Beiträge

der Kunde ist König

Raus aus der Komfortzone: Sowohl Kunden als auch Agenturen müssen in den Disput gehen. Weg von starren Briefings. Hin zu ehrlicher Beratungsleistung, Expertise, Proaktivität und Umsetzungskraft.

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“ wusste schon Heraklit vor 2500 Jahren. Die digitalisierte Welt macht diese Wahrheit jeden Tag spürbar. Die Herausforderungen, denen Unternehmen heute gegenüberstehen, werden komplexer und  immer unvorhersehbarer. Schon längst ist es Zeit, die Rolle der Agentur kritisch zu reflektieren. Das traditionelle Bild der Agentur als Dienstleister ist überholt.

Werbungtreibende stehen heute mehr und schneller wechselnden kommunikativen Herausforderungen gegenüber als noch vor zwei bis drei Jahren. Als Partner passen also auch wir die Art unserer Arbeit an und entwickeln auf strategischer und taktischer Ebene flexible und anpassungsfähige Prozesse und Team-Setups. Mit dem sturen Verfolgen von traditionellen KPIs werden Agenturen ihrer eigentlichen Aufgabe als Berater und Sparring-Partner nicht gerecht. Neue Disziplinen erfordern neue Expertisen und Charaktere.  Die wesentlichen Aspekte für eine zukunftsorientierte Zusammenarbeit lassen sich einfach zusammenfassen: Anpassungsfähigkeit, Datenzentriertheit, Kreativität, Nähe & Kommunikation.

Nur wer die Herausforderungen des Kunden versteht und in der Lage ist, das eigene Angebot entsprechend maßgeschneidert anzupassen, wird den heutigen – aber noch wichtiger – auch den künftigen Erwartungen der Kunden gerecht.

Der Data Scientist bildet das Fundament für Strategie, Kreation und Media

Bunte Bilder, emotionale Spots, provokante Headlines, immer wieder mal ein kommunikativer Stunt: Das öffentliche Bild der Arbeit von Agenturen wurde natürlich nie wirklich den Expertisen und Charakteren gerecht, die unsere Branche seit Jahrzehnten beherbergt. Dennoch ist es wichtig, sich zu hinterfragen, sich auch im eigenen Anspruch dem Wandel zu stellen. Lag der Fokus in der Vergangenheit oft auf der Lautstärke und Genialität einzelner Größen und Charaktere, so sehen wir heute einen wachsenden Bedarf an Menschen, die wohl mehr mit einem Analysten als mit einem Werber gemeinsam haben. Natürlich ist das eine Zuspitzung und soll nicht die Relevanz von guten impulsiven Ideen und Gedanken schmälern. Dennoch fällt auf: In einer digitalisierten Welt voller Datenpunkte, -ströme, Nutzer-, Bewegungs- und Verhaltensprofile braucht es Menschen mit der Expertise, diese Informationen nicht nur sammeln, sondern interpretieren und in die Operative übersetzen zu können. Der Data Scientist bildet das Fundament, auf welchem Strategie, Kreation und Media in der Folge belastbar bauen können.

„Das Bild der Agentur als reiner Impulsgeber, Ideenentwickler und Veredler hat spätestens jetzt ausgedient. Wir messen unsere Arbeit am wirksamen Beitrag zum Geschäftserfolg unserer Kunden.“

Genau wie die digitale Welt uns träumen lässt, so ungnädig ist sie auch. Denn wenn alles messbar, überprüfbar und bewertbar ist, dann kann es nur eine Grundlage geben, auf der wir Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme definieren. Impact. Wie wirksam sind unsere Strategien, Konzepte, Ideen und Kampagnen? In welcher Weise tragen sie konkret zum Geschäftserfolg unserer Kunden bei? Welchen Anteil hat unsere Arbeit an der Zielerreichung unserer Ansprechpartner? Welches Maß an Bereitschaft haben wir, uns jeden Tag aufs Neue mit den Zielen der Kunden auseinanderzusetzen?

Das Bild der Agentur als reiner Impulsgeber, Ideenentwickler und Veredler hat spätestens jetzt ausgedient. Wir messen unsere Arbeit am wirksamen Beitrag zum Geschäftserfolg unserer Kunden. Das bedeutet auch, dass wir in jedem Moment – in Echtzeit – in der Lage sein müssen unsere Aktivitäten zu messen, zu bewerten und in ihrer Qualität zu optimieren.

Eine der großen Chancen der datengetriebenen Arbeit über alle Ebenen der kommunikativen Arbeit sehen wir im kontinuierlichen Zusammenspiel von Kreation, Technologie und Media. Diese Symbiose wird auch in den kommenden Jahren noch stärker zur Schlüsselkomponente, um Botschaften – effizient wie effektiv – zur richtigen Zeit und im richtigen Kontext an die richtigen Zielgruppen zu bringen.

Viele Agenturen und Entscheider verharren im „Warten aufs Briefing“

Die Haltung „Der Kunde ist König“ passt sehr gut zu dem, was wir in vielen Jahren immer wieder – insbesondere in Deutschland – beobachten konnten. Leider verharren viele Agenturen und Entscheider im „Warten aufs Briefing“, welches sie dann mit voller Kraftanstrengung der jeweiligen Teams zu beantworten versuchen und sich dabei vor allem die Frage stellen, wie sie sich gegenüber der Konkurrenz abheben könnten. Anders, als man also zunächst vermuten würde, steht der König Kunde hier überhaupt nicht im Zentrum der Gedanken, sondern wird lediglich mit dem bedient, was er meint, zu brauchen. Was für ein trauriges Bild! Wir versuchen unseren Mitarbeitenden etwas anderes vorzuleben. Partnerschaft, ehrliche Beratungsleistung, Expertise, Proaktivität und Umsetzungskraft. Gemeinsam mit unseren Kunden gestalten, anstatt Aufgaben zu managen.

