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Zuerst einmal: Wer noch digital und klassisch und PR unterscheidet, unterscheidet lediglich Zugangswege zum Kunden. Landstraße, Brieftaube oder Megaphon sozusagen. Keine Philosophien also, keine Weltanschauungen, kein Glaubenskrieg. Botschaften interessiert es nämlich nicht, auf welchem Wege sie reisen. Und Effekte sind unabhängig vom Kanal.

Botschaften nehmen nicht unbedingt einen digitalen Weg, um sehr gut zu funktionieren. Wir denken das nur. Weil alles um uns hysterisch „digital, digital“ ruft, werden wir auch digital. Um jeden Preis. Auch wenn es so gar nicht passt. Nur, weil etwas digital ist, ist es nicht a priori auch besser.

Im Gegenteil, wenn Sie viel Geld für TV ausgeben und das mit ein paar gezielten Performance-orientierten Spitzen garnieren, durchaus auch in Print, werden Sie nach wie vor einen sehr großen Effekt erzielen.

Und all die selbsternannten Content-Päpste, die Ihnen einreden, dass Native Advertising (also Werbung, die man nicht unbedingt auf den ersten Blick als Werbung erkennt) alles heilt, irren. Wer soll den Content denn finden in einer Welt, an dem jeden Tag mehr Bewegtbild hochgeladen wird als ein Mensch in einem ganzen Leben ansehen kann?

All die Digital-Lemminge vergessen, dass wir alle auch gerne einmal umworben werden. Mit Vorteilen, die wir nur als Stammkunde bekommen. In einem Brief zum Beispiel. Mit einer echten Unterschrift. Vom Chef. Persönlich. Mit Verkäufern, die sich Mühe geben, herauszufinden, was wir wirklich wollen. Mit einem exklusiven Event, zu dem nur einige wenige ausgesuchte Gäste geladen sind. Mit einem Katalog, der ganz auf den individuellen Empfänger ausgerichtet ist. Studiosus Reisen zum Beispiel wird bald viele Zehntausende Einzelkataloge drucken. Für eine Zielgruppe, die tatsächlich einfach gerne auf Papier liest. Mit Produkten, die man so nur bei Ihnen findet. Und nicht in jedem beliebigen chinesischen Webshop. Oder Produkten, die bei Ihnen tatsächlich hergestellt werden. Wie bei ADIDAS mit „Knit for you“. Im extra eröffneten Pop-Up Store konnten Kunden ihren eigenen Pullover entwerfen, der dann direkt im Laden hergestellt wurde. Oder wie bei Hèrmes aus Alt Neu machen. Muster, Farben und Designs in den Schals von gestern wurden vor Ort im Store neu gefärbt. In München alleine haben das Hunderte wahrgenommen und sich bei dieser Gelegenheit die neuen Produkte genau angeschaut. Und vielfach auch gekauft. Oder mit einer kleinen Aufmerksamkeit. Zugaben zum Kauf. Zugang zu exklusiven Events Ihrer Partner.

Denken Sie doch einmal selbstkritisch über Ihre Beziehung zum Kunden nach. Umwerben Sie? Oder werben Sie einfach? Auf eine richtige Beziehung zu Ihnen wird man sich nur einlassen, wenn man das Gefühl hat, für Sie etwas Besonderes zu sein. Das Gegenständlich-Haptische eines echten Erlebnisses mit echter Stofflichkeit schlägt oft die digitale Massenbotschaft. Bei Ihnen riecht, schmeckt und fühlt man Produkte, Atmosphäre und spricht mit Menschen statt Bots.

Und ganz wichtig, Sie sind nicht von gestern, wenn Sie an der Breitbandwirkung von digitaler Kommunikation zweifeln. Wer in Tech denkt, denkt lediglich über den Transport von Botschaften nach. Nicht notwendigerweise über die Botschaften selbst. Viel Spaß beim Umwerben. Mit den richtigen Botschaften, natürlich auch in den richtigen Kanälen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei SAZsport.

