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Die Kommunikation hat ohne Content-Marketing keine Zukunft.

Buzzword hin oder her – der Need nach Content ist so groß wie nie. In Zeiten, in denen das Internet zu einer Plattform wird, geht die Macht an den Rezipienten über. Das war früher andersrum. Heute kann ich einfach alles wegklicken oder auch Adblocker einsetzen. Die Konsequenz: Der Konsument hat die Macht.

Manche machen es richtig und werden nicht weggeklickt. Was haben Vodafone und Südtirol gemeinsam? Beide wissen, wie gutes Content Marketing funktioniert. Sie gehören zu den Gewinnern des Deutschen Content Marketing Awards, der 2015 erstmals verliehen wurde. Die Südtiroler beeindruckten mit bildgewaltigen Geschichten (www.wasunsbewegt.com) und Mobilfunker Vodafone mit launigen Produkttests der „Gadget Inspectors“. Zudem überzeugten sie durch ihre Vernetzung mit anderen Content-Angeboten sowie durch eine konsequente Vermarktung. Kurz: Vodafone und Südtirol praktizieren Content-Marketing, wie es sein soll: Paid, Owned, Earned, ausgewogen aufeinander abgestimmt.

Solche Vorzeigebeispiele sind noch rar im deutschsprachigen Raum. Vielmehr erleben wir aktuell eine Häufung an „Pseudo-Content-Marketing“. Content-Marketing, das lediglich vorgibt, ein solches zu sein. Da kommt es vor, dass ein einzelner Blog schon als Content-Innovation angepriesen wird. Oder ein Native-Advertising-Artikel, nur weil er gut rankt. Sorry, das mögen durchaus gelungene Maßnahmen sein – aber es sind lediglich Details eines großen Ganzen, das den Namen Content-Marketing verdienen würde.

Richtig verstanden bietet Content-Marketing die Chance, die gesamte Unternehmenskommunikation mit frischen Impulsen zu beleben. Alle könnten von ihm profitieren – von PR, Marketing, Kundenservice, Sales bis zu HR. Content-Marketing betrifft alle, weil es die Lösung für ein akutes Problem sein könnte: den rasanten Verlust des Kundenvertrauens und den dadurch drohenden Umsatzschwund. Mittlerweile verlieren 44 Prozent aller Herstellermarken über 30 Prozent ihrer Stammkunden pro Jahr (Markenroadshow).

Um dem entgegenzuwirken, müssen Unternehmen die Kunden stärker und konsequenter ins Zentrum ihres Handelns stellen. Sie müssen für sie Erlebniswelten entwickeln, in denen ihre Bedürfnisse zur richtigen Zeit am richtigen Ort erfüllt werden. Das Produkt spielt im Marketing der Zukunft nicht mehr die Hauptrolle.

Die Zeit der „Customer Centricity“ bricht an – und das Content-Marketing spielt darin eine zentrale Rolle: Weil es Werte schafft, ohne die eine solche Erlebniswelt nicht funktionieren kann. Strategisch geschickt platzierte Inhalte, die frei sind von lähmendem „Werbesprech“, sollen die Konversation mit Kunden beflügeln. Überspitzt formuliert bedeutet das: Ohne Content-Marketing hat die Unternehmenskommunikation keine Zukunft.

  • Aus diesem Grund sollten es zunächst holistische Fragen sein, die sich Kommunikatoren stellen sollten:
  • Wie können wir eine „Customer Experience“ gestalten und welche Inhalte brauchen wir dazu an welchen Touchpoints?
  • Wie kann jeder einzelne Inhalt des Unternehmens zur Steigerung der Markenattraktivität beitragen?
  • Besitzen die derzeitigen Content-Angebote die nötige Qualität – von der Broschüre bis zu Native Advertising?
  • Passen alle Content-Angebote zusammen? Ergänzen sie sich? Oder herrscht eher ein Durcheinander?
  • Welche „Paid, Owned, Earned“-Inhalte brauchen wir, um zu überzeugen?

Selbst wenn Kommunikationsprofis nur einzelne Content-Marketing-Maßnahmen planen, sollten sie dafür die übergeordneten Kommunikationsziele immer im Blick haben. Dann gibt es später kein dramaturgisches Problem, wenn das Content-Marketing ausgebaut werden soll. Denn das finale Ziel sollte immer sein: Alle Inhalte spielen perfekt zusammen.

Damit das Content-Marketing seine volle Kraft entfalten kann, sollten Unternehmen diese zehn Regeln beachten:

 

  1. Konzentrieren Sie sich auf Top-Qualität

Im Content-Marketing zählt Qualität, Mittelmäßigkeit hat keine Chance. Durchschnittliches und Austauschbares geht in der Informationsfülle unter. Es gibt knapp eine Milliarde Websites, rund 2,5 Millionen E-Mails werden pro Sekunde verschickt, über 10.000 Tweets gesendet und über 100.000 Videos auf YouTube hochgeladen. Bitter, aber wahr: Niemand da draußen wartet auf Ihre Inhalte.

Nichtsdestotrotz produzieren 70 Prozent der amerikanischen B-to-B-Unternehmen mittlerweile mehr Content als noch vor einem Jahr. Diese Fülle inspiriert nicht, sondern nervt: Vier von fünf US-Entscheidern beklagen, sie würden viel zu viele Informationsangebote bekommen, die obendrein unbrauchbar seien und deshalb, nach einem kurzen Scan, direkt im Papierkorb landen.

