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Die konsistente Kommunikation des Markenkerns über alle Touchpoints hinweg ist künftig wichtiger denn je. Die digitalen Möglichkeiten sind dabei mannigfaltig. Unternehmen sollten experimentieren und neue Wege testen.

Sprunghafte Konsumenten, unzählige neue Kommunikationskanäle und eine zunehmend komplexe Technologielandschaft – das Marketingumfeld ist im Jahr 2022 volatil. Denn Covid-19 beschleunigte Trends um mehrere Jahre und veränderte das Konsumentenverhalten nachhaltig. Diese fünf aktuellen Strömungen können Entscheider für ihre Marke nutzen:

Markenerlebnis in Zeiten der Dezentralisierung

Sei es durch Facebooks Verstrickung in den Cambridge-Analytica-Skandal 2016 oder durch die Netzausfälle (Outage) im Jahr 2021: Das Vertrauen in Social-Media-Plattformen leidet, und der Ruf nach dezentral gesteuerten sozialen Medien wird immer lauter. Dank Blockchain könnte das bald Realität werden; die Technologie dafür steht in den Startlöchern. Allerdings sind die Eintrittsbarrieren für eine einfache Nutzung noch zu hoch, weshalb es etwas dauern wird, bis solche Medienkanäle die kritische Nutzermasse erreichen werden. Markenverantwortliche können sich aber heute schon vorbereiten, indem sie kontinuierlich die für ihre Marke relevanten Kommunikationskanäle identifizieren und verfolgen. So stellen sie sicher, zur richtigen Zeit auf den relevanten Plattformen vertreten zu sein und dort eine konsistente Markenkommunikationsstrategie umsetzen zu können.

Customer Journey um Online-Welten erweitern

Erlebnis schlägt Konsum: Schon vor über fünf Jahren fanden die Harris Group und McKinsey über Studien heraus, dass Konsumenten – besonders Millenials – lieber etwas Tolles erleben wollen als materielle Güter zu kaufen. Gerade virtuelle Welten – oder sogenannte Metaverses – ermöglichen es Marken, Kundenerlebnisse auf das nächste Level zu heben. Einige Unternehmen üben sich schon im Experimentieren: So präsentierte die Luxusmodemarke Balenciaga ihre letzte Herbstkollektion in Form eines Online-Videospiels mit dem Titel Afterworld. Gucci verkauft digitale Handtaschen auf Roblox, und Nike stellt einen Director of Metaverse Engineering ein, um mit seiner Expertise und der Hilfe von AR und VR die virtuelle Welt Nikeland noch enger mit der reellen Produktwelt zu verzahnen. In Kürze werden weitere Unternehmen in den virtuellen Raum investieren und so ihre Customer Journey um neue digitale Welten erweitern. Die Vorteile liegen auf der Hand: Brands können nahtlos mit ihre Konsumenten interagieren, maßgeschneiderte Inhalte liefern und dabei das jeweilige Kundensement noch besser verstehen. Die positiven Interaktionen mit den Marken werden deren Bekanntheit und Wert deutlich steigern und dadurch das Geschäft ankurbeln.

Von Kunden für Kunden für mehr Authentizität

Die C2C-Wirtschaft (Customer-to-Customer), in denen Menschen miteinander in den direkten Austausch treten oder Waren und Dienstleistungen tauschen, brachte große Plattformunternehmen wie Uber, Facebook und Etsy hervor. Marken zeigt dieser Trend, dass die direkte Kommunikation von Kunde zu Kunde immer wichtiger wird – nicht nur für direkte Transaktionen, sondern auch für den Erfahrungsaustausch zu dedizierten Markenerlebnissen. Entsprechend sollten Brands ihren Kunden ermöglichen, Erfahrungen mit ihren Peers zu teilen und ihren authentischen Meinungen Raum zu geben, um so ein glaubwürdiges Markenerlebnis zu schaffen. Das funktioniert gut über initiierte Communities wie Adidas Runners oder über Collectible Communities via NFTs (Non Fungible Tokens). Ein Trendsetter hierfür ist VeeFriends – ein Community rund um die NFT-Kollektion von Gary Vaynerchuk.

