen, die ebenfalls über ihren Tellerrand hinausschauen können.

2.    Nachhaltigkeit bleibt Top-Thema – Kommunikation nach draußen fehlt  

Nachhaltigkeit ist weiterhin ein großes Thema. Allerdings dringt relativ wenig davon nach außen. Viele Unternehmen kümmern sich zur Zeit intensiv um nachhaltige Prozesse und die Motivation und Schulung der Mitarbeiter. Gerade Großkonzerne wollen im Nachhaltigkeitswettbewerb optimal aufgestellt sein. Die Ziele, die dahinterstehen sind oft erstaunlich ambitioniert (z. B. Umsatzverdoppelung bei halbiertem Footprint). Die Frage bleibt, wann diese löblichen Anstrengungen auch mal den Verbrauchern kommuniziert werden.

3.    Angst vor Shitstorms wächst

Unternehmen achten immer stärker auf ihren guten Ruf. Die Sensibilität gegenüber negativer Berichterstattung und Shitstorms ist enorm hoch. Entsprechend aktiv sind Unternehmen – beispielsweise beim Monitoring in Social Networks. Auf der anderen Seite könnte das auch bedeuten, dass der Mut sinkt etwas Außergewöhnliches zu tun – zum Leidwesen der Kreativen.

4.    Banken halten den Ball flach

Die Vertrauenskrise ist zur Zeit das größte Problem bei der Bankenkommunikation. Offensichtlich haben sich die meisten Banken entschieden, das Thema defensiv anzugehen und möglichst wenig Angriffsflächen zu bieten. Oder wie es ein Teilnehmer auf einem Podium formulierte „Jede Krise geht irgendwann einmal vorbei“.