Zur Klarstellung: Natürlich geht es im Content-Marketing auch darum, neue Inhalte zu schaffen. Aber ihre Qualität und Vernetzung mit allen anderen Content-Angeboten ist maßgeblich, nicht die Quantität. Die Inhalte müssen erstklassig und einzigartig sein, damit sie von Konsumenten und Suchmaschinen honoriert werden. In aller Konsequenz heißt das: Sollten Sie keine Spitzenleistung anstreben, können sie genauso gut auf Content Marketing verzichten. Und Geld sparen.

 

  1. Nutzen Sie Ihre Marke als Storytelling-Turbo

Natürlich müssen Sie wissen, welche Inhalte die Stakeholder von Ihnen erwarten. Das bedeutet aber nicht, dass Sie ihnen nach dem Mund reden sollten. Zeigen Sie besser Persönlichkeit und Charakterstärke, die in jedem einzelnen Content-Stück sichtbar wird. Nutzen Sie Ihre Marke als Quelle für gute Themen und Storytelling. Diese klare Fokussierung schafft Vertrauen – und somit die Basis für gute Geschäfte.

Im Content-Marketing geht es nicht nur um den Aufbau von Vertrauen, sondern auch darum, einer Marke Bedeutung zu geben. Wie das gelingt, zeigt zum Beispiel die TexMex-Kette Chipotle: Von Top-Infos auf der Website bis zu erstklassigen Animationsfilmen und einer aufwändig produzierten Serie „Farmed and Dangerous“ – jede einzelne dieser unterschiedlichen Content-Maßnahmen macht eine einzige Markenbotschaft deutlich: Wir engagieren uns für gesundes, verantwortungsbewusstes Essen. Wir verkaufen „Food with Integrity“.

Oder hätten Sie zum Beispiel gewusst, dass die Motoren der berühmten Londoner Towerbridge von Bosch sind? In der „Bosch World Experience“ schickte Bosch sechs junge Menschen an Orte, in denen Bosch aktiv ist, und ließ sie berichten. So machten Geschichten wie die von der Towerbridge die Runde. Bosch gelang es also mit einer Content-Marketing-Aktion, sich als vielseitige und inspirierende Marke zu positionieren.

Der Hotelkette Marriott glückt das mit dem Magazin „Marriott Traveler“, das voller Inspirationen für reiselustige Millenials steckt. In keinem der Artikel geht es um Marriott – aber die Auswahl der Geschichten machen deutlich: Mit seinen 19 Hotelmarken und 4200 Hotels kennt sich Marriott in jedem Winkel der Welt aus. Via Content-Marketing empfiehlt sich Marriott quasi indirekt – egal, wohin die Reise geht.

Chipotle, Bosch und Marriott – drei Marken, drei starke Charaktere. Sie belegen: Wer Haltung einnimmt, besitzt die beste Basis für starke Themen und Storytelling.

 

  1. Die Customer Journey ist zugleich Ihre „Content Journey“!

Wussten Sie schon, dass die Konsumenten bis zu 90 Prozent der Customer Journey bereits hinter sich haben, bevor sie einen Laden betreten? Und dass sie bis dahin bereits elf Content-Angebote genutzt haben?

Konsumenten besitzen heute dank „Internetisierung“ der Medien und Handelswege eine enorme Recherche- und Entscheidungsfreiheit. Unternehmen müssen deshalb alles daran setzen, rechtzeitig an jedem einzelnen Touchpoint exzellente Inhalte bereitzustellen. Für uns Marketer bedeutet das: Wir müssen die Customer Journey zu unserer „Content Journey“ machen.

Hier gibt es noch vieles zu lernen und zu erforschen. Zum Beispiel müssen wir in Erfahrung bringen, wann oder wo ein Interessent zu einem Lead oder Käufer werden könnte. Eher ungeeignet scheint die Website: 96 Prozent der Besucher – also fast alle – sind nicht in Kaufstimmung. Wann und wo also dürfen wir mit Sales-Argumenten aufwarten, ohne penetrant zu wirken? Hierauf müssen wir eine Antwort finden. Bisher jedenfalls scheinen die Konsumenten mit der Informationsversorgung nicht zufrieden: Nur 14 Prozent sind aktuell der Meinung, dass ihnen Markenunternehmen eine gute Multichannel-Erfahrung servieren würden.

Fest steht jedenfalls: Geduld zahlt sich aus. Drei von vier Verbrauchern geben beim Kauf jener Marke den Vorzug, die sie während der Customer Journey am besten mit nützlichen Inhalten versorgt hat. Aus diesem Grund brauchen alle Beteiligten – auch im Vertrieb – Verständnis für das besonders behutsame Vorgehen im Content-Marketing.

 

  1. Ermitteln Sie, welchen Content Ihre lokalen Märkte brauchen

Das Lokalisieren war schon immer eine besonders knifflige Aufgabe – im Content-Marketing ist das nicht anders. Auch hier geht es um das richtige Gespür für die unterschiedlichen Kulturen und Geschmäcker. Selbst US-Unternehmen haben das Thema nicht im Griff, zeigte eine Umfrage unter den Besuchern des Kongresses Content World 2015 in Cleveland: Über 60 Prozent gestanden, dass sie noch keine Strategie für globales Content-Marketing haben.

Auf jeden Fall macht es Sinn, in jedem wichtigen Markt eigene Expertise aufzubauen. Die Content-Marketer können dann vor Ort entscheiden, welche Inhalte zu ihnen passen. In amerikanischen Content-Kreisen schätzt man, dass rund 20 Prozent der Inhalte für die Lokalisierung geeignet sind.

 

  1. Bewerben Sie Ihren Content wie ein Produkt

Die Inhalte können noch so gut sein – wenn diese nicht vermarktet werden, entfalten sie ihre Wirkung nicht. Man muss für Content trommeln, als wäre es ein eigenständiges Produkt – im Social Web, mit Paid Media oder auch mit PR-Maßnahmen.

