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Die Zukunft der Kommunikation liegt in unseren Händen – und damit meine ich nicht nur, dass durch die „Demokratisierung“ des Internets unzählige neue Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen werden, sondern vor allem, dass es die handlichen mobilen Geräte in Ihrer Tasche sind, auf denen sich künftig Kommunikation primär abspielen wird. Denn Smartphones, Phablets und Tablets sind längst nicht mehr nur Spielzeuge der Early Adopter – sie sind in der breiten Masse der Gesellschaft angekommen. Sinkende Gerätepreise und günstige Tarife haben diese Entwicklung in den vergangenen Jahren begünstigt.

So werden inzwischen jährlich fast doppelt so viele mobile Geräte verkauft wie stationäre PCs oder Notebooks. Bis 2016 werden über 40 Millionen Deutsche das mobile Internet nutzen – allein in diesem Jahr gehen wir von einem Anstieg der Nutzer um mehr als 30 Prozent im Vergleich zu 2012 aus. Gut die Hälfte nutzt schon jetzt Social Media auf ihrem Mobilgerät, die parallele Verwendung von mobilen und stationären Geräten nimmt ebenfalls zu.

Die Zeiten, in denen Mobile nur dann Teil einer Kampagne wurde, wenn im Budget ein paar Groschen übrig waren, sind Geschichte: Mobiles Marketing ist in den Chefetagen angekommen, wo nicht in unterschiedlichen Budgettöpfen gedacht wird. Mobile ist der Kommunikationskanal, der immer „am Mann“ und „an der Frau“ ist; Smartphones begleiten uns vom Aufstehen bis zum Schlafengehen, im Beruf, in der Freizeit, im Urlaub – Mobile ist das Medium, das persönlicher nicht sein kann und das die Vernetzung von analoger und digitaler Kommunikation in höchstem Maße fördert. Wir werden es deshalb künftig bei der Konzeption von Kampagnen häufiger erleben, dass es – wie früher „Online first“ – eventuell „Mobile first“ heißen wird.

Zwar sind mobile Geräte von der breiten Masse genutzte Devices; aber gleichzeitig treiben sie vor allem eines voran: die individuelle und personalisierte Nutzung von Medien. Dementsprechend besteht eine der großen Herausforderung für Kommunikation darin, für den Einzelnen relevante und ansprechende Inhalte zu schaffen, die gezielt ausgeliefert werden. Denn das ist es, was Konsumenten im Dickicht der immer fragmentierteren Medien- und Informationslandschaft wollen: Die für sie persönlich wichtigen Inhalte zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu bekommen.

Darüber hinaus müssen Marken in ihrer Kommunikation künftig vor allem eines: faszinieren. Und das gelingt nur mit ideenreichem und innovativem Content.

Unsere Branche ist stetig im Wandel und die Entwicklungen in Marketing, Werbung und Medien gehen rasant voran. Die aus meiner Sicht derzeit wichtigsten aktuellsten Trends in Marketing und Kommunikation sind folgende:

1. Mobility verändert den Wettbewerb
Der Wettbewerb wird durch die zunehmende Mobilität transparenter und damit auch härter. Preise, Kosten und Produkte sind immer und überall überprüfbar. Die Zahlen sprechen für sich: 2011 wurden erstmals mehr Smartphones als PCs verkauft (Quelle: IDC, Ab 2012 Prognosedaten). Und auch die Nutzung des mobilen Internets stieg in den letzten zwölf Monaten um mehr als 50% (Quelle: AGOF mobile facts 2011 / Plan.Net Media Intelligence , 23.515 Fälle, entspricht 70.33 Mio. Deutschsprachige ab 14 Jahren). Und durch die neuen Datenverbindungen wie LTE oder den Quad-Core Processor kann mit High-Speed alles und immer schneller von unterwegs überprüft werden.

2. Social Media als Dialogmedium statt Telefon und E-Mail
Heute sind Facebook & Co. nicht mehr aus dem täglichen Leben der Generation der unter 30-Jährigen wegzudenken. Auch die Nutzerzahlen deuten auf die wachsende Integration von Social Media hin: Laut der Acta-Studie 2011 (ACTA 2011; Facebook Advertising Tool September 2012; ComScore Net-Metrix Januar 2012) gibt es aktuell 33,15 Millionen Nutzer im deutschsprachigen Social Web. Allein auf Facebook gibt es in Deutschland 24,3 Mio. Mitglieder. Zu den meistbesuchten Mediasites zählen Facebook, YouTube, Wikipedia und gutefrage.net. Auch der Einfluss von Twitter auf die Verbreitung von News-Content – was ermöglicht, in Sekundenschnelle Nachrichten über den gesamten Globus zu streuen – ist von einer enormen Eigendynamik geprägt. Das Unternehmen hat just angekündigt, seine Präsenz in Deutschland auszubauen und die aktive Nutzung um 50 Prozent zu steigern.

