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Die Corona-Krise hat den Einzelhandel eiskalt erwischt – und ein Zurück zum Business as usual kann es nicht geben. Wie geht es für den Retail weiter? Das wollte Florian Haller von s.Oliver Group CEO Claus-Dietrich Lahrs wissen. Wie sich das Einkaufsverhalten der Menschen durch die Pandemie verändert hat, mit welcher Strategie s.Oliver die Kund:innen in die stationären Stores zurückholen möchte und warum Kaufhäuser keineswegs aus der Zeit gefallen sind.

FLORIAN HALLER: Die Corona-Krise hat s.Oliver schwer getroffen und für rückläufige Umsätze gesorgt. Wie haben Sie diese Krise erlebt?

CLAUS-DIETRICH LAHRS: Die gesamte Branche hat sie als unnötige Krise erlebt. Das haben wir auch immer versucht klarzumachen und gesagt, bitte in den Lockdowns nicht einen Bereich schließen, der wichtig ist, damit sich die Menschen auch weiterhin unterhalten, verwöhnen und etwas Schönes ansehen können – und zwar bei einem extrem überschaubaren Ansteckungsrisiko. Für uns als Unternehmen war Corona ein Einschnitt, mit dem wir so nicht gerechnet haben. 70 % unseres Geschäfts, 30 % machen wir ja online, waren plötzlich nicht mehr da. Wir haben versucht, mit den Kund:innen in Kontakt zu bleiben und ihnen mit kreativen Ideen zu vermitteln: Wir sind für euch da und würden euch auch weiterhin gerne mit schönen Kollektionen beglücken. Zum Beispiel haben wir per WhatsApp und Video-Calls in verschiedenen Stores durch die neuen Kollektionen geführt. Aber damit lässt sich natürlich nur ein Bruchteil dessen, was man an Geschäftsausfall hat, auffangen.

Konnten Sie diese Phase in irgendeiner Weise für sich nutzen?

CDL: Wir haben gesagt, wir wollen trotz Krise die großen Projekte weiterentwickeln, was die Themen Geschwindigkeit, Innovation, Shop-Konzepte und Shop-Experience sowohl im eCommerce als auch im physischen Retail angeht. Und wir wollen vor allem in der Entwicklung unserer Kollektionen näher an den Markt ran und das, was wir an Trends beobachten, noch kurzfristig in sie hinein übersetzen. Diesen Prozess wollen wir mit digitaler Entwicklungstechnik begleiten, um alles, was bislang nur auf physischem Wege möglich und zum Teil sehr zeitaufwendig war, zu verkürzen. Ich glaube, wir haben diese Zeit gut genutzt. Ein Handicap war natürlich, dass wir nicht wussten, wann geht’s wieder los. Deswegen waren wir vorsichtig, was die Einschätzung des zweiten Halbjahres 2021 anbelangt. Insgesamt haben wir das Unternehmen durch einen enormen Innovationsschock getrieben, um klarzumachen: Wenn die Einschränkungen verbindlich enden, dann haben wir eine agilere, schnellere und auch für Veränderungen offenere Organisation, als wir sie vor der Corona-Krise hatten.

Hat die Corona-Krise Ihren Blick auf den Kunden verändert? Steht der Kunde bei Ihnen heute mehr im Mittelpunkt?

CDL: Wir haben in der Krise deutlich stärker als vorher darüber nachgedacht, was wir Kund:innen an Botschaften anbieten können, ohne dass sie bei uns im Store stehen. Zum einen haben wir uns intensiv damit beschäftigt, wie wir den E-Shop als Kommunikationsfenster nutzen können. Und zum anderen, wie wir Content, den wir bisher nur physisch in den Geschäften präsentiert haben – das war und bleibt unser wichtigster Kanal –, digital so aufgeheizt kriegen, dass unsere Kund:innen über diesen Weg auch in die Stores zurückkommen.

In Geschäften hat man als Kunde ehrlich gesagt oftmals nicht das Gefühl, im Mittelpunkt zu stehen. Das Thema Customer Centricity scheint beim stationären Handel noch nicht richtig angekommen zu sein. Wie sehen Sie das?