Wie das funktioniert, zeigt die Deutsche Anwaltsauskunft, die 2015 mit dem Deutschen Preis für Online-Kommunikation ausgezeichnet wurde. Die Vermittlungsplattform für Rechtsanwälte tritt als Magazin auf, das in journalistischer Top-Qualität über unterschiedliche Rechtsthemen informiert – und erst im zweiten Schritt Interessent und passenden Rechtsanwalt zusammenbringt.

Social Web: Die Website wird durch die Facebook-Seite (über 65.000 Likes) stark unterstützt. Dort werden Memes mit Rechtssprüchen gepostet, Infografiken und Newsjacking zu aktuellen Themen betrieben. Diese Qualität zahlt sich aus: 41 Prozent der Wesbite-Besucher (300.000 pro Monat) gelangen über das Social Web dorthin.

Paid Content: In ganzseitige Anzeigen werden auf humorvolle Weise Situationen präsentiert.

PR-Aktion: Auf E-Bay versteigerte der künftige Ex-Ehemann Martin G. das gemeinsame Hab und Gut – aber halbiert: ein halbes Auto, einen Stuhl oder einen Teddybär. Die Angebote wurden zum weltweiten Hype – auf YouTube, in der Presse, auf TV und im Social Web.

Als publik gemacht wurde, dass die Aktion von der Anwaltsauskunft initiiert wurde, um auf die mangelnde rechtliche Absicherung vor der Eheschließung hinzuweisen, war keiner böse – im Gegenteil: sie wurde als sinnvoll wertgeschätzt.

Guter Content allein genügt also nicht – schöpfen Sie das Mediapotential Ihres Hauses aus und legen Sie ein Mediabudget dafür fest.

 

  1. Bringen Sie alle Kommunikatoren an einen Tisch

Eine der verzwicktesten Aufgaben ist es, die unterschiedlichen Kompetenzen der einzelnen Abteilungen zu einem sinnvollen Ganzen zu bündeln. Was aber unverzichtbar ist. Etablieren Sie Units für das Thema Content-Marketing. Es muss Verantwortliche im Unternehmen geben, die sich um das Thema Content primär kümmert. Zum Beispiel besitzt die PR in der Regel die größte Erfahrung in Storytelling und Agenda Setting. In Marketing und Vertrieb wiederum ist man fitter im Management der Touchpoints, auf denen Storytelling stattfinden könnte.

Es führt also kein Weg daran vorbei: Diese beiden Kompetenzen müssen gebündelt werden. Wie das geht, zeigt zum Beispiel Metro mit seinem Genuss-Blog. Es steckt voller guter Geschichten, die in anderen Kontaktpunkten – etwa in den metrotypischen Werbebriefen – weitergesponnen werden. Federführend für dieses Storytelling an den Marketing-Touchpoints: eine PR-Expertin.

 

  1. Suchen Sie Ihre Effizienzkiller

Diese Zusammenarbeit ist schon allein aus Effizienz- und Kostengründen unverzichtbar. Es kommt nicht selten vor, dass unterschiedliche Abteilungen gleichen Content produzieren – etwa eine App – weil es an gemeinsamem Content-Management fehlt. Eine Studie aus den USA verdeutlicht die Dimension dieses Problems: Demnach produzieren dort B-to-B-Unternehmen pro Jahr mangelhaften Content für 958 Milliarden Dollar, schlicht weil ihr Content-Management ineffizient ist. Und in Großbritannien führt diese mangelnde Kooperationskompetenz dazu, dass 15 Prozent der Unternehmen stolze 50 Prozent ihres produzierten Contents nie veröffentlichen.

Motorola Solutions hat daraus gelernt: Das Telekommunikationsunternehmen besitzt inzwischen einen Pool für sämtliche Content-Materialien, den alle Kommunikatoren füllen und zugleich darin recherchieren und sich bedienen. So werden sündteure Dopplungen vermieden und die besonderen Kompetenzen anderer Abteilungen genutzt.

Das Sparpotential im Content-Management scheint also beträchtlich. Wenn Sie dieses mit dem Content-Marketing-Budget gegenrechnen, kommen Sie vermutlich schnell zu dem Schluss, dass sich Content-Marketing lohnen kann.

 

  1. Führen Sie content-strategisches Know-how ein

Sollten Sie in Ihrem Unternehmen noch keine Mitarbeiter haben, die content-strategische Kompetenz besitzen, sollten Sie das schnell ändern. Selbst wenn sie planen, ihre Content-Marketing-Aufgaben komplett auszulagern, brauchen sie wenigstens einen Experten im Unternehmen, der die Qualität extern geleisteter Arbeit objektiv bewerten und managen kann. Jemand, der redaktionelles Know-how besitzt, die Markenbotschaften kennt und alle beteiligten Dienstleister im Griff hat – denn das könnten viele sein: von der Online-Agentur bis zur PR-, Event- und Mediaagentur. Idealerweise ist er erfahren im agilen Redaktionsmanagement – denn Content-Aufgaben sind immer „Work in Progress“. Wir haben es mit sich kontinuierlich entwickelnden Prozessen zu tun, die ein sehr flexibles Management brauchen.

Content-strategische Vorbereitungen sind die Bedingung erfolgreichen Content-Marketings. Dennoch wird diese Stufe gern übersprungen, im Irrglauben, das sei unnützer Aufwand. Doch der Verzicht auf eine Content-Strategie ist quasi ein Garant für Misserfolg, belegte das Content Marketing Institute: Von den Unternehmen, die vom ihrem Content-Marketing enttäuscht sind, haben nur 7 Prozent eine solche. Und die rundum Zufriedenen? 60 Prozent sind in Besitz einer Content-Strategie.

