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Nachdem der Milch-bestellende Kühlschrank 20 Jahre lang belächelt und das vernetzte Zuhause lange auf die prophezeite rosige Zukunft warten musste, ist es dieses Jahr soweit: 6,8 Millionen Menschen in Deutschland planen in den nächsten zwölf Monaten den Kauf ihres ersten Smart-Home-Geräts. 30,7 Millionen nutzen bereits heute mindestens ein smartes Gerät in ihrem Zuhause. 73 % davon wollen ihre Räumlichkeiten im nächsten Jahr weiter aufrüsten – das zeigt der Smart Home Monitor 2023 von Facit Digital.

Nutzung und geplanter Kauf Smart Home Geräte in Deutschland

Am häufigsten werden aktuell smarte Lautsprecher und Beleuchtung genutzt. Die größten Wachstumspotenziale liegen bei smarten Heizungen und Thermostaten, mutmaßlich befeuert durch die hohen Energiepreise, dicht gefolgt von smarter Beleuchtung, Lautsprechern, Staubsaugern und Steckdosen. Aber auch seltenere Anwendungen wie vernetzte Wetterstationen oder Videoüberwachung weisen voraussichtlich Wachstumsraten von über 15 % auf.

Wer nutzt die smarte Elektronik?

Die Smart-Home-Neulinge unterscheiden sich deutlich von den Early Adoptern: Während zu den User:innen bisher tendenziell jüngere Männer mit eigenen Häusern, hohem Einkommen und größeren Haushalten zählten, kommt das Thema nun in der Gesamtbevölkerung an. Zuwächse verzeichnet der Monitor vor allem beim Kaufinteresse von Frauen, Älteren, Mieter:innen und Normalverdienenden. Auch der Anteil von Single- und Paarhaushalten ist bei den Planenden höher als bei den aktuellen Nutzer:innen.

Soziodemografie von Smart-Home-Nutzer:innen und Planenden

Kaufgründe

Auch die Kaufgründe verändern sich deutlich: Neben Komfort stand bei den Early Adoptern insbesondere der Spaß an der Technik im Vordergrund. Die neue Käuferschaft interessiert sich vor allem für einen nachhaltigen und ressourcenschonenden Lebensstil.

Kaufgründe für Smart Home (Mehrfachnennungen)

Spielzeug oder stille Diener?

Wirklich intelligente Lösungen, die den Nutzer:innen mehr Komfort und Lebensqualität bieten, ohne sie mit Mehraufwänden zu belasten, werden in Zukunft noch mehr nachgefragt. 70 % der Smart-Home-Neulinge bezeichnen wir als „Delegierer“: Sie wünschen sich, dass die Produkte nach Einrichtung ihren Dienst tun und nicht weiter in Erscheinung treten. Nur 30 % sind „Bastler“, die in Smart-Home-Geräten auch so etwas wie Spielzeuge sehen, mit denen sie sich gerne beschäftigen. Bei den bisherigen Nutzenden gibt es noch wesentlich mehr Bastler:innen.

Facit Digital Smart Home Typen

Was Hersteller jetzt besser machen müssen

In dieser beschleunigten Phase der Marktentwicklung ist es für Smart-Home-Anbieter wichtig, mit attraktiven Produkten die richtigen Käufer:innen anzusprechen, um die eigene Marke nachhaltig im Massenmarkt zu etablieren. Hierzu müssen Produkte auf eine spezifische Zielgruppe zugeschnitten sein, nützliche Features bieten und einfach in der Handhabung sein. In diesen Bereichen scheint das Optimum aber noch nicht erreicht zu sein. Der Smart Home Monitor zeigt, dass aktuell nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten mit dem Nutzwert (Utility) ihrer Smart-Home-Produkte völlig zufrieden sind. Besonderen Nachholbedarf haben große und kleine Hausgeräte. Auch mit smarten Wetterstationen und Lautsprechern sind weniger als die Hälfte der Befragten voll zufrieden. 25 % aller Befragten sehen generell keinen Mehrwert im Gegensatz zu nicht-smarten Produkten und halten sich deshalb mit Käufen zurück. Um erfolgreich zu bleiben, müssen Anbieter den Produktnutzen künftig mehr in den Fokus stellen. Auch beim Thema Bedienbarkeit (Usability) ist die Zufriedenheit der Käufer:innen nicht sehr hoch. Gerade einmal 32 % sind zum Beispiel mit ihren smarten Rasenmähern völlig zufrieden. Auch bei großen Hausgeräten wie Waschmaschinen und Kühlschränken sind es nur 36 %.

Wahrgenommene Utility und Usability von Smart-Home-Kategorien

Je nach Beurteilung stehen für die Produktkategorien Usability- und/oder Utility-Optimierung im Vordergrund. Bei Steckdosen und Beschattung sind diese beiden zentralen Werte vergleichsweise gut, sodass hier die Vermarktung im Vordergrund stehen kann.

Smart Home Zentralen

Smart Home Lösungen können oft über eigene Apps bedient werden. Zusätzlich oder alternativ können eine oder mehrere Smart-Home-Zentralen verwendet werden, die mehrere Geräte zusammenfassen. Auch können in diesen Zentralen Routinen angelegt werden, die mehrere Geräte einbeziehen. Amazon ist hier mit Alexa aktuell eindeutig Marktführer.

Nutzung Smart-Home-Zentralen in Deutschland

Offenbar sprechen die Smart-Home-Zentralen unterschiedliche Zielgruppen an. Bei Magenta Smart Home der Telekom scheinen sich Delegierer besonders wohl zu fühlen, während es die Bastler eher zur Lösung von Ikea zieht.

Nutzung Smart-Home-Zentralen x Facit Digital Smart-Home-Typen

Fazit

Smart Home ist 2023 endlich im Mainstream angekommen und wird weiterhin rasant wachsen. Die neuen Kund:innen haben andere Anforderungen an die Produkte als die bisherigen Early Adopter. Ein kundenzentrisches Produktdesign ist sinnvoll, um die Potenziale bei Nutzwert und Bedienbarkeit der Produkte voll auszuschöpfen.

Zuerst erschienen in planung & analyse

Autor

Michael Wörmann ist Managing Partner des Forschungs- und Beratungsunternehmens Facit Digital und Gründer des Netzwerks UX Fellows. Einer der Schwerpunkte des Psychologen ist Customer Centricity im Produktdesign.

Facit Digital wurde 2007 gegründet und ist ein unabhängiges Research- und Beratungsunternehmen für Customer-Experience-Forschung. Die CX-Expert:innen sind Teil des House of Communication der Serviceplan Group. Mit einem umfassenden Set innovativer Forschungstools unterstützen sie ihre Kunden bei der Bestimmung von Zielgruppen, Ideation, Product Design, User Interface Design, Marketing und CRM. Zu den Kunden im Smart-Home-Bereich zählen u.a. Bosch Siemens Hausgeräte, Tado und Schindler.