3. Cloud Backup: Unser Leben in der Cloud
Termine, Adressen, Fotos, Dateien: Wir alle erstellen und verwalten Inhalte – und das an vielen unterschiedlichen Eingabegeräten. Cloud Computing ermöglicht, zu jeder Zeit und von allen Geräten auf den kompletten Datenbestand zugreifen zu können. Denn mit der Cloud sind alle Endgeräte, sei es das Smartphone, Tablet oder das internetfähige Fernsehgerät, verknüpft und bedienen sich aus einem gemeinsamen Datenpool. Die aktuellen Services lauten Google Drive, Apple Cloud oder die Telekom Cloud. Und mit den neuen Möglichkeiten der Datenübertragungen wie LTE, das um ein vielfaches schneller ist als DSL, ist diesem Trend der erfolgreiche Weg geebnet.

4. Startup Trend „Collaborative Consumption“: ausleihen statt kaufen
Collaborative Consumption steht für den gemeinschaftlichen Konsum und das Teilen von persönlichen Dingen. Das Konzept bezeichnet die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und persönlichen Gegenständen, um einen nachhaltigen Umgang mit ihnen zu fördern. Dies fängt an beim sogenannten „couch surfing“, bei der Menschen private Übernachtungsmöglichkeiten anbieten, die deutlich unter den örtlichen Hotelpreisen liegen. Oder die mittlerweile sehr populären Seiten wie Mitfahrgelegenheit. de. Für wenig Geld gemeinsam weite Strecken zurückzulegen, die Fahrtkosten untereinander aufzuteilen steht hoch im Kurs. Auch das Sharing von Autos, wie das von BMW initiierte System drive.now zeigt, belegt diesen gesellschaftlichen Trend im Nutzungsverhalten, das hohen Anklang findet. In München beispielsweise umfasst drive.now eine Kooperation mit der Stadt München, die bei Nutzung das Entwerten eines Parkzettels überflüssig macht.

5. Vertrauen ist der markenprägende Faktor
Nachhaltigkeit bedeutet für Unternehmen nicht weniger als Markenmehrwert. Die zweite SIS (Sustainability Image Score)-Studie der Serviceplan Gruppe ermöglicht es erneut, den Einfluss der öffentlichen Wahrnehmung von der Nachhaltigkeit eines Unternehmens auf den Markenmehrwert und somit auf den unternehmerischen Erfolg darzustellen. Nachhaltigkeit liegt dort mit 14 Prozent nur knapp hinter den Faktoren Qualität der Leistung (21 Prozent) und wirtschaftlicher Erfolg (18 Prozent). Nachhaltigkeit und die Sehnsucht nach „Vertrauen“ werden so zusehends zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Transparenz und ehrliche Kommunikation sind dabei die entscheidenden Faktoren, die zur Entwicklung des Markenwerts beitragen.

6. Social Enterprise: Mehrwert statt Profit
Social Enterprise sind Unternehmen, die im Sinne des sozialen Aspektes handeln und Strategien entwickeln, die drauf ausgerichtet sind, die Gesellschaft und Umwelt zu verbessern und einen Mehrwert bieten statt Profit für Stakeholder zu erwirtschaften. Sie handeln gemäß der Leitlinie: nicht der Investor steht im Vordergrund, sondern der soziale Aspekt, die gute Sache. Solche Firmen oder Organisationen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Dies ist auch ein wesentlicher Bestandteil, wenn es um Markenführung und die Integration dessen in die Kommunikation nach außen, geht. Bekanntes Beispiel ist hier GEPA, die sich seit 35 Jahren das Thema „Faires Handeln“ auf die Fahnen schreiben. Fairer Handel ist dort Kern der Unternehmensphilosophie, keine Nebensache. Denn alle Gewinne werden wieder in den Fairen Handel investiert.