CDL: Wir haben festgestellt, die Kund:innen kommen heute nicht mehr einfach mal vorbei. Sie sind deutlich besser informiert und kommen mit konkreteren Wünschen. Und da müssen wir besser aufgestellt sein.

Was bedeutet das im Einzelnen?

CDL: Wir müssen die Kund:innen anders begrüßen und sie in der Zeit, in der wir sie dahaben, besser bedienen. Das heißt, nicht nur einfach bedienen im Sinne von: Das ist das Produkt, da ist die Kabine und jetzt schauen Sie mal. Sondern das heißt, den Dialog in Gang zu halten und die Kund:innen zu unterhalten. Das ist in unserem Geschäft in der Vergangenheit nicht notwendig gewesen. Wir hatten die Einstellung: Da ist ein gewisser Frequenz-Flow, den müssen wir gut abschöpfen und warenmäßig darauf vorbereitet sein. Heute geht es eben auch darum, dass wir denen, die kommen, das Gefühl geben: Der Weg hat sich gelohnt. Und deswegen wird der Store, anders als der Webshop, zur Erlebnisbühne werden müssen. Es geht nicht mehr nur darum, Ware in den richtigen Farben und Größen zu präsentieren, sondern es muss was passieren, vom Eintritt der Kund:innen bis zum Verlassen unseres Geschäfts.

Der Store verliert also ein Stück weit seine Logistik-Funktion und gewinnt mehr Marken-Funktion.

CDL: Ja, eindeutig.

In welcher Form wird das für mich als Kunde in den s.Oliver Stores erlebbar?

CDL: Im Dezember machen wir, um ein Beispiel zu nennen, in München ein sehr schönes Geschäft mit einer großen Mezzaninefläche auf. Wir haben uns entschieden, diese Fläche mit Kunst zu gestalten, die repräsentiert, wer wir sind und wo wir herkommen. Bei uns ist das Handwerkliche, das Verständnis im Umgang mit der Textilie, mit den Stoffen, nach wie vor ein ganz wichtiger Punkt. Das wollen wir in künstlerischer Form inszenieren, lassen dem von uns beauftragten Berliner Künstler Peter Lindenberg dabei aber viel Freiheit. Für uns waren Stores in der Vergangenheit reine Transaktionsbühnen, das dürfen sie in Zukunft nicht mehr sein. Das Thema Kunst wird deshalb für uns wichtiger werden. Etwa Innovativ: Multimediale Tische vermitteln die Markenwelt von S.Oliver. Viel Platz und helle, zurückhaltende Farben: die perfekte Bühne für die Kollektionen. Standard Kaufhäuser mit einem Standardangebot werden in Zukunft sicherlich zu kämpfen haben. indem wir mit diesem Künstler in regelmäßigen Abständen Ausstellungen organisieren, um den Münchner Store aus der reinen Transaktion rauszunehmen.

Der Share vom physischen Abverkauf zum Online-Handel hat sich bekanntermaßen stark in Richtung Online verschoben. Wie werden sich die beiden Vertriebswege bei s.Oliver in Zukunft entwickeln?

CDL: Wir beobachten, dass viele, die bisher nicht online unterwegs waren, während Corona plötzlich entdeckt haben: Oh, das funktioniert. Und inzwischen Dinge sehr konsequent online tun. Wir sehen aber auch, dass eines im Online-Handel zu kurz gekommen ist, nämlich die physische Begegnung, das Berühren von Produkten. Nur so lässt sich ein Gefühl entwickeln, was ist das für ein Stoff, wie trägt er sich, wie fühlt er sich an? Der Webshop hat für uns inzwischen eine sehr wichtige Funktion, dort präsentieren wir das größte Angebot und auch immer mehr Informationen bis hin zur Passform-Thematik. Das sorgt dafür, dass die Kund:innen, wie schon gesagt, deutlich informierter in die Stores kommen. Aber die Menschen sagen eben auch: Wenn ich schon den ganzen Tag im Home Office bin und jetzt auch noch alles online bestelle, dann wird das irgendwann eine sehr arme Veranstaltung. Wir sehen, dass der Weg zurück in die Geschäfte, gerade am Samstag, unglaublich wichtig geworden ist. In der Vergangenheit hatten wir auch während der Woche relativ gut verteilte Frequenzen. Weil die Menschen in der Woche in der Innenstadt gearbeitet haben und dann in der Mittagspause oder nach Feierabend noch kurz in die Stores gegangen sind. Das fällt durch das Homeoffice weg. Das heißt, wir müssen an den Samstagen – hoffentlich kommt auch mal der Sonntag dazu – deutlich besser vorbereitet sein.