Die Studie

Erhebung: März 2023, Bilendi Online Access Panel

Stichprobe: 1.985 Erwachsene in Deutschland, bevölkerungsrepräsentativ quotiert und gewichtet nach Alter, Geschlecht und Wohnsituation (Haus, Wohnung, Miete, Eigentum)

„Insbesondere für junge Generationen gilt: Vorn ist das neue Oben“, sagt Dr. Jens Thiemer, Senior Vice President Kunde und Marke BMW bei der BMW Group. Doch wie schnell müssen Marken heute tatsächlich sein, um zu den Besten zu gehören – und wann sollte man den Fuß auch mal vom Gas nehmen? Wolf Ingomar Faecks, Managing Partner der Serviceplan Group, hat nachgefragt.

WOLF INGOMAR FAECKS: Ist das Prinzip „Höher, schneller, weiter“ noch zeitgemäß?

JENS THIEMER: Wir beobachten verstärkt, dass sich das Statusdenken in der Gesellschaft verändert. Insbesondere für junge Generationen gilt: Vorne ist das neue Oben. Das heißt, dass wir einen Trend von den Social Climbern hin zu den Social Drivern erleben, die der Welt etwas zurückgeben möchten und sich als Teil einer Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Sinn betrachten. Für BMW geht es daher nicht mehr nur noch darum, der Beste in der Welt zu sein, sondern eben auch der Beste für die Welt. Wir bewegen Menschen, berühren Herzen und beflügeln den Verstand. Das ist unser Führungsanspruch.

Darf mich die „Fear of missing out“, kurz FOMO, im Digitalisierungskontext unvorsichtig machen? 

JT: Grundsätzlich sollte man beim Thema Digitalisierung neugierig und aufmerksam, aber nicht unbedingt vorsichtig oder zurückhaltend sein. So sehr uns die Digitalisierung auch anspornt, so viele neue chancenreiche Aufgaben und eben teilweise Risiken ergeben sich daraus. Gerade während Corona haben Hackerangriffe, Datendiebstahl und Datenmissbrauch einen neuen Höchststand erreicht. Für uns bei BMW gilt ein Höchstmaß an Achtsamkeit und Vertraulichkeit mit allen Daten. Und was FOMO angeht: Im Digitalisierungskontext erleben wir beinahe jeden Tag neue Hypes und Trends. Man sollte sich immer fragen, warum man vermeintlich unter FOMO leidet. Was genau ist es, das man verpassen könnte? Hat man es bereits vollständig verstanden? Welche Rolle spielt es für andere Entscheidungen? Und dann genau abwägen, ob man hier mitgehen sollte. 

Wie entscheiden Sie, ob etwas ein Hype oder ein ernst zu nehmender Trend ist, dem man folgen muss?

JT: Zunächst einmal analysieren wir sehr gründlich, woher eine Bewegung branchenübergreifend kommt, in welchem Umfeld sie entsteht und wer zuerst darauf aufspringt. Viele sogenannte Hypes scheiden danach bereits aus, weil sie nicht zur Unternehmensausrichtung und -strategie passen. Wenn ein Hype Potenziale für eine Marke bietet, sollte man schauen, wie schnell er sich in Richtung eines stabileren Trends entwickelt und wie schnell andere Player darauf aufspringen. Man sollte auch keine Angst haben, dass der Trend bricht oder floppt. Das kann passieren. Clubhouse war in Deutschland vor zwei Jahren ein Beispiel, wo wir relativ früh aktiv waren, weil die Plattform großes Potenzial hatte, zu einem Trend zu werden. Viele namhafte Persönlichkeiten waren dort früh vertreten. Wie wir heute sehen, hielt der Trend nicht so lange an wie erwartet oder braucht einfach noch Zeit. Da muss man dann reagieren, um nicht unnötig Ressourcen einzusetzen.

Geschwindigkeit ist heute ein entscheidender Erfolgsfaktor. Hat Speed auch Relevanz für das Vertriebsmodell, Innovationen und Customer Centricity?

JT: Geschwindigkeit hat für jeden unserer Prozesse Relevanz, denn sie zwingt uns dazu, unsere Prozesse auf das Wesentliche zu reduzieren und unnötige Redundanzen zu vermeiden. Ansonsten ist man einfach nicht schnell genug. Man könnte vielleicht die Bedeutung von Geschwindigkeit in diesen Prozessen gewichten. Bei Innovationen ist Geschwindigkeit grundsätzlich der entscheidende Faktor, um vorne zu bleiben. Wer hier schnell ist, gibt die Pace einer ganzen Industrie vor. Beim Vertriebsmodell wird Geschwindigkeit aus Kundensicht auch immer wichtiger: Transaktionen sind überall gefordert und sollten simpel, kurz und reibungsfrei erfolgen können. Customer Centricity dagegen ist zunächst einmal eine Haltung, die substanziell gelebt und mit Daten unterfüttert werden muss, um Prozesse optimal auf sie auszulegen. Das hat mit Schnelligkeit nur indirekt etwas zu tun. Allerdings sollte man den notwendigen Mindset Shift in einem Unternehmen hin zu echter Kundenorientierung nicht unterschätzen. Das dauert und muss dauerhaft und vorbildhaft gelebt werden.

Welche Gefahren und Vorteile hat Speed im Unternehmen – und auf der Straße?

JT: Mit unseren Fahrzeugen genießt man ab und zu ja auch höhere Geschwindigkeiten auf der Straße. Natürlich situationsangepasst und unterstützt durch alle vorstellbaren und technisch möglichen Fahrerassistenzsysteme. Aber der Fahrspaß eines BMW hängt nicht an der gefahrenen Geschwindigkeit. Freude am Fahren erleben alle Passagiere auch bei gemäßigter Fahrt. Im Unternehmen bietet Geschwindigkeit den Vorteil, Wettbewerbsvorteile schneller als andere zu erreichen, birgt aber auch das Risiko, ungenau zu werden und Fehler zu machen. Davor darf man dann keine Angst haben.

Ist Speed für BMW ein Unternehmensziel?

JT: Geschwindigkeit ist kein Selbstzweck. Sie schwingt natürlich bei allem mit, was wir tun. Wir beschleunigen unsere Prozesse, vermeiden Redundanzen und setzen klare Prioritäten. Das betrifft insbesondere unseren Entwicklungsprozess, unsere Innovationsgeschwindigkeit im gesamten Unternehmen und interne Entscheidungsprozesse. Somit zahlen unsere Ziele indirekt auf jeden Fall auf Geschwindigkeit ein.

Steht Speed im Zielkonflikt mit anderen Unternehmenszielen?

JT: Die Dinge gehen Hand in Hand. Manche Dinge müssen sehr schnell erledigt werden, anderes braucht auch Zeit, um zu wachsen. Das steht nicht im Konflikt, sondern wird je nach Ziel unterschiedlich bewertet.