Die Plan.Net Gruppe wird 20 und feiert das Jubiläum mit einer Hommage an zwei Jahrzehnte Internet. Im Jahr 1997 gegründet ist Plan.Net heute eine der größten unabhängigen Digitalagenturen Europas und an mehr als 25 Standorten weltweit präsent.

„Es ist an der Zeit, die abscheuliche Natur des Telefons öffentlich zu machen und seine vielen Erfinder zu verdammen.“ Nein, die Kritik zielt nicht auf das Smartphone, es geht nicht um Digital Detox und auch nicht um die NSA. Das Zitat stammt aus der New York Times des Jahres 1877. Der Autor sorgte sich schon damals um die Privatsphäre der Bürger. Aufhalten konnte die Technologiekritik die Entwicklung nicht: Mehr als drei Viertel aller Deutschen besitzen heute ein Smartphone. Bei den unter 30-Jährigen hat es den Fernseher als „unverzichtbarstes“ Gerät abgelöst. Die Digitalisierung hat unsere Hosen- und Handtaschen, ja sogar unseren Körper erreicht.

Das hat weitreichende Folgen und birgt jede Menge Chancen, aber natürlich auch Risiken. Wie bei jeder wichtigen technologischen Entwicklung, wird es Versuche geben, die neuen Möglichkeiten zu missbrauchen. Trotzdem überwiegen die Chancen der digitalen Transformation die Risiken bei weitem. Wir werden als Gesellschaft und als Einzelner den Umgang damit lernen und im Prozess der Digitalisierung reifen.

Chancen für den Einzelnen und die Gesellschaft

Heute kaufen wir mit dem Smartphone völlig selbstverständlich das Ticket für den Nahverkehr, lesen darauf die News oder den Wetterbericht, hören Musik, stoppen die Zeit für unsere Joggingrunde, chatten mit den Freunden. Für den Einzelnen bedeutet die digitale Transformation mehr Komfort, eine schnellere Verfügbarkeit von Information und neue Kommunikationsformen. Rund 14 Prozent der Deutschen lernen ihren Partner laut Statista mittlerweile völlig selbstverständlich über Online-Partnerbörsen kennen. Diesen Komfort zahlen wir auch mit unseren Daten. Wie wir künftig mit dieser neuen Währung umgehen, ist ein gesellschaftlicher und individueller Lernprozess. Datenschutz ist ein wichtiges Thema für Politik, Wirtschaft und jeden Einzelnen von uns.

Vor der Erfindung des Buchdrucks wurde Wissen in Klöstern gehortet, wo Bücher von Hand kopiert wurden. Lesen war ein Privileg für die, die sich Bücher leisten konnten. Heute findet jeder mit Internetanschluss global Zugang zu Information und Bildungsquellen. Die Demokratisierung des Wissens beinhaltet neben dem Konsum von Information auch die freie Meinungsäußerung: Über Kommentare, Blogs und soziale Medien können wir am politischen und öffentlichen Leben teilnehmen. Dass diese Möglichkeit auch für Stumpfsinn jeden Grades genutzt wird, müssen wir verkraften können. Wichtiger ist, dass in einer vernetzten Welt gesellschaftliche Fehlentwicklungen schneller sichtbar werden als je zuvor. Die Wikileaks Enthüllungen beispielsweise, hätte es ohne Digitalisierung nie gegeben.

Chancen für die Wirtschaft und das Marketing

Die Digitalisierung erlaubt in vielen Märkten eine Leistungserbringung ohne räumliche und zeitliche Beschränkungen. Das wird ganzen Branchen einen Schub geben. Und die Digitalisierung wird helfen, Prozesse noch effizienter zu gestalten. Eine aktuelle Bitkom-Studie schätzt die Potenziale für die Produktivitätssteigerung (Stichpunkt Industrie 4.0) in Deutschland auf bis zu 78 Mrd. Euro bis 2025.

