Das House of Communication zieht um. Wir verabschieden uns mit einem weinenden, doch vor allen Dingen auch mit einem zuversichtlichen und lachenden Auge. Die Agentur von morgen wird keine reine Arbeitsstätte mehr sein, sondern eine Begegnungsstätte. Ein Ort, zu dem die Menschen kommen wollen und nicht kommen müssen.
Wie war das noch gestern?
Ist das noch dieselbe Straße,
die ich schon seit vielen Jahren geh‘?
Was einmal war ist vorbei und vergessen und zählt nicht mehr
Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben
Nananananana
So lauten einige der ersten Zeilen des Hits von Jürgen
Marcus aus dem Jahre 1973. Und siehe da, dieses Lied ist nicht umsonst ein
Klassiker. Jede:r kann mitsingen, nicht nur, weil jede:r das Lied kennt,
sondern auch dieses untrügliche Gefühl, wenn eine Liebe endet und eine neue
beginnt.
22 Jahre haben das alte Münchner Pfandleihamt direkt am Königsplatz und wir, die Menschen der Serviceplan Gruppe, sich eine solide und liebevolle Beziehung aufgebaut. Aufregend war es, als man im Jahr 2000 einzog. Alles neu, alles spannend, mitten in der Stadt, die neueste Technik, man war im Liebestaumel. Wie das so ist, wenn man frisch zusammenkommt. Die Zeit der rosaroten Brille hat seine Berechtigung.
Die Jahre vergehen, man richtet sich ein, investiert gemeinsam,
baut an und entscheidet sich für Kunst an der Wand die wie Baselitz und Kiefer
und anderen Künstlern den individuellen Charakter unseres Zusammenseins widerspiegelt.
Der Alltag hält Einzug. Schmuddelecken werden zunehmend akzeptiert, die Kaffee-
und Tomatensoßenflecken verschmelzen mit der Wand, Bodenleisten laufen sich ab,
so ist das eben und den Teppich, den tauschen wir auch erst bei der nächsten
Komplettsanierung aus. Trotzdem fühlt man sich wohl, ja eigentlich ist es doch
ganz gemütlich in der gewohnten Umgebung. Man kennt sich gut, weiß, wie Haus
und Bewohner:innen ticken, was uns ausmacht, wie wir am besten zusammen
arbeiten. Solide und verlässlich in dem, was wir tun, in der Umgebung, die wir
kennen.
Doch wie das Leben so spielt, nichts ist beständig und große
Einschnitte im Leben treiben Entwicklungen schneller voran. Corona kam und
veränderte. Natürlich wussten wir schon vorher, dass diese Liebe zur Brienner
Straße unter professioneller Begleitung (Danke Combine, Facility, IT, HR und
viele weitere) enden würde und etwas Neues beginnt. Conscious Uncoupling – und
doch kam es nun anders als geplant. Homeoffice war Pflicht. Die Beziehung wurde
nicht durch sanftes Ausrollen, sondern durch die Handbremse gestoppt – bei
voller Fahrt.
Wir gehen fremd. Naja, sagen wir so, eine akzeptierte
Nebenbeziehung zu den eigenen 4 Wänden wird neu attribuiert. Arbeit findet nun
auch zu Hause statt. Das hat Konsequenzen. Insbesondere auf die Sicht der
letzten 22 Jahre. Man fängt an zu reflektieren: War dieses Haus überhaupt noch
das Richtige für uns? Hatten wir am Ende der Beziehung die nötigen Freiheiten,
um auch mal allein und in Ruhe fokussiert zu denken? Hat die Enge der Räume zu
Enge in unseren Köpfen geführt und uns unbemerkt die Luft zum Atmen, zum Kreativsein
genommen? Sind wir freiwillig im Homeoffice geblieben, obwohl wir gar nicht
mehr mussten, weil die Kaffeeflecken jetzt eben doch genervt haben und wir
realisiert haben, dass wir dieser Umgebung entwachsen sind? Hätten wir es
früher merken müssen?
Vielleicht. Fakt ist, wir haben uns eine neue Liebe gesucht.
Das ist ok, denn auch das Haus in der Brienner Straße ist schon wieder
vergeben. Wir ziehen aus und haben uns etwas gesucht, was unserer
Persönlichkeit und den neuen Bedürfnissen, verstärkt durch Corona, gerecht
werden kann.
Eine neue Beziehung im Werksviertel, nicht nur unter einem
gemeinsamen Dach, sondern auch in neuer Offenheit und mit neuer Dynamik. Diese
rosarote Brille, die setzen wir langsam und genussvoll auf, aber unserem Alter
und unserer Erfahrung entsprechend (ja, Serviceplan existiert schon 52 Jahre)
haben wir vorher offen besprochen, wie wir in Zukunft miteinander sein und
arbeiten wollen: In weiten, offenen Räumen, mit weniger Wänden und weniger
Begrenzungen. Wir nutzen noch mehr Inspiration inmitten von mehr
Begegnungsflächen, mehr Licht und mehr Transparenz. Mit noch mehr Austausch
untereinander.
Es gibt nicht mehr nur den einen Ort, an dem wir arbeiten. Wir
arbeiten weiterhin zuhause UND in der Agentur. Die Agentur bzw. Beziehung von
morgen ist daher keine reine Arbeitsstätte mehr, sie wird eine
Begegnungsstätte. Ein Ort, zu dem die Menschen kommen wollen und nicht kommen
müssen. Ein Ort, der nicht nur den Blick weitet, sondern auch das Herz. Nennt
man das schon offene Beziehung? Darüber sollen andere urteilen. Ich schließe
mit Marcus Jürgens:
Mir ist als ob ich durch dich
neu geboren wär
Heute fängt ein neues Leben an
Deine Liebe, die ist schuld
daran
Eine neue Liebe ist wie ein
neues Leben
Nananananana
Und eine Frage, die immer am Ende jeder Beziehung steht:
Wer bekommt jetzt den Baselitz und wer den Kiefer? Oder
ziehen beide mit in das neue Haus?