(Ursprünglich erschienen hier auf horizont.net)

Was für den Werber der ADC ist für die Kommunikatoren auf Unternehmensseite der Kommunikationskongress. Man trifft sich einmal im Jahr – hier ist es traditionell noch Berlin – man feiert und verleiht Preise. Agenturen spielen keine große Rolle, sie sind nur geduldet.

Trotzdem ist es interessant, sozusagen am Katzentisch Mäuschen zu spielen. Denn man bekommt aus erster Hand mit, was Unternehmen in Sachen Kommunikation bewegt. Es gibt eine Vielzahl von Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Best Cases, aus denen man Honig saugen kann.

Hier die wichtigsten Trends, die wir aufgeschnappt haben.

1.    Marketing, PR und Unternehmenskommunikation wachsen zusammen

Kommunikation auf Unternehmensseite wächst weiter zusammen. Viele Unternehmen sind bemüht, die Gräben zwischen Marketing, PR und Unternehmenskommunikation einzuebnen. Man verspricht sich davon mehr Klarheit in der Außendarstellung und mehr Effizienz. Eine Chance für Agenturen, die ebenfalls über ihren Tellerrand hinausschauen können.

2.    Nachhaltigkeit bleibt Top-Thema – Kommunikation nach draußen fehlt  

Nachhaltigkeit ist weiterhin ein großes Thema. Allerdings dringt relativ wenig davon nach außen. Viele Unternehmen kümmern sich zur Zeit intensiv um nachhaltige Prozesse und die Motivation und Schulung der Mitarbeiter. Gerade Großkonzerne wollen im Nachhaltigkeitswettbewerb optimal aufgestellt sein. Die Ziele, die dahinterstehen sind oft erstaunlich ambitioniert (z. B. Umsatzverdoppelung bei halbiertem Footprint). Die Frage bleibt, wann diese löblichen Anstrengungen auch mal den Verbrauchern kommuniziert werden.

3.    Angst vor Shitstorms wächst

Unternehmen achten immer stärker auf ihren guten Ruf. Die Sensibilität gegenüber negativer Berichterstattung und Shitstorms ist enorm hoch. Entsprechend aktiv sind Unternehmen – beispielsweise beim Monitoring in Social Networks. Auf der anderen Seite könnte das auch bedeuten, dass der Mut sinkt etwas Außergewöhnliches zu tun – zum Leidwesen der Kreativen.

4.    Banken halten den Ball flach

Die Vertrauenskrise ist zur Zeit das größte Problem bei der Bankenkommunikation. Offensichtlich haben sich die meisten Banken entschieden, das Thema defensiv anzugehen und möglichst wenig Angriffsflächen zu bieten. Oder wie es ein Teilnehmer auf einem Podium formulierte „Jede Krise geht irgendwann einmal vorbei“.

So viele Innovationen wie in den vergangenen zehn Jahren haben wir in der Medienbranche im ganzen letzten Jahrhundert nicht erlebt. Das Internet hat alles verändert – wir sind im Zeitalter der integrierten und der digitalen Kommunikation angekommen. Wir haben in unserer Agenturgruppe aufgehört, in „above“ und „below the line“ einzuteilen; jede einzelne Kommunikationsdisziplin ist heute ein wichtiger Teamplayer. Und wir beschäftigen uns mit innovativen Konzepten und Technologien, von denen man vor 20 Jahren nichts ahnte: Targeting, Social Web, App-Entwicklung oder 3D, um nur einige zu nennen.

Die Fülle an Innovationen macht es heute schwer, den Überblick zu behalten. Umso wichtiger ist es, das große Ganze im Blick zu behalten und die Megatrends herauszufiltern. Genau dafür gibt es den Innovationstag, den wir mit verschiedenen Partnern und Branchengrößen seit 2005 jährlich in München veranstalten. Gemeinsam mit Vordenkern und Visionären diskutieren wir die wichtigsten Strömungen in Medien und Kommunikation.

Heute, beim Innovationstag 2012, sprechen wir mit Prof. Dr. Hans-Werner Sinn (Präsident des ifo Instituts) über die Zukunft der Weltwirtschaft und des Euros, mit Frank Schirrmacher (Herausgeber der FAZ) über den Einfluss des Internets auf das Denken der Menschen und mit Rowan Barnett (German Market Director Twitter) über die künftige Relevanz des Kurznachrichtendienstes. Wir diskutieren mit weiteren Experten über die gegenwärtigen Herausforderungen einer globalen Markenkommunikation und über Technologien wie Cloud-Computing, Multi-Touch oder Eye-Tracking. Und nicht zuletzt gehen wir mit dem Philosophen Richard David Precht der Frage nach der Moral und der Verantwortung von Marken und Unternehmen in der heutigen Zeit nach.

