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Einmal mehr hat sich die Mobile Branche in Barcelona zum alljährlichen Mobile World Congress getroffen. Die Anfänge des Kongresses reichen ja bis ins Jahr 1987 zurück – ich selbst bin mittlerweile schon zum zehnten Mal als Besucher mit dabei. In den ersten Jahren galt die Veranstaltung vornehmlich als technologische Leistungsshow der zu diesem Zeitpunkt noch reinen Handy- und Infrastruktur-Hersteller. Das heißt: Firmen wie Nokia, Sony, Alcatel, Samsung und Co. präsentierten ihre jeweils neusten Modelle und T-Mobile, Vodafone, Telefonica und Co. haben sie eingekauft. Nebenbei zeigten Cisco, Qualcomm und andere System-Anbieter ihre Server, Sendemasten und ähnliches.

Vor allem in den vergangenen Jahren, in denen Smartphones den Markt der Mobiltelefone komplett übernommen haben, hat sich das Event immer mehr von einer technologischen zu einer technischen Leistungsshow gewandelt. Hersteller wie Sony, die eine breite Palette an Geräten – vom TV bis zur Kamera – anbieten, zeigen uns heute alle möglichen Anwendungsszenarien und Bedienwelten der Geräte auf. In diesem Jahr war genau das ganz extrem zu bemerken.

Die wichtigsten Themen 2015 waren das Internet der Dinge, Smart Wearables, Smart Home, Smart PoS, Smart Car, Smart City, Smart-what-so-ever… Und die Message ganz nebenbei: Ja, wir haben auch noch ein paar ganz schicke, neue Smartphones!

Aber bei den Smartphones ging es diesmal eigentlich nur noch ums Feintuning: Features wie Wasserdichte, leistungsstarke Prozessoren, NFC, Dolby Surround und ähnliches, haben sich fast schon überall als Standard durchgesetzt. Und auch der Formfaktor ist gefunden: Es bleibt bei der Touchscreen/Slate Form. Die Screen-Diagonalen sind zwar gewachsen, dürften sich aber bei ca. 4,7 bis fünf Zoll einpendeln. Alles andere wird dann doch etwas unhandlich. Je nach Hersteller und Modell gibt es noch ein paar spezielle Ausprägungen in Richtung leistungsstarker Kamera, wie etwa 4K-Aufnahmen bei Sony, gebogenem Display bei LG oder Upgrades bei Gehäusen wie bei den S6 Geräten von Samsung, die nun in edlem Aluminium ausgeliefert werden – das alles ist aber eben nur Feinjustierung. Die großen Innovationen blieben hier in diesem Jahr aus.

Allerdings dürfen wir uns darauf einstellen, in den kommenden Monaten von Smartwatches und Smartbands überflutet zu werden. Ein jeder Hersteller hat zig verschiedene Modelle im Angebot, vom reinen Fitness-Tracker, bis hin zum Fashion-Statement. Auch klassische Uhrenhersteller wie GUESS Watches oder Kronoz waren vor Ort und zeigten ihre Interpretationen der Smartwatches. Die Krux an der Sache: Die meisten Menschen sehen derzeit noch immer keinen großen Nutzen in diesen Smart Wearables. Am klarsten ist der noch bei all den verschiedenen Fitness-Trackern zu erkennen, die die eigenen Bewegungsdaten aufzeichnen und zur Analyse bereitstellen. Darüber hinaus wird es schon sehr schwammig. Die Entwicklung dieser Geräte wird davon abhängen, welchen Nutzen die Endkunden ihnen zuschreiben.

Megatrend: Internet der Dinge

Das wirklich Neue auf der Messe war, dass sich durchweg alle Hersteller dem Thema des vernetzten Lebens bzw. dem Internet der Dinge angenommen haben. Wie vernetzte ich mein Wohnzimmer, steuere den TV oder verwalte Audio, Video und Fotos? Wie kann ich ohne viel Aufwand das Smartphone beispielsweise an der Playstation 4 andocken und meine Spiele direkt vom großen auf den kleinen Screen mitnehmen? Wo das alles hinführt und ob wirklich jeder Toaster einen W-Lan-Anschluss braucht, wird sich zeigen. Aber wie schon so oft neigen die Hersteller aufgrund der theoretischen Möglichkeiten und ihrer Technik-Begeisterung meistens dazu, es erstmal zu übertreiben…

Das zentrale Device, mit dem all den neuen IoT-Gadgets (Internet of Things) Intelligenz eingehaucht wird, ist und bleibt dabei das Smartphone. Es ist für uns alle zur absoluten Selbstverständlichkeit geworden und steht im Zentrum einer jeder Anwendung. Es ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Uhren, Zahnbürsten oder Häuser überhaupt smart werden können.

