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Transparenz in der Nachhaltigkeit-Kommunikation ist wichtig. Doch ist die Green Claims Directive der EU dafür der richtige Weg? Das erklärt unsere Nachhaltigkeits-Expertin Agnes Ley in ihrem Blogbeitrag.

Mehr Transparenz in die Nachhaltigkeitskommunikation – für dieses Ziel will die EU die „Green Claims Directive“ ins Leben rufen. Die Richtlinie soll dafür sorgen, dass Nachhaltigkeitskennzeichnungen auf Produkten künftig mit Hintergrundinfos belegt werden müssen. Bedeutet: Aussagen wie: „30% weniger CO2 Emissionen“ müssen künftig (z.B. mittels QR-Code auf der Packung und nachgelagerter Landingpage) erklärt und bewiesen werden: 30% weniger als was? Der Wettbewerb, der Branchendurchschnitt, weniger als vor zwei Jahren? Und durch welche Maßnahmen wurde diese Reduzierung erreicht? Alle Behauptungen müssen künftig für Verbraucher:innen prüfbar gemacht werden – z.B. mit Hilfe von Berechnungen, Studien, Normen und ähnlichem. Gleichzeitig müssen diese Informationen in einer neuen Datenbank hinterlegt werden, wo sie behördlich geprüft werden sollen. Auch im Dschungel der Nachhaltigkeits-Gütesiegeln soll die Direktive mehr Überblick schaffen.

Die Idee, Nachhaltigkeitsaussagen transparenter zu machen, ist durchaus sinnvoll, denn es fehlt an Standards, und die Verunsicherung ist groß. 89% der Konsumierenden wissen oft nicht, welchen nachhaltigen Botschaften von Marken sie Glauben schenken sollen. Das ist ein Ergebnis der Utopia-Studie „Die grüne Mitte“ aus dem Jahr 2022.

Bei den werbungtreibenden Unternehmen schrillen indes die Alarmglocke. Schon steigt der Trend zum „Green Hushing“: Das bezeichnet die Vermeidung der Außenkommunikation eigener Nachhaltigkeitsinitiativen, um keine Angriffsfläche für Shitstorms zu bieten bzw. um nicht des Greenwashings bezichtigt zu werden. Die Green Claims Directive könnte diesen Trend nochmals befeuern. Und dann geht die Rechnung nicht mehr auf – denn dann gibt es weniger Informationen für die Konsumierenden, um ihre Kaufentscheidungen sinnvoll zu treffen. Gleichzeitig verhindert es den Sog-Effekt, dass andere Unternehmen bei nachhaltigen Zielen mitziehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn was nicht kommuniziert wird, erzeugt auch in der Branche keinen weiteren Handlungsdruck und dann verliert die Umwelt.

Daher unser Appell an Marketer: Geht weiterhin mit euren Nachhaltigkeitszielen und -erfolgen an die Öffentlichkeit – zumindest wenn es ernst gemeint ist! Denn die Konsumierenden danken es Euch: 79% sehen laut Kantar Sustainability Sector Index 2022 die Verantwortung, Klima- und Umweltprobleme anzugehen bei Unternehmen. Und gemäß der BCN – Nachhaltigkeitsstudie 07/2022 prägt Haltung – egal ob ökonomisch, ökologisch oder sozial – das Markenimage stärker, als Internetempfehlungen oder Medienberichterstattungen.

Aber: No Greenwashing! Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit müssen zusammen betrachtet werden. Und dann: nur Mut!

Wer möchte mehr zu Nachhaltigkeit in der Kommunikation wissen? Details zum Timing der Green Claims Directive und für welche Unternehmen sie gilt? Schreibt mich gerne an: a.ley@house-of-communication.com

Mehr zu unserer Sustainability-Initiative

Ich gestehe, ich bin befangen.

