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Einer Gruppe cleverer Agenturrebellen gelingt es über Jahrzehnte, den „Großen“ immer wieder Kunden und Etats abzujagen. Sie sind dabei schließlich so erfolgreich, dass sie irgendwann selbst zu den Großen gehören. Verlieren sie damit ihre Existenzberechtigung? Im Gegenteil, jetzt geht es erst richtig los. So war es bei den Rolling Stones, bei den GRÜNEN und auch bei Apple. Wichtig ist, dass man beim Übertritt ins Establishment erkennt, welche Attitüden, die den Weg geebnet haben weiterhin nützlich sind und welche man vielleicht loslassen sollte, weil sie der Zukunft im Weg stehen könnten. Dass man auch ohne den Sympathievorschuss, den David beim Kampf gegen Goliath genießt, seinen Charme behält. Dass man eine Wertegemeinschaft pflegt, auch wenn man nicht jede Woche weit mehr als tausend Menschen aus mehreren Kontinenten um ein Lagerfeuer versammeln kann. Dass es einem gelingt, Unternehmensziele zu vermitteln, die sich gleichermaßen der Kollege in München wie der in Zürich, Mailand oder Dubai zu eigen macht. Und dass man unbedingt selbstbestimmt bleibt.

Die Kultur vom Haus der Kommunikation ist eine flache Wolke, die uns über alle stofflichen Grenzen hinweg miteinander verbindet. Sie enthält Erfahrungen, Erfolgsgeschichten, Werte, Ziele, Ideen und Vereinbarungen. Die Wolke ist nie größer als der, der im Namen und im Interesse der Agentur handelt, denn auch der oder die tut dies unbedingt selbstbestimmt. Wir sind stark, wenn sich starke Menschen mit uns als Agentur identifizieren und das gelingt uns dann, wenn sie sich in uns wiedererkennen. Die flache Wolke ist aber auch nie kleiner als der oder die Einzelne, denn sonst würde vielleicht jemand unter unserem Markendach Hello-Kitty Handys oder Yoga-Kurse verkaufen während strategische Felder brachliegen. Das Wesen vom Haus der Kommunikation ist nicht sein Dach und es sind nicht seine Wände. Es ist das Leben darunter und dazwischen. Und so ist unsere Kultur auch kein starres Regelwerk, festgeschrieben in einem Handbuch einer App, oder einer Power Point Präsentation. Unsere Kultur ist das Leben zwischen ihren Worten.

Wir atmen diese Wolke, wir beziehen Energie und speisen sie mit Inhalt. Oh nein, kein Bla-bla-blubb, unsere Wolke ist voller nährstoffreicher Substanzen. Zum Beispiel Werte: Nachhaltigkeit von Beziehungen zu Kunden, Partnern und Mitarbeitern.

Das bedingt einen weiteren Wert: Fairness.

Offenheit ist ein ganz großes Thema, wie könnte man sonst täglich nach allen Regeln der Kunst Regeln brechen im Namen des Fortschritts?

Multikulti mag ja tot sein, wenn man der infantilen Vorstellung erliegt, dass Kopftuchträgerinnen, die angesichts eines Minirocks „Allahu Akbar“ rufen, ein Beweis für die Unvereinbarkeit verschiedener Ethnien mit ihren kulturellen Eigenarten ist. Unsere Agentur aber ist so selbstverständlich und alltäglich multikulturell, dass wir uns dessen ab und zu bewusst machen müssen. Selbst in München ist Deutsch keine unbedingte Einstellungsvoraussetzung mehr. Auf der letzten Agenturfeier sah man den Turban eines Sikhs. Eine japanische Kollegin sitzt ohne jeden Argwohn befremdlicher Außenwirkung im Manga-Bärchenkostüm am Schreibtisch. Ein Muslim und ein Jude diskutieren, ob das Mittagessen in der Cafeteria heute halal oder koscher oder beides ist.

Kreativität ist ein Wert an sich, wenn er weit über die Gestaltung von Markenkommunikation hinaus verstanden wird.

Jeder soll sich eingeladen fühlen, seine Ideen zu teilen. Dabei verdient die Idee an sich Anerkennung, aber auch die Courage, sie zur Diskussion zu stellen.