Persönlicher Service im Customer Lifecycle

Wer ein leistungsfähiges Service-Engagement aufbaut, erhöht die Kundenbindung und -loyalität und steigert damit den Umfang der einzelnen Verkäufe und sogar das Cross-Selling. Um dies zu erreichen, gilt es, das Kundenerlebnis über alle physischen und digitalen Kanäle hinweg entlang des gesamten Customer Lifecycles zu personalisieren. Marken, die dies erfolgreich umsetzen, können dadurch laut dem Artikel The end of shopping’s boundaries: Omnichannel personalization von McKinsey eine Umsatzsteigerung von bis zu 15 Prozent erreichen. Ein zentraler Baustein ist persönlicher und effektive Kundenservice. Um an jedem Touchpoint eine Eins-zu-eins-Kundenberatung gewährleisten zu können, muss es Servicemitarbeitern gelingen, Kunden in ihrem aktuellen Kontext wahrzunehmen und sie wirklich zu verstehen. Technologisch gewährleisten lässt sich ein solch persönlicher Service mit Content-Management-Systemen oder Customer-Data-Plattformen.

Premium-Dienstleistungen auch im Laden

Damit die Menschen Lust auf einen Stadtbummel bekommen und nicht alles online kaufen, ist auch im Ladengeschäft der Service entsprechend zu gestalten. Eine wirtschaftliche Lösung könnten Roboter sein, die Verkäufer von ihren Routinenaufgabenentlasten, so dass diese mehr Zeit für die Premium-Behandlung ihrer Kunden haben. Darüber hinaus erfassen Einzelhandelsroboter detaillierte Daten über die Produkte in den Regalen und über das Kaufverhalten der Konsumenten, was die Bestandsverwaltung effizient und genau macht. Ergo können Händler schneller auf Mikrotrends reagieren und viel besser individuelle Kundenwünsche erfüllen.

Mut als Wegweiser

Von Dezentralisierung über neue virtuelle Welten bis hin zu Robotern: Markenverantwortliche haben es nicht leicht, in einem solch volatilen und komplexen Umfeld ihre Marke standhaft im Leben ihrer Kunden zu positionieren. Künftig kommt es darauf an, konsistent die Kommunikation des Markenkerns über alle Touchpoints hinweg auszurichten, authentisch
in den Marken-Messages zu sein sowie fokussiert und zukunftsorientiert zu agieren. Dazu gehört auch der Mut, neue Wege zu gehen und zu experimentieren. Denn eins ist klar: Im Zeitalter noch nie dagewesener technologischer Möglichkeiten wird es viele neue Wege geben.

Zuerst erschienen bei Markenartikel Magazin.

„Wir werden in einer anderen Welt leben, wenn die Krise vorbei ist“ – mit seiner Prognose ist Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari nicht allein. Gesellschaftsexperten gehen davon aus, dass die Corona-Krise das Miteinander nachhaltig verändern wird. Es wird viel von neuer Solidarität und einem stärkeren Wir-Gefühl gesprochen, allerdings gibt es keine konkreten Antworten darauf, wie sich das Verhalten der Menschen in der Praxis verändern wird. Das besondere an der Corona-Krise: Jeder ist von ihr betroffen – egal ob Schüler oder Rentner, Kassierer oder Manager, Großstädter oder Landbewohner. Genau deshalb haben wir uns bei Mediaplus die Bevölkerung losgelöst von standarddemographischen Aspekten wie Alter, Einkommen und Wohnort angesehen und den Fokus stattdessen auf Werte und Ideale gelegt, die eine dominante Rolle im Leben der Menschen spielen.

Was bleibt nach Corona?

In einer umfangreichen Analyse haben wir die deutsche Gesamtbevölkerung nach Werten geclustert und sechs Lifestyles definiert, die beschreiben, wie sich Konsumenten nach der Krise verhalten werden – wenn auch der Beginn der Post-Corona-Zeit recht unterschiedlich definiert wird: Für einige ist sie mit den Lockerungen der letzten Wochen angebrochen, für andere wird sie erst anbrechen, wenn sich die wirtschaftliche Situation verbessert hat; für wieder andere, wenn das Virus endgültig besiegt ist und ein Impfstoff entwickelt wurde. Unsere sechs Post-Corona-Lifestyles spiegeln alle drei Ansätze wider und wurden in der Ausarbeitung berücksichtigt.

