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Die Einladung zur diesjährigen Cannes Jury kam für mich ziemlich überraschend. Als Strategin hatte ich Cannes eigentlich immer als Spielfeld für Kreative gesehen. Aber die Lions sind eben nicht mehr „Werbefestival“, sondern „Festival der Kreativität“ und Technologie hat einen immer stärkeren Einfluss auf Kreativität. Umso mehr habe ich mich über die Einladung in die Digital Craft Jury gefreut, um dort Serviceplan, sowie meine Disziplinen Web3 und Spatial Computing zu vertreten.

Drei Eindrücke sind für mich von meinen ersten Cannes Lions und meiner Jurytätigkeit besonders prägend gewesen. Und ein Aufruf an die deutsche Kreativbranche ist auch dabei.

Vielfalt ist ein Imperativ.

Es mangelt unserer Branche, speziell auch in Deutschland, nach wie vor an Diversität. Fakt. Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Themenbereiche, die man hier betrachten könnte (und sollte), in Cannes wiegt ein Aspekt aber besonders schwer: die Vielfalt von Sichtweisen bei der Bewertung von Kreation.

Meine Digital Craft Jury hätte kaum vielfältiger sein können. Ein gebürtiger Südafrikaner und eine Britin indischer Abstammung aus New York, ein Kenianer, ein Brite sri-lankischer Herkunft aus Dubai, eine Kanadierin, eine Malaysierin, ein Brasilianer, ein in Italien lebender Russe, eine in Amsterdam lebende Amerikanerin. Und ich.

Vielfalt in Geschlecht, Alter, Ethnizität, Kultur, Profession, LGBTQIA+ und Lebensstilen. Das zeigt sich auch in der Bewertung der Arbeiten in der Digital Craft Kategorie. Viele Cases hätten wir nicht richtig oder nicht so fundiert bewerten können, hätte nicht eine:r von uns spezielle Insights gehabt. Die Genialität eines chinesischen Cases wurde uns erst bewusst, als Min, unsere malaysische Kollegin, ihn in den kulturellen Kontext einordnen half. Ein brasilianischer Tech-Case bewies sich erst, als der brasilianische Kollege Sergio sein Handy zückte, um allen zu zeigen, dass und wie die Anwendung funktioniert. Die Exzellenz eines Spatial / „Metaverse“ Cases wurde dadurch deutlich, dass ich ihn auf Basis meiner Web3 und Spatial Erfahrung technisch einordnen konnte.

Ohne diese Vielfalt in Sichtweisen, kulturellen und professionellen Hintergründen, hätten wir die Arbeiten nie so fundiert einordnen, verstehen und bewerten können. Deswegen ist es auch so wichtig, Diversität und Vielfalt in allen Bereichen, so gut wie möglich, abzudecken. Man sieht, dass sich in den letzten Jahren einiges getan hat, Luft nach oben besteht aber trotz alledem immer noch. Oftmals vermisse ich – sei es bei Speaker Lineups oder Panels oder Jurymitgliedern, etc. – immer noch eine gewisse Vielfalt. Ein Award Gremium, dass wir uns alle als Beispiel nehmen sollten, im Sinne der Diversität, ist das Cannes Lion International Festival of Creativity. CEO Simon Cook arbeitet jedes Jahr an noch stärkerer Repräsentanz in den Jurys, in diesem Jahr vor allem des afrikanischen Kontinents.

Tech allein reicht nicht

Wir haben in der Digital Craft Kategorie mehr als 600 Cases bewertet. Darunter eine Flut von AI Cases, bei denen neue Tools wie ChatGPT, vor allem aber Midjourney und Dall-e oft verwendet wurden, um zu visualisieren, was man sonst nicht sehen kann: Geschichten von marginalisierten Gruppen wie Flüchtlingen, Obdachlosen, Kriegsveteranen. Alles richtig, wichtig und auch gut. Exzellenz in digital Craft bedeutete für uns aber mehr als die reine Anwendung dieser Technologien. Im nächsten Award Jahr werden Midjourney und Co schon Tools wie Photoshop sein, die wir alle verwenden.

Und so kommt es wieder zurück auf einen grundsätzlichen Aspekt: Purpose. Welche menschliche Verbindung entsteht durch die Technologie? Welches Potential zu wirklicher Veränderung bringt ihr Einsatz mit sich? Lässt sich der Impact skalieren?

Das waren auch die ausschlaggebenden Kriterien für unsere Verleihung des Grand Prix in Digital Craft, den wir final an „Never Done Evolving feat Serena“ von Nike und AKQA vergaben.