Ein spannendes Programm! Sollten wir Sie heute nicht persönlich begrüßen dürfen, lade ich Sie herzlich dazu ein, Unterlagen zum Tag und zu den Inhalten bei uns anzufordern.

Mit besten Grüßen aus dem Haus der Kommunikation
Ihr
Florian Haller

Ich bin 43 Jahre alt und Kreativchef einer Digitalagentur. Heißt, ich lese ziemlich viele Texte auf digitalen Displays.  Aber ehrlich gesagt, kann ich das gar nicht mal so gut. Um einen Text wirklich beurteilen zu können und dann inhaltlich und stilistisch zu korrigieren, muss ich ihn mir immer noch ausdrucken. Mein Gehirn hat in Kindheit und Jugend gelernt, mit Texten auf Papier zu arbeiten. Ich war immerhin schon 22 als ich meine erste Uni-Hausarbeit mit einem Textverarbeitungsprogramm am Computer geschrieben habe. Und obwohl ich dann nur zwei Jahre später meine erste Website selber gebastelt habe, mag mein Kopf beim Thema Text das Papier lieber als das Display.
Außerdem spiele ich Fußball – am liebsten mit einem Ball aus Leder auf einem schönen grünen Rasen. Früher war ich sogar mal richtig gut. Fußball auf der Playstation kann ich dagegen überhaupt nicht. Da bin ich eine Niete. Ich habe drei jüngere Brüder und gegen keinen von denen habe ich je ein Konsolenmatch gewonnen.
Und trotzdem habe ich mit Begeisterung und Leidenschaft die Welt digitalisiert. Natürlich nicht ich alleine, sondern gemeinsam mit ein paar Millionen anderen Menschen meiner Generation. Und diese Generation – die Menschen um die 40 – haben die digitale Welt geschaffen. Wir sind keine „Digital Natives“, wir sind „Digital Hybrids“ – also digitale Zwitter. Wir sind komplett analog aufgewachsen und dann mit voll Karacho ins Digitale eingestiegen. Wir haben das Internet immer weiter ausgebaut, die Websites mit immer mehr Content bestückt, wir haben Tools geschaffen und immer weiter verlinkt und vernetzt und schließlich das Netz sozial und mobil gemacht. So haben wir die digitale Welt immer allgegenwärtiger und allumfassender gemacht.

In den Medien und in der Kommunikation ist heute nahezu alles digital. Selbst das, was wir Klassik nennen, ist größtenteils digital. Entweder durchläuft auch sie digitale Produktionsprozesse oder wird auf digitalen Medien ausgegeben. Und wenn fast alles digital ist, braucht man den Begriff „digital“ auch beinahe nicht mehr. Er differenziert immer weniger und er markiert heute nichts Neues oder Besonderes mehr.
Wir digitalen Zwitter hatten ja zwischenzeitlich geglaubt, die digitale Revolution würde jahrhundertealte Gesetzmäßigkeiten innerhalb von nur wenigen Jahren umdrehen. Mehr denn je hat sich aber heute die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Idee einer „New Economy“ – die über ein sich immer wieder erneuerndes Versprechen in die Zukunft immer mehr virtuelle Werte schafft – vielleicht doch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Eine nachhaltige Wirtschaft, die sich wieder verstärkt um das Schaffen von echten Werten kümmert, scheint uns mittlerweile wieder sympathischer und auch erfolgversprechender.

Aber zurück zur Werbung! Die erste Generation, die komplett digital aufgewachsen ist, ist erwachsen geworden. Die Digital Natives machen inzwischen manchmal selber Werbung oder sind auf alle Fälle Zielgruppe von ihr. Und für sie ist ihr Facebook auf dem Smartphone so normal und alltäglich wie der Morgenkaffee. Digitale Medien sind für sie super wichtig, aber es ist für sie nicht mehr so wichtig, dass sie digital sind. Aktuelle Jugendstudien sagen, dass ihr Umgang mit ihnen zwar selbstverständlich, aber mehr und mehr auch von einer gewissen Nachlässigkeit geprägt ist. Die Kompetenzen für valide Internet-Recherchen nehmen ab und wenn „Chillen“ angesagt ist, wird der ganze Digitalkram auch mal auf Pause gestellt.