Weitere Innovationen sind in den kommenden Jahren auch auf Seiten der Software zu erwarten: Das Gerät an sich entwickelt sich immer mehr zu einem schnell auswechselbaren Werkzeug. Das Betriebssystem, das Internet und nicht zuletzt die ein oder andere App erwecken es erst zum Leben.

Wie in den vergangenen Jahren waren auch dieses Mal die grünen Android-Männchen von Google fast schon omnipräsent. Das Betriebssystem dominiert auf beinahe schon erschreckende Weise den Smartphone-Markt. Zwar präsentieren sich junge frische Betriebssysteme wie das auf Linux basierende UBUNTU Phone oder auch das Firefox OS mehr als selbstbewusst. Doch für den User bleibt es auch weiterhin ein großer bis unmöglicher Aufwand, das Betriebssystem auf dem Smartphone zu wechseln oder zu ändern, um so etwa eine Alternative zu Googles Android zu haben.

Zur echten Konkurrenz für Google könnte sich in den kommenden Jahren allerdings Samsung entwickeln: Das Unternehmen produziert derzeit rund 70 Prozent aller Android Smartphones. Nun ist Samsung eine Firma mit einem durchaus gesunden Eigenanspruch und empfindet diese Abhängigkeit von Google eher als… sagen wir suboptimal. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat Samsung ein eigenes Betriebssystem namens Tizen entwickelt und in Barcelona das komplette Tizen Eco System – von Smartphone über Smartwatches bis hin zu Apps und Kameras – vorgestellt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Samsung stark genug fühlt, um Android möglicherweise den Rücken zu kehren. Spätestens dann werden sich die Machtverhältnisse bei den Smartphone-Betriebssystemen neu mischen, was dann wirklich wieder spannend wird.

Das Potenzial des Outernet

Schon heute stellt sich für uns allerdings die Frage, was diese Entwicklungen für uns, aber noch viel wichtiger für unsere Kunden, die werbungtreibende Branche, bedeutet.

Nun, zunächst müssen wir alle verstehen, dass das Internet nicht mehr in einer Box namens PC oder Laptop gefangen ist. Es wird kleinteiliger, bunter, spannender und „passiert“ absolut immer und überall. Es gibt Geräte, die Daten oder Content generieren (z.B. Wearables, Kleidung, etc.) und es gibt Devices (z.B. TV, Screens, Soundboxen, etc.), die diese Inhalte verarbeiten oder ausgeben. Durch die mobilen Endgeräte erreicht das Internet nun auch Orte, die bis dato komplett analog waren. Viele sprechen in diesem Zusammenhang auch von „Outernet“.

Dieser Trend zeigte sich in Barcelona auf einem Nebenevent der Messe, „4YFN – 4 Years From Now – Connecting Start ups“, besonders deutlich. Die jetzige Generation der Gründer hat teils komplett unbearbeitete Märkte vor sich und wird Geschäftsmodelle entwickeln, die neue Zielgruppen ansprechen werden und von denen wir heute noch nicht zu träumen wagen. Schon jetzt sind aus diesen Entwicklungen disruptive Businessmodelle entstanden, wie Carsharing á la Car2Go oder DriveNow, die erst durch das mobile Internet möglich wurden. Ebenso haben Services wie MyTaxi oder Uber alte Geschäftsmodelle komplett über den Haufen geworfen. Es geht längst nicht mehr um die Digitalisierung, es geht um die Mobilisierung – und da stehen wir noch immer ganz am Anfang.
Und all diese neuen, teils wirklich faszinierenden Business-Modelle werden noch mehr Menschen zu einer noch intensiveren Nutzung von Smartphones bewegen. Sprich: Noch viel mehr Zielgruppen werden immer mehr Zeit den Screens in ihren Händen widmen!