Was sind für Sie die drei größten Speed-Killer?

JT: Lange Diskussions- und Entscheidungswege. Grundsätzliche Risikoaversion. Fehlender mutiger und reflektierter Blick über den eigenen Tellerrand.

Wie kann BMW die Geschwindigkeit gegenüber automobilen Disrupteuren, wie beispielsweise Tesla und Nio, die ein D2C-Vertriebsmodell anbieten, erhöhen?

JT: In der Automobilindustrie gibt es inzwischen viele junge, schnelle und risikobereite Unternehmen mit kaum gewachsenen Strukturen. Das ermöglicht Flexibilität und Freiraum zum Experimentieren und zum grundsätzlichen Einschlagen gänzlich neuer Wege. BMW ist ein Konzern, der über mehr als 100 Jahre Erfahrung hat. Bei uns brauchen Entscheidungen manchmal länger, aber wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass das oft die richtigen Entscheidungen waren, und wir konsequent unseren Weg weitergehen, langfristig orientiert, kundenorientiert und technologisch fokussiert – tech magic und human centric. Der Wettbewerb regt uns aber immer dazu an, schneller zu werden, konsequenter und noch mehr Wirkung zu erzielen.

Ist D2C der einzige Weg vorwärts? 

JT: Direct Sales hat für uns neben einer nochmaligen Verbesserung des Kundenerlebnisses natürlich noch viele weitere Vorteile, insbesondere den direkten Kundenzugang und die Möglichkeit, an jedem Touch Point im Vertrieb digital wie physisch Transaktionen zu ermöglichen, Omnichannel genannt. Hinzu kommt ein nicht verhandelbarer fairer Festpreis für die Produkte, damit die Kunden nicht mehr nach Rabatten und Angeboten suchen müssen; das ist heute für ein Premiumprodukt einfach nicht mehr zeitgemäß. Damit erreichen wir auch unser ambitioniertes Ziel 2025 einen 25-prozentigen Online-Sales-Anteil zu haben. Wir machen das Hand in Hand mit unserem starken Händlernetzwerk, das von Beginn an in den Prozess eingebunden wird. Daher ist das unser Weg vorwärts. Aber auch ein klassisches Wholesale-Modell kann natürlich digital optimiert werden. Wichtig sind immer bessere Prozesse und bessere Ergebnisse.

BMW setzt mit „Wir machen nicht Nachhaltigkeit bei BMW, sondern wir machen BMW nachhaltig“ ein starkes Leitmotiv zum Thema Sustainability. Benötigt es für diesen Ansatz noch mehr Speed als bisher?

JT: In erster Linie braucht dieser Ansatz Transparenz und Vertrauen. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das viel Substanz benötigt und noch mehr Konsequenz. Zudem braucht es viel Kommunikation und Erklärung nach innen und außen. Oberflächlichkeit muss unbedingt vermieden werden, um nicht unglaubwürdig zu werden. Oft liegt Unglaubwürdigkeit daran, dass Unternehmen zu schnell zu viel kommunizieren und dann nicht liefern. Daher geht es viel mehr um Ehrlichkeit als um Schnelligkeit. Wo steht ein Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit? Was können wir bereits leisten und was eben auch nicht? Das zu jeder Zeit technologisch Machbare in der Serie ist hier das jeweilige Optimum. Und ab und an einen Nordstern in die Zukunft des Anzustrebenden aufzeigen. Unser BMW i Vision Circular zeigt hier, wie umfassend und konsequent wir nachhaltige und vor allem zirkulare Mobilität denken. Er steht für unseren Anspruch, Vorreiter bei der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft zu sein. Wir haben bewusst gesagt: „Das ist unsere Vision für das Jahr 2040, und wir begeben uns auf eine aktive Reise dorthin.“ Dass man auf dem Weg natürlich trotzdem relativ schnell an nachhaltigen Lösungen arbeiten muss, liegt auf der Hand. Auch wenn die Schritte dahin noch zu klein scheinen. Einer muss hier in Führung gehen.

Helfen Speedboats als Pilotprojekte, bevor man den Regelprozess umstellt?

JT: Ein Speedboat eignet sich hervorragend, um Veränderungen erst mal im Kleinen zu erproben und die Auswirkungen abzuschätzen. Das spart Zeit und Nerven. Es ist viel leichter, einzelne Parameter sehr viel schneller anzupassen und die Schieberegler so einzustellen, dass es am Ende für den gesamten Prozess passend ist. Allerdings darf es nicht beim Piloten bleiben. Ich bin ein großer Unterstützer von Skalierung und schneller Überführung in das große Ganze.

Ist die Geschwindigkeit in unterschiedlichen Verticals überall gleich schnell? 

JT: Das ist nicht der Fall. Und ich finde es auch normal. Wer schneller ist, soll vorauslaufen. Eine gleichzeitige End-to-End-Verantwortung über alle vertikalen Streams ermöglicht dann nach und nach einen Gleichklang. Dadurch schaffen wir gemeinsame Haltepunkte und stellen sicher, dass jeder Stream zur richtigen Zeit das Richtige abliefert. Das ist die Grundlage jeder echten Kundenorientierung, jeder weiß ungefragt, was er zu welchem Zeitpunkt zu tun hat.

Welche Rolle spielt Geschwindigkeit beim neuen, für BMW maßgeschneiderten Performance-Marketing-Agenturmodell?

JT: Ein Hauptgrund für die Implementierung des neuen Performance-Marketing-Agenturmodells war es definitiv, die Geschwindigkeit zu erhöhen, mit der wir unsere Kundinnen und Kunden relevant ansprechen und ihnen Angebote unterbreiten. Indem wir die Anzahl an Agenturen deutlich reduziert haben und eine maßgeschneiderte Lösung für unsere Umfänge in ganz Europa geschaffen haben, bieten sich hier bessere Möglichkeiten. Das Konstrukt der Marcom Engine ist auf inhaltlich ganzheitliches Performance-Marketing ausgerichtet, das datenbasiert und kundenzentriert echten Business Impact generiert und das beste Kundenerlebnis in unserer Kategorie schafft. Die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung unserer Arbeitsprozesse werden wesentlich zur Erhöhung der Geschwindigkeit beitragen. Natürlich ist die Umstellung mit sehr viel Aufwand verbunden und kostet zu Beginn eher Tempo, bis die Transition hin zum neuen Set-up geschafft ist. Auch der Transformationsprozess, sprich die veränderten Arbeitsprozesse erfordern anfangs mehr Managementkapazität und Zeit. Aber wir sehen hier heute schon enorme Synergieeffekte und Effizienzen und gleichzeitig einen hohen Innovationsgrad, der unsere Kundenansprache und unser Interaktionsverhalten einfach schneller und besser macht.

Welches Risikomanagement wird hier betrieben?