Die zunehmende Digitalisierung unserer Welt schafft also gleichsam ihre Entdigitalisierung.

Was bedeutet das für uns Werber? Natürlich bleiben Technologien und Innovationen weiterhin wichtige Treiber unserer Branche, aber es bedeutet auch: Entspannung. Wenn der erste Teil des Begriffes „Digitale Kommunikation“ an Bedeutung verliert, bleibt der zweite Teil: die Kommunikation. Und die braucht Ideen, Inhalte und Geschichten. „Content is King“ ist ja auch nicht so neu, aber heute umso wahrer und wichtiger. Wir müssen kein Storytelling für Technologien oder Systeme machen. Wir erfinden Geschichten für Menschen. Und die und ihre Bedürfnisse haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten nicht so grundlegend geändert, wie man manchmal denken mag, wenn man jedem Hype hinterher rennt. Auch in Buzzword-Bereichen wie Viral-Marketing oder Social Media gelten fürs Storytelling eigentlich immer noch dieselben Gesetzmäßigkeiten wie zu Shakespeares Zeiten: Es braucht ein Problem oder Hindernis, es braucht einen Spannungsbogen und es braucht Relevanz und Identifikationsmöglichkeiten. Und dann kann man das Ganze noch würzen mit Prominenz, mit Überraschungen, mit Humor, mit Geheimnissen oder mit Sex and Crime.

Ich glaube, Shakespeare würde heute ziemlich viele Cyberlions gewinnen.

Der Spiegel machte diese Woche mit einem Aldi-Skandal auf. Wer den Artikel liest, entdeckt nur ein Skandälchen. Die Big News: Fililaleiter, die via Überwachungskamera Kundinnen ins Dekolleté äugen. Keine von oben gesteuerte Verschwörung, sondern lediglich dumme  Filialleiterstreiche. Der Rest des Artikels ist bereits seit Jahren bekannt: Aldi leidet unter Kontrollzwang und nimmt Mitarbeiter und Lieferanten ziemlich hart an die Kandare.  Man fragt sich also, wer hier ein Problem hat. Aldi, mit diesem Skandälchen oder der Spiegel, dem offenbar kein echter Scoop mehr gelingt.

Bei näherer Betrachtung bleibt das Problem bei Aldi. Denn auch wenn dem Spiegel die Fähigkeit zum die Republik erschütternden investigativen Journalismus abhanden gekommen ist: Wie man Auflage macht, das weiß Deutschlands größtes Nachrichtenmagazin noch immer. Und dass Aldi-Bashing gut ankommt, davon zeugen andere Medien, die willig auf den Zug aufspringen. Warum ist das so? Offensichtlich ist Aldi für deutsche Medien das, was Erich von Strohheim im frühen amerikanischen Kino war: „The one you love to hate.“ Aber warum wird Aldi eigentlich nicht als Robin Hood dargestellt? Dank Aldi wissen Hartz IV-Empfänger, was Räucherlachs ist. Dank Aldi sind die Lebensmittelpreise in Deutschland so niedrig, wie in keinem anderen europäischen Land. Dank Aldi fühlt sich das zustehende Wohlstandsgefälle in Deutschland nicht so  schlimm an. Wenn jemand Grund hätte Aldi zu hassen, dann gemobbte Mitarbeiter und ausgepresste Lieferanten, aber nicht die Masse der Konsumenten, auf die ein Spiegel-Aufmacher letztlich zielt.

Warum stellt man dann Aldi an den Pranger? Der Grund liegt darin, dass ein Deal immer angreifbarer wird, der zum Geburtsmythos des Konzerns gehört. Der Deal lautet: „Du kannst bei uns so billig wie möglich einkaufen. Dafür behandeln wir dich auch so billig wie möglich.“ Aldi Kunden kennen das: Man wird nicht bedient, sondern abgefertigt. Die Läden haben durchweg den Charme eines Gefängniskiosks. Und wie’s den Mitarbeitern geht, möchte man lieber nicht wissen. Kunden haben das lange akzeptiert und Aldi konnte florieren. Für eine kurze Zeit – in der „Geiz ist Geil“-Epoche, hatte Aldi sogar Kult-Status. Damals sah man die Besserverdienenden bei Aldi auf der Suche nach Top-Oliven-Öl und Neun-Euro-Champagner. Doch diese Zeiten sind vorbei. Heute ist die Gesellschaft dort angekommen, wo sie die Grünen immer haben wollten. Deren Themen, biologische Landwirtschaft, Energiewende und soziale Fairness sind heute Mainstream. Deswegen ist Bio in, Atomkraft out und klassisches patriarchales Verhalten sogar megaout.