Eine schwarze Athletin, die ihre sportliche Karriere bereits beendet hat, wird das Zentrum eines bahnbrechenden Brand- und Tech-Cases. Eine beispiellose Laufbahn wird mittels Machine Learning analysiert, mit digitalen Avataren visualisiert, und mit AI zum Leben erweckt in einem der meistgeschauten digitalen Sport Events. Daten und Erkenntnisse werden genutzt, um die Tennislegenden von morgen zu trainieren, um Produkte zu entwickeln und zu verbessern. Das ist Purpose, ermöglicht durch Technologie.

Unsere Jury Präsidentin Resh Sidhu von Snap fasste unsere Gedanken perfekt zusammen:

„Great digital craft for us is not just about technology. It’s really about using those tools to resonate with people on a human level. And this piece was the epitome of digital craft. It shows what ‘digital artistry’ is today – a combination of creativity, technology and purpose.“

Und wo wir bei „never done evolving“ sind…

Der Jury Präsident der Design Craft Jury in Cannes, Quinnton Harris, sagte zu uns, dass er die Digital Craft Kategorie so spannend fände, weil sie die einzige sei, bei der sich theoretisch ein und derselbe Case jedes Jahr weiterentwickeln ließe. Und er hat recht. Jeder der Cases könnte durch die dynamische Entwicklung von Technologie Jahr um Jahr verbessert werden. Neue Dimensionen erhalten, skalierbarer werden. So eine Art Case 2.0, 3.0, 4.0.

Ein Case mit genau solchem Potential ist einer unserer Gold Gewinner, Transparency Card. Bei diesem Case der brasilianischen Zeitung Congresso em Foco, umgesetzt auch wieder von AKQA, geht es darum, die Ausgaben brasilianischer Politiker transparent zu machen. Dazu mussten zig einzelne Databases angezapft werden, um die Daten zu sammeln und aufzubereiten. Die Kernidee: die Bevölkerung soll wissen, wofür ihre Steuergelder ausgegeben werden. Die Lösung: die Ausgaben der Politiker werden wie Zahlungen der eigenen Kreditkarte in das Handy-Wallet geladen. In real-time. Diese Transparenz dient als Kontrollorgan für die Bevölkerung und ermöglicht es, Politiker für Missbrauch zur Verantwortung zu ziehen. Der Case ist von vornherein so angedacht, dass auch andere Länder die Technologie nutzen können. Und sie soll weiterentwickelt werden, um Skalierung zu ermöglichen. Das ist die wahre Magie von Technologie.

So geht mein erstes Cannes Erlebnis zu Ende. Es war eine bewegende und großartige Zeit, verbunden mit viel, viel Arbeit, vor allem aber mit großartigen neuen Menschen und einem breiten, vielfältigen, beeindruckenden und inspirierenden Spektrum von Arbeiten.

Und jetzt ran an den Speck für 2024!

„Platform Advertising Consultant“ – was so smooth von der Zunge rollt, kann im Alltag manchmal aufregend wie eine Achterbahnfahrt sein. Unsere Kollegin Nina Altmann verrät uns, was sie an ihrem Beruf so spannend findet und wie sie sich den perfekten Kunden vorstellt.

Seht euch unsere neue Folge Jobtitel Bingo an und erfahrt mehr über den abwechslungsreichen Job als Platform Advertising Consultant.

PS: Du bist neugierig geworden? Dann bewirb dich direkt hier: https://sp-url.com/jobtitelbingo-paid-social.

Unsere Kollegin Alicia Fricke gibt uns einen spannenden Einblick in die Welt des Digital Media Consultants, das Berufsbild vereint Neugier, analytisches Denken, Kreativität und Kontaktfreude.

Über Nacht waren alle Mediaplus-Telefone und -Bildschirme mit dem BÄM-Sticker beklebt. Per Hackerangriff hatten wir die Desktops der PCs mit dem BÄM-Icon manipuliert: Das Mediaplus BÄM-Kollektiv ist eines der „Ownership“-Projekte innerhalb der Serviceplan Gruppe. Durch Ownerships werden eigeninitiierte Projekte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gefördert, damit wir im Haus der Kommunikation auch etwas über die tägliche Agenturarbeit hinaus tun können, das uns selbst ausdrückt – in diesem Fall: der Spaß an Innovation.