JT: Diese Umstellung erfordert Beidhändigkeit. Während wir an der Transformation arbeiten, fokussieren wir uns gleichzeitig auf unsere aktuellen Kernprozesse und stellen sicher, dass diese weiterhin weitgehend reibungslos funktionieren und wir auf dem gewohnten Qualitätsniveau liefern. Ein ordentlicher Planungsprozess und ein durchdachter Transitionsplan stellen sicher, dass die Umstellung vorwiegend reibungsfrei funktioniert und ein ordentliches Handover gewährleistet ist. Das ist gleichzeitig das beste Risikomanagement. 

Verlangsamen Transformationsprozesse den Vertriebsprozess?

JT: Es hilft sicherlich, Transformationsprozesse und organisatorische Anpassungen zeitgleich in Gang zu setzen. Oft passiert das in einem Großkonzern aber zeitlich versetzt. Auf allen verschiedenen Ebenen des Vertriebs müssen Menschen überzeugt, Prozesse verändert und die Aufbauorganisation optimiert werden. Der zeitliche Versatz sorgt manchmal für Störungen im System, sodass sich das neue Unbekannte erst einmal Platz verschaffen muss. Hier helfen Pilotprojekte oder die Unterstützung einzelner Märkte. Oftmals ist es der Impuls von außen über neuen Wettbewerb oder andere Branchen, der notwendig ist, um interne Veränderungsprozesse anzustoßen und uns hilft, uns weiterzuentwickeln und zu optimieren. Das muss man dann auch mal aushalten. Voraussetzung dafür ist natürlich eine gut koordinierte Transformation und die richtige Kommunikation im Unternehmen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview erschien zuerst im TWELVE, dem Magazin der Serviceplan Group für Marken, Medien und Kommunikation. Weitere spannende Artikel, Essays und Interviews von und mit prominenten Gastautor:innen und renommierten Expert:innen lesen Sie in der neunten Ausgabe unter dem Leitthema „Speed! The Winning Factor in the Digital Age“: https://sp-url.com/twelve23-lp

Intelligent handeln im Auge des Orkans, im Angesicht der Krise? Das geht, sagten Jenny Fleischer, CEO Babymarkt.de und Wolf Ingomar Faecks, CEO Plan.Net Group, CEO The Marcom Engine und Vorstand Serviceplan Group, beim DeepDive #3 des Rezessionskompasses. Was starke Marken anders machen, wenn es stürmt: Sie agieren weitsichtig, bündeln ihre Kräfte – und laden sich emotional auf.

Frostige Zeiten sind es derzeit – und damit ist nicht nur das Wetter in Deutschland gemeint. Auch die Angst vor der Rezession geht um. Kaufzurückhaltung und Preissteigerungen hängen wie dunkle Dauerwolken über der Wirtschaft. Wie kommen Unternehmen da am besten durch?

Sicher nicht durch aktionistisches Rotstiftschwingen beim Budget, sagt Wolf Ingomar Faecks. „Wer Marketing vor allem als Kostenbeitrag sieht, den er jetzt kürzen kann, handelt falsch und wird sich nach der Rezession mit einer schwächeren Marktposition abfinden müssen. Jetzt ist es besonders wichtig, Behavioral Data zu verstehen: Wie reagieren Kund:innen auf meine Engagement-Angebote? Wir brauchen emotional starke Marken. Ohne starke Marke keine Transaktion.“

Bäm! Also erst einmal vor der eigenen Kosmos-Tür kehren und die Triggerpunkte der Kund:innen verstehen und bedienen. Wissen, was sie brauchen und sich wünschen. Digitalmarketing ist dafür wie gemalt: „Je kleinteiliger ich alles steuern und betrachten kann, desto besser. Sicher setzt das eine gute Maschinerie voraus, die passenden Leute an den passenden Stellen, aber letztlich führt es dazu, was alle wollen: Marketingbudgets effektiv einzusetzen.“

„Jetzt erst recht“ – intelligentes Digitalmarketing rules

Resignation vor der Rezession? Nö. Jetzt ist nicht die Zeit, sich abzuducken, bis der Sturm vorbeigezogen ist. Viel mehr Sinn macht guter Brand Activism. Marken können in Communities denken, in den Dialog gehen, ihren Kund:innen Lösungen anbieten und nicht nur ein Produkt. „Orientierung geben bedeutet Sicherheit vermitteln in unsicheren Zeiten“, weiß Faecks. „Einfach mal an das Bild vom Leuchtturm denken.“

Okay, aber der Absatzdruck! Die steigenden Preise! Die Kaufzurückhaltung! „Durchatmen und klar bleiben. Den vielbeschworenen Purpose herstellen: Schau her, das ist der Wert, den ich als Marke stifte!“ Also nicht zu allgemein, sondern sehr fein zielgruppenspezifisch ausdifferenziert. „Wenn man eine funktionierende Community besitzt, ist es sogar wichtig, eine bestimmte Preisposition zu haben und die Marke nicht zu verwässern.“

Moment mal: Kund:innen sind doch selten immer loyal und wandern gerne zu den Preisbrechern ab, oder? „Dann wäre das nun der perfekte Zeitpunkt, um echte Innovationskraft zu zeigen. Wie geht es weiter, was machen wir eigentlich nach der Krise!?“ Also eine Investition in neue Treue machen. „Das kann durch Ausdehnen des Kommunikationsraumes gelingen, durch Entwickeln des Portfolios, durch das Einbinden von Ökosystem-Partnern. Oder anders gesagt: An der Lifetime Experience arbeiten, die den Kund:innen in verschiedenen Lebensphasen begleitet.“ Da könnte auch das Metaverse eine tragende Rolle spielen: „Es wäre doch wunderbar, eine digitale Erlebniswelt zu kreieren, in der ich mich frei bewege, in der meine Interessen und Einkäufe gebündelt sind.

Der Markenkosmos als emotionale Homebase

In der digitalen Welt einen Raum zu schaffen, der die verschiedensten Bedürfnisse bedient –   diese komplexe Herausforderung kennt Jenny Fleischer nur zu gut. Als CEO bei babymarkt.de, Europas größtem Online-Shop für Baby- und Kinderartikel, muss sie sich in die Verfassung und den Wertekosmos von Müttern aller Altersklassen hineinversetzen können.