„Bereitschaft zur Reibung und Diskussion, die Fähigkeit zum Ringen um Inhalte und Ideen sind Aspekte, die für Kunden wirklichen Mehrwert stiften. Das bedeutet auch, in den Diskurs zu gehen.“

Kundenzufriedenheit entsteht durch Kundenbeziehung, und Beziehung entsteht durch positive Erfahrung und aufgebautes Vertrauen. Der Kunde spürt, mit welchem Maß an Leidenschaft und Commitment die Agentur den Aufgaben begegnet. Kunden schätzen das ernsthafte Interesse, ihre Herausforderungen zu verstehen und die Fähigkeit, individuelle Lösungen anzubieten. Bereitschaft zur Reibung und Diskussion, die Fähigkeit zum Ringen um Inhalte und Ideen sind außerdem Aspekte, die für Kunden wirklichen Mehrwert stiften. Das bedeutet auch, in den Diskurs zu gehen, zu widersprechen, wo nötig.  Ideen zu entwickeln, die weit über ein Briefing hinausgehen. Antworten geben auf Fragen, von denen der Kunde gar nicht gewusst hat, dass er sie hat.

Ich mag das Bild der „verlängerten Werkbank des Kunden“. Ein Ort, an dem wir uns gemeinsam und mit Hingabe den Aufgaben widmen, jeder seine Expertise, Erfahrung und persönliche Qualität einbringt und wir auf Augenhöhe das Beste suchen und erarbeiten. Mit Mediaplus im Haus der Kommunikation erlebe ich einen Ort, an dem genau das geschieht. Leidenschaftliche Auseinandersetzung mit den Herausforderungen, Zielen und Kennzahlen der Kunden. Das spiegelt sich auch in der Kundenzufriedenheit wider – für uns der wichtigste KPI: Wir haben ihn deshalb in die Bewertungs- und Vergütungsprozesse unserer Führungskräfte implementiert. Neben fixen Gehältern ist die Kundenzufriedenheit, die kontinuierlich abgefragt und bewertet wird, eine Einflussgröße der zusätzlich möglichen variablen Vergütung.

Ich bin dankbar und ein wenig stolz zugleich, dass wir uns als Mediaplus über hohe Kundenzufriedenheitswerte, langjährige Kundenbeziehungen und hohe Loyalität innerhalb der Mitarbeiterschaft freuen können.

Das Internet kostet nichts – unter dem Aspekt der Energie- und Umweltkrise ist das eine längst überholte Aussage. In Teil drei der Interviewreihe „Let’s talk about: Nachhaltigkeit in der Mediaplanung“ spricht unsere Nachhaltigkeits-Koordinatorin Agnes Ley mit Martin Kaltenbach, Director Operations bei NFQ | Digital Creatives. Dabei geht es um die Geheimnisse wirklich guter Kreation und, warum schon 5 Kilobyte Einsparung bei einem Ad viel ausmachen können.

Hallo Martin! Du bist Experte in Sachen digitaler Kreation. Ist es wirklich relevant, ob ein digitales Werbemittel 5 Kilobyte mehr oder weniger hat?

Die Antwort auf deine Frage lautet aus meiner Sicht klar „Nein – es ist nicht egal“. Denn bei digitalen Werbemitteln (egal ob Desktop oder Mobile) zählt am Ende die Masse an Ad-Impressions. Bisher haben wir uns viel zu wenig Gedanken gemacht, wie das Internet funktioniert. Man hatte die Einstellung „das kostet doch nichts“. Hier findet aber ein Umdenken statt. Daten brauchen Server, werden übermittelt und müssen auf einem Endgerät wie Smartphone oder Laptop dargestellt werden. Das alles braucht Energie. Wenn wir beispielsweise über eine Kampagne mit 25 Millionen Ad-Impressions reden und pro Werbemittel-Kontakt 5 Kilobyte einsparen – dann macht das in Summe 125.000.000 Kilobyte bzw. 119,2 Gigabyte Datenmenge die eingespart werden können. Und hier reden wir nur von EINER Kampagne und einer Ersparnis von 5KB pro Werbemittel.

Es potenziert sich also doch ganz schön und schon kleine Einsparungen machen Sinn. Gibt es eigentlich eine Möglichkeit, die genaue Einsparung von CO2-Emissionen zu berechnen?

Ja die gibt es. Studien haben verschiedene Modelle hervorgebracht anhand derer man das Einsparpotential in CO2-Emissionen umrechnen kann. Die einfachste Betrachtung ist der Blick auf den Ausstoß an CO2 pro übermitteltem Datenvolumen. Hier rechnen wir aktuell mit durchschnittlich 0,05891 kg CO2 je Gigabyte. Angenommen wir haben eine Kampagne mit 25 Millionen AD‘s und ein Werbemittel ist im Durchschnitt 80 Kilobyte schwer, was nicht sehr groß ist, dann verursacht diese Kampagne 112,4 kg CO2. Sparen wir 5 Kilobyte pro Ad ein, reden wir über eine Reduktion von ca. 7 kg CO2, was etwas mehr als 6 Prozent CO2-Einsparpotential entspricht. Und das ist nur der Effekt einer simplen KB-Reduktion durch beispielsweise gute Bild-Komprimierung. Läuft die Kampagne auf Ökostrom-Servern und reduziert man externe Trackings, so kann das Einsparpotential schnell bei 80 bis 95 Prozent liegen.

Wie gehst du vor um neu entwickelte oder angelieferte Werbemittel nachhaltiger zu gestalten?

Die besten Effekte kann man in der Tat erzielen, wenn ein Werbemittel von Sekunde 1 mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit entwickelt wird. Und hier spielt der Punkt Einsparung und Reduktion weniger eine Rolle, denn am besten funktioniert Werbung, wenn sie plakativ, aufmerksamkeitsstark und eindeutig ist. Es wird optisch also nur das benötigt, was einer relevanten Verkaufs- oder Branding-Aussage dienlich ist. Daneben achtet man auf eine einfache Optik, die Kilobyte-sparend ist, effiziente Animationen und sauberes Coding. Auch bestehende Werbemittel lassen sich „grüner“ machen. Von einer optimalen Bild-Komprimierung, über das richtige Datei-Format bis hin zur Optimierung des HTML-Codes ist vieles möglich. Wichtig ist hier aber immer die Balance zwischen Optimierungs-Potential und Qualität. Denn es ist niemandem geholfen, wenn wir zwar 5 Kilobyte Dateigewicht reduzieren, dafür aber auf verpixelte unschöne Werbemittel schauen, die für keinen User attraktiv sind.