 

  1. Bleiben Sie aufmerksam – die Content-Landschaft ändert sich schnell

Ein Merkmal guten Content-Marketings ist, dass es auf Dauer wirkt. Es ist keine Kampagne, die „einfach so“ gestoppt und ersetzt werden kann. Content-Marketing ist ein langfristiger Begleiter, dessen Wirkung immer wieder kontrolliert und aufgefrischt werden muss.

Bleiben Sie deshalb wachsam, denn Kundenbedürfnisse und favorisierte Touchpoints ändern sich schnell. Wer weiß schon, was nach Snapchat, Instagram und Periscope kommt? Aktuell sollten wir zum Beispiel die Publikationsofferten der Plattformen Medium, LinkedIn oder Facebook aufmerksam beobachten und, sofern sinnvoll, in Content-Marketing-Strategien einbauen.

Die Macht Googles und Facebooks sollten wir zwar nutzen – zugleich aber nicht als gottgegeben akzeptieren. Durch deren Filtermechanismen ist es schwer geworden, Menschen außerhalb ihrer „Interessensblase“ anzusprechen. Aus diesem Grund sollten sich Unternehmen zusätzliche Taktiken überlegen, um das Interesse der Menschen zu wecken.

Sie sehen: Content-Marketing ist weit mehr als ein Add-on. Es bereichert die gesamte Kommunikation, weil es den Blickwinkel verändert: auf hochwertigen Content, der für das Gestalten einer faszinierenden Erlebniswelt unverzichtbar ist.

 

  1. Vergessen Sie die Technik nicht!

Im Content-Marketing-Prozess spielen Technologien eine bedeutende Rolle. Was heißt das konkret? Auf allen Stufen des Prozesses bietet der Markt unterschiedliche Tools an – von Einzellösungen bis zum aufkommenden Full Service Ansatz für den Massenmarkt der Top500-Werbungtreibenden: Content / Social-Marketing-Cloud-Systeme. Diese liefern integrierte Lösungen für den Gesamtprozess, sind jedoch schlanker und agiler als die großen Marketing-Cloud-Systeme. Die Top Player heißen hier: Sprinklr, Percolate. Wir als Serviceplan-Gruppe nutzen für Kunden den Einsatz aller Technologien. Das müssen wir auch, da Kunden zunehmend selbst diverse eigene Technologien oder Lösungen mitbringen oder solche bei Kunden erweitert werden müssen – das heißt wir müssen flexibel sein. Im Content-Distribution-Prozess konzentrieren wir uns aktuell stark auf den Global Rock Star Sprinklr. Jedoch investieren wir auch stark in Eigenentwicklungen, um die technologische Entwicklung auf individuelle Kundenbedürfnisse selbst in der Hand zu haben. Dafür haben zwei eigene Technologien entwickelt: eine für das Asset und Workflow-Management, die zweite für die Themen Analyse und Reporting.

Content Marketing – bloß ein Trend, der vorüber geht? Von wegen.

 

Dieser Beitrag erschien als Leserautor Gastbeitrag in W&V.

Wer erinnert sich noch an den Old Spice Man? 2010 eroberte der Schauspieler Isaiah Mustafa mit viel Charme und gutem Aussehen das Netz im Sturm und Wieden+Kennedy setzte mit der Old Spice Kampagne „Smell like a Man, Man“ einen Meilenstein in Sachen Content Marketing im Social Web.

Neben einer ausgezeichneten Kreativ-Idee trugen vor allem die geschickte Vernetzung über alle in der Zielgruppe gerade angesagten Social Kanäle (v.a. YouTube und Twitter) und die aktive Einbindung der User zum Erfolg der Kampagne bei, die in den Folgejahren oft als Best Practice Beispiel für digitales Marketing dienen durfte.

#twitchplaysoldspice

Fünf Jahre später könnte uns ein neues Highlight bevorstehen, doch diesmal sind nicht YouTube und Twitter die Kanäle der Wahl, sondern die Livestreaming-Plattform twitch.tv, auf der man anderen beim Computerspielen zusehen kann. Vom 16. bis 18. April wagt Old Spice zusammen mit Twitch im Rahmen der Crowd Sourced Gaming Aktion #twitchplaysoldspice einen Ausflug in die Natur. Die Zuschauer sollen dabei einen echten Menschen per Twitch Chat drei Tage lang durch einen Wald steuern und mit ihm an vorbereiteten Events und Aktionen teilnehmen können.

Die Inspiration für die Kampagne dürfte aus dem Frühjahr 2014 stammen, als Tausende von Gamern in einem Livestream zusammen auf einem virtuellen Gameboy Pokemon spielten. Dabei wurden die Steuerbefehle für die Spielfiguren über den Chat entgegengenommen, nach kurzer Zeit aufsummiert und dann an das Spiel weitergeleitet – mit entsprechend unberechenbaren Folgen. Eine an sich völlig absurde Idee, die sich wohl genau deshalb innerhalb weniger Tage wie ein Lauffeuer im Netz verbreitete und dabei auch sämtliche Facetten von Twitch prominent zum Vorschein brachte: Gaming, Community-Interaktion, Live-Unterhaltung und eine gehörige Portion Chaos.

Live-Streaming ist in Mode

Live Streaming ist derzeit unbestritten einer der bedeutendsten Trends im Netz. Mit Meerkat und Periscope ringen zwei Anbieter um die Vorherrschaft beim mobilen Streaming und nicht umsonst hat Amazon im August 2014 fast eine Milliarde US-Dollar für twitch.tv ausgegeben und dabei den Mitinteressenten Google ausgestochen.

