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Donald Trump ist ein Totalversager. Vor allem im Marketing. Und er ist ein Lehrbeispiel, was man dabei alles falsch machen kann. Dabei hätte er es besser wissen müssen.

Donald Trump – och nö, nicht der schon wieder. Diesseits des Atlantiks möchten wir eigentlich gar nichts mehr hören oder sehen oder lesen von dem Präsidenten-Darsteller da drüben. Bis zu der Nachricht, dass er endlich weg ist. Daran allerdings arbeitet er emsig mit. Und diese Tatsache macht ihn – trotz aller Ermüdungserscheinungen – wiederum interessant. Speziell für alle, die sich mit Marketing beschäftigen. Denn mit Trump wählten die Amerikaner schließlich zum ersten Mal nicht einen Politiker an die Spitze des Staates, sondern einen, der stets bestritt, einer zu sein. Vielmehr war Trump bis dahin eine Marke, so etwas wie Coca-Cola, Oreo oder Ariel. Etwas, das man so oft im Fernsehen gesehen hat, dass man es halt irgendwann mal ausprobiert. Seither allerdings läuft es gründlich schief mit der Marke Donald Trump.

Das hat zum einen natürlich etliche politische Gründe, aber die sind eben nur ein Teil der Geschichte. Trump überschreitet regelmäßig rote Linien – die von Charlottesville war offenbar eine zu viel. Er hat damit klar gemacht, dass er nicht nur der Ausländerfeindlichkeit, des Rassismus und Antisemitismus verdächtig ist und mit Rechtsradikalen und Neonazis sympathisiert. Wäre der Geschäftsmann Trump nicht gar zu selbstverliebt und würde sich nur mehr mit Speichelleckern umgeben, er würde sich angesichts der dadurch entstandenen Situation wahrscheinlich seinen Marketingchef zur Brust nehmen. Denn es ist ein bisschen so, als würde McDonald’s nur mehr den BigMac verkaufen wollen und sonst nichts. Trump bedient hartnäckig die alteingesessene Stammkundschaft, allen Umfragen nach inzwischen eine deutliche Minderheit. Er versucht nicht mal, neue Klientel anzusprechen. Trump betreibt Schildkröten-Geschäfte. Oder ist er vielleicht an einer Wiederwahl gar nicht interessiert?

Dabei kann eine Persönlichkeitsmarke wie er etwas durchaus Positives sein, und Werber wären froh, es gäbe mehr davon. Denken wir – in sehr viel harmloserem Zusammenhang freilich – nur an den Kaffeeröster Albert Darboven, der im Fernsehen seine Bohnen anpries. Oder an Claus Hipp, den freundlichen Babybrei-Patriarchen. Das sind Menschen, die Vertrauen schaffen können. Gesichter, die für ein Produkt stehen und gleichzeitig für das Unternehmen, das es herstellt. Sie vermitteln Wahrhaftigkeit. Die Marke Trump, die für den Präsidenten aller Amerikaner stehen sollte, ist dagegen endgültig zu einem Fake verkommen.

Dabei hat er es ja akribisch aufgebaut, dieses Image des knallharten Immobilienmoguls, der mit unkonventionellen Mitteln und jeder Menge Ellenbogeneinsatz zum Milliardär geworden ist (was wir, nebenbei bemerkt, nicht wissen, da er seine Steuererklärung ja hartnäckig unter Verschluss hält). Die alte Jeder-kann-es-schaffen-Geschichte. Im Marketing gibt es den klassischen Dreiklang für Markenvertrauen: Bekanntheit schaffen, Sympathie erzeugen, Kaufbereitschaft wecken. Trumps Wahl bedeutete: Operation gelungen. Die Wähler haben ihn gekauft. Wenn man es mit der Business-Brille sieht: Er hat seine Marke in einem vollkommen neuen Markt erfolgreich etabliert. Der Superman aus der Geschäftswelt zeigt jetzt auch in der Politik, wie der Hase läuft. Und dann hat er, ganz Egomane, dem Hasen unnötig das Fell über die Ohren gezogen.