Was sind aus deiner Sicht die Show-Stopper für nachhaltige Werbemittel?

Wie beschrieben sollte der Ansatz schon beim ersten Briefing, Konzept und Storyboard präsent sein. Nachhaltigkeit erlangen wir, wenn wir an jedem Punkt der Kampagne neue Denkweisen etablieren. Braucht es wirklich ein Foto-Shooting in Südafrika, oder kann man auf Stock-Ressourcen zurückgreifen? Hat meine Werbemaßnahme eine klare, eindeutige Aussage und verpufft nicht durch schlechte Kommunikation oder viel zu viel Information? Hier ist der viel größere Hebel, Werbung effizient, besser und dadurch nachhaltiger zu machen.

Vielen Dank für die spannenden Insights! Darf ich noch fragen, wie du es persönlich mit der Nachhaltigkeit hältst?

Ich gebe mein Bestes und versuche ständig mein Verhalten und meine Sichtweisen zu hinterfragen. Leichter gesagt als getan. Aktuell befinden wir uns noch in einer Phase, in welcher Nachhaltigkeit viel zu oft mit Verzicht und Einschränkung gekoppelt wird. Daher versuche ich es über eine andere Frage an mich selbst: Wertschätze ich die Dinge in meinem Leben? Genieße und handle ich bewusst? Wenn ich hierauf mit einem echten Ja antworten kann, bin ich in der Regel maßvoll – was für mich ein kleiner Baustein von echter Nachhaltigkeit ist.

Hier geht es zu den letzten Beiträgen von :
Let’s Talk about: Nachhaltigkeit in der Mediaplanung:

Teil1: Die Gretchenfrage: Wie nachhaltig ist denn Ihr Media-Business, Wolfgang Bscheid?
Teil2: Die eine nachhaltige Zielgruppe gibt es nicht!

Mehr Infos zu unserer Mediaplus Nachhaltigkeitsinitiative

Es ist keine Frage mehr, ob künstliche Intelligenz (KI) kreativ sein kann. Die Frage lautet: Welche Bedeutung übernimmt KI künftig im kreativen Prozess? Wird sich Ihre Rolle auf die eines Werkzeugs vergleichbar mit der eines Pinsels oder eine Fotokamera beschränken? Oder wird sie zur Muse? Zum eigenständigen Schöpfer neuer Kreationen? Ersetzt sie vielleicht gar den Art Director? Und wann wird das sein?

Für meine KollegInnen kann ich – vorerst noch – Entwarnung geben. Aber sie sollten sich schon mal langsam mit Kollege KI anfreunden. Auch wenn die Entwicklung künstlicher Intelligenzen ihre Anfänge bereits in den 1950er Jahre hatte, ermöglichen erst heute die exponentielle Entwicklung der drei ABC-Faktoren, dass sie so richtig in Fahrt kommt: A wie Algorithmen, B wie Big Data und C wie Computerchips. Deshalb muss sich jede Branche und jedes Unternehmen die Frage stellen, wie die Umsetzung und Integration von Artificial Intelligence in unseren Arbeitsalltag geschehen soll.

Im Marketing konzentrieren sich die Anwendungsszenarien für KI bisher hauptsächlich auf die Bereiche Predictive Analytics (zum Beispiel für Empfehlungen in Online Shops), Personalisierung (zum Beispiel für die individualisierte Ansprache in Newslettern), der Nutzung von Sprachassistenten und der Automatisierung (beispielsweise in der Mediaplanung). Ein wichtiger Bereich des Marketings wird bisher meist komplett ausgeklammert: die Kreativität. Sie wird oft fest in Menschenhand gewähnt und als uneinnehmbare Bastion dargestellt. Raffinierte Wortspiele, Gedichte, rührselige Melodien, großartige Grafiken bzw. alles was mit Emotion zu tun hat, kann schließlich nicht in einer kalten Maschine via Prozessor entstehen – oder?

Zu sicher sollten wir uns da nicht sein. Denn es gibt schon heute zahlreiche Beispiele dafür, wie künstliche Intelligenz menschliche Kreativität unterstützen, erweitern oder sogar nachahmen kann. Und es werden täglich mehr.

KI kann schreiben

Welcher Journalist hat schon Lust, die immer gleichen Börsen-News, Sportergebnisse und Wetterberichte mühsam herunterzutippen? Kein Problem, mittlerweile können Maschinen solche Texte, die nach einem bestimmten Schema aufgebaut sind, übernehmen. Ohne, dass der Leser etwas davon merkt. Wer weiß, wann nach dem Robo-Journalismus auch die ersten Anzeigentexte von Maschinen (den Copy-Cads) verfasst werden?

KI kann sprechen

Adobe hat mit Photoshop nicht nur das wichtigste Programm zur Bildbearbeitung erstellt, sondern widmet sich auch der menschlichen Sprache: Adobe VoCo ist das Photoshop für Sprachdateien. Nachdem sie 20 Minuten einer Person beim Reden zugehört hat, kann die KI die Stimme komplett nachahmen. Nicht, indem sie Wortschnipsel zusammenschneidet, sondern komplett neue Wörter, die eingetippt werden, ausspricht.

KI kann komponieren

Ein Team der University of Toronto konnte eine KI so programmieren, dass sie Musik zum Mitsingen selbst komponieren und texten kann. Das Programm namens Neural Karaoke wurde mit über 100 Stunden Musik gefüttert und hat darauf ein komplettes Weihnachtslied inklusive Text und Cover-Grafik erstellt.

KI kann Bilder und Grafiken erstellen

Sogenannte Generative Adversarial Networks können verblüffend echte Bilder aus von Menschen geschriebenen Beschreibungen erstellen. Sie funktionieren grob gesagt so, dass ein „Generator“ zufallsgenerierte Bilder produziert, die dann von einem Diskriminator, der anhand von echten Bildern gelernt hat Objekte zu bestimmen, bewertet werden. Aus „Ein kleiner Vogel mit kurzem, spitzen, orangefarbenem Schnabel“ wird dann ein fotorealistisches Bild.