Wie ernst Google twitch.tv nimmt, lässt sich auch daran erkennen, dass vor wenigen Wochen Pläne von YouTube bekannt wurden, den YouTube Live-Streaming Service stärker in Richtung Gaming und eSports zu positionieren und damit als direkten Konkurrenten zu Twitch aufzubauen.

Diese Entwicklung ist insofern auch interessant, als dass Twitch in den vergangenen Monaten behutsam erste Versuche unternahm, die recht strikte Gaming- Ausrichtung durch Übertragungen von Film- und Musikevents zu verbreitern, ohne die wichtige Kernzielgruppe zu verprellen und dadurch den Markenkern zu beschädigen.

Denn vor allem beruht der Erfolg von Twitch neben der Übertragung von populären eSports Events nämlich auf den treuen Fangemeinden der vielen kleinen und großen Content-Produzenten, die täglich auf der Plattform ihre Gaming-Sessions übertragen. Inzwischen ist Streaming außerdem alles andere als eine Spaß-Veranstaltung für gelangweilte Jugendliche: Erreicht ein Streamer eine stabile Anzahl an regelmäßigen Zuschauern, kann er am Twitch Partnerprogramm teilnehmen und Fans können für fünf US-Dollar pro Monat den Kanal abonnieren und den Streamer unterstützen – etwa die Hälfte der Einnahmen landet bei den Content-Produzenten, die andere Hälfte geht an Twitch. Treue Fans bilden so, im Gegensatz zu den oft schwankenden Werbeeinnahmen für Bewegtbild-Ads, eine zusätzliche, stabile Einkommensgrundlage für Streamer, von denen bereits etliche ihr Hobby zum Beruf gemacht haben und mit aufwendigen Produktionen jeden Tag on Air sind.

Inzwischen laufen auf Twitch außerdem regelmäßige Gaming Talkshows, Live-Berichterstattungen von Gaming-Conventions wie PAX oder der Gamescom und auch zahlreiche Gaming Publikationen haben die Plattform als Möglichkeit zur Interaktion mit Fans und Lesern entdeckt.

Pionierarbeit: Streaming-Plattformen im Marketing

Etwa 100 Mio. Zuschauer weltweit erreicht Twitch inzwischen pro Monat, in Deutschland sind es laut AGOF internet facts 2015-01 ca. 1,7 Mio. Unique User in einem durchschnittlichen Monat. Wenig überraschend bei einer Plattform mit starker Ausrichtung auf das Thema Gaming ist dabei, dass gut 90% der Nutzer Männer unter 30 Jahren sind.

Twitch ist inzwischen für viele Unternehmen aus dem Gaming-Umfeld eine unverzichtbare Plattform für die Promotion neuer Spiele geworden und auch viele Hersteller aus den Bereichen Hard- und Software, sowie Konsumgüterhersteller sind schon seit längerem aktiv auf Twitch. Dabei wäre es aber ein großer Fehler, Twitch nur als weitere Platzierung im Mediaplan für Display- und Bewegtbildwerbung zu nutzen, denn die wahre Stärke der Plattform liegt in der Beziehung zwischen den Streaming-Persönlichkeiten und den Zuschauern.

Tech-affine junge Männer sind in der Regel nicht gerade bekannt für ihre ausgeprägte Werbeakzeptanz. Umso wichtiger ist es für Marken, über Stream-Sponsorings, Events und Aktionen zusammen mit den Streamern individuell zugeschnittene Konzepte zu entwickeln, welche die besondere Kultur der Plattform berücksichtigen. Der damit verbundene Aufwand mag abschreckend wirken, erreichen viele Channel doch nur einige Tausend Zuschauer pro Tag. Andererseits lassen sich so auch viele Experimente mit überschaubaren Budgets im kleinen Rahmen umsetzen und Learnings für größere Aktionen generieren. Man muss ja nicht gleich drei Tage lang einen Menschen im Wald aussetzen und sein Schicksal dem bisweilen anarchischen Twitch-Chat überlassen. Mal reinschauen sollte man dabei aber auf jeden Fall.

Ein Beitrag von Florian Haller, erschienen in „Markenartikel“

„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft“ – selbst nach über 200 Jahren hat dieses Bonmot des Gelehrten Wilhelm von Humboldts nicht an Aussagekraft verloren. Übertragen wir dieses doch auf die erfolgreichsten Marken Deutschlands, auf die best brands der vergangenen zehn Jahre. Lassen Sie uns daraus Erkenntnisse für die Zukunft ableiten: Was kommt auf die Markenführung in den nächsten zehn Jahren zu? Mit welchen Maßnahmen können Marken in dem „schwierigeren“ wirtschaftlichen Umfeld, auf das uns Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Silvesterrede einstimmte, Konsumenten überzeugen?

Was lehren uns die vergangenen zehn Jahren best brands? Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es zwei Konstanten der Markenführung gibt, die immer gültig sind und deshalb auch den künftigen Erfolg bestimmen werden: das Markenvertrauen und die Begehrlichkeit.