Einmal in der Woche kommt das BÄM-Kollektiv im Haus der Kommunikation zusammen. Brainstormings und Kreativmethoden machen aus zahlen- und zielgruppengetriebener Mediaplanung innovative und kreative Mediastrategien. Um unsere Projektidee auch bei den Kolleginnen und Kollegen im Kopf zu verankern, haben wir unseren Start mit einem deutlichen BÄM verkündet! Wer auf das Icon geklickt hat, bekam ein kleines Vorstellungsvideo vom Kollektiv zu sehen.

Das BÄM-Kollektiv – die kreative Initiative

Doch wie sieht kreatives Arbeiten innerhalb der Mediaplus Gruppe konkret aus; wie entstehen neue Ideen und innovative Medialösungen? Der erste Schritt: Mediaplaner, Art Director und Award Manager kommen zusammen. Wir sind sechs Köpfe aus unterschiedlichen Aufgaben- und Themenbereichen der Mediaplus Gruppe. Was uns alle verbindet und das BÄM-Kollektiv ausmacht, ist die Motivation, für – wie wir es auch gerne nennen – „heißen Scheiß“ in der Gruppe zu sorgen.

Untertags beschäftigt sich unser Kollektiv aber eigentlich mit neuen Innovationsideen im Bereich Media. Beispielsweise machen wir aus einer klassischen Kampagne für die Bewerbung eines Hörbuchs zum Mauerfall eine interaktive Audiokampagne. Auf einer auditiven Stadtführung durch Berlin werden alte Telefonzellen zum Medium; verwitterte Mauern sind mit modernen Audiobuchsen ausgestattet, über die Besucher mit ihren eigenen Kopfhörern den Inhalten des Hörbuchs lauschen können – gemäß dem Motto „Die 80er rufen an“. So bleibt der Inhalt eines Hörbuchs einmal auf ganz unkonventionelle Art in den Köpfen der Konsumenten hängen.

Neue Ideen ergeben sich bei uns im Grunde aus drei verschiedenen Bereichen:

Einer der wichtigsten Bereiche ist die Arbeit mit unseren internen Kundenteams. Ob bei Pitches, Jahrespräsentationen oder im regelmäßigen Jour Fix – innovative Ansätze und spannende Kreativideen sind vom FMCG- bis zum Versicherungskunden heiß gefragt. Wichtig: Das BÄM-Kollektiv liefert keine fertigen Ideen, sondern befähigt vielmehr Kolleginnen und Kollegen mittels Workshops dazu, selbst aktiv in den Kreativprozess einzusteigen. Wenn eines der Teams Hilfe oder den nötigen Anstoß für eine besondere Idee braucht, organisiert und leitet unser Kollektiv gemeinsame Kreativrunden: Die Planer werden mit bunten Post its und Eddings ausgestattet und dann lassen wir die Ideen gemeinsam fliegen, um sie am Ende in einer Diskussionsrunde mit festen Konzepten wieder einzusammeln.

Beim  Mashup teilen wir beispielsweise eine weiße Wand in drei Kategorien ein; links stehen Medien wie Tiktok oder Facebook Messenger, in der Mitte Technologien wie AR oder VR, die dritte Spalte bezieht sich auf den Konsumenten: Was haben Konsumenten für einen Mehrwert bei der Idee, welches Gefühl soll die Kampagne auslösen? Die Teilnehmer suchen sich dann drei Post its – aus jeder Spalte eines – aus und entwickeln daraus eine innovative Mediaidee, die dann innerhalb der Gruppe weitergesponnen wird. Nach der Kreativrunde ist es an uns, aus den Ideen Output zu festigen und zwei bis drei konkrete Ideenkonzepte zu basteln, die die Teams dann selbstständig umsetzen.

Wir generieren Ideen aber auch selbst, aus BÄM-Kollektiv-Eigeninitiative. Wir suchen uns dabei gezielt Themenfelder aus, die in unseren Augen Potential für Innovation haben. Dabei beschäftigt uns besonders die Frage, wie zum Beispiel ein Medium mal anders genutzt werden kann, als es in der klassischen Planung getan wird oder welche neuen Technologien wir in Ideenkonzepte einbinden können. Nach Feierabend in den Liegestühlen vor dem Haus, bei dem ein oder anderen kühlen Bier, sprudeln die Gedanken und das Ideen-Pingpong geht los. Dabei landen immer wieder ein paar verrückte Skizzen am Pinboard:

Wie ein Live Event einmal anders medial inszeniert und erlebbar gemacht werden kann, haben wir beispielsweise für Eurosport überlegt. Das Ergebnis: Grand Slam Feeling am Münchner Flughafen! Eine Floor Graphic ließ einen 100m² großen Tennis Court mitten im Münchner Flughafen entstehen, dazu passender Sound hinter der Kulisse hat das Live Feeling noch verstärkt. Die überraschten Besucher konnten so ein Tennismatch über sechs verschiedene große digitale Stelen verfolgen, und dabei über das Spielfeld laufen, auf dem der Schlagabtausch gerade stattfand. Bei Angabe des richtig nachvollzogenen Spielwechsels im Mobile Game konnten sie einen Free Pass für den Eurosport Player gewinnen.