Neben Deutschland sind die Bochumer in insgesamt 13 weiteren Ländern in Europa sowie in China vertreten, erzielen mit knapp 500 Mitarbeitern im Durchschnitt ein Wachstum von 30 Prozent im Jahr. Babymarkt.de wurde bereits zum sechsten Mal in Folge als bester Online-Shop in der Kategorie „Baby- und Kleinkindausstattung“ ausgezeichnet und war laut dem Technik-Portal CHIP einer der „Leading Shops 2021“. „Natürlich sehen wir Verschiebungen bei Ländern, aber auch bei Themen wie Lieferketten. Und als Auswirkung von 2021 gilt auch heute immer noch: Die Lager sind voll. Definitiv haben Konsument:innen im November bei größeren Investitionen auf die Black Friday Events gewartet.“

Jenny Fleischer befasst sich derzeit vor allem mit strategischen Fragen: „Wie kann ich die Marke aufladen? In unserem Fall gelingt das unter anderem mit Kundenbindungsmaßnahmen wie Promotion-Spielen oder Medienpartnern wie HelloFresh. Viel wichtiger scheint mir aber die Frage zu sein, wie ich für meine Kund:innen da sein kann. Welche Themen sind relevant? Ein Trendthema wie Nachhaltigkeit etwa muss tatsächlich sinnvollerweise an Produktkategorien angepasst werden, weil hier innerhalb der Zielgruppen unterschiedliche Gewichtungen stattfinden. Das bedeutet: Mehr Filter in die Shoppingwelt einbauen.“

Ihr Credo lautet: Die Customer Centricity klar in den Fokus stellen. Und die Einblicke aus Social Media in den Kontext rücken, denn mit ihnen lässt sich über Realtime-Dashboard-Auswertungen viel besser die so genannte Discovery Phase durchleuchten – wo es darum geht, den effizientesten Weg für die Umsetzung eines gewünschten Endprodukts zu finden. „Fakt ist: Wir müssen uns heute besonders mit der emotionalen Rolle der Marke bei Kund:innen beschäftigen.“

Definieren wir Online endlich neu!

Und wo geht die Reise hin? Wo stehen wir, wenn die Konsum- und Markenwelt wieder in ruhigeres Wasser kommt – wenn es denn überhaupt so passiert? Hoffentlich endlich bei der Neudefinition von Online! Der Erkenntnis, dass die Offline- und die Online-Welt eine Symbiose sein können. Wer innovationsfreudig sein will, muss die Datenlage der internen Silos endlich verbinden und Abteilungen kollaborationsfähig machen.

„So gelingen Insights, die uns wirklich näher an die Kund:innen bringen, weil wir uns tief mit der Rolle der Marke beschäftigen. Wir sollten auch unsere Experimentierfreude wieder entdecken und nicht vor Neuem scheuen. Das Mindset darf nicht vor der Auseinandersetzung mit einem Kanal wie TikTok Halt machen, nur weil das angeblich bloß die Jungen anschauen“, sagt Wolf Ingomar Faecks.

Um die Journey ihrer Kunden ganzheitlich zu betreuen, stellt sich Automobilherstellern die Frage, wie sie ihr End-To-End-Customer-Experience-Management wirksam aufstellen. MINI gilt als Vorreiter für einen exzellenten Customer-Centricity-Ansatz und entwickelt dabei Marke und Unternehmensprozesse kontinuierlich entlang der Customer Journey weiter. Wie dies gelingt, schildern Ulrike von Mirbach, Europachefin bei MINI, und Wolf Ingomar Faecks, Vorstand Serviceplan Group SE, Plan.Net Gruppe & The Marcom Engine im Gespräch mit Mario Zillmann von Lünendonk. The Marcom Engine verantwortet seit 2020 die EU-weite und datengetriebene Produkt- und Marketingkommunikation der Marken BMW und MINI.

LÜNENDONK: Frau von Mirbach, Sie sind seit 17 Jahren bei MINI tätig, seit Juli als Europa-Chefin. Wo steht die Marke heute?

ULRIKE VON MIRBACH: Im Laufe der Zeit hat sich MINI als starke Marke am Markt positioniert. Neues zu denken, Herausforderungen als Chance zu sehen, offen und unkonventionell die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen – all das ist in der Tradition der Marke MINI fest verankert. Wir kennen die Anforderungen an uns und verstehen es, unseren Kundinnen, Kunden und Fans in den richtigen Momenten mit den richtigen Emotionen zu begegnen. Dies zeigt sich in unserer sehr aktiven Community mit Millionen Fans – nicht nur auf der Straße, sondern auch Online mit hunderttausenden Followern auf Instagram.

Uns ist klar, dass wir unsere drei Kern-Zielgruppen – Kunden & Fans, Multiplikatoren und Handelspartner – in den Vordergrund stellen müssen, um erfolgreich zu sein. Deshalb verankern wir gemeinsam mit The Marcom Engine das Experience Management als zentrales Element in der Marketing- und Vertriebs-Organisation.

LÜNENDONK: Das klingt nach einem gewaltigen Umbau. Lassen Sie uns also gerne einen Blick hinter die Kulissen werfen. Schildern Sie doch bitte einmal, wie Sie dabei vorgehen.

ULRIKE VON MIRBACH: Gerne. Zunächst stellen wir die Customer Journey in den Mittelpunkt unserer Transformation. Das bedeutet, dass jeder – gleich welcher Disziplin in unserer Organisation, sich fragt, welchen Mehrwert wir unseren Kunden am jeweiligen Touchpoint entlang der individuellen Customer Journey bieten können. Es ist uns wichtig, bei jedem Schritt in der Markenkommunikation die Menschen ins Zentrum zu stellen und dabei deren jeweilige Bedürfnisse und Emotionen zu berücksichtigen. Denn unserem Verständnis nach ist Customer Centricity nicht nur ein Schlagwort, sondern ‚das‘ Differenzierungsmerkmal der Stunde, um am Puls der Zeit – oder konkret am Puls der Fans und Interessenten – zu bleiben.

LÜNENDONK: Wie genau erfühlen Sie denn den Puls der MINI-Fans?

WOLF INGOMAR FAECKS: Wir beobachten kontinuierlich das On- und Offline-Verhalten unserer Interessenten und Kunden und analysieren die Daten nach relevanten Verhaltensmustern. Dadurch sind wir ganz nah an unseren Fans und können schnell reagieren, wenn sie ihr Verhalten oder sich ihre Bedürfnisse ändern sollten.

Aus dem ganzheitlichen Customer Experience Management leiten wir Anforderungen an die Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen ab und implementieren sie an den entsprechenden Stellen, sodass sie zum richtigen Zeitpunkt sichtbar und für die MINI-Kunden erlebbar werden.

ULRIKE VON MIRBACH: Schauen Sie sich doch nur einmal die Kommunikation in der Social Community an: Unsere Fans posten begeistert Fotos von ihrem MINI, sprechen miteinander und fragen nach allem rund um MINI und tauschen sich zu ihrer letzten Ausfahrt aus. Da entsteht ein echter Dialog mit Mehrwert für den Einzelnen. Unsere MINI-Verkaufsberater in ganz Europa – als Gesicht unserer Marke – spielen hier eine zentrale Rolle für ihre Kunden und auch für uns als Marke. Quasi als „Key Opinion Customer und Sales Experts“.

