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Seit sechs Monaten gibt es Chatbots im Facebook Messenger, mehr als 30.000 stehen den Nutzern inzwischen zur Verfügung. Der erste Hype hat sich gelegt und Unternehmen fragen sich nun, ob Bots tatsächlich das Potenzial haben, relevante Kommunikations- und Distributionskanäle für ihre Inhalte zu werden.

Die grundlegende Funktionsweise ist bei allen Chatbots identisch. Nutzer stellen dem Bot eine Frage, woraufhin dieser die hinterlegte Datenbank nach bestimmten Regeln durchsucht, um eine passende Antwort zurückzusenden. Je größer die Datenbank ist, desto größer ist das Wissen, auf das der Chatbot zugreifen kann.

Mobile-getriebenes Nutzungsverhalten und technologischer Fortschritt ebnen den Weg

Die Voraussetzungen für den Erfolg der Chatbots sind durchaus gegeben: Zum einen verlagert sich die Internetnutzung zunehmend auf mobile Geräte – und dort findet Kommunikation primär in Instant-Messengern statt. Der Umgang mit Textnachrichten ist also längst alltäglich geworden und die Anwender haben sich an die reduzierte Kommunikationsform gewöhnt.

Zum anderen investieren alle wichtigen Tech-Unternehmen massiv in die Entwicklung künstlicher Intelligenz, Machine Learning sowie in das Verstehen und Verarbeiten natürlicher Sprache durch Algorithmen. Über standardisierte Schnittstellen der Bot-Anbieter können Angebote und Services interessierte Unternehmen zudem relativ einfach in Chatbots eingebunden werden.

Unabwägbarkeiten menschlicher Kommunikation

Bis eine Unterhaltung mit einem Chatbot allerdings nicht mehr von einem Gespräch mit einer echten Person zu unterscheiden ist, wird noch einige Zeit vergehen, da viele Chatsbots aktuell noch schnell an ihre kommunikativen Grenzen stoßen. Entweder scheitern sie bereits am korrekten Verarbeiten menschlicher Kommunikation inklusive aller Unwägbarkeiten wie Umgangssprache, Dialekt oder Tippfehlern oder ihr Antwortrepertoire ist rasch ausgeschöpft. Erste Reaktionen der Early Adopter waren eher ernüchternd. Das lag mitunter aber auch daran, dass Facebook die Chatbot-Plattform erst wenige Wochen vor dem offiziellen Launch für Entwickler geöffnet hat.

Dass diese Zeitspanne möglicherweise zu kurz war, um einen guten Chatbot zu entwickeln, räumte auch Facebooks Vice President für Messaging Produkte Davis Marcus ein. Seit dem Launch habe Facebook den Entwicklern aber viele APIs und Anleitungen zur Verfügung gestellt. Man darf also gespannt sein, wie gut die zweite Generation an Bots wird.

Für langfristigen Erfolg müssen vor allem zwei zentrale Voraussetzungen erfüllt werden:

Auffindbarkeit: Es gibt aktuell keinen einfachen Weg, Chatbots für den Facebook Messenger zu finden, denn der beim Launch angekündigte Bot-Store lässt weiter auf sich warten. Man muss also den Namen des Bots kennen und ihn über die Suchfunktion des Messengers einbinden. Andere Messenger wie Kik, Telegram oder Skype bieten hier bereits Übersichtskataloge an.

Mehrwert: Damit Nutzer einen Chatbot nicht nach einmaligem Ausprobieren wieder löschen, muss der Bot dem Usern schon beim ersten Testen an echten Mehrwert bieten. Dieser kann dabei verschiedene Bereiche abdecken:

  • Komplexitäts- und Informationsreduktion: Shopping Bots, wie der Chatbot von Tommy Hilfiger, helfen User beispielsweise bei der Suche nach passenden Produkten, indem sie durch gezielte Fragen eine Vorauswahl der Produkte treffen. Der Mehrwert von News-Bots wie dem von CNN liegt ebenfalls in der Reduktion von Informationen. Nutzer geben an, welche Inhalte sie interessieren und bekommen dann über Push-Nachrichten passende Beiträge geschickt.
  • Zeiteffizienz & Problemlösung: Die Fluggesellschaft KLM setzt auf besonderen Service für ihre Kunden: Will man beispielsweise seinen Sitzplatz ändern, so muss man nicht länger die App öffnen, sondern kann einfach eine kurze Nachricht an den KLM-Bot schreiben.
  • Zusatzangebote: Mit dem Absolut Vodka Chatbot können User in mehreren amerikanischen Städten Bars finden, in denen das Produkt verfügbar ist. Der Mehrwert dabei: Der Nutzer bekommt gleich noch einen Gutschein für ein Freigetränk dazu.

Werden diese Punkte in der nächsten Generation von Chatbots weiter optimiert und das Problem der Auffindbarkeit gelöst, spricht vieles dafür, dass sich die Dienste als Kommunikationskanal für Marken auf Facebook etablieren. Mit ausreichend vielen Angeboten könnte der Facebook Messenger in Europa und Nordamerika zur mobilen Servicezentrale für die User werden – ähnlich wie es das WeChat, LINE und Kik bereits in zahlreichen asiatischen Märkten sind.

Dieser Artikel wurde auf internetworld.de veröffentlicht.