Für das Marketing und Marken bedeutet die digitale Transformation, sie können und müssen mehr Relevanz bieten und zielgerichteter kommunizieren. Die richtige Botschaft zur richtigen Zeit am richtigen Ort anzubieten, benötigt jedoch Daten – nicht zwingend personenbezogene, auch pseudonymisierte Informationen reichen. Die Menschen, Nutzer und Konsumenten erwarten von Marken künftig mehr Service, einen klaren Mehrwert und sinnhaftes Tun.

Technologiekritik ist immer Teil einer gesellschaftlichen Debatte. Die Vergangenheit hat aber bewiesen, dass es deutlich sinnvoller ist, Marktentwicklungen mit zu gestalten, anstatt sie kategorisch abzulehnen. Für die digitale Transformation trifft das ganz besonders zu.

Dieser Artikel wurde auch in Horizont, Ausgabe 40/2016, veröffentlicht.

Aus dem Begriff RTA wurde mittlerweile und sinnvollerweise die Bezeichnung „Programmatic Advertising“. Aus dem einstmaligen Trend ist ein unumkehrbarer Prozess geworden, der nicht nur die digitalen, sondern zunehmend auch die analogen Medien erfasst. Programmatic Advertising hat die erste große Hype-Welle (endlich) hinter sich.

Der Online-Werbemarkt ist, das zeigen die Spendings und auch die inzwischen vorherrschende Unaufgeregtheit sowie die damit einhergehende Sachlichkeit der Diskussionen rund um das Thema, auf dem Weg ins programmatische Zeitalter bereits ein gutes Stück vorangekommen. In diesem Jahr wird in Deutschland geschätzt gut ein Drittel der Netto-Werbeumsätze in der Online-Displaywerbung programmatisch gehandelt. Tendenz klar steigend. Treiber der Marktentwicklung hierzulande sind vor allem die private Exchanges, die gewachsene Beziehungen zwischen Publishern, Einkäufern und Advertisern sinnvoller abbilden als die meisten offenen Marktplätze und dabei definierte Qualitätsniveaus besser einhalten können. Treiber sind aber auch Amazon, Google und Facebook.

Im digitalen Marketing stellt heute niemand mehr Programmatic als festen Teil eines Mediaplans in Frage. Dennoch stehen wir auch in der Diskussion mit unseren Kunden über den richtigen und effizienten Einsatz immer noch am Anfang. Der Markt durchlebt aus meiner Sicht vier Phasen.

Phase 1: Versuch und Irrtum – Nur wer mitmacht, ist modern!

In dieser Phase sind wir heute hoffentlich nicht mehr. Kunden kamen zu uns und wollten Systeme, Tools und Möglichkeiten kennenlernen. Der Erfolg und die Effizienz wurden – wenigstens in Teilen – hinten angestellt. Ein klassisches Trial and Error eben. Das machte Sinn, doch nur für eine begrenzte Zeit, denn irgendwann musste auch die programmatische Kampagnenidee vor allem eines liefern: Ergebnisse, die so gut sind, dass die Mehrkosten im Handling und für den Einsatz entsprechender Tools amortisiert werden. Die Erkenntnis beschäftigt uns auch heute noch in Phase 2.

Phase 2: Qualität und Effizienz – quod erat demonstrandum!

Je größer der Marktanteil von Programmatic Advertising wird, desto genauer werden Werbungtreibende darauf achten, dass auch die Qualität der eingesetzten Reichweiten ihren Anforderungen entspricht. Der Code of Conduct für Programmatic Advertising, den die Fokusgruppe Programmatic Advertising im BVDW in den vergangenen zwei Jahren mit allen Marktteilnehmern erarbeitet hat und der noch dieses Jahr veröffentlicht werden soll, wird ein erster und wichtiger Schritt hierbei sein.

