Beiträge

Nachhaltigkeit ist DAS Thema im aktuellen Clash der Generationen und hoch emotional besetzt. Die Verunsicherung unter den Verbraucher:innen bezüglich nachhaltiger Botschaften ist groß. Unternehmen müssen sich glaubhaft positionieren. Beim diesjährigen Sustainable Media & Brand Management Symposium in Hamburg stellen wir drei mögliche Markenstrategien vor, die wir gemeinsam mit september Strategie & Forschung auf Basis der Emotion Engine® für eine effektive Nachhaltigkeitskommunikation identifiziert haben. Hier die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick.

Für die Erschließung der verschiedenen Nachhaltigkeitsstrategien lag unser Fokus zunächst auf vier Branchen: dem Lebensmitteleinzelhandel, der Fashion-Branche, dem Non-Food- und FMCG-Bereich. Es stellte sich jedoch schnell heraus: Nachhaltigkeitskommunikation differenziert nicht grundsätzlich zwischen Branchen. Entscheidender ist die Positionierung des Unternehmens innerhalb seines Marktes. Und dass sich diese in der entsprechenden Kommunikation mit passenden Signalen und Wordings widerspiegelt. Anhand zahlreicher Kampagnenbeispiele haben wir daher gemeinsam mit september drei konkrete Strategien identifiziert, die sich Marken in der Nachhaltigkeitskommunikation bieten, und mithilfe der Emotion Engine überprüft, was sie bei den Konsument:innen auslösen.

Die Emotion Engine® ist Deutschlands erste „Datenbank der Emotionen“. Sie basiert auf einem mehrstufigen Ansatz aus psychophysiologischer Emotionsmessung, psychologischem Coding und KI-basierter Codierung. Anhand von über 20 Biosignalen wie Herzschlag, Hautleitwert, Gesichtsmuskeln und Pulsvolumen messen Sensoren kontinuierlich die körperlichen Reaktionen von Testpersonen auf Werbemittel. Der Algorithmus berechnet daraus KPIs, die aufzeigen, wie gut die Werbemittel im Branchendurchschnitt ankommen. Diese emotionalen KPIs fließen wiederum in die KI-basierte Emotion Engine ein. So kann die emotionale Wirkung von Werbemitteln prognostiziert werden.

Die drei Strategien:

Mission Strategy – „Erhebe dich und sei Teil der Revolution“

Marken, die die Mission Strategy verfolgen, fallen auf. Sie stehen für Ernsthaftigkeit und verfolgen Nachhaltigkeit aus Überzeugung. Sie kommunizieren ihre Haltung deutlich und zeigen, dass Nachhaltigkeit im Markenkern verankert und nicht nur eine Teilidentität darstellt. Als missionarische Leitfiguren symbolisieren sie geistige Erhabenheit, Coolness und Rebellion. Auf Basis der Mission Strategy haben sich beispielsweise Oatly und fritz-kola als Rebellionsmarken etabliert.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Website, Webseite enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Auch die Bekleidungsmarke Allbirds verfolgt die Mission Strategy. In ihrer TV Kampagne  entlarvt die Marke ein typisches Vorurteil: dass nachhaltige Schuhe nicht widerstandsfähig sind. Die Zuschauer:innen fühlen sich ertappt, während Allbirds sich als Aufklärer und Vordenker positioniert; mit innovativer Nachhaltigkeitsexpertise und einer klaren Mission. Die Marke gibt sich selbstbewusst und preist ihre Schuhe triumphierend und mit Witz als beste Alternative auf dem nachhaltigen Schuhmarkt an. Das spiegelt sich auch in ihrer Positionierung wider: „Allbirds mission statement is to create better things in a better way.” Konsument:innen blicken zu Marken auf, die eine entsprechende Mission-Brand-Strategie verfolgen, da sie eine starke Orientierung beim Thema Nachhaltigkeit bieten.

Buddy Strategy – „Fühle dich sicher mit schrittweisen Veränderungen“

Vereinfachen, entlasten, integrieren. Mit der Buddy Strategy zeigen Marken, wie einfach und schmerzfrei der Schritt zur Veränderung ist. Partnerschaftlich und ohne Vorwürfe begleiten die Buddy-Marken Consumer, die Nachhaltigkeit in ihren Alltag integrieren wollen. Iglo und Rügenwalder beispielsweise nutzen diese Markenstrategie und setzen darauf, ihre bestehende Produktpalette mit nachhaltigen beziehungsweise veganen und vegetarischen Varianten zu ergänzen.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Diagramm, Reihe enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Unsere Analyse zeigt, dass es Iglo mithilfe der Buddy Strategy gelungen ist, den negativ konnotierten Begriff Veränderung positiv aufzuladen. Der Vater soll im Werbespot ein fleischloses Gericht für seine Tochter kochen. Er befürchtet eine unbequeme Veränderung, die seine Alltagsroutine verkompliziert. Iglo präsentiert eine einfache Lösung: „Veggie Dinos“, die sich bequem im Ofen zubereiten lassen. So stellt die Marke den einfachen und trotzdem leckeren Produktgenuss in den Vordergrund, ohne zu belehren. Gleichzeitig vermittelt sie das Gefühl, dass Verbraucher:innen mit kleinen Steps und ohne großen Aufwand einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten können.