Ein Begriff, der immer häufiger fällt, ist OMO – online merges with offline. Wird s.Oliver künftig digitale Technologien in seine Verkaufsstrategie integrieren?

CDL: Das hat schon stattgefunden, mit unserer App. Wenn wir unsere Kund:innen erst mal auf der App begrüßen können, dann ist das der größte Umsatztreiber. Aber auch die App darf nicht nur Transaktion sein. Wir denken zum Beispiel darüber nach, kleinere virtuelle Fashion-Shows über die App zu spielen, um immer zu Beginn des neuen Monats, wenn auch eine neue Kollektion bei uns hängt, zu signalisieren: Es lohnt sich, wieder zu uns zu kommen und zu schauen. Heute versuchen alle, besser zu verstehen: Auf welchen Plattformen sind meine Kund:innen eigentlich unterwegs, wo kann ich sie erreichen, wo kann ich sie glaubwürdig für mich begeistern? Da stehen wir noch am Anfang, wo und wie wir uns authentisch einbringen können. Aber ich glaube, dass sich die klassische Trennung von physisch und digital sowohl kanal- als auch erlebnisbezogen sehr schnell auflösen wird.

Kaufhäuser gelten als aus der Zeit gefallen und haben in Deutschland aktuell einen schweren Stand. Wie sehen Sie die Zukunft der Kaufhäuser?

CDL: Es gibt gute und die werden auch in Zukunft eine Riesenbedeutung haben. Wenn wir uns anschauen, was im KaDeWe oder bei Breuninger passiert, da gibt es eine berechtigte Erwartung, dass diese Häuser in Zukunft weiter bestehen. Aber sie müssen etwas bieten in puncto Marken-Mix, Restauration, besondere Momente des Jahres, die durch das Kaufhaus gelebt werden. Und natürlich ist das Thema Tourismus ein ganz wichtiger Punkt. Tendenziell werden Kaufhäuser in Städten eine starke Position haben, in denen auch Tourismus eine starke Position hat. Es wird wahrscheinlich nicht mehr in allen Städten Deutschlands Kaufhäuser geben – und das Standard-Kaufhaus mit einem Standardangebot als Anker innerhalb einer mittelgroßen Stadt wird sicherlich zu kämpfen haben.

Seit 1998 verfolgt s.Oliver eine internationale Expansionsstrategie. Welche Märkte sind für Sie wichtig und welches Potenzial sehen Sie hier für die Zukunft?

CDL: Ich glaube, wir tun uns einen Gefallen, wenn wir uns mit unseren Marken auf die Märkte konzentrieren, in denen wir schon einen gewissen Bekanntheitsgrad haben. Das ist die Grundvoraussetzung für weiteren geschäftlichen Erfolg. Wir werden sicherlich keine globale Marke sein und wir werden uns auch nicht Amerika und China vornehmen. Aber wir sind heute in den Benelux-Ländern, Kroatien, Österreich, Russland, der Schweiz, der Slowakei, Slowenien und Tschechien präsent. Wir werden uns hauptsächlich darauf fokussieren, diese Märkte auszubauen und dort mit einem eigenen Webshop und einem überzeugenderen Angebot über unsere eigenen Stores aufzutreten.

Vielen Dank für das Gespräch. 

Dieser Artikel erschien zuerst in TWELVE, dem Magazin der Serviceplan Group für Marken, Medien und Kommunikation. Weitere spannende Artikel, Essays und Interviews von und mit prominenten Gastautor:innen und renommierten Expert:innen lesen Sie in der achten Ausgabe unter dem Leitthema „A Human-driven Future: Wie der Mensch das digitale Morgen prägt“. Zum E-Paper geht es hier.

Die konsistente Kommunikation des Markenkerns über alle Touchpoints hinweg ist künftig wichtiger denn je. Die digitalen Möglichkeiten sind dabei mannigfaltig. Unternehmen sollten experimentieren und neue Wege testen.