Haben Marken bis dato ihre Botschaften auf ihrer Website und vielen anderen Medienkanälen präsentiert, so wird das in Zukunft noch komplexer. User bzw. Kunden nutzen das Internet immer mehr und die Vielfalt an Endgeräten wächst stetig. Kritiker sehen darin einen noch fragmentierteren Device-Markt, der eine Massenkommunikation noch schwieriger macht. Ich sehe darin eher die große Chance für Unternehmen, die ersten Gehversuche wie z.B. Branded Services oder Content-Marketing mit Nachdruck auszuspielen und die vielgerühmte Kundenbeziehung zu leben. Denn „Wir pflastern alles mit Werbung zu, bis auch der Letzte den Claim kennt“, ist keine Kundenbeziehung! War bis dato für eine Firma eine Website, optimiert für Desktop oder Laptop,  der zentrale Anlaufpunkt, so wird es in Zukunft die „touch-optimierte“ Website oder App fürs Smartphone und Tablet sein.

Im Moment sehen viele Unternehmen das mobile Internet lediglich als weiteren Medienkanal für Bannering oder Search an. Meiner Meinung nach ist das eine fatale Fehleinschätzung, die das riesige Potential des mobilen Internets nicht beachtet. Viele schlaue Menschen machen sich derzeit Gedanken, wie man die analoge Welt der Markenkommunikation, also Print, Radio, OoH oder TV, mit der digitalen Welt verbinden kann, und erfinden dann so tolle Sachen wie z. B. den Red Button im TV.
Das Problem: Kein Mensch braucht diesen Red Button. Warum? Wir haben bereits alle einen in der Hosentasche: unser Smartphone. Es kann sehen (Kamera, Bilderkennung usw.), hören (Mikrofon und Sounderkennung), ist immer mit dem Internet verbunden und noch dazu absolut persönlich…

Aber auch der andere Weg, also vom Netz in die analoge Welt, kann und sollte von Unternehmen noch intensiver gewagt und gegangen werden. Ein großes Thema ist beispielsweise „ROPO“ (Research Online – purchase Offline). Über das Smartphone können den Konsumenten inzwischen „Real World Cookies“ mitgegeben werden – wie z.B. eine digitale Kundenkarte, mit der ein Kunde seine Kauf- oder Recherchehistorie des Online-Shops mit in das Geschäft des Händlers nimmt. Damit könnte nun endlich jedem Kanal seine richtige Bedeutung in der Customer Journey zukommen! Die wiederrum wird zu massiven strukturellen Wandlungen führen. Den stationären Handel und den Online-Shop in separate Kanäle oder gar Unternehmen aufzuteilen, wird in Zukunft nur noch wenig Sinn machen. Stattdessen sind intelligente, vernetzte Lösungen gefragt. Einige Beispiele, wie so etwas funktionieren kann, haben wir in unserem weShop (www.weshop.vision) bereits gezeigt – aber es gibt noch sehr viele andere Möglichkeiten. Das „Outernet“ wird der große Trend der kommenden Jahre sein.

Mein Tipp an die werbetreibende Branche: Mobile Marketing wird die Art, wie bis dato mit Kunden kommuniziert wurde, nachhaltig verändern. Und jahrelang gewachsene Ökosysteme, Abrechnungsmodelle, Abteilungen etc. hinterfragen. Aus diesem Grund ist es ratsam, dass Mobile absolute „Management Attention“ erhält, denn dort erwartet man den Weitblick, solche Entwicklungen nicht auszusitzen, sondern rechtzeitig sich und sein Unternehmen darauf einzustellen.

Als Head of Mobile kümmere ich mich seit gut sieben Jahren innerhalb der Plan.Net- und der Serviceplan Gruppe um das Thema Mobile: Mobile Internetnutzung, mobile Kommunikationsstrategien, Mobile Marketing. National und international. Und eines ist klar: Das damals teils belächelte Zukunftsthema ist kein vorübergehender Trend mehr, sondern mitten in der Gesellschaft angekommen – das dürfte, sollte und müsste inzwischen jeder mitbekommen haben. Vor allem Werbetreibende. Unternehmen wie Apple, Google und Co. sorgen für ein Feeling wie damals zur Zeit der Dotcom-Blase vor zehn Jahren – mit dem Unterschied, dass heutzutage satte Gewinne erzielt werden; nicht umsonst überschlägt sich die Fachpresse beinahe wöchentlich mit neuen Beiträgen, liefert Know-how-Specials und Sonderausgaben, die über sensationelle Geschäftszahlen, neue Endgeräte, Geschäftsmodelle, Apps etc. berichten…