Doch selbst wenn die angebotenen und eingesetzten Reichweiten allen Qualitätsanforderungen entsprechen sollten, steht der Markt vor einer noch zentraleren Frage: Ist Programmatic Advertising immer effizienter als der klassische Weg der Mediaplanung und -buchung? Gerade wenn wir die durch Programmatic Advertising zwangsläufig entstehenden Mehrkosten in Betracht ziehen und feststellen, dass der reine Mediaeinkauf keineswegs zwangsläufig günstiger wird, so stellt sich sofort die Frage, wie ein wirklicher Effizienzgewinn zu realisieren ist. Die Antwort ist in der Theorie sehr einfach, jedoch schwer in der Realität umzusetzen: Die Effizienz steigt nur, wenn wir weniger medialen Streuverlust produzieren. Also die richtigen User mit der richtigen Kontaktdosis ansprechen und teure Streuverluste minimieren.

Dies funktioniert jedoch nur, wenn wir dem richtigen User ein für ihn relevantes Angebot mit einer für ihn relevanten Botschaft zeigen. Der Beginn von Phase 3.

Phase 3 : Kreation, Storytelling und Programmatic? Kein Widerspruch!

Lange, viel zu lange, haben wir das Thema Programmatic Advertising aus der rein technologischen Perspektive und mit der Brille der Mediaplaner betrachtet. Diese Situation muss sich ändern. Denn Programmatic kann seine Möglichkeiten und eigentlichen Stärken erst dann ausschöpfen, wenn wir die Kreativen mit einbeziehen. Das ist – zugegebenermaßen – nicht einfach. Die meisten hochdekorierten ADC- und Cannes-Reisenden wechseln spätestens bei DMP, DSP und SSP in den Standby- oder ESC-Modus. Das ist schade, aber unsere Schuld. Ist doch verständlich, dass der Kreative im klassischen Retargeting-Banner mit Produktbild, Preis, Streichpreis und einer wahnsinnig aufregenden Headline nicht wirklich seine Zukunft sieht.

Das heißt, wir müssen alle umdenken und verständlich erklären, warum Programmatic Advertising und „für die eigene Mappe“ arbeiten kein Widerspruch mehr sein muss: Statt einer Konsens-Kampagne für alle, verschiedene Motive und Kreationen für unterschiedliche Zielgruppen. Statt eines Flights, Storytelling über mehrere Stufen hinweg. Programmatic bietet Kreativen, die den Ansatz verstehen, eine große Spielwiese, denn Programmatic-Kreation ist weit mehr als der Banner-Generator, der kleine Text- und Bild-Bausteine in Echtzeit zusammensetzt. Was genau entstehen kann, darüber sollen in der Arbeitsgruppe „Programmatic Creativity“ des BVDW ab sofort Digitalos, Mediamenschen und Kreative diskutieren. Um ein gemeinsames Verständnis zu etablieren und notwendige Schnittstellen zu entwickeln.

Denn eines ist auch klar: Wenn wir via Programmatic und Targeting feinere Zielgruppenprofile herausarbeiten und diese zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Inhalten ansprechen wollen, dann brauchen wir mehr als einen Spot, eine Anzeige oder ein Banner. Wir brauchen vielleicht fünf Versionen eines Radio-Jingles, drei Versionen des TV-Spots und unterschiedlichste Bild-und Text-Kombinationen für Bannerwerbung im Verlaufe der Customer Journey. Das kostet in der Produktion für Werbungtreibende mehr Geld. Wird der Wirkungsvorteil der individuelleren Werbeausspielung (als ein zentrales Leistungsversprechen von Programmatic) den Kosten-Nachteil ausgleichen? Müssen wir Agenturen Werbung für das programmatische Zeitalter künftig nicht anders produzieren?

Diese Fragen werden wir den Werbungtreibenden spätestens 2017 auf der dmexco beantworten müssen. Bis dahin ist es unsere primäre Aufgabe, kreative Kampagnenansätze, die das Wort kreativ verdienen, auf den Weg zu bringen und unsere Kunden hierbei mit auf die Reise zu nehmen. Und am Ende sollten wir sicherstellen, dass diese aufwendiger produzierten Kampagnenbausteine dennoch zu einer höheren Effizienz und nicht nur zu höheren Kreationskosten führen. Heute ist das noch ein digitales Thema, doch schon jetzt (und da werden wir zur dmexco noch viel mehr sehen …) schwappt diese Welle auf andere – bisher analoge – Medien über.