Die Zusammenarbeit mit anderen Agenturen aus dem Haus der Kommunikation ist ein dritter Weg, wie unsere Ideen und Cases entstehen. Hier unterstützen wir Agenturen aus dem Haus mit Ideen rund um Mediabuchungen und Event-Umsetzungen. In unserem Serviceplan-Kosmos nennen wir diese Art von agenturübergreifender Arbeit Übercreativity.

Ownership als Freiraum für Kreativität

Eine Idee bis zu einem fertig produzierten Case zu begleiten, ist zwar eine spannende aber auch immer wieder herausfordernde Aufgabe für uns. Wir gehen dabei weiterhin unserer tagtäglichen Arbeit nach, haben aber ein festes Zeitkontingent, um uns im Rahmen des BÄM-Kollektivs beim Thema Innovation auszuleben. Durch diese Möglichkeit lassen wir nicht nur Ideen entstehen und setzen sie um, sondern fördern auch das kreative Miteinander innerhalb der Mediaplus Gruppe – was will man mehr?

Die Kreativität der Kreativen – das ist die üppig sprudelnde Wertschöpfungsquelle einer innovativen Agentur, die im Auftrag von Marken deren Kommunikationsziele verfolgt. Dabei sind diejenigen Kreativen produktiver, die auch mal mit verschiedensten Ausdrucksmitteln und ganz ohne äußere Vorgaben frei experimentieren. Die im spielerischen Umgang mit Farben, Stoffen, Kameras, Computern und allen möglichen Werkstoffen ihren ganz persönlichen Ausdruck artikulieren. Unbefangen und mit dem Mut zur Sackgasse. Dabei kann Kunst herauskommen oder etwas ganz anderes. In jedem Fall bereichert die Fähigkeit der Mitarbeiter, sich in freier Kommunikation mitteilen zu können sowie die Lust darauf, diese Begabung in zielführender Weise auch in Kampagnen einzubringen, das kreative Vermögen der Agentur beträchtlich. Aber auch, wenn es um etwas ganz anderes als Markenkampagnen geht, ist dieses Vermögen von hohem Wert, was der rasante Bedeutungsgewinn des sogenannten Prototyping in innovativen Umfeldern eindrucksvoll veranschaulicht.

Das Brienner Above, ein Atelier für unsere eigenen Kolleg*innen ist unser kreativer Inkubator für freie Kommunikation im Haus der Kommunikation. Es ist faszinierend, was entsteht, wenn man ausschließlich seinem eigenen, ganz persönlichen Ausdruck verpflichtet ist: Ein abstraktes Aquarell, das den Betrachter so einnimmt, dass sich seine ganze Welt für einen Moment verflüssigt. Das expressive Ölbild einer ländlichen Idylle, das mit seinen blendend leuchtenden Farben alle Rahmen sprengt. Junge wilde Männer in übermütiger Pose, so frech hingehauen, als wäre das Gemälde ein spontanes Pinselselfie. Das und reichlich mehr entsteht im Brienner Above. Gut, nicht jeder kann Kunst. Aber jeder kann das: sich dem eigenen Umfeld mitteilen, zum Ausdruck bringen, was einen bewegt, ein Lied singen, das einem gefällt, eine Mütze stricken, einfach weil sie schön ist. Dabei kommt es nicht darauf an, einzigartig oder virtuos zu sein. Es kommt darauf an, sich als schöpferisch zu erleben und auch so erlebt zu werden und so den Blick auf sich um eine Facette zu bereichern.