 

Markenvertrauen – das wahre Kapital

Die erfolgreichsten best brands der vergangenen zehn Jahre sind „Vertrauensmarken“: Miele, der Sieger unter den Produktmarken, profitiert von seiner konsequenten Produkt- und Servicequalität, Lego (2. Platz) gewann – nach einigen schwierigen Jahren – das Vertrauen der Verbraucher zurück, und Nivea (3. Platz) gilt schon seit mehreren Generationen als Kosmetikmarke, der man quasi blind vertrauen darf. Die best brands unter den Produkt- und Unternehmensmarken haben das Vertrauen der Konsumenten gewonnen durch:

  • eine ruhige, besonnene Hand in der Markenführung
  • konstante Produktqualität
  • selbstähnlichkeit der Produkte
  • Glaubwürdigkeit und Authentizität, etwa durch verantwortungsbewusstes Management (Unternehmensführung, Nachhaltigkeit)

 

Begehrlichkeit –  eine Marke muss „sexy“ bleiben

Zugleich gelang es den best brands der vergangenen Dekade, begehrenswert zu bleiben: durch eine behutsame Weiterentwicklung des Auftritts, durch Innovationen und emotionale Kommunikation. Wie man eine Marke auffrischt, ohne die Wiedererkennung zu behindern, zeigt das neue Design von Nivea. Auch Innovationen tragen zur Begehrlichkeit bei, sofern sie zur Marke passen. Wie dies gelingt, führen uns etwa die Unternehmensmarken Google (3. Platz) und BMW (5. Platz) immer wieder mit neuen Produktentwicklungen vor. Und bei den „best brands ever“-Gewinnern wie Adidas, Coca-Cola oder BMW fällt auf: Sie bauen durch emotionale Kommunikation Begehrlichkeit auf, weniger durch die Weitergabe von Produktdetails.  

Besonders deutlich macht das „best brands ever“-Ranking: Starke Marken gehören nicht zu den Schnäppchenmarken (Ausnahme: Aldi). Vielmehr haben sie über einen langen Zeitraum hinweg Qualität bewiesen und sind aus Verbrauchersicht ihren Preis wert. Niedrige Preise und Rabatte tragen also langfristig nichts zum Markenerfolg bei.

 

Marken werden zu Lotsen in einer komplizierter werdenden Welt

Markenvertrauen und Begehrlichkeit werden auch weiterhin die Konstanten der Markenführung sein – allerdings unter völlig neuen Rahmenbedingungen: Sie müssen in einer Gesellschaft gelingen, die sich derzeit durch Internetisierung und Fragmentisierung stark wandelt und deren Konsum-, Medienrezeptions- und Kommunikationsverhalten sich rapide ändert. Für Verbraucher ist es jedoch nicht leicht, sich in dieser zwar chancenreichen, aber zugleich komplizierten und riesigen Konsum- und Kommunikationswelt zurechtzufinden. Das eröffnet Vertrauensmarken eine große Chance: als Lotsen und Entscheidungsgrundlage können sie das Leben der Verbraucher vereinfachen. best brands, die von dem Prinzip „Selektion durch Vertrauen“ bereits heute deutlich profitieren, sind Google und Apple.

Drei Aspekte gehören im Aufbau von Marken in naher Zukunft dazu: die Markeninhaber müssen ihr verantwortungsbewusstes Handeln deutlich machen, die Kundenkommunikation individualisieren und mehr Interaktion zulassen.

 

Eine Marke symbolisiert verantwortungsbewusstes Management

Seit einigen Jahren gilt die Nachhaltigkeit als wichtige Komponente für Markenvertrauen. So tauchten etwa viele best brands – etwa BMW, Miele und Audi – zugleich auf der Siegerliste des „Sustainability Image Score 2012“ auf. Mittlerweile gibt es kaum ein Unternehmen, das sich Nachhaltigkeit nicht dick auf die Fahne geschrieben hätte. Doch Verbraucher erkennen sehr wohl, welche Markeninhaber über Lippenbekenntnisse nicht hinauskommen.

Das Unternehmen Hipp etwa gilt als Vorbild für verantwortungsbewusstes Wirtschaften. Für Deutschlands größten Hersteller von Baby- und Kindernahrung ist Nachhaltigkeit tief verwurzelte Realität. So verwendet Hipp nur organisch-biologische Rohstoffe, die auf 800 Schadstoffe untersucht werden. Bereits 1997 stellte Hipp die Energieversorgung auf erneuerbare Energien um. Zudem gilt das Unternehmen als familienfreundlicher Arbeitgeber. Diese Philosophie schafft nicht nur Vertrauen, sondern zahlt sich auch aus: Laut Nielsen hat Hipp in Deutschland bei Babynahrung einen Marktanteil von knapp 50 Prozent, mehr als der Weltkonzern Nestlé.

 

Individualität in der Kundenkommunikation fördert das Vertrauen

Weil die neue Medienwelt völlig neue Kommunikationsmöglichkeiten bietet, wird der individuelle Austausch mit den Verbrauchern gewissermaßen zur Markenpflicht. Ein Mailing für alle – das war einmal. Aus diesem Grund wird sich etwa die „best brand ever“-Unternehmensmarke Lufthansa künftig noch stärker auf die personalisierte Kundenansprache und auf digitale Marketingformate konzentrieren.

Viele Markenunternehmen besitzen bereits die nötigen Grundlagen für eine erfolgreiche Individualkommunikation: Datenbanken voller Verbraucherinformationen. Dazu kommen die Daten aus dem Social Web. Aber sind die Markenunternehmen auch in der Lage, diesen Schatz zu heben? Die Studie „Loyalitätsindex 2012“ offenbarte das Gegenteil: Ausgerechnet Versicherungen, Finanzdienstleister und Telekommunikationsanbieter – also jene, die über besonders viele Kundendaten verfügen –  leiden an Loyalitätsmangel. Dieser ist wohl – neben der Finanz- und Bankenkrise – ein triftiger Grund, warum kein einziger Dienstleister dieser Branchen seit 2005 in den Top Ten der „best brands“-Rankings auftaucht.

Es wird zu den größten Herausforderungen der Markenunternehmen und ihrer Agenturen gehören, diese deutliche Diskrepanz zwischen Datenfülle und Verbrauchermisstrauen aufzulösen. Zugleich müssen sie sich Social CRM und Big Data erschließen. Eine weitere Aufgabe der Zukunft ist es, die „Customer Journey“ vom ersten Interesse bis zum Kauf zu begleiten und die Begehrlichkeit durch das Bereitstellen von Informationen, die zur Entscheidungsphase passen, zu erhöhen.

