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Der kurze Gang zum Schreibtisch der Kollegin. Der Tratsch in der Kaffeeküche. Die gemeinsame Raucherpause. Der Austausch beim Mittagessen. Ein gemeinsames Getränk zum Feierabend. Den Geburtstagstisch für den Kollegen vorbereiten. Spontane Kollaboration am Flipchart.

Ich arbeite, wie auch viele andere Menschen, seit März Corona-bedingt nahezu ausschließlich im Homeoffice. Wir alle haben uns mehr oder weniger gut daran gewöhnt, haben neue Erfahrungen gemacht, unsere Verhaltensweisen entsprechend angepasst, neue private und berufliche Routinen entwickelt und neue Werkzeuge, Formate und Arbeitsweisen kennengelernt und etabliert. Wir haben in den letzten Monaten gelernt, dass das Zusammenarbeiten von unterschiedlichen Standorten aus funktioniert und wir im Homeoffice nicht weniger produktiv sind. So bin ich der festen Überzeugung, dass wir auch in Zukunft einen mehr oder weniger großen Anteil unserer Arbeit remote – von Zuhause oder mobil – leisten werden. Je nach Anforderung, Wetter, persönlichem Gefühlszustand oder Arbeitsumständen.

Doch wie sieht es mit der Kultur innerhalb von Teams und Unternehmen aus, wenn wir uns nicht mehr oder nur noch selten persönlich über den Weg laufen oder gemeinsam Mittag essen? Untersuchungen sind sich einig, wie wichtig die Unternehmenskultur für die Zukunfts- und Leistungsfähigkeit von Unternehmen ist. Mitarbeitende brauchen sie für eine gute und effiziente Zusammenarbeit und ihr soziales Netzwerk. Während der Pandemie und im Homeoffice fällt es schwer, Unternehmenskultur auf die bisher bekannte Weise zu schaffen oder zu erhalten. Wir sehen uns nicht persönlich. Es gibt also keine reale Plattform für Kultur, wo sie teilweise auch wie von allein entstehen kann. Kultur ist in den eigenen vier Wänden auch nicht wie im Büro durch die Räumlichkeiten, Poster, Kollaborationsorte oder andere kulturelle Artefakte sichtbar und erlebbar. Aber diese Entwicklungen in Folge der Pandemie können auch eine große Chance sein, die eigene Unternehmenskultur zu überdenken, zu reflektieren und ein neues Kulturverständnis aufzubauen.

Durch Erfahrungen mit unseren Kunden, die wir bei Kulturaufbau und Kulturwandel begleiten, und den eigenen stetigen Kulturwandel bei der Serviceplan Consulting Group, haben wir vier Tipps und Impulse zur Unterstützung der Unternehmenskultur im Homeoffice gesammelt. Sie sind nicht ganz neu, aber im Remote-Kontext neu gedacht und relevanter denn je. Obwohl unsere Ideen keinen ganzheitlichen Kulturwandel oder Remote-Kulturaufbau ersetzen, regen sie im besten Fall zum Ausprobieren und Nachdenken an.

4 TIPPS FÜR EINE GUTE UNTERNEHMENSKULTUR IN HOMEOFFICE-ZEITEN:

Vertrauen statt Kontrolle

In der Remote-Kultur ist Vertrauen elementar, der Drang nach Kontrolle sollte endgültig der Vergangenheit angehören. Eine virtuelle Stechuhr oder die Überprüfung von Anwesenheit sind passé. Was in Zukunft zählt, ist das Ergebnis, statt geleisteter Arbeitsstunden. Ein hilfreicher Tipp ist, eine verlässliche Erreichbarkeit zu bestimmten Zeiten zu definieren.