Kunst hat in der Geschichte der Serviceplan Gruppe schon immer eine identitätsstiftende Rolle gespielt. So gehört die Sammlung von Serviceplan, aufgebaut und gepflegt vom Agenturgründer Dr. Peter Haller, mit Werken unter anderem von Georg Baselitz, Anselm Kiefer, Francis Bacon, A.R. Penck und Jonathan Meese zu den bedeutendsten ihrer Art in Deutschland. Sie zeigt atemberaubend eindrucksvoll, was Kreativität vermag, wenn sie sich selbst genügt. Wer sich darauf einlässt mit einer Haltung, wirklich etwas entdecken zu wollen mit der Bereitschaft, eigene Wahrnehmungserwartungen außen vor zu lassen, der wird mit ungeahnten Entdeckungen belohnt werden. Die braungrau verblühten Gestrüpplandschaften von Anselm Kiefer atmen schwer unter ihrer Geschichte und schweigen doch eisern darüber, was da war. Und was da war, mag einem dämmern, wenn man denn seine Fantasie befragt.

Schon bald gibt es im Brienner Above regelmäßig die Gelegenheit, mit etablierten Künstlern direkt ins Gespräch zu kommen. Es sind nicht die Gerhard Richters dieser Welt, aber sie haben Kunst studiert, Stipendien und Preise erhalten, Werke an Museen verkauft, wurden international ausgestellt und haben vor allem sagenhafte Arbeiten zu zeigen du spannende Geschichten dazu zu erzählen. Ich selbst werde die geplanten Talkshows unter dem Titel ArtPros moderieren.

Nun, das Brienner Above ist aber bei weitem keine Verlängerung des akademischen Kunstbetriebes, sondern lässt Schaffenden und Betrachtern offen, ihren Kunstbegriff nach eigenem Ermessen anzuwenden. Hier wird gebastelt und genäht und es werden als Vorbereitung zu einer Performance auch mal Tomaten gebacken. Schon die Entstehung des Brienner Above war ein kreativer Akt. So war es mitnichten eine strategische Initiative des Managements, sondern die eines künstlerisch ambitionierten Kollegen, der die Manager und Inhaber der Agenturgruppe gerne gefolgt sind.

Das Brienner Above über den Dächern des Königsplatzes. Manch freier Künstler kann von so einer umfassenden Unterstützung nur träumen: Zwei helle Atelierräume mit Dachfenstern. Staffeleien, Leinwände, Pinsel, Farben und dergleichen mehr. Nur das Wichtigste muss man selbst mitbringen: Kreativität. Und die hat jeder. Mancher muss sie nur bei sich entdecken.

Was haben ein Landwirt und ein Marketing-Manager gemeinsam? Sie nutzen künstliche Intelligenz, um ihre Aufgaben besser zu erledigen, als sie es je zuvor konnten. Bei der 17 Uhr Akademie von Plan.Net und Mediaplus am 08. Mai 2018 im Haus der Kommunikation München zeigte der Journalist und US-Sicherheitsexperte Jay Tuck faszinierende Beispiele dafür, wie KI schon heute eingesetzt wird. Martin Seitz von Plan.Net ging darauf ein, wie Unternehmen ihr Marketing auf die neuen Technologien umstellen können. Die folgenden Erkenntnisse aus den Vorträgen empfinde ich als besonders wichtig:

KI hat keine Strategie

Auch wenn es neu erscheint, begleitet uns das Thema Künstliche Intelligenz schon unser Leben lang – zumindest der Traum davon. Denn was wäre „2001: Odyssee im Weltraum“ ohne HAL 9000, der Knight Rider ohne KITT und John Connor ohne den Terminator? All diese fiktiven Figuren eint, dass sie sehr menschlich handeln und teilweise auch aussehen. In der Realität ist künstliche Intelligenz jedoch alles andere als menschlich: Sie ist eine komplexe Software, die sich selbst schreiben und updaten kann. Ihre Vorgehensweisen sind für den Menschen größtenteils nicht mehr nachvollziehbar. Der größte Unterschied zwischen Mensch und Maschine ist jedoch, dass die Maschine nicht so „denkt“ wie wir und keine Emotionen hat. Menschen machen Strategien und Pläne, Maschinen nicht. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Saugroboter: Scheinbar willkürlich fährt er den ganzen Tag hin und her, knallt immer wieder gegen Hindernisse – doch am Ende des Tages ist alles sauber.

KI hat uns schon jetzt überholt

Maschinen wie der „Lettuce Bot“ können 1,5 Millionen Salatpflanzen auf dem Feld in der Stunde analysieren und jeder einzelnen Pflanze genau die richtige Menge an Pestiziden oder Düngemitteln zukommen lassen – mit 90 Aktionen in der Sekunde. Das bedeutet enorme Einsparungen für die Landwirte und eine große Entlastung für Böden und Grundwasser. Die Frage, wann die Maschine den Menschen überholen wird, können wir uns also beantworten: Sie hat uns bereits überholt. Was wir heute erleben, sind laut Tuck jedoch nur die ersten Babyschritte. Sein Fazit über den aktuellen Entwicklungsstand von KI: Wir sind weiter, als wir wissen.