Phase 4: Analog wird digital wird programmatisch

Online-Displaywerbung hat den Anfang gemacht. Online-Videowerbung und Mobile zogen relativ schnell nach und in den nächsten Monaten werden immer mehr Medienkanäle in die Welt von Marketing Automation und personalisierter Werbung einsteigen. In der ersten Stufe geht es dabei weniger um das programmatische Aussteuern von Werbung (user-zentriert und in Echtzeit), sondern vor allem um das plattformgestützte Planen und Buchen von Werbeflächen. Fast alle klassischen Mediengattungen haben in diesem Jahr erste Pilotprojekte gestartet.

RTL-Vermarkter IP hat PR-wirksam Anfang des Jahres den Einstieg in den Programmatischen Verkauf verkündet, die Münchner Kollegen von ProSiebenSat1 stehen ebenfalls in den Startlöchern. Bis es jedoch soweit ist, dass „Programmatic“ bei linearem Fernsehen wirklich sein Label verdient, werden noch einige Monate oder sogar Jahre vergehen. Ein vollständig automatisierter Einkauf von Werbezeiten, bei denen Algorithmen entscheiden, wann und wo der Spot passend zur Zielgruppe ausgespielt wird, wird auch zur dmexco 2017 Vision sein. Bis dahin aber wird es jede Menge kleine Zwischenschritte geben: Vom Banner, der sich bei Umschalten des Programms über den Fernseher legt, bis hin zu „digitalen“ Fernsehsendern wie RTL II you, die 24 Stunden Programm ausstrahlen, jedoch nur über Desktop und App ansteuerbar sind, dafür programmatisch „Fernsehwerbung“ eingespielt werden kann.

Auch der Hörfunk hat die ersten Versuche mit Programmatic Audio bereits hinter sich. Die RMS testete mit Burger King Ende 2015 eine individualisierte Kampagnenaussteuerung und -optimierung in Echtzeit. Je stärker die Nutzung von Online-Audio-Angeboten (Webradios, Streaming-Angebote, Online-Only-Sender, Personal Radios, Aggregatoren, Music on Demand etc.) steigt, desto attraktiver wird dieser Kanal für Programmatic. Jüngst hatte auch Spotify angekündigt, sich für Programmatic Audio zu öffnen. Was fehlt, sind derzeit noch die großen reichweitenstarken Hörfunksender, die über UKW oder DAB ausgestrahlt und nicht via Smartphone konsumiert werden.

Je mehr Flächen in der Außenwerbung digitalisiert werden, desto interessanter wird auch der Bereich Digital Out of Home (DooH) für Programmatic, weil er Online perfekt ergänzen kann. Wir selbst haben erste positive Erfahrungen gesammelt: mit einer serverbasierten Ausspielung, flexibler Motivaussteuerung – kombiniert mit Online-Video.

Mein persönliches Fazit: Beim Thema Programmatic sind wir auf einem guten Weg. Auch wenn wir gefühlt schon lange unterwegs sind, ist es aber noch ein gutes Stück, bis zum Meer mit Sonnenuntergang. In diesem Sinne: gute Erholung, die dmexco wird laut und schnell und voller Programmatic!

Dieser Artikel wurde auf internetworld.de veröffentlicht.

Es kann einem richtig Angst machen: Eine Katastrophenmeldung zum Thema digitale Kommunikation jagt derzeit die nächste. Vom Tod der Onlinewerbung ist die Rede ebenso wie vom Ende des digitalen Werbegeschäfts. Schuld sei nicht zuletzt das Programmatic Buying, das zu einer rückläufigen Sichtbarkeit von Online-Werbung und sinkenden Klickraten führe. Es gipfelt in dem Vorwurf, dass angeblich ein Großteil der ausgelieferten Werbung kein menschliches Auge mehr erblicken würde.