Feel Good Strategy – „Bleib ruhig und sammle Karma-Punkte“

Mit der Feel Good Strategy vermitteln Marken Nachhaltigkeit als Add-on. Diese Strategie greift nicht in Produktnutzung und Markenwahrnehmung ein. Vielmehr dient sie dazu, das Gewissen der Konsument:innen zu beruhigen. Da Nachhaltigkeit hier nicht im Markenkern verankert ist, setzen sich die Kampagnen nicht in der Tiefe mit dem Thema auseinander. Stattdessen zeigen sie auf, wie Verbraucher:innen ohne Einschränkung oder Veränderung (vermeintlich) nachhaltig leben können. Einzelne Kampagnen, die die Feel Good Strategy nutzen, kommen beispielsweise von Vodafone und Fairy.

Feel-Good-Kampagnen kommunizieren Nachhaltigkeit eher dezent und ergänzend: zum Beispiel durch Siegel im Hintergrund von Werbemitteln, die die CO2-Kompensation der Marke belegen, oder durch unterschwellige Hinweise auf Naturverbundenheit mithilfe grüner Akzente.

Ikea beispielsweise nutzte die Feel-Good-Strategie, um die bekannte blaue Frakta-Tasche als nachhaltige Alternative zu positionieren. Die eigentliche Nachhaltigkeitsleistung liegt hier jedoch bei den Konsument:innen, die die Tasche wiederverwenden, nicht beim Hersteller selbst. Deshalb wurde die Kampagne von den Adressat:innen nicht nur positiv aufgenommen.

Die Feel Good Strategy ist ideal für Marken, die sich nicht intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, es aber ergänzend in ihre Kommunikation integrieren möchten. Diese Art der Nachhaltigkeitskommunikation sorgt dafür, dass Käufer:innen kein schlechtes Gewissen haben. Und das rechnet die passende Zielgruppe der Marke hoch an.

Vier Tipps zur Nachhaltigkeitskommunikation:

  1. Belehrungen zum kritischen Status Quo lähmen die Konsument:innen schnell.
  2. Das ist aktuell eine der größtem Problematiken. Egal ob alt oder jung, ob First Adopter oder Menschen, die nur kleinere Veränderungen angehen wollen: Marken müssen zwischen den Lagern vermitteln und sie nicht weiter spalten, damit ein Wir-Gefühl entstehen kann.
  3. Die Gefahr der schnellen Entlarvung und des Greenwashing-Vorwurfs ist groß – insbesondere bei Feel Good Brands. Zu viele Buzzwords verwirren und verwässern die konkreten nachhaltigen Maßnahmen der Marken.
  4. Nachhaltigkeit muss leicht verdaulich sein.

Auf Basis unserer KI-gestützten Emotion Engine® können wir Nachhaltigkeitsstrategien passend zur Marke, ihrer Haltung und ihren Produkten empfehlen – indem wir geplante Spots auswerten und Erkenntnisse aus anderen Spots heranziehen. So können Marken ihre Konsument:innen zielgerichtet ansprechen und die optimale Nachhaltigkeitskommunikation für ihr Unternehmen definieren. Denn: Nachhaltigkeit funktioniert für jeden Menschen und jede Marke anders.

Weitere Details präsentieren wir zusammen mit september Strategie & Forschung beim IU Symposium in Hamburg vom 8. bis 9. November.

Der Artikel erschien zuerst bei planung&analyse.

Was sind wertvolle Medien und wie beurteilen wir das? Beim diesjährigen Sustainable Media & Brand Management Symposium in Hamburg präsentieren wir die ersten Ergebnisse unseres Kooperationsprojekts „Sustainable Media Management“, das Mediaplus gemeinsam mit der IU Internationale Hochschule und der University of Florida durchführt. Vorab gibt es eine kleine Sneak Peek zu ersten Ergebnissen.

86 Prozent der Deutschen ist das Thema Nachhaltigkeit wichtig, wie eine BCN-Nachhaltigkeitsstudie zeigt. Die Relevanz steigt nicht nur bei Konsument:innen, sondern auch bei Werbungtreibenden, Marken und damit in der gesamten Marketing- und Medienbranche. Dabei sind Medien nicht nur Träger von Nachhaltigkeitsbotschaften und treiben damit den öffentlichen Diskurs voran, sondern sehen sich als (Werbe-)Plattform auch selbst mit Nachhaltigkeitsanforderungen konfrontiert.