KI implementieren heißt Ordnung schaffen

Dass die Implementierung von Marketing Automatisierung mit künstlicher Intelligenz in bereits etablierte Prozesse in Unternehmen nicht immer einfach ist, zeigte Martin Seitz, Geschäftsführer Plan.Net Business Intelligence. Die dafür notwendigen Daten seien zwar meist vorhanden, jedoch nicht einheitlich und im selben System erfasst, sondern in vielen einzelnen Silos und verschiedenen Formaten gespeichert. Denn Unternehmen wachsen organisch, bekommen immer neue Abteilungen dazu, die die für sie nötigen Daten auf die für sie praktikabelste Weise aufbewahren. Der erste Schritt zur KI im Marketing heißt in den meisten Fällen also: aufräumen.

Kreativität macht den Unterschied

Die scheinbare Übermacht der Maschinen warf eine Frage im Publikum auf: In welcher Hinsicht sind uns die Maschinen denn nicht überlegen? Laut Rechnungen von Mediaplus und Plan.Net konnte nachgewiesen werden, dass gute Kreation bei Werbekampagnen einen geschätzten Effizienzgewinn von durchschnittlich 32 Prozent erwirken kann – und kreativ im Sinne von „Think outside the box“ sind Maschinen nun einmal überhaupt nicht. Ein Fakt, auf den wir uns verstärkt konzentrieren sollten.

Oft fragen wir uns, woher gute Ideen eigentlich kommen? Wir scheinen uns sicher zu sein, dass gute Ideen einem einzelnen Ereignis entspringen wie der Geistesblitz, den Newton hatte, als ihm der Apfel auf den Kopf fiel.

Wir glauben außerdem, dass kreative Ideen nur einige wenige Auserwählte haben, die Rollkragenpullis und Nickelbrillen tragen, die einen bestimmten Titel haben oder an einem bestimmten Ort arbeiten, vor allem an Orten mit bunten Farben und Sitzsäcken… und gelegentlich einem Billardtisch.

Die erste Wahrheit über diese Vorstellung ist: Ideen brauchen in Wirklichkeit Zeit, um sich herauszubilden. Normalerweise führen die Gesamtheit der Ereignisse, mit denen wir im Leben zu tun haben, die Probleme, die Herausforderungen, die Sachen, die wir online lesen, eine Geschichte, die uns irgendwann mal Mutter erzählt hat, zu einer Idee. Auch wenn es einem nicht bewusst ist, unser Gehirn speichert alle diese Informationen zur späteren Verarbeitung ab.

Ideen werden im Alltag geboren, in den Kulturen, in denen wir leben. Wenn Sie also ein kreativer Mensch sind – ein Steuerberater, Fotograf oder Koch – können Sie Inspiration praktisch überall finden. Und wenn Sie bedenken, dass Ideen aus kreativer Zusammenarbeit hervorgehen und welche Wirkung und Rolle Anwender und Verbraucher an diesem kreativen Prozess haben, werden Ihre Ideen garantiert ganz neue Höhen erreichen.

Die zweite Wahrheit über diese Vorstellung ist: Ideen entstehen eher aus der Kombination verschiedener Gedanken, die aufeinandertreffen. Deshalb sind Workshops auch so wichtig. Denn damit Ideen geboren werden, muss es zu einer Kollision, oder – wenn Sie wollen – zu Reibung kommen, die einen einzelnen Gedanken in Frage stellt, um ihn zu verbessern oder um aus diesem etwas völlig Neues zu entwickeln.

Die besten Beispiele für Innovationen auf unserer Welt, die wir geschaffen haben oder deren wahren Zweck wir nur anhand von Kunden, Endverbrauchern oder Menschen erkannt haben, die schöne Dinge entworfen haben, wären kaum von Großunternehmen entwickelt worden, da sie den Nutzen und die Chance dieser Innovationen nicht sehen konnten: Sie hatten nicht den Anreiz für diese Innovation.

Die Entstehungsweise von Kreativität wird dadurch in Frage gestellt. Die herkömmliche Sichtweise folgt immer noch hauptsächlich dem gleichen Muster, mit dem wir über Kreativität denken: abgeschottet in Silos.

Ideen sind das Lösen von Problemen, das Ergreifen von Chancen, das Herbeiführen einer Veränderung und letztendlich das Verkaufen eines Produkts. Und wenn eine Idee keines dieser Ziele erreicht, dann war sie unnütz.

