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Ein Skyscraper hier, ein Billboard da und dazwischen immer mal wieder eine Layer Ad: Auf einer Online-Seite, die – sagen wir mal – die Bedürfnisse der Nutzer nicht zu 100 Prozent in den Vordergrund stellt, kann man sich schnell mal wie auf einer Seitenstraßen des Times Square fühlen. Überall blinkt und leuchtet es. Verständlich, wenn sich Nutzer davon entnervt abwenden. Natürlich gibt es auch überall sonst Werbung, in manch einer Zeitschrift vermutlich sogar mehr als auf einer Online-News-Seite. Doch die Aufteilung zwischen Content und Ads wirkt dort meist aufgeräumter und weniger aufdringlich. Klar, ein Magazin bietet komplett andere Design-Voraussetzungen als eine Website – aber es muss doch trotzdem möglich sein, gewisse Ansprüche an Werbemittel auch in der digitalen Welt zu erfüllen. Vermarkter versprechen qualitativ hochwertige Werbeplätze, Nutzer wollen es, doch die Wirklichkeit erinnert in manchen Fällen immer noch an einen überladenen Rummelplatz.

Es ist höchste Zeit für einen digitalen Frühjahrs- bzw. Sommerputz. Und das betrifft uns alle: Vermarkter, Werbetreibende, Kreativ- und Mediaagenturen. Wollen wir uns nicht langsam endgültig davon verabschieden, dass Werbung immer ein Fremdkörper in der Gestaltung ist? Ein optimales Nutzererlebnis sollte auch Online oberste Prämisse haben. Inflationär eingesetzte Pop-ups bewirken jedoch genau das Gegenteil. Ebenso die klassischen Rectangle-Formate, die weder optisch noch inhaltlich an den redaktionellen Content angepasst sind.

Im Online-Zeitalter dreht sich alles um Relevanz, das sollte sich neben dem Inhalt auch auf die Ästhetik der Werbung auswirken. Regel Nummer eins lautet hier: Seid höflich. Wenn ich Konsumenten von meinem Angebot überzeugen möchte, sollte ich sie nicht permanent beim Lesen stören. Es muss uns gelingen, Aufmerksamkeit zu wecken, ohne dabei penetrant zu sein. Gleichzeitig müssen wir den Spagat schaffen, und das ist Regel Nummer zwei, Online so großflächig wie möglich zu werben. Auf 200 mal 300 Pixeln können Kreative nur selten ihr Können zeigen. In der Desktop-Anwendung stechen da aktuell Sticky Dynamics positiv hervor. Großflächige Ads, die sich beim Scrollen mitbewegen und im Optimalfall mit Bewegtbild-Elementen angereichert sind – ohne dabei die redaktionellen Inhalte zu unterbrechen.

Wenn ich großflächig werben und dabei nicht nerven möchte, ist es umso wichtiger, Zielgruppe, Werbung und redaktionellen Content aufeinander abzustimmen. In Printmedien können Werber ihre Anzeige auf den Redaktionsplan anpassen. Online-Artikel entstehen zwar weitaus kurzfristiger, doch in Zeiten von Big Data gilt auch hier: Context ist King! Höflich zu werben heißt, dem der Zielgruppe in der Nutzungssituation ein Angebot zu machen: „Du liest einen Artikel über‘s Bergsteigen – wenn du für die Saison noch Outdoor-Equipment brauchst, bist du hier richtig.“ Im Optimalfall nutzen Werbetreibende ein Multitab-Werbemittel, damit User das Angebot durchstöbern können, ohne die aktuelle Website verlassen zu müssen. Theoretisch könnte sogar eine komplette Customer Journey inklusive Kaufabwicklung innerhalb eines Multitab-Werbemittels stattfinden.

Auf den mobilen Endgeräten wirken alle Content-Streaming-Formate weitestgehend gut. Inhalte und Werbung sind klar voneinander abgegrenzt und User können die Ads einfach wegscrollen. Generell kann man sagen: Jede Werbung, die man nicht wegklicken muss, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn die Klicks vieler Layer Ads kommen doch hauptsächlich zustande, weil einige User das X nicht treffen, um die Werbung zu schließen.

Darüber hinaus bietet das Smartphone natürlich aber per se schon ganz andere technische Funktionalitäten, als die Desktopvariante. So sorgen Interactive Move-Formate wie beispielsweise Shake Ads, 3-D-Ads und Panorama Ads  durch das Bewegen des Smartphones für spielerische Interaktion und ein vollkommen anderes, überraschendes Markenerlebnis beim Nutzer.