KI kann malen

Die KI Vincent des Produktdesign-Unternehmens Cambridge Consultants basiert ebenfalls auf Generative Adversarial Networks und hat die Stile der wichtigsten Maler des 19. und 20. Jahrhunderts studiert. Vincent lässt jede Skizze, die per Tablet gezeichnet wird, wie ein Gemälde eines bestimmten Renaissance-Künstlers aussehen.

KI kann Produktdesign

Das intelligente CAD-System Dreamcatcher von Autodesk kann tausende Designoptionen für ein Bauteil, beispielsweise aus Metall oder Kunststoff, mit denselben Funktionen generieren. Diese sehen dabei erstaunlich organisch und überhaupt nicht „mechanisch“ oder „logisch“ aus.

KI kann Videos drehen

Das kanadische Unternehmen Nvidia hat gemeinsam mit dem MIT Computer Science & Artificial Intelligence Laboratory eine Technologie entwickelt, die komplette hochauflösende Video-Sequenzen synthetisch herstellen kann. Die Videos mit einer Auflösung von 2K sind bis zu 30 Sekunden lang und können komplette Straßenszenen mit Autos, Häusern, Bäumen, etc. enthalten.

KI wird zum Art Director

Die Werbeagentur McCann Japan hat schon vor längerer Zeit eine KI als Creative Director „eingestellt“. AI-CD ß wurde mit preisgekrönter Werbung der letzten zehn Jahre gefüttert und hat daraus einen TV-Spot erstellt.

https://www.businessinsider.de/mccann-japans-ai-creative-director-creates-better-ads-than-a-human-2017-3?r=US&IR=T

Große Veränderungen beginnen mit kleinen Schritten

Was bedeutet das jetzt für uns? Vielleicht lachen wir heute noch über die Unzulänglichkeiten so mancher KI-Anwendung. Doch die Entwicklung verläuft exponentiell und die Fortschritte sind beeindruckend. Daher sollten wir jetzt damit anfangen, Vorurteile und Ängste abzubauen und uns zu überlegen, wie wir kreative Prozesse in Zukunft gestalten und welche Rolle wir der Künstlichen Intelligenz dabei geben wollen. Große Veränderungen lassen sich nicht auf einen Schlag implementieren, sondern am besten in viele kleine Schritte. Barrieren baut man am besten ab, indem man neue Technologien spielerisch ausprobiert und Erfahrungen sammelt. Ja, dafür muss man als Unternehmen Zeit und Ressourcen bereitstellen. Aber wer einmal mit einem kleinen Projekt beginnt und sich dann langsam vorantastet, bei dem sind die Erfolgsaussichten deutlich höher, langfristige Erfolge zu erzielen und vielleicht sogar die ein oder andere Entwicklung im KI-Bereich mitzugestalten.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Horizont.net.

Sandra Loibl, Executive Creative Director bei Serviceplan Campaign in München, spricht in ihrem Beitrag über ihre Jurorentätigkeit in der Dubai Lynx-Jury in den Kategorien Promo & Activation, Outdoor, Interactive und Mobile und gibt interessante Einblicke in die Kreation sowie über den Wandel des Frauenbildes im Nahen Osten.

Wer bisher im mittleren Osten unterwegs war, hatte bei den Schlagworten „Frauen“ und „Kamele“ direkt eine unverrückbare Vorstellung im Kopf. Sie jetzt auch, oder?

Wer heute Dubai & Co. besucht, kann sich diese altertümliche Vorstellung mal eben abschminken. Ganz genau: abschminken. Denn das Frauenbild befindet sich hier in einem kompletten Wandel – und das ist auch gut so.

Mit Kamelen ist es nicht anders. Die stehen – wenn auch etwas zufällig – für den kreativen Wandel. Als Jurymitglied konnte ich die „Camelpower“-Idee von Nissan gar nicht übersehen. Großartig. Um es vornweg zu sagen: Camelpower wurde zur Creativepower des Mittleren Ostens. Nissan hat mal eben eine neue Maß- oder besser Leistungseinheit für Offroader entwickelt. Keine altmodischen Pferdestärken, sondern K-A-M-E-L-S-T-Ä-R-K-E-N. Wem nützen auch Pferde in der Wüste? Nissan hat zusammen mit National Geographic höchst wissenschaftlich die „Camelpower-measure-unit“ entwickelt. Eine Idee, die nur hier entstehen konnte, aber so klar und simpel ist, dass man sie auf der ganzen Welt versteht.

Selbst ich als Frau, die wie alle Frauen von Autos keine Ahnung hat, versteh das! Hatten wir nicht gesagt, wir hören auf mit den Vorurteilen? Der mittlere Osten macht es nämlich vor. Bei Dubai Lynx gab es eine Menge brillanter Ideen zum Empowerment von Frauen in dieser Region. Und wieder muss ich hier Nissan erwähnen. #shedrives ist eine wunderbare Idee, die sich dem Thema „Frauen dürfen endlich Autofahren“ widmet. Emotional, relevant und wirklich gut gemacht. „Bridal uniform“ hat sich dem furchtbaren Thema der Zwangsheirat von minderjährigen Mädchen im Libanon gewidmet – mit einer Fashionshow. Ein Supermarkt hat sogar sein ursprünglich männliches Branding in ein weibliches geändert. Hut ab vor diesen Ideen, Männer. Und Frauen.

To make a long story short: Die Kreation aus dieser Region steht extrem glaubwürdig und stark für Gender Equality ein. Und zwar nicht nur NGO’s sondern richtige Brands. Ich finde das wirklich toll und mind changing. Sogar Coca Cola feiert mit einer brillant gecrafteten Anzeige die Tatsache, dass Frauen an Konzerten teilnehmen dürfen. Und zwar mit ihrem ureigenen Markenclaim „Taste the feeling“. Fühlt sich fantastisch an!

Danke Dubai. Danke mittlerer Osten. Für Ideen, die wirklich etwas verändern können. Und für eine ganz tolle Jury mit begnadeten Kreativen aus aller Welt, die sich austauschen, diskutieren, überzeugen und sich überzeugen lassen. Mir macht es riesigen Spaß hier an einem kreativen Prozess teilzunehmen, der für auch auf für uns westliche Denker*innen ein Prozess des Aufbruchs ist.

