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„Neue Medien für eine neue Bewegung“, „jeden Tag eine gute Botschaft“, „zusammen retten wir die Welt“ – gerne, aber ohne meinen Kunden!

Mittlerweile wöchentlich sammeln sich beim Kunden (Start-up, Green Economy) Anfragen von crossmedial multichannel viral vernetzten Grünmedien, -initiativen und Veranstaltungsreihen. Der Anhang ist vollgepackt mit schicken Credential-Präsentationen, die mehr durch ihr Design als durch ihren Inhalt bestechen. Jedes zweite Chart zeigt eine gutgelaunte Weltkugel, die uns Erdenrettern hoffnungsvoll zuzwinkert. Worin der konkrete Inhalt der „grünen Medieninitiative“ besteht, bleibt hingegen unklar. IVW-Nachweis ist ein Fremdwort. Redaktionelle Linie sowieso.
Erste Rückfragen an die Redaktion nach benötigten Materialien für die Recherche werden auf eine gemeinsame Telefonkonferenz verlegt. Diese beginnt mit einem halbstündigen Monolog zu Aktionen, Partnern und Erfolgen und geht dann über in die offene Diskussion, wie man denn „am besten voneinander profitieren könne“. Die Frage nach Preisen und Inhalten einer Kooperation bleibt erst einmal unbeantwortet – als ungefähre Hausnummer nuscheln nach mehrfacher Nachfrage „so ab 10.000 Euro fürs Basispaket“ aus dem Hörer.

Das Modell scheint aufzugehen. Betrachtet man die entsprechenden Webauftritte und Facebook-Seiten findet man lobhudelnde Artikel über Marken und Unternehmen, die man selbst nie mit dem Thema „Grün“ in Verbindung gebracht hätte. Summiert man die Berichterstattung auf und multipliziert sie mit der ungefähren Hausnummer, die wir im Call aus der Nase gezogen hatten, kommt ein hübsches Sümmchen zusammen. Schlechte Nachrichten kriegt man scheinbar umsonst, gute kosten.

Es ist am Ende gar nichts gegen das Modell „eine Hand greenwasht die andere“ zu sagen. Wer möchte, soll zahlen. Der mittlerweile sehr aufmerksame und kritische Internetleser wird Medium und Berichterstattung aber schnell einordnen und beurteilen können. Auf der anderen Seite gibt es nämlich eine Menge an ambitionierten und seriösen Medien und Initiativen, die sich mit Herz und Verstand dem Thema Nachhaltigkeit widmen. Faszinierend ist lediglich, dass sich hier im Fahrwasser der umfangreichen Berichterstattung zu Nachhaltigkeit ein komplett neues Geschäftsmodell zu entwickeln scheint.

Gerade Start-ups, die durch eine starke Idee und eine wirklich nachhaltige Geschäftsphilosophie gewappnet derartige Schützenhilfe nicht nötig hätten, freuen sich über scheinbar gleichgesinnte Medien, die ihr Engagement zu schätzen und zu würdigen wissen. Und geben Geld an falscher Stelle aus. „Passt doch so gut zu uns“, ist die nachvollziehbare erste Reaktion. Doch die aufgerufenen Preise sind absurd. Eine gute Geschichte, klare Positionierung und handfeste PR-Arbeit reichen. Bleiben wir also bitte bei „Tue Gutes und sprich‘ darüber“, bevor wir zu „Tue und sprich darüber einfach gut“ übergehen. Das reicht. Denn wer nichts Gutes tut, bekommt seine Sünden dieser Art auch nicht erlassen – zumindest nicht nachhaltig.