Müssen wir uns also tatsächlich um unsere gesamte Branche sorgen? Natürlich nicht. Die Automatisierung der digitalen Werbung funktioniert nicht immer wie sie soll. Doch das zeigt nur, dass es der Digitalbranche nicht anders ergeht wie jeder anderen Branche auch: Entsteht ein Hype um ein Angebot oder eine Technik, produziert dieser auch seine Irrungen und Wirrungen.

Denn wenn ein Markt mehr oder weniger blind auf einen Zug aufspringt, ohne Fahrtstrecke, Geschwindigkeit und  Service zu überwachen, dann darf er sich am Ende nicht wundern, wenn er nicht oder am falschen Ziel ankommt. Auf Programmatic Buying bezogen heißt das: Je „blinder“ die Buchung auf der Plattform, desto niedriger ist in der Regel der Preis und die Qualität des Traffics. Und wer glaubt, automatisierter Einkauf mache für Kunde und Agentur eine systematische Leistungskontrolle verzichtbar, ist an Naivität nicht mehr zu überbieten. Was wir stattdessen benötigen, ist eine Transparenz, die allen Marktteilnehmern den Zusammenhang zwischen Qualität, Leistungssicherheit und Daten- bzw. Zielgruppen- und Umfeldqualität verdeutlicht. Das erfordert systematisches externes Monitoring sowie eine konsequente Leistungskontrolle der Kampagnen, um schwarze Schafe zu isolieren und herauszufiltern. Das ist durchaus aufwendig, und ja, es kostet Geld. Aber es ist und war schon immer eine unabdingbare Notwendigkeit. Dass zudem der Druck auf die Anbieterseite hoch bleiben muss, hier gegenzusteuern, ist unstrittig.

Der gesunde Menschenverstand und ein professionelles Vorgehen haben auch in unserer Branche nicht ausgedient, sondern sind gefragter denn je. Wir wissen mehr über die Wirkungsweise digitaler Medien als je zuvor.  Dazu haben wir Messinstrumente entwickelt, die Auskunft über die quantitativen und qualitativen Leistungsparameter der digitalen Kommunikation geben. Die Messung der Branding-Wirkung von Kampagnen ist mittlerweile innerhalb von Tagen machbar, quantitative Parameter stehen quasi in Echtzeit zur Verfügung und Modellrechnungen erlauben die zuverlässige Prognose künftiger Leistungswerte. Wir haben ein Verständnis für die einzelnen Stufen der Customer Journey entwickelt und können mit Attributionsmodellen die Wirkungsweise von Kontaktstrecken besser verstehen. Was wir dafür benötigen, sind leistungsfähige Big Data Systeme – und natürlich Menschen, die damit umgehen können. Auch die digitale Kreation ist kein Mysterium mehr, sondern folgt bekannten Regeln und Erfahrungswerten – zumindest wenn man verstanden hat, dass Digital nicht Klassik über das Internet, sondern eine eigene Disziplin ist.

Wir haben also alles, was wir brauchen, um hochwertige und hochwirksame Online-Kommunikation zu schaffen und gleichzeitig die negativen Auswüchse der Branche zu bekämpfen und zu vermeiden. Lasst uns daher daran arbeiten, die Chancen der digitalen Kommunikation zu nutzen, wir werden in absehbarer Zukunft keinen anderen relevanten Kanal mehr haben, um unsere Ziele als Kommunikationsbranche zu erreichen.

Der Artikel wurde auf internetworld.de veröffentlicht.

Die Diskussion um die Zukunft der Branche und die Rolle der Agenturen ist aktuell heftiger denn je. Es wird debattiert und gestritten: Um die Stellung und Notwendigkeit von Media- und Kreativagenturen geht es da, oder darum, wer die Führungsrolle bei einer modernen Markenführung übernehmen soll. Die wesentlichen Voraussetzungen einer für Kunden erfolgreichen Zusammenarbeit mit einer Agentur – insbesondere im digitalen Bereich – spielen bei diesen Diskussionen aber interessanterweise nur selten eine Rolle.