LÜNENDONK: Ein End-To-End-Customer-Experience-Management-Ansatz stellt sicherlich komplexe Anforderungen an eine Organisation. Wie gelingt die Vernetzung der einzelnen Marketing- und Kommunikations-Silos?

ULRIKE VON MIRBACH: Wir optimieren bei MINI immer weiter die Prozesse, sodass wir schnell und agil auf externe Einflüsse und neue Anforderungen reagieren können. Dazu entwickeln wir MINI hin zu einer kundenzentrierten Organisation – mit einem ganzheitlichen horizontalen Experience Management, einer wirksamen Marketing- und Kommunikationsstrategie, einer darauf abgestimmten Technologie-Architektur und nicht zu vergessen den dafür notwendigen Unternehmensprozessen.

WOLF INGOMAR FAECKS: Diese vier Komponenten werden bei MINI so aufeinander abgestimmt, dass sie dem Experience Management den Weg ebnen, die KPIs über einzelne Kanäle nachverfolgen, ein ganzheitliches Cross-Channel Management und dessen Optimierung ermöglichen und eine Rückkopplung von Kundendaten auf die Produktentwicklung beschleunigen

LÜNENDONK: Man könnte also sagen, dass MINI sich in einem Prozess befindet, in dem Sie kontinuierlich datengetrieben die Markenkommunikation optimieren?

ULRIKE VON MIRBACH: Absolut. Aber auf ein gutes Bauchgefühl sollte man dennoch nicht verzichten.

WOLF INGOMAR FAECKS: Indem wir die Technologielandschaft auf das nächste Level heben, können wir die Performance-Steuerung an der Customer Journey ausrichten und so die Touchpoints optimieren. Mithilfe eines Test-Learn-Adapt Ansatzes erproben wir kontinuierlich verschiedene Designs, Darstellungen und Ausschnitte auf ihre Wirksamkeit. Eine atomare Asset-Produktion macht es möglich, dass wir die Assets spezifischer ausspielen, die Werbemittelnutzung optimieren und neue Kommunikationsideen realisieren.

ULRIKE VON MIRBACH: So überprüfen wir die Wirksamkeit unserer Maßnahmen entlang des gesamten Sales Funnel kontinuierlich und optimieren gegebenenfalls. Im Ergebnis setzen wir auf verschiedene, innovative Umsetzungen und bieten unseren Fans ein MINI spezifisches Markenerlebnis, was wiederum die Kundenerwartung befriedigt, die Markenloyalität erhöht und langfristig zu höheren Verkaufszahlen führt.

WOLF INGOMAR FAECKS: Man kann also sagen, dass ein Product-Marketing-Loop entsteht, den wir mithilfe eines Customer-Data-Managements (CDM) sowie eines Digital-Asset-Management (DAM)-Systems rund um die Uhr mit den jeweils relevanten Produkt- und Kommunikationsinformationen bespielen können. Entsprechend hat dieser Product-Marketing-Loop auch einen großen Einfluss auf den Einsatz und die Ausspielung von Digital Media Assets.

Wir bewegen uns so weg von einer starren Kampagnenlogik – hin zu einer individualisierten Always On-Kommunikation, in der Motivinhalte, Tonalität und Botschaften auf Basis von Datenpunkten individuell zusammengestellt und ausgespielt werden. Dieser Prozess läuft weitgehend automatisiert. Hier sind wir technologisch und prozessual mitten in der Transformation.

LÜNENDONK: Was genau bedeutet dies für die Unternehmensstrukturen?

ULRIKE VON MIRBACH: Wir setzen auf einen gemeinsamen europäischen Ansatz. Dies ist kein Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung, um das personalisierte, datengetriebene Marketing auf das nächste Level zu heben und ein Cross-Channel-Management sowie ein konsistentes Markenerlebnis zu schaffen, das über alle EU-Länder hinweg funktioniert. Denn die Marke MINI ist in allen europäischen Ländern als emotionale Premium-Marke verankert. In sogenannten Core-Einheiten schaffen wir digitale Standards, die sich aus den Learnings und Bedürfnissen der europäischen Länder speisen.

Basierend auf den Zielen und Budgets der Länder und den Standards aus den zentralen Core-Einheiten werden in Hubs dann Empfehlungen entwickelt, die die Länderorganisationen implementieren und aktivieren. Immer mit starker Rückkoppelung. So handeln wir über alle europäischen Märkte hinweg effizient und konsistent und spielen die jeweiligen Kampagnennuancen entlang unseres Markenversprechens aus. Das charakteristische MINI-Feeling und der individuelle, urbane Mobilitätscharakter durchdringen also spürbar jede Markenkommunikation. Gleichzeitig erhöhen wir die Effizienz neben der Effektivität.

LÜNENDONK: Eine solche Steuerung der Kampagnen in mehreren Ländern wirkt sich doch sicherlich auch auf die Teamstruktur aus.

WOLF INGOMAR FAECKS: Die Teams arbeiten mittlerweile deutlich stärker cross-funktional zusammen, indem Personen ihre unterschiedlichen Fähigkeiten einbringen und so gemeinsam komplexen Anforderungen lösen können. Für die MINI Editions beispielsweise haben wir in einem voll integrierten Team eine komplexe Multi-Channel Kampagne geplant, konzipiert, produziert und exekutiert.

LÜNENDONK: Und wie schlägt sich das konkret in Erfolgen nieder?

ULRIKE VON MIRBACH: Zum einen konnten wir durch die Flexibilität der europaweiten Kampagne gewährleisten, dass das Markenerlebnis vom ersten Kontakt bis zum Kauf konsistent und aufeinander abgestimmt ist. Zum andern konnten wir aufgrund der frühzeitigen Einbindung der Länder und derer Bedarfe die Aktivierung der Kampagne über die Länder hinweg intensivieren. Das Resultat: eine verwertbare Reaktion von mehr Interessenten bei gleichem Mitteleinsatz und eine erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit.

LÜNENDONK: Wie wichtig ist dabei das Team?

ULRIKE VON MIRBACH: Entscheidend. Unsere Erfolge und die kontinuierliche Weiterentwicklung sind unseren eng verzahnten Vertriebs- und Marketing-Teams zu verdanken. Denn jeder Einzelne in unseren europäischen Teams bringt unterschiedliche Erfahrungen und Expertise mit und hat bei MINI die Chance, dies ein- und „auf die Straße zu bringen“ – im MINI Style. Mich freut daher sehr, dass wir alle mit einem 360 Grad-Mindset die Marke und unseren Absatz im Fokus haben – getreu unseres MINI Mottos „We are all different, but pretty good together“.

Dieses Interview erschien zuerst hier:
Lünendonk-Studie 2022: Der Markt für Digital Experience Services in Deutschland

Immersive Art ist nicht nur eines der Trend-Themen der gegenwärtigen Kunstszene. Virtuelle, künstlerisch partizipative Umgebungen sind für Marken auch eine Möglichkeit, einzigartige Experiences für Kunden zu schaffen.

