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Schnelle Schüsse ins Hirn des Konsumenten. Das war erklärtes Ziel einer ganzen Generation von Werbern. Ihre Munition: Eyecatcher, Taglines, Call to Action. Ihre Maßeinheit: die Sekunde.
Wenn dieser Zielgruppenbeschuss richtig wäre, müsste die erfolgreichste Geschichte des 20. Jahrhunderts so klingen: „In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit.“ Drei Sekunden verbraucht, Botschaft platziert, Leser angeschossen. Tatsächlich ist das nur der erste Satz, den J.R. Tolkien zu Papier brachte und erst 1000 Seiten später hörte er auf. Ganz schön lang, oder? Das interessiert doch keinen, wer liest heute noch? Die Antwort: 250 Millionen Menschen haben sich vom Herrn der Ringe verführen lassen.
„Ja, aber im 21. Jahrhundert ist das ganz anders!“ Stimmt. Der Bestseller unserer Zeit heißt “Harry Potter“, die Story ist mit 4000 Seiten noch viel, viel länger. Und die Masse der Leser viel, viel größer: eine knappe halbe Milliarde.
Kurz war vorgestern. Die Zukunft erlaubt wieder Zeit für Dinge, die uns wichtig sind.
Gilt die Aufmerksamkeit denn nur dem Schlachtengetümmel in Fantasywelten? Oder auch für wenig aufregende Produkte des alltäglichen Lebens? Ein Blick auf Amazon.com genügt. Die erste Kundenbesprechung des „Kindle Fire“ ist bereits über 20.000 Anschläge lang. Alleine dieser Aufsatz, der mehr Lesezeit erfordert als manche Short Story von Hemingway, fand 25.000 Leser, die ihn per Klick für gut befanden. Und über 700, die ihn wiederum wortreich kommentierten. Insgesamt finden sich über 17.000 solcher Texte. Bei einem einzigen Produkt.
Wer denkt, das sei nur ein Ausnahme, gucke sich bitte auf Youtube „Coca Cola Content 2020“ an. Dort erzählen die Weltklassewerber, was sie für die Zukunft der Kommunikation halten:
–    Wir müssen Geschichten erzählen, die so packend sind, dass wir sie alleine nicht kontrollieren können.
–    Der Konsument erzählt mit. Und sein Anteil ist größer als unserer.
–    Die Geschichte erzählt sich über viele Medien, der 30-Sekünder ist lediglich ein kleines Kapitel.
–    Nur noch 70% unseres Contents sind risikoarm. 20% setzen auf Innovationen. 10% gehen bewusst ein hohes Risiko ein.
–    Unsere Aufgabe gleicht der eines Lektors, der Lärm von Substanz unterscheidet.
–    Insights sind zu wenig. Was wir brauchen, ist Provokation.
–    Das Ziel: Einen überproportionalen Anteil an der Populärkultur zu erreichen.
Verabschieden wir uns von der Asthma-Kommunikation. Zu viele Kampagnen sind nur noch Schüsse in den Ofen. Tief einatmen: Wir erzählen jetzt eine lange, relevante, einzigartige Geschichte – und hören zu, wie sie weitererzählt wird. Denn darauf wartet unser Publikum.

Was sagen gut ausgebildete Werber seit 20 Jahren auf die Frage: „Was ist das Wichtigste bei guter Werbung?“ Richtig: „Die Idee.“
Richtig, weil das tatsächlich 90% aller Werber sagen. Falsch, weil es heute nicht mehr das Wichtigste ist. Heute geht es vor allem darum, den Konsumenten zu verstehen und den richtigen Content bereit zu stellen. Content, der kanalunabhängig funktioniert und über sämtliche Endgeräte abrufbar ist. Was heute Menschen nicht interessiert, wird nicht nur ausgeblendet, es wird erst gar nicht mehr gesehen. Werbung ist im weitesten Sinne zu einem Inhalt geworden, der nur noch auf Wunsch konsumiert wird. Sie funktioniert nur dann, wenn sie über Inhalte verknüpft an die Marke ihren Weg zum Herz des Verbrauchers findet.
Unternehmen und ihre Agenturen sind heute mehr denn je darauf angewiesen, interessante Inhalte zu finden. Das kann auch mal eine nette Werbeidee sein, muss aber nicht. Nachhaltiger sind interessante Inhalte, die Kunden langfristig an eine Marke binden. Wie z. B. das beieindruckende Stratosprojekt von Red Bull. Content at it’s best.

Früher haben Marken das kommuniziert, was aus Sicht der Marke das Wichtigste war. Heute müssen wir verstehen, was den Konsumenten wirklich beschäftigt. Und darauf aufsetzen. Sonst schaut er einfach weg.