Das überrascht gerade beim Thema digitale Kommunikation vor dem Hintergrund der insbesondere dort zunehmenden Differenzierung, Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit. Die Digitalisierung stellt Marketer vor echte Herausforderungen – sei es nun durch die Auswirkungen der mobilen Revolution auf Kontaktpunkte und Wahrnehmung, das Auf und Ab der unzähligen spezialisierten sozialen Kanäle, die Facebookisierung der Content-Nutzung oder die Übertragung klassischer Media-Nutzungsparadigmen auf digitale Medien. Nur ein Beispiel sei hier genannt: So beschränkt sich etwa der Konsum von Bewegtbildinhalten nicht mehr nur auf das lineare Fernsehen mit dem TV-Gerät, sondern ist auch via Streaming auf dem Tablet oder Smartphone möglich. Das klassische TV-Werbemodell wird damit erweitert um Targeting, dynamische Kreationsmodelle, und Interaktionsoptionen, die es optimal einzusetzen gilt. Und das vor dem Hintergrund, dass Gestaltung und mediale Ausspielung sowie zugrundliegende Technologien unmittelbar zusammenhängen.

Dieser Situation steht eine zersplitterte Spezial-Agenturen-Szene gegenüber, die nicht selten ein Innovationsthema besetzt und auf den Erfolg durch Spezialisierung und eine nachfolgende Mystifizierung des Themas setzt – häufig in Verbindung mit proprietären Technologie-Modellen. Die Konsequenz: Auch ich saß schon in Meetings einem Kunden und mehreren Agenturen, die für die unterschiedlichsten digitalen Fachbereiche zuständig waren, gegenüber und war schnell in einer vielschichtigen Diskussion, bei der die Kundenziele nicht immer im Fokus der Diskussion zu halten waren.

Die Kunden wollen das aber nicht mehr hinnehmen. Auf dem Kreativfestival in Cannes hat sich Unilever-CMO Keith Weed beispielsweise gegen die Fragmentierung der Agenturlandschaft ausgesprochen. Und Procter & Gamble hat bereits im April während einer Pressekonferenz angekündigt, seine Werbeausgaben neu zu sortieren: Dazu will der US-Konzern, so CFO Jon Moeller, die Anzahl seiner Dienstleister erheblich reduzieren, um die Komplexität der Agenturbeziehungen zu vereinfachen und Marketinggelder effizienter einzusetzen. Gleichzeitig sollen übrigens die Werbeausgaben stärker als bisher ins Digitale investiert werden – vor allem in Social Media, Video, Mobile und Search.

Spätestens nach solchen Aussagen wird klar: Das Kundenbedürfnis nach Orientierung und Komplexitätsreduktion sowie eine eindeutige Ausrichtung auf den Kommunikationserfolg müssen die wichtigsten Aufgaben von Agenturen sein. Unternehmen suchen in ihnen einen Partner, der in der Lage ist, digital ganzheitlich zu beraten und dann auch umzusetzen. Das geht auf Dauer nur erfolgreich, wenn drei Anforderungen erfüllt sind: zum einen strategische wie inhaltliche exzellente Beratung, Kreation und Umsetzung. Dies setzt ein ganzheitliches fundiertes Verständnis von Kommunikation in allen Spezialbereichen voraus. Zum zweiten eine relevante Größe in jedem Kompetenzbereich, um attraktiv zu sein für Spitzenleute und um skalierbare Umsetzungskompetenz und -sicherheit bieten zu können. Und drittens eine ganzheitliche Account-Führung, die auf Basis eines umfassenden strategischen Ansatzes und eines konsequenten Erfolgsmonitorings Relevantes integriert und stärkt, Irrelevantes aussortiert und Neues konsequent evaluiert. Die umfassende Big Data-Lösung ist damit als Arbeitsgrundlage Pflicht. Damit das klappt, muss jeder Spezialbereich auf Augenhöhe sein mit den vermeintlichen Spezialisten am Markt. Nur dann macht Integration Sinn. Der Markt ruft nach Integration, wir müssen liefern, dann wird die anfänglich zitierte Diskussion hinfällig.

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