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Es war wieder soweit. In Barcelona hat sich die weltweite Mobile Community auf dem Mobile World Congress (MWC) getroffen, um neueste Smartphones, Gadgets, Geschäftsmodelle, Konzepte und Infrastrukturen zu präsentieren und zu diskutieren.

Wobei: Community trifft es nicht ganz, denn die Zeiten, in denen sich dort ein eingeschworener Kreis von Nerds und „Mobilisten“ versammelt hat, sind endgültig vorbei. 101.000 Besucher aus 204 Ländern, beobachtet von 3.600 Pressevertretern. Das ist keine Nische mehr, hier geht um das große Geschäft – um die Zukunft der digitalen Wirtschaft, die maßgeblich von mobilen Trends und ihren großen und kleinen Protagonisten förmlich getrieben wird. Marktführer können sich ihrer Marktposition nicht mehr dauerhaft sicher sein. Disruption ist das Stichwort, gerade auf dem MWC. Man spürt es deutlich, alle sind in erhöhter Alarmbereitschaft, um nicht den nächsten wichtigen Schritt zu verpassen.

Mobile is everything. Das war das sehr treffende Motto der diesjährigen Messe. Was dem Mobilisten schmeichelt, kann dem Rest ein wenig Angst machen. Mobile verändert die Welt. Das ist auch der Tenor der zahlreichen hochkarätigen Keynotes: Mark Zuckerberg, Sir Martin Sorrell, Brian Krzanich und viele andere sprechen von einer allumfassenden Gezeitenwende. Und genau diese Dimensionen werden auf der Messe deutlich. Es wurden Lösungen für Mobilität, Healthcare, für Gaming und Sicherheit, für Arbeitsplätze und Zahlungssysteme und Lifestyle vorgestellt. Kurzum: eigentlich für alle Bereiche.

Wie bereits auf der CES im Januar in Las Vegas war auch in Barcelona Virtual Reality (VR) allgegenwärtig und ein echter Publikumsliebling. Ein Must war die „Rollercoaster-Fahrt“ im Samsung Gear VR 4D Theater. Eher enttäuschend dagegen der etwas lieblos wirkende VR-Auftritt bei LG mit deren VR-Brille LG 360 VR, die leider außerordentlich unbequem und unscharf war und zudem durch ihr kleines Format die Umgebung nicht abschottete. Der unmotivierte „Einheizer“ mit Megaphon hatte es offenbar bereits selbst ausprobiert und war schon desillusioniert. Punkt an dieser Stelle übrigens erneut für Samsung und deren Moderatoren

Ebenfalls bestechend sind die neuen „Internet of Things“-Produkte: Schon in Vegas ein heißes Thema setzt sich dieser Trend auch in Barcelona fort. Unsere Umwelt wird vernetzt. Ob wir das wollen oder nicht, es passiert einfach. Vielleicht dürfen wir uns noch entscheiden, wie aktiv wir daran Teil haben wollen und ob wir diese vernetzte Umwelt mitgestalten und ggf. regulieren wollen. Aber fest steht, dass in den nächsten Monaten immer mehr Angebote über uns hereinbrechen werden: Schmuck, nun auch elegantere Smartwatches, Zahnbürsten und vielleicht sogar clevere Mülltonnen, wie sie die Telekom vorgestellt hat.

Verwandt mit dem Internet of Things (IoT) ist das Smart Home. Auch hier geht die Reise weiter und nach den ersten prototypischen Jahren dürfen wir auch in diesem Bereich damit rechnen, dass es ein enormes Angebot an Möglichkeiten geben wird, unsere Wohnräume mit Technologien aufzurüsten – für  mehr Bequemlichkeit und mehr Sicherheit. Aufgrund der Menge an neuen Produkten ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Preise für neue „Standardtechnologien“ wie vernetzte Steckdosen, Lampen und Heizungsthermostate fallen werden.

Der „Rolling BOT“, ein rollender Roboter von LG dagegen dürfte auch in naher Zukunft ein Exot bleiben. Aber immerhin ist es einer für interessante Einsatzbereiche, wenn man dem Hersteller folgt: So soll er für Sicherheit während der eigenen Abwesenheit sorgen, in dem er durch die Wohnung patrouilliert. Und außerdem könnte er in der Zeit auch die Haustiere bespaßen, damit es denen nicht zu langweilig wird.

Nun dann.

In diesem Licht erscheint der Smart Fridge von Samsung fast schon wieder sehr vernünftig. Für rund 5.000 US-Dollar wird er schon in Kürze in den USA zu haben sein. Und Mastercard hat auch direkt ein Abrechnungssystem entwickelt, damit ich reibungslos Lebensmittel und damit Nachschub für den Kühlschrank und die Familie bestellen kann. Ja, das fühlte sich gut an.

Und damit sich die (mobile) Welt noch schneller dreht, wird auch mit Hochdruck an der Weiterentwicklung der Mobilfunknetzen und Übertragungsgeschwindigkeiten gearbeitet. 5G war das allgegenwärtige Stichwort auf dem MWC. Die fünfte Mobilfunknetzgeneration soll ein Gigabit pro Sekunde erreichen, also circa zehn Mal schneller sein als LTE. Erste prototypische Ansätze wurden auf der Messe vorgestellt, unter anderem am Stand der Telekom oder der südkoreanischen SK telecom. Beide sind übrigens Teil der erst kürzlich gegründeten internationalen Netz-Allianz „ngena“, die ab 2017 grenzübergreifende mobile Netzservices für Geschäftskunden anbieten will.