Geht es um Programmatic Advertising oder um Marketing Automation generell, bestimmen meist Media- oder Technologie-Experten die Diskussion. Die Kreation bleibt oft außen vor. Doch in einer Werbewelt, in der Computer immer mehr regelbasierte Prozesse übernehmen, ist Kreation ein wichtiges Differenzierungskriterium für Marken und Unternehmen und sollte nicht getrennt von der technischen Umsetzung betrachtet werden.

In den zentralen Diskussionen rund um Programmatic Advertising und Marketing Automation wird der Markt ausschließlich von Technologie- und Media-Experten vorangetrieben. Bisher ist es in der Kreation einfach nicht nötig gewesen, sich zu den technologischen Lösungen zu äußern.

Doch sich den modernen Möglichkeiten der Werbung gänzlich zu entziehen, ist keine Lösung, die Zukunft hat. Kreative sollten die Möglichkeiten kennen und nutzen, die neue Technologien wie Programmatic Advertising mit sich bringen. Auch wenn es nicht ihre zentrale Aufgabe ist, die Standardisierung von Werbemitteln oder die Messmethodik von Onlinevideos bei Facebook voranzutreiben oder Schnittstellenprobleme zwischen DSPs und SSPs zu diskutieren. Aber sie müssen am Anfang des Prozesses eine Idee entwickeln, die den Markt überrascht und die er so nicht erwartet. Erst wenn diese Dachidee für eine Marke oder ein Produkt geboren ist, lässt sich Automatisierung im Marketing sinnvoll einsetzen.

Die größten Hürden für Programmatic Creation lauern im Arbeitsalltag: Denn die Briefings der Werbetreibenden für Media und Kreation sind leider im seltensten Fall aufeinander abgestimmt. Und häufig werden für beide Bereiche gänzlich unterschiedliche Ziele formuliert – je nachdem, ob etwas für die Marke oder für den Abverkauf getan werden soll. Außerdem sind Media und Kreation meist – sowohl auf Kunden- als auch auf Agenturseite – getrennte Abteilungen beziehungsweise Verantwortliche, die nicht immer miteinander kommunizieren. Wie der kreative Prozess in einer Agentur und in der Zusammenarbeit mit dem Werbetreibenden konkret läuft, hängt stark damit zusammen, wie die Kampagnenplanung organisiert ist. Meist sind die Bereiche Strategie, Media und Kreation involviert. Wenn einer alleine anfängt oder in der Planung dominiert – was im Alltag bisher eher die Regel ist –, bleibt mindestens eine Abteilung unzufrieden.

Wer im Programmatic-Zeitalter erfolgreich werben will, sollte alle Beteiligten frühzeitig an einen Tisch setzen und sie gemeinsam ihre Perspektiven einbringen lassen. Kreative müssen verstehen, wie Algorithmen funktionieren und Media-Menschen ticken. Media muss begreifen, dass Kreative emotional an „ihrem“ Motiv hängen und es kein Stückgut ist. Erst in der Symbiose, im Verstehen, dass der andere auch etwas sehr Wichtiges beiträgt, entstehen am Ende der Mehrwert und eine sinnvolle Strategie. Grundlage für diese Vorgehensweise sollte in Zukunft auch sein, dass Kreation und Media ein gemeinsames Budget haben. Spricht die Kreation beispielsweise Nutzer mit zielgruppenspezifischer Werbung und variierenden Motiven spitzer an (und benötigt dafür mehr Zeit und Geld), kann dies bei der Werbewirkung umgekehrt Geld sparen und ein geringeres Mediabudget wird benötigt.

Als ersten Schritt auf dem Weg zu einer gemeinsamen Lösung sollten Werbetreibende exakt definieren, was sie von ihrer Kommunikation oder Kampagne erwarten. Im Idealfall setzen sich dazu schon Marketing, Media, Vertrieb und andere Beteiligte zusammen und formulieren klare Ziele für Kreation, Strategie und Media. Denn erst, wenn eine gute Strategie gefunden und eine überzeugende Kreation entwickelt wurde, kann Programmatic Advertising und Automation seine Stärken ausspielen.

Dieser Beitrag ist auf Englisch im Arabian Marketer erschienen.

Oft fragen wir uns, woher gute Ideen eigentlich kommen? Wir scheinen uns sicher zu sein, dass gute Ideen einem einzelnen Ereignis entspringen wie der Geistesblitz, den Newton hatte, als ihm der Apfel auf den Kopf fiel.

Wir glauben außerdem, dass kreative Ideen nur einige wenige Auserwählte haben, die Rollkragenpullis und Nickelbrillen tragen, die einen bestimmten Titel haben oder an einem bestimmten Ort arbeiten, vor allem an Orten mit bunten Farben und Sitzsäcken… und gelegentlich einem Billardtisch.

Die erste Wahrheit über diese Vorstellung ist: Ideen brauchen in Wirklichkeit Zeit, um sich herauszubilden. Normalerweise führen die Gesamtheit der Ereignisse, mit denen wir im Leben zu tun haben, die Probleme, die Herausforderungen, die Sachen, die wir online lesen, eine Geschichte, die uns irgendwann mal Mutter erzählt hat, zu einer Idee. Auch wenn es einem nicht bewusst ist, unser Gehirn speichert alle diese Informationen zur späteren Verarbeitung ab.

Ideen werden im Alltag geboren, in den Kulturen, in denen wir leben. Wenn Sie also ein kreativer Mensch sind – ein Steuerberater, Fotograf oder Koch – können Sie Inspiration praktisch überall finden. Und wenn Sie bedenken, dass Ideen aus kreativer Zusammenarbeit hervorgehen und welche Wirkung und Rolle Anwender und Verbraucher an diesem kreativen Prozess haben, werden Ihre Ideen garantiert ganz neue Höhen erreichen.