Warum Customer Centricity total 2017 ist – und wie wir mit Empathy Centricity langfristig erfolgreich werden.

Nach dem Skandal um sexuelle Diskriminierung und Belästigung will US-Fahrdienstvermittler Uber betroffenen Mitarbeitern mehrere Millionen Dollar Entschädigung bezahlen und rückt damit erneut ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Ganz offensichtlich hat man dort eines noch nicht verstanden: Customer Centricity mag zum Schlüsselbegriff für die moderne Geschäftsausrichtung geworden sein – der Schlüssel zum Erfolg ist es bei Weitem nicht. Um langfristig erfolgreich zu sein, gilt es, die Lebenswelten der Menschen, ihre Wünsche und Bedürfnisse, zu verstehen – auch die der Mitarbeiter.

Auf die Empathie kommt es an

Manager haben häufig nur den unmittelbaren Erfolg im Blick – und versäumen dabei, die kundenzentrierte Ausrichtung auch auf die Mitarbeiter im Unternehmen zu übertragen. Dabei startet die Aufgabe, sich in die Welt der Kunden einzufühlen, bereits dort.

Der Schlüssel zum Erfolg heißt nicht Customer Centricity. Sondern Empathy Centricity. Wie wir die erreichen? Indem wir anfangen, die Instrumente erfolgreicher Markenführung auch für unsere eigenen Organisationen zu nutzen. Und indem wir die Welt um uns herum mit wachem Blick wahrzunehmen beginnen.

In drei Schritten zur Empathy Centricity:

1. Eine empathische Unternehmenskultur etablieren oder: Warum auch Mitarbeiter ihre Marke lieben müssen

Unseren Kunden vermitteln wir, warum sie unsere Produkte und Leistungen brauchen. Ebenso erfolgsentscheidend ist es allerdings, dass auch Mitarbeiter das „Warum?“ kennen und verstehen. Sie sollen ihre Marke genauso lieben wie der Kunde. Denn nur dann können sie zum authentischen und überzeugenden Botschafter ihrer eigenen Produkte und Dienstleistungen werden.

Damit Mitarbeiter ihre Marke lieben, müssen sie aber auch die Möglichkeit haben, sich mit ihr zu beschäftigen – und sie von möglichst vielen Seiten zu betrachten. Offene Vorträge und Workshops zu einem Thema außerhalb des Arbeitskontexts können zum Beispiel neue Impulse setzen – ebenso das regelmäßige bereichsübergreifende Frühstück in ungezwungener Umgebung. Yvon Chouinard, Outdoor-Sportler und Gründer des Unternehmens Patagonia, ließ seine Mitarbeiter zum Beispiel in der Arbeitszeit surfen gehen, wenn die Wellen gerade gut waren. So entstand wie von selbst eine auf Freundschaft basierende Unternehmenskultur, die keine Unterschiede zwischen Inhabern, Mitarbeitern und Kunden machte – sondern menschliche Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellte. Genau diese Momente sind es, die den Kopf frei machen für neue innovative Ideen – die wiederrum zu langfristigem Geschäftserfolg führen.

2. Erkenntnisse gewinnen oder: Warum wir uns ins echte Leben stürzen sollten

Man könnte meinen, dass wir schon alles über unsere Kunden wissen. Wir kennen ihr Online-Einkaufsverhalten, ihre Bewegungsprofile, soziodemographische Daten und Kaufpräferenzen.

Trotz der gesammelten Datenflut bleibt der Kunde aber häufig ein schwieriges Kalkül, denn eines können die Algorithmen noch nicht: reflektieren. Und das führt oft geradewegs am Kunden vorbei, wenn einen im Netz beispielsweise Wanderschuhe verfolgen, weil man jüngst welche bestellt hat. An dieser Stelle ist das System dann doch noch nicht intelligent genug, um zu erkennen, dass auch der ambitionierteste Wandervogel nicht alle paar Wochen neue Schuhe kauft. Vielleicht ist das genau der Punkt: die Digitalisierung kann vieles verändern – aber was ihr fehlt, ist die menschliche, die empathische Komponente.

Martin Lindstrom hat das längst erkannt. Der internationale Marken-Experte und Bestseller-Autor verbringt die meiste Zeit des Jahres damit, Menschen in ihrem Zuhause zu besuchen und deren Tagesabläufe und Verhaltensweisen zu beobachten. Auf diese Weise bekommt er besonders tiefe Einblicke in die wahren Bedürfnisse der Menschen, die ihn zu Produktinnovationen und -Optimierungen inspirieren.

Auch Yvon Chouinard macht sich die Erkenntnis zunutze. Ganz nach dem Motto „Put yourself in your customer’s shoes“ ließ er am Black Friday all seine Shops geschlossen und schickte seine Mitarbeiter stattdessen in die Berge. Denn nur, wer die Liebe zur Natur und damit zum Produkt hautnah erfährt, kann diese auch im Anschluss authentisch verkaufen. Chouinard hat verstanden, dass es nicht bloß um Funktionalität und Qualität der Produkte geht, sondern vielmehr darum, die Naturverbundenheit und Nachhaltigkeit des Unternehmens auch tatsächlich zu leben – nach außen, aber insbesondere auch nach innen. So machte er seine eigene Lebensphilosophie nicht nur zum erfolgreichen Unternehmensleitbild, sondern seine Mitarbeiter auch zu glaubwürdigen Botschaftern der Marke.

Irgendwie ist es ja klar: Empathie für Kundenbedürfnisse entwickeln wir nicht vor unseren Laptops – sondern im echten Leben. Auch das sollten Unternehmen bedenken – und verstehen, dass das „echte Leben“ eine wunderbare Inspirationsquelle ist.

3. Geschichten erzählen oder: Warum wir uns stärker mitteilen sollten

Klar, Geschichten werden überall erzählt. Aber nur die wirklich packenden machen aus x-beliebigen Marken, Marken, die wir lieben. Und die bald jeder kennt! So schafften es Tesla oder das Start-up MyMüsli ganz ohne Werbung, aber mit einer faszinierenden Story, Bekanntheit aufzubauen, die man gemeinhin nur reichweitenstarken Werbekanälen zutraut.

Wenn wir in unseren Organisationen das Geschichtenerzählen zulassen und fördern, werden wir erleben, dass sich die persönlichen jedes Einzelnen Innovationskraft sprunghaft entwickeln kann. Und damit sind besonders die individuellen, persönlichen Geschichten des Einzelnen gemeint. Das Geschichtenerzählen kann man übrigens wunderbar in den Arbeitsalltag integrieren. Zum Beispiel beim wöchentlichen Team-Jour fixe, bei der sich immer eine andere Frage auf der Tagesordnung findet: „Welcher Mensch hat Dich als Jugendlicher fasziniert?“ oder „Wann warst Du das letzte Mal richtig mutig?“ Die Kraft dieser vielen höchst individuellen Geschichten macht Unternehmen zu lebendigen Organisationen und Marken zu evolutionären Marken.