Voneinander lernen, sich gegenseitig unterstützen und des Anderen Domäne respektieren lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Synergie.

Unsere Visionen als treibende Kraft für Innovationen und als ständige Einladung an unsere Kunden, mit uns gedanklich in die Zukunft zu reisen.

Als Gruppe sind wir stark und groß. Aber unser Auftritt ist nie übermächtig. Wir sind in jeder Beziehung um Augenhöhe bemüht.

Eine starke, von allen verinnerlichte Kultur beweist ihre Stärke, wenn sie innere Konflikte aushält, wenn beispielsweise Renditeziele mit Agenturwerten kollidieren. Wir sind stolz darauf, dass wir auch dann Haltung bewahren, wenn uns ein solcher Konflikt äußerste kulturelle Disziplin abverlangt. Nein, nicht immer, nicht alles, aber in der Regel bleiben wir uns treu.
Ach ja, Treue: welche Rolle spielen heute die Rebellen von damals? Rückblick ins Jahr 1970: Deutschland ist noch geteilt, bekennende Homosexuelle waren eher Häftlinge als Außenminister, PC und Internet gab es noch nicht – und Serviceplan wurde gegründet. Die Gründer wirken nach, denn auch die kulturelle Erfolgsgeschichte der Agentur belebt unsere Wolke mit Stoff für eine aussichtsreiche Zukunft.

Kennen Sie die Killerantwort auf jede Innovation, sei sie auch noch so zwingend? Sie lautet: „Och nö, wir haben das schon immer so gemacht. Warum sollen wir jetzt was ändern? Klappt doch alles.“ Neues macht Angst, ist unbequem und könnte Grenzen überschreiten, die man von jeher mit Zähnen und Klauen verteidigt hat.
Gerade in der Kommunikation sind solche Argumente nicht selten. Nehmen wir die Marken- und Unternehmenskommunikation: Da wächst nur wenig zusammen, was eigentlich zusammengehört. Die einen – wie profan – kommunizieren, um mehr zu verkaufen. Die anderen kümmern sich um den guten Ruf an der Börse und überhaupt.
Nur leider gibt es da eine Entwicklung, die diese Trennung komplett ignoriert: Mit den digitalen Medien kommt Dialog auf – und darin werden Fragen gestellt, die nicht durch Packungsaufdrucke, echt voll kreative Spots oder staatstragende Formulierungen auf der Firmenwebsite beantwortet werden.
Und dann ist da noch dieser lästige Ungeist namens Nachhaltigkeit. Dem ist die Abteilung auch egal, die sich seiner bedient. Pech nur, dass gerade in Sachen Nachhaltigkeit nicht mehr nur behauptet werden kann, sondern belegt werden muss. Das gilt für alles – vom Mission Statement bis hin zur Produkt-Pressemeldung. Sowohl im B2B- als auch im B2C-Geschäft.

Und genau so wichtig: Was glauben die eigenen Mitarbeiter oder was denken diejenigen, die Mitarbeiter werden sollen? Und wer spricht zu ihnen, wenn sie sich informieren? Die Produktkommunikation? Der Unternehmenssprecher? Oder gar die Personalabteilung? Autsch.

Was ist zu tun? Einfach eigentlich: Liebe Kommunikationsabteilungen, redet miteinander, nicht übereinander. Lasst die einen Einblick nehmen in die Giftküche des anderen – um sich zumindest vorbereiten zu können auf die Fragen, die immer häufiger und drängender gestellt werden.
Dann gibt es auch weniger Prügel dafür, dass nicht alles grün sein kann, was man verkauft.  Die Schläge gibt‘ s – wie bei Nespresso – vor allem beim Ertappt-werden, dass man grün anstreicht, was eigentlich tiefschwarz ist.

Die Pflicht heute und zukünftig ist die thematische Verzahnung zwischen Produkt-und Unternehmenskommunikation; das Bauen von inhaltlichen Brücken über Disziplinen und Abteilungen hinweg. Das gestaltet die Kommunikation nicht nur authentischer sondern auch effizienter. Und effizient, das sollte man schon immer gewesen sein.