Die zweite Wahrheit über diese Vorstellung ist: Ideen entstehen eher aus der Kombination verschiedener Gedanken, die aufeinandertreffen. Deshalb sind Workshops auch so wichtig. Denn damit Ideen geboren werden, muss es zu einer Kollision, oder – wenn Sie wollen – zu Reibung kommen, die einen einzelnen Gedanken in Frage stellt, um ihn zu verbessern oder um aus diesem etwas völlig Neues zu entwickeln.

Die besten Beispiele für Innovationen auf unserer Welt, die wir geschaffen haben oder deren wahren Zweck wir nur anhand von Kunden, Endverbrauchern oder Menschen erkannt haben, die schöne Dinge entworfen haben, wären kaum von Großunternehmen entwickelt worden, da sie den Nutzen und die Chance dieser Innovationen nicht sehen konnten: Sie hatten nicht den Anreiz für diese Innovation.

Die Entstehungsweise von Kreativität wird dadurch in Frage gestellt. Die herkömmliche Sichtweise folgt immer noch hauptsächlich dem gleichen Muster, mit dem wir über Kreativität denken: abgeschottet in Silos.

Ideen sind das Lösen von Problemen, das Ergreifen von Chancen, das Herbeiführen einer Veränderung und letztendlich das Verkaufen eines Produkts. Und wenn eine Idee keines dieser Ziele erreicht, dann war sie unnütz.

Leider gibt es viele solcher „unnützen“ Ideen um uns herum, die zwar hübsch gestaltet und teuer sind und bei denen es sich um kostspielige Medien-Touchpoints handelt, die aber keine Ergebnisse erzielen, keine Verkäufe generieren, zu keinen Probefahrten führen und kein Interesse erzeugen.

Wir brauchen eine Mentalität, die es allen ermöglicht, etwas beizutragen – unter einem Dach oder unter mehreren, egal aus welcher Abteilung, welcher Kunde oder welche Agentur, kleine so wie große Unternehmen… Glauben Sie mir, dadurch können wir wirklich etwas bewirken.

Haben Kreative keine Lust auf die neuen faszinierenden Möglichkeiten von Programmatic Advertising? Verstehen Mediaplaner überhaupt, wie Kreation on- und offline entsteht? Oder sind Kreation und Media zwei derart unterschiedliche Pole, dass man sie generell nur schwer zusammenbringt? Unter dem Motto „Lass uns reden“ haben sich mediascale-Geschäftsführer Wolfgang Bscheid und Markus Maczey, Chief Creative Officer der Plan.Net Gruppe, an einen Tisch gesetzt und offen über Vor- und Nachteile, Chancen und Schwierigkeiten gesprochen. Sie unterhalten sich über Marketingautomation, Kreation und die künftige Zusammenarbeit zwischen Werbetreibenden und Agenturen.

Was kreativ bedeutet?
Was für eine Frage.
Am besten, man ist es, ohne lang darüber zu quasseln.
Aber gut, drücken gilt hier nicht.
Also:

Kreativ bedeutet neu, unvorhersehbar, unberechenbar.
Schlaumeierisch gesagt: Kreativ sein ist ein Paradox. Die sinnvolle Kombination von Dingen, die nicht zusammengehören.
Dann macht es „Klick“ im Kopf.

Das Wort „sinnvoll“ ist hier wichtig. Gedanken, Gefühle, Formen wahllos miteinander zu kombinieren endet in der Regel im Irrsinn. Kreative Kombinationen dagegen müssen Sinn machen. Am besten erst im Kopf des Konsumenten. Wenn der Konsument den letzten Schritt einer Gedankenkette selbst tun, wenn er die letzte Bedeutung eines Filmes, eines Bildes selbst entschlüsseln kann, dann, liebe Testinstitute da draußen, ist die Wirkung viel stärker, als wenn man alles vorgekaut bekommt.

Konsument ist übrigens ein Wort, das ich nicht so gern benutze. Natürlich geht es bei Werbung letztlich ums Verkaufen. Doch je mehr Botschaften auf uns „Konsumenten“ heute einprasseln, desto mehr setzen sich nur die relevanten durch. Das kann das vielzitierte richtige Angebot zur richtigen Zeit im richtigen Medium sein. Stichwort Programmatic. Entscheidend aber ist: Je besser die Botschaft inszeniert ist, desto stärker – again – die Wirkung. Ich halte es daher mit seiner Heiligkeit Sir John Hegarty und spreche lieber von Publikum als von Konsumenten. Einem Konsumenten will man etwas verkaufen. Sein Publikum will man unterhalten. Das Schöne ist, gut unterhalten kauft man mehr, als nur gut informiert. Nicht umsonst heißt es „Kauflaune“.

Was ist gute Unterhaltung bei guter Kreation? Viel mehr als Entertainment. Ein neuer, anregender Gedanke etwa. Ein neue Perspektive auf das Leben, bei der man sich denkt: Wow, so habe ich das noch gar nicht gesehen. So bleibt etwas in Erinnerung, so erzählt man es gern weiter.

Gute Kreation lebt von starken Gefühlen. Von Begeisterung, Rührung, Erschütterung, Beschwingtheit, von Witz, von allem, was einen bewegt. Langweilig aufgezählte Information? Bewegt mich nicht. Mich bewegen gute Geschichten mit einem überraschenden Ende. Menschliche Geschichten, die meine Vorurteile und Denkschubladen erschüttern. Die eine eigene Dynamik entwickeln, aber nie zum Selbstzweck werden, sondern im Dienst der Marke stehen. Sagt sich einfach, ist aber sauschwer, täglich umzusetzen.

Kreativ bedeutet insofern natürlich auch unnachgiebig, ausdauernd, zäh. Wie heißt es so schön? Ein guter Kreativer unterscheidet sich von einem schlechten nicht durch seine Ideen, sondern dadurch, dass er nicht so schnell aufgibt.

PS.: Ich bin übrigens ziemlich stolz darauf, in diesem Text kein einziges Mal die momentanen Buzzwords „Disruptive“, „Diversity“ und „Digital Transformation“ benutzt zu haben. Aber bei Bedarf, liebes Publikum, einfach oben an geeigneter Stelle gedanklich einfügen, schon macht es „Klick“ im Kopf. 😉

Dieser Beitrag erschien zuerst bei W&V.

