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Die meisten Unternehmen sind davon überzeugt, dass ihre Marke das Potenzial voll ausgeschöpft hat. Doch weit gefehlt: die Marke kann in der Zielgruppe nur dann maximal punkten, wenn auch ihre Tradition, ihr Versprechen und ihre einzigartige Geschichte gut bekannt sind. Denn die allgemeinste Definition einer Marke lautet: „Die Vorstellung des Verbrauchers von einem Produkt oder einer Dienstleistung.“ Hier geht es also nicht nur um Kennen und Wiedererkennen, es geht vor allem um assoziative Verknüpfungen. Ganz klar: Hier lauert die große Stunde des Storytelling.

Und das fängt in jungen Märkten oft bei null an. Denn lokalen Verbrauchern und potenziellen Kunden in den großen Wachstumsmärkten sind internationale Marken oft völlig unbekannt. Noch 2013 waren 70% der chinesischen Autokäufer Erstkäufer. Die meisten hatten gerade erst den Führerschein erworben. Sie hatten keine Produkt- und Kauferfahrung. Viele von ihnen waren noch nie in einem Showroom oder hatten sich mit den technischen Aspekten eines Motors beschäftigt. Für westliche Marken stellt das eine Herausforderung, aber auch eine große Chance dar. Niklas Schaffmeister (Managing Partner Globeone) und Florian Haller (CEO Serviceplan Gruppe) erläutern deshalb die wichtigsten Eckpfeiler des Storytellings. Weitere Details sind in unserer Springer-Neuerscheinung „Erfolgreicher Markenaufbau in den großen Emerging Markets“.

1. Nicht zu viel voraussetzen: Manager überschätzen die Verbraucher gerne

Es bedarf einer gut durchdachten Strategie mit einer entschlossenen Umsetzung. Das Marketing kann bei der Formulierung der Strategie nicht einfach voraussetzen, dass die adressierte Zielgruppe bereits über das notwendige Wissen über die Marke verfügt, nur weil Kenner des Unternehmens mit vielen Einzelheiten vertraut sind. Oft überschätzen Markenverantwortliche, was die Verbraucher bereits wissen. Daraus resultieren gerne Kommunikationskampagnen, die zu kurz greifen. Doch es ist dringend geboten, zu erklären, wofür die betreffende Marke steht. Wenn das auf eine engagierte, Interesse weckende und motivierende Weise geschieht, ist schon einiges gewonnen. Wichtig ist, das Storytelling nicht mit Botschaften zu überfrachten. Die Zielgruppen in Schwellenmärkten sind meist zehn oder 20 Jahre jünger als die in den entwickelten westlichen Märkten.

2. Verständliche Botschaften: Die Verbraucher zielgruppengerecht ansprechen

In den neuen Märkten gehören die 30- bis 40-Jährigen zur reichsten Zielgruppe, die an spannende und engagierte Marketingtechniken bereits gewöhnt ist. Wenn eine Bank hier mit althergebrachten Begriffen wie „Vertrauen“ oder „Sicherheit“ argumentiert, wird sie bei diesen „neureichen“ Konsumenten mit ihrer Marketingbotschaft nicht automatisch gut ankommen. Viele Menschen in diesen mittleren Einkommensschichten sind zudem Verbraucher ohne gute Fremdsprachenkenntnisse. Man sollte nicht zu viele englische und technische Begriffe verwenden. Dafür sind aber Design und andere konkrete Überzeugungsargumente sehr wichtig. Sie müssen allerdings den Verbrauchern, die in der Regel keine technischen Experten sind, in ihrer eigenen Sprache vermittelt werden. Darüber hinaus muss ihnen verdeutlicht werden, warum gerade diese Marke ihre spezifischen Bedürfnisse erfüllt. Neue Kunden mit der Marke vertraut zu machen, erfordert Geduld.

3. Tradition ist Trumpf: Mit der Markengeschichte zum Preispremium

In jeder Markenstrategie muss genug Raum vorhanden sein, um die Geschichte der Marke zu erzählen. Man muss sich ausreichend Zeit nehmen, um darzulegen, warum die eigene Marke einzigartig ist und wie viel Zeit erforderlich war, um zur führenden Marke aufzusteigen. Der Traditionsaspekt und das damit zusammenhängende ausländische Markenimage sind der einzige nachhaltige Wettbewerbsvorteil, der nicht ohne Weiteres nachgeahmt werden kann. Wer die eigene Geschichte erzählt, eröffnet sich also die Chance, für die Marke gegenüber lokalen Konkurrenten ein deutliches Preispremium zu erzielen. Erreichen lässt sich dieses Ziel mit einer klaren Sprache und einfachen Erklärungen sowie mit optischer Klarheit und einer kreativen Umsetzung der Kampagne. Nur so lässt sich die kommunikative Überflutung in den Megastädten durchbrechen.

4. Den Verbraucher bilden: Für jedes Produkt gibt es lehrreiche Kampagnen

Markenakademien oder instruktive Kampagnen sind beispielsweise besonders geeignet, um eine Zielgruppe über die Markengeschichte und besondere Alleinstellungsmerkmale zu informieren.
Es gibt viele lehrreiche Beispiele für Aufklärungskampagnen. Etwa die hochkreative und sehr erfolgreiche „MINI Akademie für Schnelllerner“. Ihr Erfolg hängt damit zusammen, dass sie hervorragend in den lokalen kulturellen Rahmen integriert wurde. In Europa besitzt MINI das Image eines vorwitzigen, beweglichen und individualistischen Kleinwagens. Noch im Jahr 2009 konnte die Marke in China nicht so schnell das erhoffte Potenzial entfalten. In China war der MINI anfänglich als niedlicher Kleinwagen für junge Frauen und als Spaßfahrzeug für junge Leute insgesamt betrachtet worden. Männer und ältere Kunden waren in dieser Gruppe unterrepräsentiert. Die MINI-Manager wollten „den spannendsten Kleinwagen der Welt“ für eine breitere Käuferschicht interessant machen. Dazu wurde eine kreative Strategie um die Themen „dynamische Fahrerfahrung“, „Kultdesign“ und „Tradition“ herum entwickelt. Eine MINI-Akademie wurde gegründet, um die chinesischen Verbraucher gezielt über die reiche Tradition und Geschichte der Marke MINI zu informieren. Die Akademie war eine Plattform, die es ermöglichte, innerhalb des lokalen kulturellen Umfeldes über unterschiedliche Medienkanäle zu kommunizieren und gleichzeitig eine starke Verbindung zur chinesischen Mentalität aufzubauen.

Es gibt viele Erfolgsbeispiele die zeigen, wie man mit gutem Storytelling junge Zielgruppen in den Wachstumsmärkten gewinnen kann. Die Geschichte der Marke und ihre Besonderheiten müssen klar herausgestrichen werden. Instruktive Kampagnen mit lehrreichen und leicht verständlichen Inhalten erzielen dabei große Erfolge.