Nur wenn Unternehmen das alles gelingt, werden sie von einem optimalen Austausch profitieren. Die Aufgaben der Agenturen wird es sein, diese entscheidende Entwicklung technologisch und analytisch zu begleiten.

 

Interaktion fördert die Begehrlichkeit

Verbraucher wünschen einen abwechslungsreichen Austausch mit Marken, der über das übliche Gewinnspiel und Allerweltsgeplänkel auf Facebook hinausgeht. Mit einer besonderen Aktion gelang es Nivea, (2. Platz der „best brands ever“-Produktmarken), viel Aufmerksamkeit zu erzeugen: Anlässlich des Launchs der Deo-Serie „Invisible für Black & White“ lud sie Verbraucher ein, ihr schwarz-weißes Lieblingskleid auf der Nivea-Website zu designen. Das Gewinnerkleid wurde produziert und auf Zalando.de verkauft. Fast 30.000 Personen nutzten die Chance und reichten Entwürfe ein.

Die Interaktion muss selbst bei der Produkterstellung nicht halten machen: Was spricht dagegen, wenn sorgfältig ausgewählte Verbraucher die Entwicklung mancher neuer Produkte begleiten? Auch diese Art der Interaktion schafft Markenvertrauen und Loyalität.

 

Eigener Content macht Marken begehrenswert

Weil Verbraucher heute selbst bestimmen können, welche Medienangebote sie wann konsumieren, wird es für Markenartikler immer schwieriger, auf klassische Push-Art zu werben. Stattdessen wird es für sie immer wichtiger, das Verbraucherinteresse mit eigenem Branded Content zu wecken. So machte der Konzern Coca-Cola (10. Platz der „best brands ever“-Produktmarken) im Herbst 2012 von sich reden, als er seine Website zu einem unterhaltsamen Magazin voller bunter Themen umbaute. Adidas (8. Platz der Unternehmensmarken) begeisterte in den USA mit seiner Content-Kampagne „The Return“, die den Genesungsprozess des verletzten Basketball-Stars Derrick Rose („D Rose“) begleitete. Und Lego (2. Platz der Produktmarken) sorgt mit immer neuen Höhenrekorden im Lego-Turmbau für Aufsehen.

Unangefochtener Meister des Content Marketing ist derzeit Red Bull und seine Aktion„Red Bull Stratos“: Am 14. Oktober 2012 sprang der Extremsportler Felix Baumgartner für die Marke aus über 39.000 Metern Höhe und durchbrach die Schallmauer. Man geht davon aus, dass Red Bull 50 Millionen Euro investierte – und dafür zwei Milliarden Kontakte in 140 Märkten gewann. Der Wert der Medienberichterstattung wird auf rund eine Milliarde Euro geschätzt. Red Bull zeigt die Zukunft der Markenkommunikation: Brands müssen selbst zum Thema werden – durch dramaturgisch geschicktes Storytelling über alle Medienkanäle.

 

Marken bieten emotionale Erlebniswelten

Trotz enormer Vorteile – die Internetisierung der Konsumwelt bringt auch einen Nachteil mit sich: Im virtuellen Raum gehen die Emotionen verloren, der Einkauf wird zu einer meist gefühlskalten Entscheidungsakrobatik reduziert. Besonders die Musikbranche leidet an dem Verlust der Emotionen, die den Einkauf in einem Musikshop, etwa dem legendären WOM, zu etwas Besonderem machten.

Aus diesem Grund ist der aktuelle Gegentrend nicht erstaunlich: Markenartikler eröffnen Markenerlebniswelten, etwa die „best brand ever“ Miele in Berlin oder Nivea in Hamburg und Berlin. In den Flagship-Stores verleihen sie ihren Marken wieder das, was sie so dringend brauchen: Eine Aura, die sie begehrenswert macht und in der Verbraucher Vertrauen schöpfen.

Gestern für Ökos, heute für alle:  Wir sehen seit Jahren, dass immer mehr Menschen wissen wollen, woher die Lebensmittel, die sie konsumieren kommen, unter welchen Umständen ihre Sportschuhe gefertigt werden und von wem sich Werder Bremen finanzieren lässt. Im Gegensatz zu früher ist Nachhaltigkeit keine politische Botschaft für Randgruppen, sondern der Lifestyle von mittlerweile  geschätzt 26 Millionen Menschen in Deutschland. Menschen mit einem überdurchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen (Index 125 vs. Gesamt), guter Schulbildung (Index 130 vs. Gesamt) und einer hohen Aufgeschlossenheit für Werbung (Index 127 vs. Gesamt).
Früher Nische, heute Erfolgsfaktor: In der Konsequenz ist Nachhaltigkeit zu einer Geschäftschance im positivsten Sinne geworden. Werber müssen jetzt nicht plötzlich zu Politikern oder Ökos mutieren – können aber diese einmalige Gelegenheit nutzen und ihren Beitrag dazu leisten, um auf amüsante, innovative und kreative Art Konsumenten das Thema Nachhaltigkeit näher zu bringen. Denn es gibt kaum noch einen Markt, der von ihr unberührt ist: Der Energiemarkt steht nicht erst seit der Energiewende Kopf, der LEH verändert sich durch Bio auf breiter Front, die Automobilindustrie mit dem Thema alternativer Antriebe und CO2 Emissionen, aber auch Babynahrung, Tiefkühlprodukte, Drogeriemärkte, Kosmetik und OTC werden grundlegend gewandelt. Wer das Thema „Nachhaltigkeit“ aus den Augen verliert, riskiert die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens.
Es geht also nicht um Gutmenschentum, sondern um Marktchancen. Genauer: Es geht um gut gemachte Markenprofilierung. Und die fängt damit an, Nachhaltigkeit authentisch zu leben. Denn alles andere ist in Zeiten von Shitstorms unverantwortlich.  Bio ist bei Hipp kein Slogan, sondern gelebte Überzeugung. Und bei dm keine Werbekampagne, sondern Unternehmensphilosophie. Und im zweiten Schritt geht es darum, diese emotional zu kommunizieren. BMW hat eben unter „efficient dynamics“ seine Produkte nicht zu rollenden Verzichtserklärungen gemacht, sondern den Markenkern „Fahrfreude“ mit weniger Verbrauch emotional kommuniziert. Und ist damit 2011 zur weltweit stärksten deutschen Unternehmensmarke avanciert.
Deshalb gilt: Lasst Taten Worte folgen und nicht umgekehrt!