Halali. Es wird zur Hatz geblasen. Zur Hatz auf die Budgets der Agenturen. Globale Player sind dabei, Kreation zu technisieren. Komplett neue Wettberber tauchen auf: IT-Konzerne, Softwarehäuser und Unternehmensberatungen. Dieses Szenario des Schreckens (für die Agenturen) entwarf die w&v Anfang Juni in einem Beitrag.

Und, sie hat Recht! Wenn die Agenturen nicht schleunigst aufwachen, dann steht eine neue Phalanx potentieller Konkurrenten bereit, ihre Arbeit (und ihre Budgets) in Teilen zu übernehmen. Aber: Agenturen müssen keinesfalls das Nachsehen haben. Das gemalte Szenario ist ein Wunschbild der neuen Player. Nur muss sich in Deutschland Fundamentales im Binnenverhältnis von Media und Kreation ändern, damit dieser Fall nicht eintritt. Die Kreation muss ihre Blockadehaltung aufgeben. Und damit meine ich nicht den Kreativen in einer klassischen Werbeagentur, der sein Geld hauptsächlich mit Anzeigen, Plakaten oder Fernsehspots verdient. Geschenkt, dass dieser Typus bei digitalen Insiderthemen überfordert ist. Nein, es geht um die Online-Kreativen in den Digital Units der Kreativagenturen und bei den sogenannten Multimedia-Spezialisten. Die stehen mitten in einem äußerst dynamischen Markt, der von Themen wie Programmatic Advertising, Targeting und Profiling, Smart Data und der damit verbundene dynamische Steuerung von Kreation getrieben wird. Diese Entwicklungen verändern unseren Markt gerade grundlegend. Nur leider nehmen die Online-Kreativen an dieser Entwicklung nicht teil.
Warum verweigern sich viele Kreative den neuen Möglichkeiten?

Suchen Sie mal einen Digital-Kreativen auf der d3con oder der AdTrader Conference? Oder machen Sie sich mal den Spaß, die Zahl der Kreativen unter über 500 dmexco-Speakern zu ermitteln. Sie werden sehen: Kreative beteiligen sich derzeit wenig bis gar nicht an den zentralen Diskussionen in unserem Markt – weder auf Podien, noch in wichtigen Lobby-Organisationen wie dem BVDW. Vorangetrieben wird der Markt derzeit ausschließlich von Technologie- und Media-Experten.
Warum ist das so? Fehlt den Digital-Kreativen das Digital Gen? Und was meine ich damit? Nur weil jemand in der Lage ist, eine Kampagne über mehre Kanäle (darunter auch mehrere digitale) logisch und abgestimmt auszurollen, denkt er noch lange nicht digital. Digitale Denke ist ein Philosophie: Sie umfasst das Prinzip des kollaborativen Arbeitens und einer permanenten Feedback-Kultur und kombiniert es mit stetiger Optimierung. Sie stellt den Nutzer, sein Verhalten und sein Feedback in den Mittelpunkt. Kritik wird dabei als positives Element gesehen, das hilft, eigene Thesen Schritt für Schritt weiterzuentwickeln.
Demgegenüber steht die eher tradierte, statische Arbeitsweise vieler Digital-Kreativer, die Widerspruch als lästig empfindet und ihre Kreation als einmal gesetztes Statement. Vielleicht liegt es daran, dass viele Kreative, auch solche aus Digital-Agenturen und -Units, ihre Prägung immer noch in elitärer Kaderschmieden erhalten haben, die eine eher autoritären Vorstellung von Kommunikation pflegen: eine Welt, in der die Kreativen entscheiden, was gut und richtig ist. Und maximal noch dem Werbetreibenden oder dem Award-Juror als Sparringspartner das Recht zur Bewertung der Kreation zugestanden wird. Der Konsument ist in dieser Geisteshaltung meist ein Störenfried, der gute Kreation nicht erkennt und damit keinen Platz auf Augenhöhe einnimmt.

Von diesem Podest sollten Kreative schleunigst steigen, denn diese Position ist nicht mehr zeitgemäß. Schließlich predigen doch alle Berater heute ihren werbetreibenden Kunden, dass der Schlüssel zum Erfolg einer Kampagne darin liegt, auf das Feedback und das Urteil des Konsumenten zu hören. Nur halten sich die Prediger nicht an ihre eigenen Glaubenssätze.
Das ist schade, denn auch in Zeiten einer immer stärkeren Marketing-Automation ist exzellente Kreation ein zentraler Pfeiler der Kommunikation. Kreativität bleibt bis auf weiteres eine Leistung, die eben keine Software automatisch erzeugen kann. Sie ist auch kein USP der Unternehmensberater. Kreative sind ein eigener Schlag Menschen mit ganz speziellen Talenten. Umso wichtiger ist es, diesen Typ Werber auf dem Weg in die Digitalisierung nicht zu verlieren. Deshalb würde ich mir wünschen, dass gute Kreative sich der neuen, technisch getriebenen Mediawelt viel stärker öffnen. Dass sie sich mit den Möglichkeiten, die Programmatic und Profiling bieten, viel intensiver auseinandersetzen – gerne auch kritisch. Nur wenn sie ein gleichberechtiger Teil des Systems werden, kann Marketing Automation seine volle Kraft entfalten.
Wir wissen, dass eine erfolgreiche Kampagne auch im Programmatic-Zeitalter erst durch das Zusammenspiel aus Kreation und Media entsteht. Aber genau diesem Zusammenspiel verweigern sich bisher die meisten Kreativen. Auch Analyse und Tracking werden von ihnen eher als Bedrohung empfunden, denn als Chance. Ein Fehler, denn sie sind keine Überwachung, sondern ein sinnvolles und leistungsfähiges Instrument zur Überprüfung der eigenen Thesen. Kritische Konsumenten oder eine mangelnde Performance sind keine Form der Ablehnung. Sie sind eine Chance zu lernen, für was sich Konsumenten wirklich interessieren.
Zum Jobprofil des Kreativen gehört es deshalb zwingend, sich Leistungskennzahlen und Kampagnenreports zu Gemüte zu führen. Kreative müssen aus ihrem Elfenbeinturm steigen und den Konsumenten (nicht den Marketingleiter) als eigentliches Ziel ihrer kreativen Arbeit anerkennen. Ein konstruktiverer Blick auf die neuen Möglichkeiten zeigt, dass die Kommunikation für klar umrissene Teilzielgruppen für Kreative viel spannender sein kann, als für die One-to-many-Kampagne immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen. Und damit am Ende immer Mainstream zu liefern, ohne die Chance zu haben, polarisieren zu können.