Sprunghafte Konsumenten, unzählige neue Kommunikationskanäle und eine zunehmend komplexe Technologielandschaft – das Marketingumfeld ist im Jahr 2022 volatil. Denn Covid-19 beschleunigte Trends um mehrere Jahre und veränderte das Konsumentenverhalten nachhaltig. Diese fünf aktuellen Strömungen können Entscheider für ihre Marke nutzen:

Markenerlebnis in Zeiten der Dezentralisierung

Sei es durch Facebooks Verstrickung in den Cambridge-Analytica-Skandal 2016 oder durch die Netzausfälle (Outage) im Jahr 2021: Das Vertrauen in Social-Media-Plattformen leidet, und der Ruf nach dezentral gesteuerten sozialen Medien wird immer lauter. Dank Blockchain könnte das bald Realität werden; die Technologie dafür steht in den Startlöchern. Allerdings sind die Eintrittsbarrieren für eine einfache Nutzung noch zu hoch, weshalb es etwas dauern wird, bis solche Medienkanäle die kritische Nutzermasse erreichen werden. Markenverantwortliche können sich aber heute schon vorbereiten, indem sie kontinuierlich die für ihre Marke relevanten Kommunikationskanäle identifizieren und verfolgen. So stellen sie sicher, zur richtigen Zeit auf den relevanten Plattformen vertreten zu sein und dort eine konsistente Markenkommunikationsstrategie umsetzen zu können.

Customer Journey um Online-Welten erweitern

Erlebnis schlägt Konsum: Schon vor über fünf Jahren fanden die Harris Group und McKinsey über Studien heraus, dass Konsumenten – besonders Millenials – lieber etwas Tolles erleben wollen als materielle Güter zu kaufen. Gerade virtuelle Welten – oder sogenannte Metaverses – ermöglichen es Marken, Kundenerlebnisse auf das nächste Level zu heben. Einige Unternehmen üben sich schon im Experimentieren: So präsentierte die Luxusmodemarke Balenciaga ihre letzte Herbstkollektion in Form eines Online-Videospiels mit dem Titel Afterworld. Gucci verkauft digitale Handtaschen auf Roblox, und Nike stellt einen Director of Metaverse Engineering ein, um mit seiner Expertise und der Hilfe von AR und VR die virtuelle Welt Nikeland noch enger mit der reellen Produktwelt zu verzahnen. In Kürze werden weitere Unternehmen in den virtuellen Raum investieren und so ihre Customer Journey um neue digitale Welten erweitern. Die Vorteile liegen auf der Hand: Brands können nahtlos mit ihre Konsumenten interagieren, maßgeschneiderte Inhalte liefern und dabei das jeweilige Kundensement noch besser verstehen. Die positiven Interaktionen mit den Marken werden deren Bekanntheit und Wert deutlich steigern und dadurch das Geschäft ankurbeln.

Von Kunden für Kunden für mehr Authentizität

Die C2C-Wirtschaft (Customer-to-Customer), in denen Menschen miteinander in den direkten Austausch treten oder Waren und Dienstleistungen tauschen, brachte große Plattformunternehmen wie Uber, Facebook und Etsy hervor. Marken zeigt dieser Trend, dass die direkte Kommunikation von Kunde zu Kunde immer wichtiger wird – nicht nur für direkte Transaktionen, sondern auch für den Erfahrungsaustausch zu dedizierten Markenerlebnissen. Entsprechend sollten Brands ihren Kunden ermöglichen, Erfahrungen mit ihren Peers zu teilen und ihren authentischen Meinungen Raum zu geben, um so ein glaubwürdiges Markenerlebnis zu schaffen. Das funktioniert gut über initiierte Communities wie Adidas Runners oder über Collectible Communities via NFTs (Non Fungible Tokens). Ein Trendsetter hierfür ist VeeFriends – ein Community rund um die NFT-Kollektion von Gary Vaynerchuk.