Und Aldi? Aldi hat sich gefühlt seit seiner Gründung nicht verändert. Kommunikation? Vom Erfinder der Schweinebauchanzeige nichts Neues. Nachhaltigkeit? Problem der Lieferanten. Soziale Fairness? Geht euch nichts an. Für Aldi könnte diese Starrheit zu einem großen Problem werden. Nicht der Spiegel-Artikel selbst wird Aldi zu schaffen machen, sondern die wachsende Zahl der Menschen, die solche Artikel mit Schadenfreude lesen. Menschen, deren Loyalität zu dem Laden schwindet, bei dem sie seit Jahren einkaufen. Schlecker sollte ein warnendes Beispiel sein. Denn Schlecker warsozusagen Aldi radikal. Aber: Schlecker ist nicht deswegen insolvent, weil dort Mitarbeiter schikaniert wurden oder das Einkaufserlebnis noch klaustrophobischer war. Schlecker ist eingegangen, weil es eine Alternative gab: dm. Die ersteDrogeriemarkt-Kette, die kundenfreundliches, nachhaltiges und faires Verhalten tatsächlich und spürbar praktiziert. Gegen so einen Konkurrenten hatte Schlecker keine Chance. Für Aldi heißt das: Wenn im Discount ein Wettbewerber die Zeichen der Zeit erkennt und seine Geschäftspolitik entsprechend ausrichtet, dann werden die Zeiten für Aldi richtig hart.

Kürzlich wurde ich von „Dialog“, dem Magazin des Deutschen Dialogmarketing Verbands, gefragt, was der Kommunikation eines Unternehmens bleibt, wenn sie von vielen Konsumenten als Belästigung empfunden oder nicht mehr wahrgenommen wird. Wenn Anzeigen überblättert, TV Spots weggezappt, Briefe und E-Mails nicht geöffnet und Telefonanrufe abgewürgt werden.
Richtig ist, dass Kunden und Konsumenten heutzutage deutlich besser informiert, deutlich wählerischer und deutlich selbstbestimmter sind. Und das ist gut so. Denn wer will schon eine Gesellschaft voller unmündiger Kunden, sprich Bürger, Nachbarn, Kollegen, Freunde, Kinder?

Nicht richtig ist es, dass Kommunikation nicht mehr wahrgenommen wird.
Schließlich muss man Äpfel mit Äpfel vergleichen. Wir leben nicht mehr im Zeitalter des Kanal-Monopols. Die Zeiten, als die ganze Nation zur selben Uhrzeit und im selben Sender die Nachrichten der Welt verfolgte sind lange vorbei. Heutzutage gibt es eine immer schneller wachsende Anzahl von Kanälen, so dass der Konsument sich diese rauspickt, die ihm im jeweiligen Moment als die passendsten erscheinen. Und die anderen ignoriert. Freie Wahl für freie Bürger. Auch das ist gut so.
Ist damit das Leben der Marketers und Agenturen leichter geworden? Nein, ganz im Gegenteil. Denn das, was schon immer galt – der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler – wird immer herausfordernder umzusetzen.

Herausforderung 1: Um die große Bandbreite der Kanäle, die von TV bis Social Media reicht, mit State-of-the-Art-Lösungen bedienen zu können, wird ein stark erweitertes Fach- und Methodenwissen benötigt. Mit zum Teil erschreckend niedriger Halbwertszeit.

Herausforderung 2: In einer Zeit, in der materielle Wünsche für viele ein knappes Gut werden und statt dessen die emotionalen & spirituellen Wünsche immer stärker in den Vordergrund treten, ist der Weg in das Herz des Kunden nicht mehr über herkömmliche Themen & Mechaniken zu schaffen.