Meine Hoffnung: Wir stellen spätestens auf der dmexco 2016 spektakuläre Kampagnen vor, die die technischen Möglichkeiten von Programmatic & Co. kreativ ausschöpfen. Eines aber ist auch klar: Wenn die Kreativen nicht bald ihre Einstellung zu den neuen Technologien und der Marketing-Automation ändern, kann es wirklich sein, dass viele ihren Job mittelfristig an den Nagel hängen müssen. Denn immer mehr Werbungtreibende erkennen das Potenzial, das in einer individuelleren Zielgruppenansprache und Kampagnensteuerung – vereinfacht als Technisierung der Kreation bezeichnet – liegt. Und sie werden diese Leistung in Zukunft stärker einfordern. Von der Agentur und/oder vom System-Dienstleister. Der Kunde bekommt immer, was er will. Die Frage ist nur, von wem.

Der Beitrag wurde auf wuv.de veröffentlicht.

Gedanken zum Stand der digitalen Kreation während der Jurysitzung des Deutschen Digital Award

Draußen pustet ein ungemütlicher Wind um ein Hochhaus in Hamburg unweit der Alster. Drinnen sitze ich in einem stylishen Loft zusammen mit ca. 20 Kollegen aus der Digital- und Werbebranche. Wir schauen gerade einen Film. Es ist ein erotischer Stoff. Ein LKW und ein PKW machen rum und am Ende wird ein Van geboren. Das ist witzig und originell. Ein guter Film, denke ich.

„Aber was ist daran digital?“, fragt ein Jurykollege in die Runde.

Irgendwie ja eine berechtigte Frage. Der Spot ist in der Kategorie „Branded Content“ eingereicht. Aber es ist tatsächlich „nur“ ein Film. Andererseits, denke ich weiter, wenn man nach der erfolgreichsten digitalen Werbekreation der vergangenen Jahre auf YouTube fragt, landet man doch ziemlich schnell beim „Epic Split“ für Volvo mit Jean Claude Van Damme. Und das ist doch auch „nur“ ein Film. Das wirft dann eine wirklich generelle Frage auf: Was meint denn dieser Begriff „digital“ heutzutage? Nullen und Einsen, na klar. Aber das hilft auch nicht viel weiter. Denn eigentlich gibt es da draußen ja gar kein Stück Kommunikation mehr, das nicht irgendeinen digitalen Aspekt hat. Und wenn nahezu alles in unserer Kommunikationswelt digital geworden ist, dann differenziert dieser Begriff auch nicht mehr. Eine schöne Misere, denke ich.

Dieser Award hier hieß bis vor kurzem „Online-Star“. Dann hat man das „Online“ weggeschmissen, weil es irgendwie altmodisch rüber kommt. Hat man dann mit dem Namen „Deutscher Digital Award“ zielsicher den nächsten überlebten Begriff gewählt? Und plötzlich kommt mir ein Gedanke. Jetzt weiß ich, wie man es betrachten muss. Bedeutet digital nicht vielmehr, dass Kommunikation heute immer vernetzt ist? Also dass ein Stück Werbung gar nicht mehr für sich alleine stehen kann, dass es immer mit anderen Kommunikationsbestandteilen verknüpft ist, mit der gesamten Kampagne, mit verschiedenen Touchpoints, mit Menschen oder auch mit einem bestimmten Kontext oder mit einer Strategie.

Wir sitzen hier in der Jury des Deutschen Digital Award und prämieren eben nicht die eine Anzeige oder den einen Film, aber eben auch nicht den einen Banner. Wir prämieren „Cases“. Und das ist gut so. So erhält das Digitale einen echten Mehrwert, denn durch das Digitale kann Kommunikation insgesamt immer smarter und auch relevanter gemacht werden. Und bei ihrer Bewertung spielt eben diese konzeptionelle Relevanz und Smartness eine immer größere Rolle.

Das bringt mich gleich auf den nächsten Gedanken: Den Pret-a-porter-Effekt. Wir schicken hier bei diesem Wettbewerb also unsere Cases auf den Laufsteg. Dafür müssen sie natürlich richtig sexy sein. Aber sie müssen zumindest theoretisch auch wirklich getragen werden können. Das bedeutet, reine Fake-Kreation sollte man aussortieren, aber Award-Kreation – also Cases im Auftrag des Kunden, die aber primär Innovationscharakter haben – sind nicht nur okay, sondern meiner Ansicht nach sogar wünschenswert. Denn, wenn sie konzeptionelle Relevanz besitzen, kann aus Award-Kreation gerade über eine Prämierung echte funktionierende Kommunikation werden und sie kann dann als Leuchtturm möglicherweise sogar die ganze Branche in neue, aufregende Gewässer führen. Um das zu schaffen muss der Case zunächst aber mal auf dem Laufsteg funktionieren und dafür muss er dem Anlass angemessen eben auch besonders sexy präsentiert werden. Das macht man mittlerweile am besten mit einem Case-Film, der den Case schlüssig, aber eben auch spannend erzählt.

Und während ich in dem stylishen Loft über Hamburg sitze und mir einen Case nach dem anderen anschaue, stelle ich fest, dass mir die Case-Filme besonders gut gefallen, die nicht mit einem Kundenbriefing anfangen, sondern mit einem relevanten Problem. Denn das zeigt mir, dass die Kreativen nicht nur schlau nachgedacht haben, sondern im Zweifel sogar proaktiv einen Kunden motiviert haben, dieses Problem dann zu bearbeiten. Und das ist dann auch wieder relevant und wichtig für unsere ganze Branche.

Dieser Artikel wurde auf horizont.net veröffentlicht.