Leider gibt es viele solcher „unnützen“ Ideen um uns herum, die zwar hübsch gestaltet und teuer sind und bei denen es sich um kostspielige Medien-Touchpoints handelt, die aber keine Ergebnisse erzielen, keine Verkäufe generieren, zu keinen Probefahrten führen und kein Interesse erzeugen.

Wir brauchen eine Mentalität, die es allen ermöglicht, etwas beizutragen – unter einem Dach oder unter mehreren, egal aus welcher Abteilung, welcher Kunde oder welche Agentur, kleine so wie große Unternehmen… Glauben Sie mir, dadurch können wir wirklich etwas bewirken.

Was kreativ bedeutet?
Was für eine Frage.
Am besten, man ist es, ohne lang darüber zu quasseln.
Aber gut, drücken gilt hier nicht.
Also:

Kreativ bedeutet neu, unvorhersehbar, unberechenbar.
Schlaumeierisch gesagt: Kreativ sein ist ein Paradox. Die sinnvolle Kombination von Dingen, die nicht zusammengehören.
Dann macht es „Klick“ im Kopf.

Das Wort „sinnvoll“ ist hier wichtig. Gedanken, Gefühle, Formen wahllos miteinander zu kombinieren endet in der Regel im Irrsinn. Kreative Kombinationen dagegen müssen Sinn machen. Am besten erst im Kopf des Konsumenten. Wenn der Konsument den letzten Schritt einer Gedankenkette selbst tun, wenn er die letzte Bedeutung eines Filmes, eines Bildes selbst entschlüsseln kann, dann, liebe Testinstitute da draußen, ist die Wirkung viel stärker, als wenn man alles vorgekaut bekommt.

Konsument ist übrigens ein Wort, das ich nicht so gern benutze. Natürlich geht es bei Werbung letztlich ums Verkaufen. Doch je mehr Botschaften auf uns „Konsumenten“ heute einprasseln, desto mehr setzen sich nur die relevanten durch. Das kann das vielzitierte richtige Angebot zur richtigen Zeit im richtigen Medium sein. Stichwort Programmatic. Entscheidend aber ist: Je besser die Botschaft inszeniert ist, desto stärker – again – die Wirkung. Ich halte es daher mit seiner Heiligkeit Sir John Hegarty und spreche lieber von Publikum als von Konsumenten. Einem Konsumenten will man etwas verkaufen. Sein Publikum will man unterhalten. Das Schöne ist, gut unterhalten kauft man mehr, als nur gut informiert. Nicht umsonst heißt es „Kauflaune“.

Was ist gute Unterhaltung bei guter Kreation? Viel mehr als Entertainment. Ein neuer, anregender Gedanke etwa. Ein neue Perspektive auf das Leben, bei der man sich denkt: Wow, so habe ich das noch gar nicht gesehen. So bleibt etwas in Erinnerung, so erzählt man es gern weiter.

Gute Kreation lebt von starken Gefühlen. Von Begeisterung, Rührung, Erschütterung, Beschwingtheit, von Witz, von allem, was einen bewegt. Langweilig aufgezählte Information? Bewegt mich nicht. Mich bewegen gute Geschichten mit einem überraschenden Ende. Menschliche Geschichten, die meine Vorurteile und Denkschubladen erschüttern. Die eine eigene Dynamik entwickeln, aber nie zum Selbstzweck werden, sondern im Dienst der Marke stehen. Sagt sich einfach, ist aber sauschwer, täglich umzusetzen.

Kreativ bedeutet insofern natürlich auch unnachgiebig, ausdauernd, zäh. Wie heißt es so schön? Ein guter Kreativer unterscheidet sich von einem schlechten nicht durch seine Ideen, sondern dadurch, dass er nicht so schnell aufgibt.

PS.: Ich bin übrigens ziemlich stolz darauf, in diesem Text kein einziges Mal die momentanen Buzzwords „Disruptive“, „Diversity“ und „Digital Transformation“ benutzt zu haben. Aber bei Bedarf, liebes Publikum, einfach oben an geeigneter Stelle gedanklich einfügen, schon macht es „Klick“ im Kopf. 😉

Dieser Beitrag erschien zuerst bei W&V.