Also, liebe Branche, packen wir es an! Wir brauchen Online dringend einen Qualitätsschub der Werbeformate, denn der jetzige Standard grenzt manchmal leider noch immer an Wegelagerei. Die gute Nachricht: Dieser Umstand scheint inzwischen aber auch teilweise erkannt zu sein. So bildet beispielsweise die „Goodvertising-Inititiative“ von BURDA Forward eine positive Speerspitze für mehr nutzerfreundliche Werbung. Als plakativen Beweis für die Umsetzung der Strategie ist die Umstellung beim Layout von Focus Online hervorzuheben. Das ursprünglich dreispaltige Grundraster der Webseite wich einer wesentlich ansprechenderen Zweispaltigkeit.

Großartige redaktionelle Inhalte verdienen innovative, hochwertige und vor allem nutzerfreundliche Werbemittel. Die lassen sich nebenbei gesprochen wahrscheinlich auch teurer vermarkten als eine Rummelplatz-Resterampe. Schaffen wir das nicht, kennen wir die Alternative: genervte User, die Adblocker installieren.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei W&V.

Ich habe inzwischen zu viele erstaunliche Studien und Veröffentlichungen in meinem beruflichen Leben gesehen, um noch ernsthaft überrascht zu werden. Aber bei der Überschrift Wird Native Advertising zum Totengräber der Display-Ad? wurde ich dann doch mal wieder neugierig.

Meine Erwartungen wurden allerdings ziemlich enttäuscht: Die Untersuchung basiert auf einer Befragung von 300 Teilnehmern des Native Ad Camps. Die wiederum sind mehrheitlich der Meinung, dass Native Ads die Zukunft gehört und sich deren Anteil am digitalen Werbemarkt bis 2020 um 150 Prozent steigern wird. Abgesehen von der Tatsache, dass man nicht erfährt, von welchem Ausgangswert wir sprechen, kann ich interessehalber auch 300 Pinguine befragen, was sie am liebsten essen – und es wird Sie überraschen: Die Antwort wird nicht Veggie-Burger oder Wiener Schnitzel sein.

Doch genug der Polemik hin zu den sachlichen Einschätzungen. Native Ads sind eine Bereicherung in der Mediaplanung und existieren seit mindestens zehn Jahren, wenn auch ohne konkreten Gattungsbegriff. In der Praxis bewährt haben sich eine Vielzahl an Variationen von Bild/Video oder Text eingebettet im Content der Seite, welche bei Interesse auf mehr oder minder glücklich gestaltete Landingpages verlinken.

Hinzu gekommen ist in Zeiten der abnehmenden Werblichkeit nunmehr eine Renaissance des Modells „Advertorial“ und allerlei anderslautender gutklingender Namen, bei denen Content des Werbungtreibenden auf Partnerseiten eingebunden wird und dann beispielsweise via Teaser, soziale Kanäle oder Einbindung in die Navigation seine Leserschaft finden soll.

Das kann funktionieren, aber wenn wir uns die aktuellen Angebote am Markt anschauen, dürfte die Ernüchterung größer als die Euphorie sein. Denn unter medialen Aspekten sind viele Angebote schlichtweg nicht wirtschaftlich. Wenn mich der Traffic auf einer solchen Seite einen Euro pro Aufruf kostet (und das kommt beim genauen Durchrechnen gar nicht so selten vor), dann ist das ein TKP von 1.000 Euro. Und da brauchen Sie dann schon sehr große Teaser-Pakete (mit entsprechender Eigenwirkung) oder sehr viele Wiederkehrer bzw. Folgeaufrufe, um eine plausible Rechtfertigung zu konstruieren. Dagegen sind Video-Seeding-Konzepte mit ungewissem Ausgang glatt ein Schnäppchen, unterliegen aber genau der gleichen Zwickmühle: Verbreitet sich egal welcher Content nach einem ersten medialen Impuls selbständig, entsteht Wirtschaftlichkeit. Im Regelfall passiert dies aber eben nicht und dann kommt man zu der Erkenntnis, dass eine Verlagerung des inhaltlichen Risikos vom Werbeträger zum Werbungtreibenden nur bedingt eine schlaue Idee war.

Für mich erwächst daraus die Bitte, genau in diesem Bereich die mediale Brille wieder stärker aufzusetzen und Konzepte zu entwerfen, die nicht nur im Salesfolder hübsch aussehen. Hierdurch entstünde dann Nachhaltigkeit und es wäre für Kunden und Agenturen leichter, sich noch stärker auf native Werbeformen einzulassen. Die können dann von mir aus 75 Prozent der Gesamtumsätze ausmachen, sich verdoppeln oder quadrieren. Die Hauptsache ist, dass sie einer Mediaeffizienz-Betrachtung standhalten.

Erschienen in Lead Digital