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In dem Format „Deep Dive“ tauchen Experten der Mediaplus Gruppe in die Welt der Marketing Trends ab und geben fundierte Einblicke in aktuelle Herausforderungen: Wie können neue Trends gesellschaftlich und wirtschaftlich eingeordnet werden und wie macht man Problemstellungen interdisziplinär anfassbar? Magnus Gebauer, Senior Consultant bei Mediaplus, bringt mit seinem Beitrag zu Beyond Meat Licht ins tiefe Dunkel.

Markenkommunikation in Zeiten des wachsenden Hungers nach pflanzenbasierten Produkten

Ich habe es probiert! Leider kann ich das nur von meinem kläglichen Versuch behaupten, eine Packung der begehrten Beyond-Meat-Burger beim ortsansässigen Discounter zu ergattern. Innerhalb der ersten zehn Minuten nach Ladenöffnung waren die gelieferten Hype-Burger-Patties des kalifornischen Nahrungsmittelproduzenten bereits vollständig abgegrast. Auch der sensationelle Börsenstart von Beyond Meat mit zeitweisen Kursgewinnen von bis zu 600 Prozent spricht für sich. Warum ist das so? Die Zahl an Veganern ist in den letzten Jahren zwar gestiegen, jedoch mit rund einer Million Menschen in Deutschland noch auf einem überschaubaren Niveau.

Wertewandel verändert Konsumgewohnheiten und Mediaplanung

Befasst man sich etwas genauer mit dem Thema, wird schnell klar, dass die neuen veganen Produkte auf eine viel breitere Zielgruppe ausgerichtet sind, als auf den hageren Klischee-Veganer der 90er Jahre. Sie sind für die breite Masse konzipiert und werden von drei großen, wertebasierten Konsumententrends getrieben:

  1. Der aktuelle Fitness- und Gesundheitstrend: Fleischersatzprodukte gelten als gesünder, da sie kein Cholesterin und weniger ungesättigte Fettsäuren enthalten.
  2. Der Wunsch nach mehr Umweltschutz wird immer größer und tierische Produkte sind in der Produktion sehr energieaufwendig.
  3. Nach den Tier- und Fleischskandalen der letzten Jahre wird auch der Wunsch nach mehr Tierwohl immer größer.

Blickt man aus Mediasicht auf diese Entwicklungen, so wird einmal mehr deutlich, dass eine klassische Zielgruppenselektion anhand soziodemographischer Merkmale nicht zielführend ist. Vegan-orientierte Konsumentengruppen sind stärker durch gemeinsame Werte und Motive miteinander verbunden als durch ihr Alter oder ihr Geschlecht – und genau hier setzen psychographische Targetings an, die eine intelligentere Lösung zur werteorientierten Kundenansprache bieten. Die Psychografie ist ein Ansatz aus der Persönlichkeitspsychologie, der sich mit den Motiven menschlichen Handelns befasst. Psychographische Targetings ergänzen die klassische Zielgruppenbeschreibung um Profile zu Motiven, Einstellungen und Persönlichkeitseigenschaften. Neue Ansätze in der Mediaplanung erreichen damit eine bessere Wirkung, da die Werteeinstellungen der jeweiligen Zielgruppe außerdem mit den verschiedenen Werbeumfeldern abgestimmt werden. So findet man diejenigen Umfelder, die perfekt zur Marke beziehungsweise dem Produkt passen.

Botschaften für die breite Masse und relevante Kampagnenstrategien

Wieso der beispiellose Boom so plötzlich durchstartet, obwohl fleischlose Alternativen schon lange Zeit existierten, beantwortet neben dem massentauglichen Geschmackserlebnis das aktivere und geänderte Marketing der Produkte. Die Produktkommunikation rund um den fleischlosen Hamburger ist nicht auf die vegan-vegetarische Zielgruppe ausgelegt, sondern richtet sich ganz gezielt an Fleisch- und Fast-Food-Liebhaber.

“The only consumer we care about is the hardcore meat lover.“ Interessanterweise ist dieser Satz zu einer Art Mantra des Impossible Foods CEO Pat Brown geworden, einem der Hauptkonkurrenten von Beyond Meat. Nach eigenen Angaben zählt der Unternehmensgründer Vegetarier und Veganer nicht zu den für ihn primär relevanten Konsumenten – nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass sein Unternehmen Zulieferer von Burger King und die Basis des veganen Impossible Whoppers ist; und Burger King bewirbt sein veganes Produkt mit dem für Kunden nicht zu unterscheidenden Geschmack des originalen und des veganen Burgers.

Auch die Botschaft des nationalen McDonald‘s-Werbevideos zum Verkaufsstart ihres veganen Burgers („Ob du’s glaubst oder nicht: Schmeckt nicht nur Weltverbesserern.“) verdeutlicht, welche Zielgruppe erreicht werden soll: McDonald‘s spielt mit dem klischeehaften Gegensatz zwischen Ökoaktivistin und Holzfäller – samt abschließender Burger-Versöhnung. Was beim Konsumenten hängen bleiben soll, ist klar: Fleischlose Burger sind nicht nur etwas für weibliche Weltverbesserer, sondern für alle.

Eine etwas andere Marketing-Strategie wählte die britische Supermarktkette Sainsbury: Im Zuge der World Meat Free Week eröffneten sie einen fleischlosen Pop-up-Metzgerladen, um den Konsumenten das Zubereiten von Speisen mit pflanzenbasierten Fleischalternativen näher zu bringen, die Sainsbury anbietet – und sicherlich auch, um eine große mediale Aufmerksamkeit mit dieser einzigartigen Aktion zu erlangen. Das verdeutlicht vor allem, welche Bedeutung eine durchdachte Kampagnenstrategie hat, die geschickt mit Konsumententrends spielt, die Verbraucher unterhält und gleichzeitig Mehrwert für die Konsumenten liefert. Denn in Zeiten, in denen man täglich mit unzähligen „One-size-fits-all“-Werbebotschaften bombardiert wird, ist kontextuelle Relevanz der Schlüssel zu mehr Aufmerksamkeit und damit die Basis für eine erfolgreiche Kampagnenwirkung.

Flaut der Wind um vegane Themen nun wieder ab?  

Blickt man nun mit einem gewissen zeitlichen Abstand auf den aktuellen Hype rund um Beyond Meat, merkt man, dass der mediale Rummel etwas abflacht. Aufgrund des beobachteten Wertewandels wäre es allerdings ein Irrglaube, davon auszugehen, dass es nun wieder ruhiger um pflanzenbasierte Produkte wird. Der Tsunami an veganen Alternativen wird auch in anderen Branchen für viel Wirbel sorgen (vom Schuh bis zur Kosmetik), solange Marken die großen Konsumententrends geschickt bedienen und gleichzeitig ihre Kommunikationsstrategien auf die sich wandelnden Werteeinstellungen ausrichten – losgelöst  von Stereotypen der Vergangenheit. Die Mediaplanung hält mit psychographischen Targetings die dafür passende Lösung bereit.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei LEAD digital.