Catch-Up, Lockdown, Cocooning, Virtual, Purpose Driven & Self-Care – diese sechs Lifestyles werden das Konsumentenverhalten Post-Corona wesentlich prägen. Mit dem Catch-Up und Lockdown Lifestyle sind zwei völlig neue Lifestyles in Erscheinung getreten. Die anderen vier Lifestyles gab es bereits vor der Krise, sie haben allerdings durch Corona neue Treiber und eine deutlich stärkere und andersartige Relevanz erlangt.

Don´t stop me now: der Catch-Up Lifestyle

„Verzicht war gestern, heute wird gelebt und nachgeholt“ – so in etwa könnte die Maxime des Catch-Up lauten. In diesem Lifestyle finden sich diejenigen wieder, die alles Verpasste nachholen wollen, das aufgrund der Corona-Krise ausfallen musste. Ob Urlaube, Treffen mit Freunden, Partys, Restaurantbesuche oder Shoppingtrips – die Catch-Upper wollen das Leben in allen Zügen genießen und so schnell wie möglich wieder in ihren Habitus aus Prä-Corona-Zeiten zurückfinden. Vor allem hedonistische und spaßorientierte Personen, denen Werte wie Freiheit und Gemeinschaft am Herzen liegen, finden sich hier wieder. Auch beim Konsum werden da keine Abstriche mehr gemacht. Catch-Upper konsumieren oft und gerne und zeigen das auch ihren Mitmenschen. Sei es auf Social Media oder im realen Leben, Catch-Upper tragen ihre Lebensfreude aktiv nach außen. In der Catch-Up-Phase kann sich im Übrigen jedermann befinden – unabhängig vom Alter oder Einkommen.

Verharren im Krisenmodus: der Lockdown Lifestyle

Das Gegenteil zum Catch-Up bildet der Lockdown Lifestyle. „Stay home and stay safe“ lautet die Devise seiner Anhänger. Hier finden sich vor allem die Leute wieder, die ohnehin ein starkes Sicherheitsbedürfnis haben und ihren Fokus auf die eigene Gesundheit legen. In ihrer Grundeinstellung sind sie eher traditionell und auch in einem gewissen Maße ängstlich veranlagt. Die Krise bietet diesen Werten nochmals mehr Raum. Die Ungewissheit, die durch Corona entstanden ist, hat die Lockdowner nachhaltig beeinflusst. Auch die wirtschaftlichen Folgen der Krise wie (Angst vor) Jobverlust und Kurzarbeit begünstigen diesen Lifestyle. Für die Lockdowner werden die erfahrenen Ängste auch nach der Corona-Zeit eine tragende Rolle spielen. Die Freizeitgestaltung wird eher im Privaten und im Lean-Back-Modus erfolgen. Die Sehnsucht nach Eskapismus wird hauptsächlich mit klassischen Medien bedient, auf Ausgehen wird im Großen und Ganzen verzichtet, da man keine Risiken eingehen will. Konsum dient in diesem Lebensstil klassisch der grundlegenden Bedürfnisbefriedigung und ist eher preisgetrieben und Mittel zum Zweck.

Cocooning, Virtual, Purpose Driven, Self-Care: bekannte Lifestyles, neue Relevanz

Dass Corona die Lebenswelt nicht völlig neu erfunden hat, ist klar. Die Krise hat jedoch gezeigt, dass sie auch bestehende Lifestyle-Modelle beeinflusst und ihnen neue Relevanz einhaucht.

Ein Beispiel dafür ist der Cocooning Lifestyle –Grundgedanke: „My Home is my Castle”. Anhänger dieses Lifestyles achten sehr darauf, ihr zu Hause zu einer Wohlfühloase zu machen und diesen Rückzugsort in vollen Zügen zu genießen. An sich ist das Lebensumfeld hier ähnlich wie beim Lockdown Lifestyle, allerdings ist der Antrieb dahinter ein ganz anderer. Beim Cocooning steht die Selbstverwirklichung im Vordergrund. Der Lockdown hat bei den Cocoonern dazu geführt, die eigenen vier Wände zum Home Spa umzufunktionieren. Wohlfühlen geht eben auch von zu Hause. Cocooner kasernieren jedoch nicht in ihren Wohnungen, sondern laden gerne auch Freunde ein oder gehen in Restaurants essen – allerdings alles in Maßen. Für Cocooner ist es auch kein Problem, sich in Verzicht zu üben, sei es durch bewusste Offline-Zeiten und den Griff zum Buch oder durch Urlaub im Garten oder auf dem Balkon.