(Erschienen als Editorial in der September-Ausgabe von „Die Zeitungen“)

Der Gesundheitsmarkt verändert sich: Getrieben von gesellschaftlichen und politischen Veränderungen wird er neue Dimensionen erreichen. Wie müssen Marken- und Marketingmanager der Branche reagieren? Denn die Markenführung im Gesundheitsmarkt ist – im Vergleich zu anderen Märkten – eine besondere und zugleich eine höhere Schwierigkeitsklasse. Vor allem gehört sie derzeit zu den spannendsten Herausforderungen, denn er verändert sich rasant: In Zukunft werden dort Medizin, Freizeit, Fashion, Nahrung und Kosmetik zu einem neuartigen, großen Angebot verschmelzen, denn die Verbraucher sehen in der Gesundheit ein Konsumgut sowie eine Ressource für mehr Lebensqualität. Um auf diesem Markt erfolgreich zu sein, müssen Markenunternehmen sowohl die Marketing‐ und Kommunikationsstrategien der Pharma‐ und OTC‐Branche als auch jene der Konsumgüterbranche anwenden und geschickt kombinieren.
Die Teilnehmer des neuen Gesundheitsmarkts werden großem Konkurrenzdruck ausgesetzt sein. Nur noch starke Marken, sogenannte „Best Brands“, haben eine Chance. „Nur die Umsätze der ‚Top 3‘-Marken werden schneller wachsen als der Rest und damit profitabel sein“, ergab eine Studie der Managementberatung Sempora.

Zu den Top 3 zu gehören ist deshalb die künftige Herausforderung für Gesundheitsmarken. Damit das klappt, sollten diese Keydriver beachtet werden: Weiterlesen

Die „big ones“ werden die „big ones“ bleiben: Coke, Apple oder Google sind international und müssen das auch bleiben. Sie sind nicht einmal mehr nur die Marken der Metropolen, sie sind überall zu Hause und ohne geographische Heimat. Vor allem in den stetig wachsenden asiatischen Märkten haben sie sich im Bewusstsein der Menschen sehr weit von ihren ursprünglich amerikanischen Wurzeln entfernt. Ihre Heimat steckt in ihren Usern, ihren Fans, ihren Friends und natürlich im durch sie kreierten Lifestyle.

Aber in vielen anderen Marktsegmenten, beileibe nicht nur im Foodbereich, werden Herkunftsregion und Heimat zunehmend wichtiger. Gerade die sich immer mehr nivellierende Kultur der Megalopolis verlangt als Gegenpol nach Produkterlebnissen mit regionaler Authentizität. So wird Heimat für viele Marken immer mehr zum kapitalisierbaren Faktor. Darüber hinaus fordert der Megatrend Nachhaltigkeit zunehmend die Transparenz von Herstellung und Qualität, was sich von „anfassbaren“ regionalen Marken oft leichter bewerkstelligen lässt. Dass Marken aufgrund einer sehr eng begrenzten Herkunftsregion für sich Exklusivität erzeugen, ist nicht neu: Havanna-Zigarren, Single Malt-Whiskeys, Bordeaux-Weine, Schinkenhersteller und Käsereien oder hunderten von Brauereien und Mineralwasserbrunnen gelingt dies seit vielen Jahrzehnten. Hier geht die Betonung der Herkunft oft einher mit einer künstlichen Verknappung des Angebots.

Mittlerweile gehen aber auch immer mehr Konsummarken erfolgreich diesen Weg: Über 1.000 Bauern des Hohenloher Landes vermarkten die bei ihnen heimische Schweinerasse unter einem gemeinsamen Label (und beliefern z. B. exklusiv die Marke „Du darfst“). Das Allgäu entwickelte eine Einheitsmarke, die Allgäu GmbH, unter der Produkte aus Landwirtschaft, Industrie, Kultur und Tourismus gebündelt werden sollen. Dasselbe Konzept liegt der Marke „Region Schwarzwald“ für den Bereich Tourismus zugrunde. In Sachsen reüssieren regionale Uralt-Marken wie Diamant-Fahrräder und ESDA-Strümpfe und schließen sich die Spielzeughersteller des Erzgebirges zu einem regionalen Qualitätssiegel zusammen. In Tschechien beginnen regionale Traditionsmarken für Seifen und Speisefette in die EU-Staaten der früheren KuK-Monarchie zu exportieren, wo ihre Produkte unverändert einen hervorragenden Ruf besitzen – fast 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.

Die Region als Garant für Verbrauchervertrauen und Qualität – immer mehr kleine Marken werden zu großen, weil sie ganz bewusst auf ihre Heimat setzen. Bei einem Einkaufsverhalten, das immer mehr von „grünen Faktoren“ bestimmt wird, steht dieser Trend sicher erst am Anfang. Erfolgsgeschichten sind zu erwarten und kommunikativ zu begleiten.

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