Für mich ist der Gedanke eines vereinten Europa die großartigste Vision, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Die EU lässt aus dieser Vision Wirklichkeit werden: Wir profitieren von Freihandel, grenzenloser Mobilität, gesamteuropäischen Bildungsprogrammen und -standards wie Erasmus und Pisa und sozialer Stabilität durch europaweite Investitionen. Die EU ist sogar die strategische Antwort auf die Herausforderungen durch China und die USA und ermöglicht es uns, mit diesen Ländern auf Augenhöhe zu agieren. Aus meiner Sicht ist der Brexit also eine Katastrophe!

Zurück zum Geschäftlichen.

Kurzfristig wird sich der Austritt nachteilig auf unser Geschäft auswirken. Großbritannien ist ein wichtiger Markt in Europa und zahlreiche europäische Marketingunternehmen haben ihren Sitz in London. Großbritannien steht nun vor einer mindestens zweijährigen Phase voller Unsicherheit. Wenn geschäftlicher Entwicklung etwas abträglich ist, ist es Unsicherheit, da sie den Umfang der Investitionen und des Konsums einschränkt. Da sich die Kommunikationsbranche auch prozyklisch entwickelt, werden die Ausgaben im Anzeigengeschäft infolge des Brexit voraussichtlich zurückgehen. Die Kunden werden sich auf kurze Sicht vorsichtiger verhalten.

Mittelfristig sind die Folgen schwieriger einzuschätzen.

Zu beachten sein wird selbstverständlich das Ergebnis der Austrittsverhandlungen. Ich bezweifle, dass Großbritannien und die EU den Brexit in so kurzer Zeit aushandeln können. Ich gehe vielmehr davon aus, dass es wesentlich länger als die derzeit angesetzten zwei Jahre dauern wird, bis sich beide Seiten geeinigt haben. Und unabhängig vom Ergebnis der Verhandlungen: Weder die EU noch Großbritannien werden am Ende besser dastehen als heute.

Man muss jedoch einräumen, dass Großbritannien die EU im Grunde immer nur als eine Art Freihandelszone betrachtet hat. Der Brexit zwingt die EU tatsächlich, ihre Rolle und Prioritäten neu festzulegen. Dies bietet ihr die Möglichkeit, sich zu einer Staatengemeinschaft zu entwickeln, die den Wünschen und Erwartungen der Bürger Europas besser gerecht werden kann.

Vielleicht wird sich sogar eine stärkere und bei der Bevölkerung beliebtere Europäische Union entwickeln. Dies wäre für uns alle und insbesondere für unser Geschäft wünschenswert.

Nehmen wir diese Chance wahr!

Okay, die EU-Bürokraten haben gesprochen: Ab jetzt wird nicht mehr gelogen. Ich meine, es ist eigentlich schon gut und richtig, dass man Lebensmitteln keine gesundheitsfördernden Eigenschaften mehr zuweisen kann. Diese Zeiten sind ja sowieso schon lange vorbei, wenn man an Agrarfabriken, industrielle Produktion von Fleisch oder Züchtung von Saatgut denkt. Was ist denn der nächste Schritt? Wird jetzt bald aus Brüssel vorgeschrieben, dass der Metzger beim Kauf von Kalbsmedaillons einen Beipackzettel mit gibt? Da stünde dann z. B. drin, wieviel Antibiotika, welche Hormone und ob Eiweiß zum Zusammenkleben von Fleischstücken enthalten sind. Oder wie hoch der Fleischanteil in der Gesamtmasse ist. Guten Appetit.

Aber steckt nicht in jeder Krise auch eine Chance? Es müssen laut Horizont-Artikel (sieh oben)  zirka 1.600 Claims überarbeitet werden. Das ist gutes Geschäft für uns Agenturen. Insofern erst einmal danke nach Brüssel. Aber was schreiben wir denn jetzt in Zukunft da hin? Erfinden wir doch einfach „Suggestions“. Zum Beispiel: Der „Boaaah-Joghurt-Drink“ oder so. Statt „unterstützt das Immunsystem“. Au weia.
Und wie wird das dann in Zukunft mit den sogenannten Nutricions? Die großen Food-Player entwickeln derzeit Produkte, die als Nahrungsmittel bei diversen chronischen Erkrankungen wirkungsvoller Bestandteil der Ernährung sind. Dann wird es wohl bald in der Apotheke – neben Benzin – auch noch diverse Food-Regale geben.