Auch beim Self-Care Lifestyle geht es darum, das eigene Wohlbefinden in den Vordergrund zu stellen, allerdings unterscheidet sich das Wertekonstrukt dieses Lebensstils grundlegend. Individualismus, Leistung und Selbstoptimierung stehen an erster Stelle – Maxime: „Me, Myself and I“. In dieser Lebenswelt finden sich all diejenigen wieder, die sehr großen Wert auf Fitness legen und sich stark mit dem eigenen Körper und der eigenen Psyche auseinandersetzen. Sie kümmern sich in der Krisenzeit vor allem um sich selbst. Über Apps und Online Tutorials finden sie zur Ruhe und lassen sich durch Corona kaum negativ beeinflussen. Die Self-Carer sind generell wenig anfällig für Krisen. Sie stecken die Corona-Zeit ohne Weiteres weg.

Eine der grundlegendsten Veränderungen durch Corona war die Verlegung des gesamten Lebens in die eigenen vier Wände – sowohl beruflich als auch privat. Plötzlich war es möglich, dass ganze Branchen nur noch im Home Office arbeiteten und auch soziale Kontakte über Plattformen wie Zoom oder Houseparty digital abliefen. Im Virtual Lifestyle vereinigen sich all diejenigen, die den (auch durch Corona ausgelösten) digitalen Shift voll in ihren Alltag integriert haben. Die Maxime der Virtuals lautet „Digital First“, was allerdings nicht bedeutet, dass das Leben nur noch digital stattfindet. Virtuals zeichnen sich durch ihre progressiv-pragmatische Grundeinstellung und einen ausgeprägten technologischen Optimismus aus. Sie probieren gerne Neues aus und sind Early Adopter, was technische Geräte oder Gadgets angeht. Die Krise hat diese Affinitäten nochmals verstärkt.

Der letzte Post-Corona-Lifestyle ist Purpose Driven. Das Thema Purpose ist spätestens durch Fridays for Future in unserer Gesellschaft angekommen. Allerdings ist es kein reines Klimathema. Dass Purpose gesellschaftsübergreifend jeden betrifft, machen die Black-Lives-Matter-Proteste oder die Stop-Hate-for-Profit-Kampagne überdeutlich. Dabei ist vor allem der Aspekt der Solidarität ausschlaggebend für die Anhänger dieses Lifestyles. Grundsätzlich sind Menschen des Purpose Driven Lifestyles postmaterialistisch eingestellt und haben tendenziell ein kritisches Auge auf die ungezügelte Globalisierung. Gerade Werte wie Nachhaltigkeit und Gemeinschaft spielen eine sehr wichtige Rolle. Das war vor Corona so, das wird auch nach Corona so sein. Die Krise hat jedoch dazu geführt, dass sich mehr Konsumenten diesem Thema widmen. Hashtags wie #supportyourlocal wurden zum Synonym der neugewonnenen Solidarität mit regionalen und lokalen Unternehmen. Auch nach der Krise werden viele daran festhalten, um nicht mehr zurück in das Hamsterrad der „kranken“ Vorkrisenzeit zu fallen.

Corona geht, der Lifestyle bleibt?

Auch die Corona-Krise wird irgendwann überstanden sein und der Virus (hoffentlich) besiegt. Allerdings bleibt die Frage, wie nachhaltig die Veränderungen in unserem Leben sein werden, die wir durch Corona erfahren haben. Denn nicht alles, was unser derzeitiges Handeln bestimmt, wird auch in Zukunft dauerhaft relevant sein. Auch Marken müssen sich dieser Frage stellen, um zu verstehen wie Konsumenten ticken und wie man sie am besten erreicht. Alle Lifestyles haben potenzielle Auswirkungen auf Marken, deren Produkte und ihre Kommunikation.

Mit seiner Einschätzung, dass Corona die Welt nachhaltig verändern wird, behält Harari vermutlich recht; Konsumenten und Marken sollten die Krise allerdings als Chance sehen, da sich die Menschen durch sie darauf rückbesinnen, welche Werte ihnen persönlich wichtig sind und wie diese Werte ihr Handeln beeinflussen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei markenartikel.