Nur etwas hat am Ende natürlich doch gefehlt: Apple. Traditionell inszeniert sich einer der wichtigsten Player lieber exklusiv in eigenen Veranstaltungen. Und viele hecheln dem bisherigen Erfolgsgaranten hinterher. Gerade im Smartphone-Segment wünscht man sich da mehr (Design-)Selbstbewusstsein und nicht diesen Einheitslook. Samsung mit dem S7 Edge und der Gear 360 Kamera, aber auch Sony oder LG gehen hier mitunter gute eigene Wege.

Nun, was sind die Learnings für die Marketingwelt?

Die neuen Plattformen der mobilen Service- und Interaktionswelt müssen zielgerichtet von Marken und Medien bespielt werden. Wie im „traditionellen“ Mobile Marketing müssen auch alle neuen mobilen Gadgets und die IoT-Welt mehrwertorientiert eingesetzt werden. Dafür braucht es schlaue Konzepte und Fingerspitzengefühl, damit wir Nutzer nicht überfordern, verängstigen oder gar verärgern. Ein inhaltlich vorsichtiger Umgang wird zur neuen Herausforderung, denn in einem Markt, wo plötzlich alles möglich wird, wird vermutlich auch erstmal alles ausprobiert.

Und es braucht neue Organisationsformen um die Herausforderungen zukünftig stemmen zu können. Es muss flexible, interdisziplinäre sowie Marken-, Technologie- und Agentur-übergreifende dynamische Teams geben, die Lösungen erarbeiten. Die Zeiten, in denen ein Teil der Kette als alleiniger Wissensträger agiert, sind vorbei. Dafür bewegt sich der Markt zu schnell – zu schnell für einen alleine.

Mobile ist alles. Und Mobile ist die Zeit der Kollaboration. Und genau darauf freue ich mich.

Der Artikel wurde auf lead-digital.de veröffentlicht.

Die AGOF –  unsere offizielle Zählinstanz des deutschen Internets – hat die aktuellen Mobile Facts veröffentlicht. Und nun frage ich mich gerade, ob ich lachen oder weinen soll…!?

Liest man die Diagramme richtig, kommt man zu der Erkenntnis, dass die über 34 Millionen Mobile-Internetnutzer in Deutschland bereits die Hälfte der Deutschen ab 14 Jahren ausmachen. Mehrheitlich sind sie zwischen 20 und 49 Jahren alt, exzellent gebildet und verfügen über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen.

Das ist doch die absolute Traumzielgruppe der meisten Werbetreibenden in Deutschland. Und dennoch hinken die Werbespendings in Mobile den Ausgaben in TV, Print oder anderen klassischen Medien um Welten hinterher. Wir sprechen von einem geschätzten Faktor 300!

Viele Unternehmen verstehen noch immer nicht, wie die Menschen – also die potentiellen Kunden! – das mobile Internet nutzen. Die „Leute da draußen“ nutzen ihre Geräte dank des mobilen Netzes als allwissendes Tool: immer dabei, immer bereit, immer an(geschaltet) und always on(line). Ein Blick in die Mobile Facts bestätigt das: Nachrichten, Wetter, Kochen, Sport News, das TV Programm usw. führen die Rankings an. Ganz nach dem Motto: Mein Smartphone wird’s schon wissen…

Das Smartphone ist – und mit ihm auch das mobile Internet – endlich da angekommen, wo es hingehört. Und wer den Kanal Mobile ausschließlich anhand der über ihn getätigten Einkäufe bewertet, hat nicht verstanden, wie wichtig das Gerät auch allgemein im bzw. „innerhalb“ des Kaufentscheidungsprozesses ist.

Und dann bedenken wir, dass rund 60 Prozent (!) aller deutschen werbetreibenden Unternehmen noch immer keine mobile Webseite haben.

Unternehmen geben ohne mit der Wimper zu zucken mehrstellige Millionenbeträge für TV-Werbung aus, schaffen es aber nicht, ein vergleichsweise kleines Budget in Mobile Media zu investieren.

Sie merken schon: Ich werde nicht müde, die Schuld primär den Entscheidern zuzuschreiben. Bereits Junioren in Unternehmen werden immer noch auf die einstmals gelernten Werte getrimmt und können den Wert eines GRP im Schlaf aufsagen. Bei der Frage nach der Wertigkeit einer Interkation in den digitalen Medien (Downloads, Likes, Newsletter etc.) überwiegt dann aber zumeist das Schulterzucken. Und leider ist die Bereitschaft, sich an den Investitionen zur Messung und Modellierung dieser Daten zu beteiligen, häufig sehr gering.

Ganz zu schweigen von all den Mobile Internet Usern unter 20 Jahren – den Werbezielgruppen und Konsumenten der kommenden Jahre. Die Kids wachsen heute mit Smartphones und dem mobilen Internet auf. Hier wächst eine Generation heran, die für nichtexistierende Mobile-Seiten oder Apps kein Verständnis hat.

Sollen wir also lachen oder weinen? Nun – wir lachen ein bisschen, weil sich alle Vorhersagen erfüllt haben. Und wir weinen, weil viele Unternehmen nicht nur den Trend „Mobile“ verpasst haben, sondern selbst jetzt noch die Augen vor den veränderten Mediennutzungsgewohnheiten verschließen.

Wir können nur empfehlen: Nehmen Sie Mobile (endlich) ernst!