Warum Kreativität Menschensachen bleibt, aber trotzdem von Programmatic Advertising profitiert

Die Zeitrechnung n. P. (nach Programmatic) hat eine neue Debatte um Relevanz entfacht: Der Konsument werde kritischer und damit weniger empfänglich für Werbebotschaften: Statt einer Botschaft für alle werden Zielgruppen deshalb jetzt personalisiert angesprochen: „Kauf unser Produkt, es ist genau auf deine Bedürfnisse zugeschnitten. Ja, wir meinen dich. Niemand kann das Produkt so gut gebrauchen wie du.“ Gleichzeitig haben Marken dieses Jahr fünf Millionen US-Dollar für 30 Sekunden Werbung während des Super Bowls auf den Tisch gelegt. Pure Reichweite, eine Botschaft für alle. Wer erzeugt denn nun Relevanz, intelligente Maschinen oder kreative Menschen? Die Antwort lautet: Beide. Es gibt in dieser Debatte wie so oft kein Entweder-oder, denn maximale Relevanz erreichen Technologie-Chefs und Kreativdirektoren nur gemeinsam.

Programmatic Advertising ist einer der Wege, Relevanz zu schaffen. Aber: Programmatic ersetzt nicht kreative Exzellenz. Auch personalisierte Werbung braucht eine zentrale Botschaft als Überbau. Zum Beispiel in Form eines Slogans, der über einen längeren Zeitraum und einzelne Kampagnen hinweg immer wieder aufgegriffen wird: „Du bist nicht du, wenn du hungrig bist.“ – Snickers‘ Slogan bleibt im Gedächtnis, weil sich im Grunde alle Zielgruppen damit identifizieren können. Führt sich jemand im Bekanntenkreis divenhaft auf, fällt schnell das Zitat aus der Werbung – das ist Relevanz. Auch ein passendes Testimonial kann Ausgangspunkt einer erfolgreichen Kampagne sein. Wenn George Clooney lässig in die Kamera schaut und sein noch lässigeres „What else?“ zum Besten gibt, ist das wahrscheinlich auch für Teetrinker relevant. Die Botschaft ist in diesem Beispiel weniger plakativ, aber nicht minder wirksam. Die Kaffee-Kapseln stehen für Weltgewandtheit, Souveränität und Coolness.

Wenn das allgemeine Storytelling steht, kann programmatische Kreation der Kampagne im zweiten Schritt einen kräftigen Schub geben. Den Slogan „Du bist nicht du, wenn du hungrig bist“ könnte man –  je nach Zielgruppe –  mit unterschiedlichen Testimonials und Umfeldern inszenieren: Sportfans sehen dann auf Sport-Newsseiten oder während der Wimbledon-Übertragung im TV einen Snickers- Spot, in dem John McEnroe seinen Tennisschläger nach einer Schiedsrichterentscheidung kurz und klein schlägt – nach einem Biss in den Schokoriegel wird er dann zu Roger Federer und legt wieder bestes Benehmen an den Tag. George Clooney trinkt seinen Kaffee nicht mehr nur in Nobelhotels, sondern auch im Büro, beim Friseur oder im Theater. Wichtig ist, dass Kernidee und personalisierte Varianten aufeinander abgestimmt sind. Sowohl stilistisch als auch inhaltlich: Die Kernbotschaft sollte immer unverändert bleiben.

Neben den großen Consumer Brands profitieren vor allem Marken mit spezialisierten Zielgruppen und Produkten von Programmatic, da sie so große Streuverluste vermeiden können. Auch B2B-Unternehmen nutzt die personalisierte Ansprache. Eine kreative Vorleistung wird ein Algorithmus aber auch hier nicht ersetzen können. Ohne eine gute Idee im Zentrum nutzt es aus meiner Sicht nämlich überhaupt nichts, ein paar Textbausteine und Bilder in einem Banner zu variieren. Uninteressante Werbung ist auch personalisiert noch uninteressant.

Relevanz hat viele Gesichter. Sie kann von Menschen und Maschinen erzeugt werden – im Optimalfall leisten kreative Menschen die Vorarbeit und intelligente Maschinen gehen die Extrameile. Erst wenn sich Ideenfinder und technikbegeisterte Werber an einem Tisch zusammenfinden, wird es richtig spannend. Die Erfahrung zeigt, dass das nicht immer sofort reibungslos klappt und vor allem nur dann funktionieren kann, wenn beide Seiten Respekt und Verständnis für die Arbeit des anderen aufbringen. Das daraus resultierende Ergebnis ist es aber auf jeden Fall allemal wert!

Dieser Artikel wurde auf horizont.net veröffentlicht.

Joana Stolz, Cultural Strategist der Serviceplan Gruppe, erklärt ihren Job und gibt Einblicke in ihren Arbeitsalltag im Innovationsteam.