Aber schauen wir doch mal, was in Zukunft sonst noch aus Brüssel kommt. EU-Werberichtlinien für Autos zum Beispiel. Wird dann jemals noch ein Audi Quattro eine Skisprungschanze hochfahren dürfen?

 

Was meinen Sie dazu? Schreiben Sie Ihren eigenen Kommentar oder nehmen Sie an unserer Umfrage dazu auf Facebook teil.

Selten konnte der DLD aus sich heraus solch eine Aufmerksamkeit generieren, wie durch den zweiten Auftritt der EU-Kommissarin Viviane Reding – nahm sie die Konferenz doch zum Anlass, die tags darauf offiziell vorgestellte neue Datenschutzverordnung vorab zu beschreiben und im besten Licht darzustellen. Für Unternehmen und User birgt diese Verordnung in den unterschiedlichsten Bereichen erhebliche Veränderungen. Ich möchte drei aus werbungtreibender und agenturseitiger Sicht sehr relevante Faktoren darstellen:

  1. Eine einheitliche Datenschutzverordnung für die gesamte EU (Level Playing Field)
    Ein aus unserer Sicht wichtiger und richtiger Schritt ist die grundsätzliche europäische Vereinheitlichung von nationalen Datenschutzbestimmungen unter dem Dach einer europäischen Verordnung. Dies führt dazu, dass wir beispielsweise bei international ausgelegten Kampagnen eine einheitliche Datenschutzregelung haben und nicht mehr in jedem Land eine Anpassung an entsprechendes Datenschutzrecht vornehmen müssen.
    Darüber hinaus werden alle Unternehmen – auch die, die ihren Hauptsitz nicht in der EU haben – verpflichtet, sich der europäischen Verordnung zu unterwerfen und einen europäischen Datenschutzverantwortlichen zu benennen, was dazu führt, dass bei Verstößen die jeweilige europäische Behörde alleiniger Ansprechpartner ist und nicht mehr die Behörde des Landes, in dem das Unternehmen seinen Hauptsitz hat. Bedeutet, dass sie sich als User mit ihrer Beschwerde nicht mehr an ein US Gericht wenden müssen, wenn Sie ein US Unternehmen belangen wollen, sondern sich hierfür an ein europäisches Gericht wenden können – eine positive und wünschenswerte Regelung!
  2. Das Recht auf Vergessen (Artikel 17)
    Bedeutet, Sie als User dürfen vom „Verarbeitenden“ verlangen, dass er die von Ihnen erhobenen personenbezogenen Daten löscht, bzw. dass die Daten gelöscht werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden. In der Realität ist dies faktisch unmöglich, denn die Verbreitungsmöglichkeiten von Informationen im Netz sind so vielfältig und unkontrollierbar, dass es für einen Anbieter, der eine personenbezogene Information ins Netz gestellt hat (mit Zustimmung des Users) im Nachhinein faktisch unmöglich ist, diese Information überall zu löschen.
    Ein Beispiel: Sie stellen in Ihrem Xing Profil denen mit Ihnen verbundenen Personen und Gruppen eine neue Information über sich zur Verfügung, bspw. eine neue Jobposition. Sie sind mit 150 Personen verbunden, die diese Information bspw. in einem Artikel oder einer Bekanntmachung nutzen. Sollten Sie aus irgendeinem Grund diese Information nicht mehr öffentlich sehen wollen, könnten Sie nach der neuen Verordnung XING nicht nur verpflichten, diese Information in XING zu löschen, sondern darüber hinaus auch, dass XING Sorge dafür trägt, dass nirgendwo mehr im Netz diese Information verfügbar ist… Merken Sie was? Das ist – so wie die Verordnung heute aufgesetzt ist – operativ unmöglich und der Beigeschmack einer politisch motivierten Verordnung, die ein in der Öffentlichkeit gut platzierbares, technisch aber nicht realisierbares Konstrukt erschafft, bleibt. Denn gerade im Internet ist das Recht auf Vergessen eine Illusion, der wir uns nicht hingeben sollten, nur um einer Verordnung größere Tragweite zu geben.
  3. Definition des Personenbezugs und Form der Einwilligung (Artikel 3 und 4)
    Der für uns als werbetreibendes Unternehmen zentrale Kritikpunkt der neuen Verordnung verbirgt sich in Artikel 3 und 4:
    Die gesamte Verordnung bezieht sich auf personenbezogene Daten, also alle Informationen, die sich auf eine betroffene Person beziehen. Im Originaltext ist eine „betroffene Person eine bestimmte natürliche Person oder eine natürliche Person, die direkt oder indirekt mit Mitteln bestimmt werden kann, die der für die Verarbeitung Verantwortliche oder jede sonstige natürliche oder juristische Person nach allgemeinem Ermessen aller Voraussicht nach einsetzen würde, etwa mittels Zuordnung zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind.“
    Diese „Betroffenheit“ ist laut der Verordnung faktisch durch jeden Nutzungsvorgang gegeben, den ein User im Netz durchführt. In gleichem Zusammenhang steht der sog. Erwägungsgrund 24 der Verordnung, der sich genauer mit Online-Kennungen im Rahmen eines solchen Nutzungsvorgangs auseinandersetzt und klarstellt, dass solche Kennungen auch Cookies sein können: „Dies kann Spuren hinterlassen, die zusammen mit eindeutigen Kennungen und anderen beim Server eingehenden Informationen dazu benutzt werden können, um Profile der betroffenen Personen zu erstellen und sie zu identifizieren. Hieraus folgt, dass Kennnummern, Standortdaten, Online-Kennungen oder sonstige Elemente als solche nicht zwangsläufig und unter allen Umständen als personenbezogene Daten zu betrachten sind.“
    Merken Sie, wie wenig klar und wie wenig eindeutig und abstrakt diese beiden Textpassagen sind? Zusammengefasst heisst es nur, dass im Moment nicht klar ist, ob es sich bei einem Cookie, wie wir es heute für Kampagnentracking, Targeting oder auch Sitetracking nutzen, bereits um personenbezogene Daten handelt.