Persönlichen Austausch ermöglichen     

Wir experimentieren mit Kunden und innerhalb der Serviceplan Consulting Group mit verschiedensten Austauschformaten und haben viel Freudedabei. Eher informelle Möglichkeiten, die sich bewährt haben, sind gemeinsame virtuelle Spaziergänge oder Mittagessen über MS Teams. Bei einem unserer Kunden haben wir ein Culture Roulette eingeführt. Wöchentlich werden hier jeweils zwei Personen (Führungskräfte sowie Mitarbeitende) zufällig einander zugelost, die sich dann zu einem informellen Austausch verabreden.                                                                       

Aber es sind auch unternehmensübergreifende Formate wichtig. Wir haben mit einer digitalen Version der Fishbowl sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie ermöglicht Diskussionen innerhalb großer Gruppen und wir haben das Format genutzt, um über Kultur, Ängste und Sorgen der Mitarbeitenden zu sprechen und Feedback an Führungskräfte zu geben. Wichtig hierbei ist ein vertrauensvoller Rahmen. Diesen schafft man unter anderem durch gute Moderation, die strukturiert klare Gesprächsregeln schafft und durchsetzt und so sicherstellt, dass jede und jeder auf konstruktive Art und Weise sagen kann, was auf den Nägeln brennt.

Transparenz schaffen

Der Flurfunkt steht still oder ist auf wenige begrenzt. Wissen wird weniger informell ausgetauscht. Die Gefahr der Bildung von Wissenssilos wächst. Aus diesem Grund muss spätestens jetzt Transparenz in der Kommunikation sowie in der Verfügbarkeit von Wissen geschaffen werden. Mitarbeitende sind aktuell besonders verunsichert und Informationen helfen dabei, Unsicherheit zu reduzieren und besser einordnen zu können sowie Vertrauen aufzubauen. Eine Kultur der Transparenz bringt zudem über die Arbeit im Home-Office hinaus weitere Vorteile: Neue Mitarbeitende können beispielsweise einfacher integriert werden, da sie wissen, wo sie wichtige Informationen finden oder wer wofür zuständig ist. Die sonst unausgesprochenen Gesetze eines Teams werden nun transparent.

Bei der Serviceplan Consulting Group haben wir mit kurzen Daily Standups im Frühjahr angefangen, Transparenz zu schaffen. Inzwischen haben wir die Anzahl auf zwei Standups pro Woche reduziert und tauschen uns innerhalb dieser kurzen Meetings über aktuelle Themen aus, teilen persönliche „Fuck-ups“ und erhalten Corona-bezogene Informationen durch die Geschäftsführung.   

Netiquette und die richtigen Tools

Wir brauchen klare Regeln, um eine gute, erfolgreiche Kommunikation in Remote-Umgebungen aufrechtzuerhalten. Auch hier spielt die Kultur eine wichtige Rolle. In Workshops, Arbeitsmeetings und internen Abstimmungen haben wir beispielweise erlebt, wie wichtig es ist, die Kamera einzuschalten. So wird Nähe hergestellt und die wichtige nonverbale Kommunikation wird dadurch wieder sichtbar. Die eher unpersönliche Kommunikation über digitale Kanäle wird persönlicher. Und wenn wir selbst erleben, dass die Kommunikation mit Kamera besser wird, werden wir uns auch schnell daran gewöhnen.

Weiterhin braucht es Regeln für soziales Kommunikationsverhalten im digitalen Raum, auch Netiquette genannt. Hier können Regeln wie Meetingdauer, die Art der Chat-Nutzung oder Diskussionsstandards, wie z. B. dass man virtuell die Hand hebt, wenn man einen Redebeitrag leisten möchte, festgelegt werden. Um Chaos und Überforderung zu verhindern, werden dazu noch klare Leitlinien für die Nutzung digitaler Tools benötigt. Dabei gilt, weniger ist mehr. Also wenige ausgewählte Tools, die eine klare Aufgabe und Nutzungsfunktion haben. So nutzen wir beispielsweise für Kommunikation, Wissensmanagement, Meetings und Projektorganisation nahezu ausschließlich ein zentrales Tool (Microsoft Teams).