Meine feste Überzeugung: One-to-One wird zukünftig eine immer wichtigere Rolle beim Lösen dieser Herausforderungen spielen. Denn anstatt von oben herab laut nach draußen zu posaunen, wie toll man als Marke sei, wird es zukünftig viel wichtiger sein, zuzuhören und auf Augenhöhe mit Kunden in den Dialog treten zu können:
Um emotionale Erlebnisse, die mitten ins Herz treffen, konzipieren zu können. Um im Dialog mit den Kunden täglich zu beweisen, dass man es ernst meint – und den Kunden nicht nur als laufende Geldbörse wahrnimmt. Um auf Basis gemeinsamer Werte Mehrwerte für den Kunden, die Gemeinschaft und das Unternehmen gleichermaßen zu schaffen.
Zuhören und emotionale Markenerlebnisse im direkten Dialog mit den Kunden zu kreieren – das sind ausgewiesene Stärken von One-to-One. Und nicht nur das: Mitarbeiter aus der Dialog- und CRM-Welt sind meiner Erfahrung nach auch besser geeignet, die steigende Komplexität beim Orchestrieren der Kanäle & Botschaften effizient und effektiv zu managen. Ihre Fähigkeit in Prozessen zu denken kommt ihnen hier sehr zu gute.
Ja, Sie haben Recht. Dies ist kein einfacher Weg.
Gibt es eine Alternative dazu? Nein.

Wie sagte so schön Opernsängerin Beverly Sills: „Zu einem Ziel, das die Mühe wert ist, führen keine Abkürzungen.“

Kennen Sie die Killerantwort auf jede Innovation, sei sie auch noch so zwingend? Sie lautet: „Och nö, wir haben das schon immer so gemacht. Warum sollen wir jetzt was ändern? Klappt doch alles.“ Neues macht Angst, ist unbequem und könnte Grenzen überschreiten, die man von jeher mit Zähnen und Klauen verteidigt hat.
Gerade in der Kommunikation sind solche Argumente nicht selten. Nehmen wir die Marken- und Unternehmenskommunikation: Da wächst nur wenig zusammen, was eigentlich zusammengehört. Die einen – wie profan – kommunizieren, um mehr zu verkaufen. Die anderen kümmern sich um den guten Ruf an der Börse und überhaupt.
Nur leider gibt es da eine Entwicklung, die diese Trennung komplett ignoriert: Mit den digitalen Medien kommt Dialog auf – und darin werden Fragen gestellt, die nicht durch Packungsaufdrucke, echt voll kreative Spots oder staatstragende Formulierungen auf der Firmenwebsite beantwortet werden.
Und dann ist da noch dieser lästige Ungeist namens Nachhaltigkeit. Dem ist die Abteilung auch egal, die sich seiner bedient. Pech nur, dass gerade in Sachen Nachhaltigkeit nicht mehr nur behauptet werden kann, sondern belegt werden muss. Das gilt für alles – vom Mission Statement bis hin zur Produkt-Pressemeldung. Sowohl im B2B- als auch im B2C-Geschäft.

Und genau so wichtig: Was glauben die eigenen Mitarbeiter oder was denken diejenigen, die Mitarbeiter werden sollen? Und wer spricht zu ihnen, wenn sie sich informieren? Die Produktkommunikation? Der Unternehmenssprecher? Oder gar die Personalabteilung? Autsch.

Was ist zu tun? Einfach eigentlich: Liebe Kommunikationsabteilungen, redet miteinander, nicht übereinander. Lasst die einen Einblick nehmen in die Giftküche des anderen – um sich zumindest vorbereiten zu können auf die Fragen, die immer häufiger und drängender gestellt werden.
Dann gibt es auch weniger Prügel dafür, dass nicht alles grün sein kann, was man verkauft.  Die Schläge gibt‘ s – wie bei Nespresso – vor allem beim Ertappt-werden, dass man grün anstreicht, was eigentlich tiefschwarz ist.

Die Pflicht heute und zukünftig ist die thematische Verzahnung zwischen Produkt-und Unternehmenskommunikation; das Bauen von inhaltlichen Brücken über Disziplinen und Abteilungen hinweg. Das gestaltet die Kommunikation nicht nur authentischer sondern auch effizienter. Und effizient, das sollte man schon immer gewesen sein.

Das Thema dieses Jahr lautet: „Mobile, Local, Social – Dreiklang der vernetzten Gesellschaft“. Ein gutes Thema, finde ich, denn die „Internetisierung“ unseres Lebens ist tatsächlich der gesellschaftliche Megatrend, der unser Leben verändert.