Persönlicher Service im Customer Lifecycle

Wer ein leistungsfähiges Service-Engagement aufbaut, erhöht die Kundenbindung und -loyalität und steigert damit den Umfang der einzelnen Verkäufe und sogar das Cross-Selling. Um dies zu erreichen, gilt es, das Kundenerlebnis über alle physischen und digitalen Kanäle hinweg entlang des gesamten Customer Lifecycles zu personalisieren. Marken, die dies erfolgreich umsetzen, können dadurch laut dem Artikel The end of shopping’s boundaries: Omnichannel personalization von McKinsey eine Umsatzsteigerung von bis zu 15 Prozent erreichen. Ein zentraler Baustein ist persönlicher und effektive Kundenservice. Um an jedem Touchpoint eine Eins-zu-eins-Kundenberatung gewährleisten zu können, muss es Servicemitarbeitern gelingen, Kunden in ihrem aktuellen Kontext wahrzunehmen und sie wirklich zu verstehen. Technologisch gewährleisten lässt sich ein solch persönlicher Service mit Content-Management-Systemen oder Customer-Data-Plattformen.

Premium-Dienstleistungen auch im Laden

Damit die Menschen Lust auf einen Stadtbummel bekommen und nicht alles online kaufen, ist auch im Ladengeschäft der Service entsprechend zu gestalten. Eine wirtschaftliche Lösung könnten Roboter sein, die Verkäufer von ihren Routinenaufgabenentlasten, so dass diese mehr Zeit für die Premium-Behandlung ihrer Kunden haben. Darüber hinaus erfassen Einzelhandelsroboter detaillierte Daten über die Produkte in den Regalen und über das Kaufverhalten der Konsumenten, was die Bestandsverwaltung effizient und genau macht. Ergo können Händler schneller auf Mikrotrends reagieren und viel besser individuelle Kundenwünsche erfüllen.

Mut als Wegweiser

Von Dezentralisierung über neue virtuelle Welten bis hin zu Robotern: Markenverantwortliche haben es nicht leicht, in einem solch volatilen und komplexen Umfeld ihre Marke standhaft im Leben ihrer Kunden zu positionieren. Künftig kommt es darauf an, konsistent die Kommunikation des Markenkerns über alle Touchpoints hinweg auszurichten, authentisch
in den Marken-Messages zu sein sowie fokussiert und zukunftsorientiert zu agieren. Dazu gehört auch der Mut, neue Wege zu gehen und zu experimentieren. Denn eins ist klar: Im Zeitalter noch nie dagewesener technologischer Möglichkeiten wird es viele neue Wege geben.

Zuerst erschienen bei Markenartikel Magazin.

Unsere Welt hat die Art und Weise verändert, wie Kund:innen eine Marke wahrnehmen und mit ihr interagieren – ob zu Hause oder unterwegs, auf digitalen Kanälen, in Geschäftsfilialen oder durch eine Service-Hotline. Marken müssen heutzutage eine nahtlose, kontextualisierte und datengetriebene Customer Experience schaffen, um der Erwartungshaltung ihrer Kund:innen gerecht zu werden. Das ist nichts Neues. Es ist allerdings auch kein Geheimnis, dass es die wenigsten Unternehmen bisher geschafft haben, den steigenden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden und ein wirklich differenzierendes Markenerlebnis zu schaffen.

Genau da setzen wir mit unserem ganzheitlichen Customer Experience Management an: Unser Ziel ist es, Kund:innen über alle Interaktionen, Touchpoints und organisatorischen Einheiten – wie Marketing, Vertrieb oder Customer Service – hinweg zu verstehen. Es gilt, diese zu orchestrieren und systematisch zu verbessern. Das ist der Schlüssel, um ein personalisiertes, einzigartiges, zu jeder Zeit und an jedem Ort passendes und sich ständig weiterentwickelndes Markenerlebnis zu bieten und für eine langfristige Kundenbindung zu sorgen.

Idealerweise wird der Prozess zentral gesteuert, in dem die Kundenerlebnisse und -daten gesammelt und bewertet werden. Diese nutzen wir für eine kontinuierliche Verbesserung der Experience, die auch Vertrieb, Customer Service und E-Commerce umfasst. Daraus ergibt sich ein Zyklus – englisch Loop –, den Entscheider nach und nach optimieren, indem sie die Erkenntnisse aus Kundeninteraktionen in die Kommunikation und Produktweiterentwicklung einfließen lassen. Schließlich geht es darum, eine persönliche Beziehung zur Konsumentin/zum Konsumenten aufzubauen: Einen ständigen Dialog zu schaffen, der die richtige Zeit, den richtigen Ort, die richtigen Informationen und die persönlichen Interessen der Kund:innen berücksichtigt.