Trumps Erfolg als Wahlkämpfer hängt auch damit zusammen, dass heutzutage eine Ökonomie der Aufmerksamkeit herrscht. Twitter, das bevorzugte Kommunikationsmittel des US-Präsidenten, hat im ersten Quartal dieses Jahres unerwartet viele neue Nutzer gewonnen, neun Millionen. 8,9 Millionen davon werden Trump zugeschrieben. Auch die seriösen Zeitungen New York Times und Wall Street Journal verzeichnen bemerkenswert wachsenden Zuspruch, seit er angetreten ist. Offensichtlich suchen Menschen nicht nur Neuigkeiten, sondern auch Wegweiser durch den Dschungel aus Nachrichten, den das Internet uns beschert. Das Web ist schließlich nicht nur bequeme alltägliche Informationsquelle, sondern durch seine Überfülle auch ein Hort an Desinformation. Zu viel, zu schnell, zu oft, zu unverlässlich prasseln Nachrichten und Anreize über uns herein, ob aus der Politik oder der Wirtschaft, und jeder will Begehrlichkeiten wecken. In diesem Dickicht suchen wir nach Orientierung. Anders ausgedrückt: nach Wahrhaftigkeit und Vertrauen. Dafür stehen Marken. Habe ich „meine“ Marke gefunden, ist meine Welt geordnet und ich kann den Rest getrost außen vor lassen.

Man könnte da jetzt hinein interpretieren, dass eine Marke etwas Gutes sei. Ist sie nicht. Gut ist sie nur für den Verkauf. In der Politik beispielsweise hat in den letzten Jahren die Marke des Populismus massiv an Wert gewonnen, analysierte „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo in seiner Keynote zu den diesjährigen Best Brands, jener Veranstaltung, bei der die besten Marken in Deutschland prämiert werden. Populismus bedeutet Orientierung der simplen Art mit klaren Leitplanken und vor allem mit Feindbildern. Womit wir wieder bei Donald Trump sind. Sein Populismus hat nicht nur der eigenen Marke geschadet, sondern dieser Bewegung insgesamt. In Holland und in Frankreich sind die Populisten weit weg geblieben von der Macht, auch in Deutschland wird das so sein. Im Fahrwasser von Trump kann man nicht gewinnen.

Dabei kann der Mann Marketing, das hat er im Wahlkampf bewiesen. Aber er kann nicht Politik. Deshalb tritt er immer noch so auf, als sei Wahlkampf. So gerne wir über Politiker schimpfen, The Donald macht deutlich, dass auch dieses Gewerbe eines für Profis ist. Interessant wäre es zu wissen, welchen Verlauf die Geschäfte seiner Firma angesichts des politischen Debakels nehmen. Wohltätigkeitsvereinigungen würden nach Charlottesville nicht mehr seinen Golfclub in Florida buchen, wo sie für viel Geld gerne Treffen veranstaltet hätten, heißt es in der amerikanischen Presse. Und eine Ferienvilla in der Karibik würde ihm trotz Preisnachlass niemand abkaufen, heißt es. Was womöglich am innenarchitektonischen „Diktatoren-Chic“ liege. Mehr erfährt man leider nicht.

Dass die Marke Trump aber mittlerweile eine finanzielle Belastung für das Unternehmen Trump geworden ist, kann man nicht ausschließen. Denn das Wichtigste, was es heute für eine Marke gibt (und das von den Verantwortlichen gerne mal unterschätzt oder übersehen wird), ist das Produkt. Wer ein Versprechen zu einem Produkt abgibt, muss es auch halten. Wäscht das Waschmittel nicht tatsächlich weißer, dann ist es mit dem Kundenvertrauen, dem essentiellen Kapital der Marke, ganz schnell Essig (nebenbei bemerkt: Ist Ihnen aufgefallen, dass es derlei Werbung kaum mehr gibt? Das hat seinen Grund!). Macht der Präsident statt Politik nur Sprüche und hält seine Versprechen nicht (wie man das von Politikern eigentlich kennt, von diesem Anti-Politiker aber nicht erwartet hatte), ist etwas mit dem Produkt faul. Nie war Qualität so wertvoll wie heute.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Horizont