Und was ist jetzt die Moral von der Geschichte?

Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren ohne Zweifel tolle neue Möglichkeiten auf den Plan gerufen. Möglichkeiten, die uns näher an unseren Kunden gebracht haben und es uns ermöglichen, unsere Produkte und Dienstleistungen noch genauer auf ihn abzustimmen. Doch auch wenn wir heute jede Marketingmaßnahme und jede Verkaufszahl bis ins Kleinste berechnen können, sollte eines nicht auf der Strecke bleiben: unsere Intuition.

Denn der Mensch ist im Grunde doch der geblieben, der er immer war: ein fühlendes, empathisches Wesen, das sich nach echten Kontakten sehnt, verstehen und verstanden werden will, hinterfragt und mitgestaltet und dabei doch noch immer seinen ureigenen – völlig analogen – Instinkten vertraut. Für die Zukunft gilt es also, die vielen Möglichkeiten des Digitalen mit unseren empathischen und intuitiven Fähigkeiten zusammenzubringen – und aus beiden Welten das Beste herauszuholen. Sowohl für den Kunden, als auch für unsere eigenen Mitarbeiter.

Zwei der Mega Marketing Trends bleiben: Contextual und Customer Centricity. Was bedeutet das für Media? Beide Trends müssen bedient werden über Real-Time Media und Geo-Intelligence. Dabei sind wir aufgefordert, diese über alle Touchpoints bedarfsorientiert zu bedienen und abzubilden und in Echtzeit am Konsumenten dran zu sein.

Die Fragmentierung durch die Digitalisierung und die zunehmenden Daten, die wir alle im Raum hinterlassen, bergen einen riesigen Schatz, der noch viel zu wenig genutzt wird. Kontextuell und in Real Time können wir so auch wesentlich mehr inhaltliche Relevanz schaffen, weil wir die lokalen Bedürfnisse und Besonderheiten, sowie Mentalitäten der Menschen berücksichtigen und in den Mittelpunkt stellen. In Hamburg zieht eine andere Botschaft als in München. Die Ansprache in Köln muss anders sein, als die in Düsseldorf. Wenn wir schon die Zielgruppen immer mehr ausfächern und über Targeting erreichen, dann gehört zwingend die Übersetzung in den Raum dazu. Geo Intelligence kann das leisten und viel mehr: Über die Mediaplanung hinaus brauchen unsere Kunden auch immer mehr Unterstützung bei Rentabilitätsprognosen, Screening existierender POS und Absatzgebiete sowie Support bei ihren Expansionsplanungen.

Seamless Commerce, Connected Retail, Customer Centricity: Dies sind nur einige der vielen Schlagworte, die dieser Tage auf Konferenzen, Messen und in Workshops ungebremst auf die Teilnehmer einprasseln. Sie alle sollen erklären, wie für den Kunden tatsächlich ein relevanter Mehrwert geschaffen werden kann. Dabei stellt sich mir aber bisweilen die Frage, ob das Konzept „Connected Commerce“ nicht manchmal auch falsch verstanden wird.

Das Ziel von Connected Commerce ist es nämlich nicht, Lösungen für erfundene Probleme zu finden, um so einen Anwendungsfall für den neuesten „heißen Scheiß“ kreieren zu können. Vielmehr sollen Technologien, Dienste und Applikationen so verknüpft werden, dass smarte Ansätze entstehen, die aktuelle und echte (!) Kundenprobleme lösen. Bei allem, was man tut, muss also immer die Frage im Zentrum stehen: Was brauchen meine Kunden in ihrer ganz spezifischen Situation wirklich, um glücklich zu sein? Können die neusten Trends dabei behilflich sein, umso besser. Wenn nicht, müssen wir eben andere Ideen entwickeln.

Kenne deine Kunden wie dich selbst

Die Herausforderung besteht deshalb darin, ein umfassendes Wissen über die eigene Zielgruppe zu sammeln, das über bloße soziodemografische Merkmale hinausgeht. Tracking und ausgefeilte Datenanalyse-Tools sind hier ein guter Anfang. Oft erfährt man aber Einstellungen und Bedürfnisse der Kunden am besten in der direkten Auseinandersetzung mit ihnen – beispielsweise durch Interviews, Beobachtungen oder eigene Nutzertests.

Die sich daraus ergebenden Resultate sind dann möglicherweise auch überraschend und stellen einen vor neue, noch gar nicht angedachte Herausforderungen. Aber genau darum geht es bei Transformationen und disruptiven Prozessen. Sie rütteln uns wach und eröffnen den Blick auf die Bedürfnisse und Anforderungen, die die Kunden heute tatsächlich stellen.

MACHEN, MACHEN, MACHEN

Denn erst wenn die Wünsche, Erwartungen und konkreten Probleme der Kunden bekannt sind, kann man damit beginnen, konkrete Lösungen zu erarbeiten. Am besten klappt das, indem man in wenigen Stores erste Prototypen testet.

Der Vorteil von Prototypen ist offensichtlich: kurze Erarbeitungs- und Rollout-Zeiten. Darüber hinaus sind sie günstiger als umfängliche Lösungen und reichen trotzdem aus, um Ansätze zu testen. Sie können aus grafischen Klick-Dummies oder ersten Applikations-Versionen bestehen, in denen die Idee mit grundsätzlichen Funktionen umgesetzt ist. Die Form ist dabei erst einmal vollkommen egal. Hauptsache der Kontakt zum Kunden kommt zustande und es werden erste Erfahrungen im Umgang mit der Lösung gesammelt. Wichtig ist dabei natürlich, Prozesse für eine kontinuierliche Verbesserung der Lösung zu etablieren, in denen Nutzerfeedbackschleifen und Korrekturrunden am Prototypen eingeplant sind.

Rückschläge und ein gefühltes Scheitern sind übrigens beim Arbeiten mit Prototypen fest vorgesehen. Auch wenn es abgedroschen klingt: Aus Fehlern lernt man nun mal mehr als aus Erfolgen. Und mit jeder Kritik wird die Lösung besser! Ob der Prototyp am Ende erweitert, als richtiges Projekt ausgerollt oder eingestampft und durch einen neuen Lösungsansatz ersetzt wird – und ob der neuste heiße Scheiß dann tatsächlich zum Einsatz kommt, muss zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar sein. Wichtig ist nur: Man nähert sich Schritt für Schritt den Bedürfnissen der eigenen Kunden.

Mit den Technologien, die uns heute schon zur Verfügung stehen, sind viele, echte Kundenprobleme lösbar. Dafür ist nur die Konzentration auf die Brüche innerhalb der Customer Journey notwendig sowie das konsequente Einbinden des Kunden.

Dieser Artikel wurde auf lead-digital.de veröffentlicht.