Neben vielen speziellen Gewerken – wie Data, Media, Tech, User Experience Design oder Kreation – bedarf es vor allem einer übergeordnete Experience Strategie sowie übergreifender Organisationsprozesse und -strukturen innerhalb eines Unternehmens, die auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind. Dafür müssen Unternehmen ihre Einzelexpertisen vernetzen, Synergien zwischen Kreation, Media, Data und Tech schaffen, sprich ihre Customer Experience ganzheitlich denken und orchestrieren.

ÜBERGREIFENDE ORGANISATIONSPROZESSE EINFÜHREN

Eine Experience-Strategie muss von allen Abteilungen getragen werden – es braucht sowohl die richtigen Ressourcen, Skills und Tools, aber auch die Befähigung der einzelnen Mitarbeitenden bzw. Abteilungen, eigenständig und schnell Entscheidungen treffen zu können. Das ist allerdings mit der traditionellen Organisationsstruktur eines Unternehmens oft schwierig. Besser ist es, Customer Journey Teams zu etablieren, die über die Abteilungen hinweg zusammenarbeiten, wie es heute schon einige unserer Kunden tun.

Ein ganzheitliches Customer Journey Mapping spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. So bringen wir verschiedenen Einblicke in puncto Kundenerwartungen, Daten und Prozesse an einer zentralen Stelle zusammen. Darauf basierend können wir ableiten, welche rationalen oder emotionalen Bedürfnisse Kund:innen haben, wo Verbesserungsbedarf besteht, welche Tools und Systeme benötigt werden, und welche Zahlen gemessen werden müssen.

Und es gilt sicherzustellen, dass die aus einer Customer Journey gewonnenen Erkenntnisse auch umgesetzt werden und eine tatsächliche Verbesserung herbeiführen. Es braucht also ein ROX Model (Return on Experience) entlang der Journey für die Planung und das Monitoring der gesamten Experience.

EIN FUNTKIONIERENDES MARKENSYSTEM ETABLIEREN

Als Basis für das ganzheitliche Erlebnis entlang der Customer Journey dient der Markenkern an sich. Entscheider:innen sollten sich selbstkritisch fragen, ob das fundamentale Erscheinungsbild ihrer Marke so konzipiert ist, dass die Marke der ständigen Weiterentwicklung und Ausführung digitaler Produkte und Services standhält und somit auch in Zukunft erfolgreich sein kann. Weiterhin sollten sie darüber nachdenken, ob die notwenigen Bestandteile der Brand Identity so konstruiert sind, dass sie ein ganzheitliches und stimmiges Bild über alle Kanäle hinweg schnell und konsistent liefern können. Und ob die Wahrnehmung der Marke auch in Zukunft noch Sinn ergibt, wenn Teile der Brand Experience automatisiert werden.

Heutzutage bestehen noch immer viele Brand Guidelines zu 90 Prozent aus Print- und Offline-Anleitungen, womit sie die digitale Komponente der Marke sträflich vernachlässigen. Dabei wird sich das Interface Design weiter in Richtung ‚Zero UI‘ entwickeln: Die Menschen werden immer häufiger mit Computern sprechen und eine intelligente Antwort erwarten. Daten dienen als Grundlage für fast alle Services und Produkte – heute und in Zukunft. Ein kohärentes, modulares und zentral orchestriertes Design- und Asset-Managementsystem in Unternehmen ist deshalb unabdinglich. Ohne dessen Existenz ist es so gut wie unmöglich, eine stimmige und personalisierte Customer Experience zu schaffen. Zusätzlich ist die Weiterentwicklung des Design Systems nicht als zeitlich begrenztes Projekt zu behandeln, sondern vielmehr als ein zentral und übergreifend gesteuertes Programm.

BESINNUNG AUF KREATIVE EXZELLENZ

Neben der Digitalisierung und Automatisierung, dem ständigen Tracking der Performance und den neuesten Tech Stack braucht Experience Leidenschaft, Seele, Kreativität und Innovation. Das beste digitale Ökosystem nützt nichts, wenn es nicht durch guten Content, eine differenzierte User Experience und emotionales Storytelling zum Leben erweckt wird.