Werbekunden und Mediennutzer:innen ist es jedoch kaum möglich, Verantwortung und damit verbundene Nachhaltigkeitsaktivitäten verschiedener Medien zu vergleichen. Das liegt zum einen daran, dass es im Markt noch keinen Konsens dazu gibt, was genau die Verantwortung von Medien beinhalten soll. Zum anderen hat der Einzug globaler Player in unseren Markt zu einer Diskrepanz zwischen einzelnen Standards geführt. Wir müssen also einheitliche Medienstandards und Vergleichswerte schaffen.

Good Content: wertvolle Inhalte

Während die Nachhaltigkeit von Medien hinsichtlich ökologischer Aspekte der Medienproduktion und -distribution zumindest thematisiert wird, wird das Kernprodukt von Medien selten einbezogen – der Content. Nachhaltiger Content, im Sinne einer verantwortungsvollen Content-Produktion, wird bisher vor allem durch journalistische Kodizes, Medienselbstregulation und Initiativen zur Medienverantwortung sichergestellt. Good Content dahingegenist nachhaltig, für Konsument:innen wertvoll und somit profitabel. Er verlangt transparente und verantwortungsvolle Redaktionspolitik, redaktionelle und gestalterische Unabhängigkeit von Interessen Dritter oder der Journalist:innen, hochwertige Medieninhalte und Kreativität mit gesellschaftlichem Mehrwert. Er bemisst sich also an Qualität und Verantwortung

Nachhaltigkeit in der Media: Value Media Index

Good Content und nachhaltige Medien – beides kombiniert macht nachhaltige Media beziehungsweise Value Media aus. Klar ist: Value Media muss nutzstiftend für Konsument:innen (konsumentenzentriert, also informatorisch und nutzerrelevant), für Medienunternehmen (ökonomisch) und für die Gesellschaft (soziale, ethische und demokratische Rolle der Medien) sein.

Da es bisher aber weder Tool noch Index gibt, das nachhaltige Media allumfassend abdeckt, arbeiten wir mit unserem Forschungsprojekt daran, einen Lösungsansatz für einen Value Media Index skizziert – die Entwicklung und Etablierung eines nachhaltigen Mediamodells, das Vergleichs- und Messmöglichkeiten schafft. So wollen wir für mehr Klarheit im Markt sorgen. Dieser Index soll in der späteren Anwendung regelmäßig durch Neubewertung von Expert:innen und Tracking-Befragungen von Nutzer:innen angepasst werden und einen Gattungsvergleich liefern.

Ein erster Lösungsansatz: die Identifikation von Schlüsselaspekten wertvoller Medien

1. Markenverantwortliche

Marken – Medienmarken wie Handels- oder Herstellermarken – haben die wichtigste Aufgabe. Werbungtreibende sind Sender nachhaltiger Botschaften und stellen gleichzeitig Ansprüche an die Medien, die sie für ihre Markenkommunikation nutzen. Medienmarken wiederum bestärken die Menschen darin, nachhaltig zu handeln. Dabei müssen sie sowohl den Nachhaltigkeitsansprüchen der Werbetreibenden genügen als auch mit hochwertigen Medieninhalten die Bedürfnisse der Konsument:innen erfüllen.

2. Consumer

Medienkonsument:innen wiederum bemessen die Qualität von Inhalten an der Erfüllung ihrer Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse und an klassischen, journalistischen Kriterien wie Wahrheit, Unabhängigkeit und Verständlichkeit.

3. Content Producer

Marketer und Journalist:innen sind ökonomischen Zwängen ihrer Organisation unterworfen, Content zu produzieren, der sich maximal verkauft. Dabei stehen ökonomische Interessen teilweise im Gegensatz zu ethischen Grundsätzen.

Die Herausforderung

Jetzt gilt es, die Anforderungen aller Stakeholder unter einen Hut zu bringen. Und zwar zeitnah. Denn der Druck auf Medienunternehmen, sich im Wettbewerb zu behaupten und effizient zu wirtschaften, führt derzeit eher zu einem Rückgang journalistischer Qualität und ethischer Ansprüche. Auch neue Phänomene wie Hate Speech oder Brand Safety machen Nachhaltigkeitsbestrebungen in der Medienindustrie noch notwendiger. Die größte strategische Chance liegt hier in „verantwortungsvollen Inhalten“, für die unser Forschungsprojekt Richt- und Vergleichswerte liefern soll.

Mehr Details zur Forschung präsentieren wir beim IU Symposium in Hamburg vom 8. bis 9. November.