Das fängt bei der Liebe an: Jeder zweite Single sucht heute seinen Partner im Netz, von fünf Paaren findet eines dort zusammen; und genauso viele lassen sich – sagt man – durch eine auf Facebook aufgedeckte Affäre wieder scheiden.
Das geht bei der Politik weiter: Die nordafrikanischen Revolutionen wären ohne die modernen Kommunikations- und Organisationsformen im Netz so nicht vorstellbar gewesen. In Ägypten haben sich 94 Prozent der Bevölkerung auf soziale Medien verlassen. 85 Prozent sind den privaten, unabhängigen Medien gefolgt. Und nur 40 Prozent haben dem Staatsfernsehen geglaubt.
Und es hört bei den Märkten auf: Die Musikindustrie wurde auf den Kopf gestellt, in der Buchindustrie verkauft Amazon in den USA auf 100 Bücher bereits 105 eBooks. Und am Ende wird sich auch die Filmindustrie sich grundlegend ändern.

Daraus ergibt sich mein Thema: Wie sieht die Zukunft der Kommunikation aus?

Schauen wir uns zunächst die Gegenwart an: Weiterlesen

Die „big ones“ werden die „big ones“ bleiben: Coke, Apple oder Google sind international und müssen das auch bleiben. Sie sind nicht einmal mehr nur die Marken der Metropolen, sie sind überall zu Hause und ohne geographische Heimat. Vor allem in den stetig wachsenden asiatischen Märkten haben sie sich im Bewusstsein der Menschen sehr weit von ihren ursprünglich amerikanischen Wurzeln entfernt. Ihre Heimat steckt in ihren Usern, ihren Fans, ihren Friends und natürlich im durch sie kreierten Lifestyle.

Aber in vielen anderen Marktsegmenten, beileibe nicht nur im Foodbereich, werden Herkunftsregion und Heimat zunehmend wichtiger. Gerade die sich immer mehr nivellierende Kultur der Megalopolis verlangt als Gegenpol nach Produkterlebnissen mit regionaler Authentizität. So wird Heimat für viele Marken immer mehr zum kapitalisierbaren Faktor. Darüber hinaus fordert der Megatrend Nachhaltigkeit zunehmend die Transparenz von Herstellung und Qualität, was sich von „anfassbaren“ regionalen Marken oft leichter bewerkstelligen lässt. Dass Marken aufgrund einer sehr eng begrenzten Herkunftsregion für sich Exklusivität erzeugen, ist nicht neu: Havanna-Zigarren, Single Malt-Whiskeys, Bordeaux-Weine, Schinkenhersteller und Käsereien oder hunderten von Brauereien und Mineralwasserbrunnen gelingt dies seit vielen Jahrzehnten. Hier geht die Betonung der Herkunft oft einher mit einer künstlichen Verknappung des Angebots.

Mittlerweile gehen aber auch immer mehr Konsummarken erfolgreich diesen Weg: Über 1.000 Bauern des Hohenloher Landes vermarkten die bei ihnen heimische Schweinerasse unter einem gemeinsamen Label (und beliefern z. B. exklusiv die Marke „Du darfst“). Das Allgäu entwickelte eine Einheitsmarke, die Allgäu GmbH, unter der Produkte aus Landwirtschaft, Industrie, Kultur und Tourismus gebündelt werden sollen. Dasselbe Konzept liegt der Marke „Region Schwarzwald“ für den Bereich Tourismus zugrunde. In Sachsen reüssieren regionale Uralt-Marken wie Diamant-Fahrräder und ESDA-Strümpfe und schließen sich die Spielzeughersteller des Erzgebirges zu einem regionalen Qualitätssiegel zusammen. In Tschechien beginnen regionale Traditionsmarken für Seifen und Speisefette in die EU-Staaten der früheren KuK-Monarchie zu exportieren, wo ihre Produkte unverändert einen hervorragenden Ruf besitzen – fast 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.

Die Region als Garant für Verbrauchervertrauen und Qualität – immer mehr kleine Marken werden zu großen, weil sie ganz bewusst auf ihre Heimat setzen. Bei einem Einkaufsverhalten, das immer mehr von „grünen Faktoren“ bestimmt wird, steht dieser Trend sicher erst am Anfang. Erfolgsgeschichten sind zu erwarten und kommunikativ zu begleiten.

Übersicht über einige Regionalmarken
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