 

Mögliche Auswirkungen auf den Online-Werbemarkt?

Aber wenn dem so ist, wären wir in Zukunft verpflichtet, eine lt. Artikel 3 explizite Einwilligung des Nutzers einzuholen, bevor wir einem User irgendeine Form von Cookie setzen, was einem sog. „Opt-In“ entsprechen und einen massiven Einfluss auf die gesamt Onlinewerbewirtschaft haben würde. Was dies für einen User beim Surfen auf einer Website bedeuten würde, macht die Internetseite cookiedemosite.eu deutlich. Wir wären verpflichtet, für jedes Kampagnentracking, also jede Überprüfung, ob eine Werbekampagne überhaupt gelaufen ist, den User um Erlaubnis zu fragen – stellen Sie sich vor, wie viele Cookies Sie als User akzeptieren müssten, bis bspw. spiegel.de einmal geladen wäre.
Ein Publisher würde Sie fragen müssen, ob Sie möchten, dass er Ihnen bestimmte Websitebausteine zeigen darf, jegliche Form des Adservings und der Aussteuerung von Kampagnen ist heute durch Cookies geregelt! Ein explizites Opt-In, also eine aktive Zustimmung durch den Nutzer für jedes gesetzte Cookie würde die nationale und europäische Werbewirtschaft im Netz quasi zum Erliegen bringen. Ein Nutzererlebnis, wie oben dargestellt, wird weder der Nutzer noch ein werbungtreibendes Unternehmen akzeptieren. Die auf der Hand liegenden Vorteile einer profilbasierten Kommunikation wie vermarkterübergreifende Kontaktdosensteuerung auf bestimmte Zielgruppen und Motive ohne Eingriff auf die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen würden deutlich beschnitten werden. Weiterlesen