Vor allem im Bereich der User Experience gibt es in dieser Hinsicht Nachholbedarf: Digitale Produkte und Services wirken oft austauschbar. Sie werden heute meist nach Best Practices konzipiert, um die Experience so einfach wie möglich für Nutzer:innen zu gestalten. Das ist im Grunde genommen nicht falsch – man will so sicherstellen, dass die Anwendung leicht benutzbar ist. Aber folglich funktionieren alle Apps nach dem gleichen Prinzip, quasi jeder E-Commerce-Checkout-Prozess ist austauschbar und die meisten Websites haben eine ähnliche Struktur und ein gelerntes Navigationskonzept.

Es ist an der Zeit zu hinterfragen, ob die User Experience sich zu sehr in Richtung ‚Utility‘ und ‚Usability‘ entwickelt hat. Und ob die Last der Differenzierung zu sehr auf die Brand- und Marketing Aktivitäten geschoben wurde. User Experience Design muss sich wieder auf die eigenen kreativen Stärken besinnen und darf heute nicht mehr isoliert agieren. Auch eine gute UX kann differenzieren – vor allem im Zusammenspiel mit Marketing und Brand, attraktivem Storytelling und emotionalem Content. So schaffen wir für die Konsument:innen besondere, erinnerungswürdige Momente und ein stimmiges, differenzierendes Markenerlebnis.

DIGITALE PRODUKTE IM EINKLANG MIT MARKETING UND BRAND

Für ein perfektes Markenerlebnis müssen digitale Produkte und Services heute mit Marketing und Brand verschmolzen sein. Konsument:innen sollten sich an jedem Kontaktpunkt positiv abgeholt fühlen, indem sie zur richtigen Zeit im richtigen Kontext angesprochen werden und sich stets im Ökosystem der Markenwelt wiederfinden.

Deshalb ist eine enge Verzahnung von Produkt- und Marketingaktivitäten erstrebenswert: Die in der Produktwelt gewonnen Insights bezüglich des Konsumentenverhaltens sind für die Kreation von Brand- und Marketing Aktivitäten extrem relevant. Und Daten aus dem Marketing fließen wiederum in die Produktweiterentwicklung ein. Schließlich will man in allen Feldern die richtigen Entscheidungen treffen.

Es braucht also die Zusammenführung von Marketing- und Produkt-Loop, eine Abstimmung von Content und Experience und eine Orchestrierung der gesamten Kreativ-Gewerke, um eine einzigartige Brand Experience für Kund:innen zu schaffen. Denn eine tolle User Experience beflügelt die Marke, und eine starke Marke hat die Kraft, ein digitales Produkt positiv zu beeinflussen.

HOHE LOYALITÄT UND STEIGENDER CUSTOMER LIFETIME VALUE

Jeder weiß, dass es um ein Vielfaches teurer ist, Kund:innen neu zu akquirieren als sie im Brand-Ecosystem zu halten. Auch hier hilft eine positive Experience: Kund:innen, die von der gesamten Produkterfahrung begeistert sind, haben schließlich weniger Grund, sich abzuwenden. Ihre Loyalität und damit der Customer Lifetime Value (CLV), einer der kritischen KPIs rund um die Customer Experience, steigen also, je besser sich die Experience für sie anfühlt. Und so wird es auch für die Konkurrenz schwierig und teuer, verlorene Kund:innen wieder zurückzugewinnen.

Wir bei Plan.Net sind überzeugt davon, dass es für eine erfolgreiche Customer Experience in Zukunft einer übergeordneten Strategie und Organisationsprozesse, eines für die Zukunft gerüsteten Markensystems und vor allem auch kreativer Exzellenz bedarf. Als aktuell kreativster Digitaldienstleister in Deutschland mit hoher Expertise in data-driven Tech geht es uns darum, das Markenversprechen unserer Kund:innen nicht nur zu erzeugen, sondern es vor allem auch wirklich einzulösen – konsistent, integriert und kreativ ansprechend über alle Plattformen und Touchpoints hinweg.

Dieser Artikel erschien zuerst im Rahmen der Lünendonk-Studie zum Markt für Digital Experience Services in Deutschland.