Der Mobile World Congress ist das dazugehörige Fachevent der Branche schlechthin; wie in jedem Jahr trafen sich in der vergangenen Woche in Barcelona alle „Mobilisten“, darunter Provider, Vermarkter, App-Entwickler und natürlich auch Endgerätehersteller.  Ich war ebenfalls vor Ort, um für unsere Agenturgruppe und im Endeffekt natürlich für unsere Kunden nach den neuesten Trends fürs Mobile-Jahr 2012/2013 Ausschau zu halten – und wer sich zu denjenigen zählt, die erkannt haben, dass Mobile eine große Welle ist und auf ihr mitsurfen möchten, der sollte sich trotzdem eine dicke Schwimmweste besorgen: Die Mobile-Welle entwickelt sich zum echten Brecher, der unser Leben und damit die gesamte Kommunikationslandschaft nachhaltig verändern wird.

Weshalb?

Einerseits entwickeln sich die Endgeräte hin zu kleinen mobilen Power-Maschinen: Hochleistungsfähige Quad-Core-Prozessoren, Grafikbeschleuniger mit nVidia-Technik, Dolby-Surround-Sound oder messerscharfe Displays mit Auflösungen im HD-Bereich machen die kommende Smartphone-Generation tatsächlich zum mobilen und absolut leistungsstarken Mini-PC in der Hosentasche.
Gleichzeitig steigen Hersteller wie Nokia, HTC oder die chinesischen Riesen Huawei oder ZTE in die Produktion sehr kostengünstiger Geräte ein, die im Anschaffungspreis unter 100 Dollar liegen und damit zur weiteren Verbreitung von Smartphones beitragen werden. Das würde Google-CEO Eric Schmidt mit Sicherheit freuen, dessen Vision es ist, dass bis 2015 ein Android-Gerät in jeder Tasche stecken würde.
Das ist übrigens gar nicht so abwegig, denn die meisten aktuellen Geräte neben Apples iOS-Betriebssystem laufen unter Googles Betriebssystem Android. Windows Phone folgt weit abgeschlagen und ist damit derzeit quasi zu vernachlässigen. Ach ja: Tablets – im vergangenen Jahr eines der Hauptthemen – sind im Markt angekommen. Hat jetzt jeder Anbieter.

Aber neben den Endgeräten ist es andererseits die Infrastruktur, die die Mobile-Welle zum Brecher machen wird: Der große kommende Trend ist ganz eindeutig LTE (Longt-Term-Evolution). Von der neuen Technologie werden die User anfangs zwar nicht viel mitbekommen, schließlich ist es „nur“ ein neuer Mobilfunkstandard. Allerdings ermöglicht der UMTS-Nachfolger Übertragungsraten von bis zum 20-fachen der DSL-Geschwindigkeit. Dieses schnelle Internet von morgen ist die Grundvoraussetzung für alle Cloud-Computing-Dienste und wird mit Sicherheit dafür sorgen, dass das „Inter“-Net noch viel mehr zum „Outer“-, bzw. „Outdoor“-Net wird: Damit meine ich, dass die tatsächlich mobile Nutzung aufgrund der ultraschnellen Übertragungsraten in allen Gesellschaftsschichten noch viel relevanter werden wird; unterwegs, draußen, beim Einkaufen, im Park, beim Joggen – passendes Anwendungsbeispiel: Echzeit-Musik-Streaming aus der Cloud.

Und was bedeutet das für die Markenkommunikation?

Die Zugriffe von mobilen Endgeräten werden weiterhin drastisch ansteigen. Die Frage für Unternehmen bzw. deren Marken muss lauten: Sind die eigenen digitalen Plattformen und Kommunikationsmittel (Website, Kampagnenseiten, Landing-Pages, Banner, Newsletter etc.) für den Ansturm gerüstet, der von mobilen Geräte ausgehen wird? Gibt es z.B. ansprechende mobile Varianten der eigenen Website? Auch wir haben beispielsweise festgestellt, dass bei einigen unserer Kundern der Mobile-Traffic innerhalb des vergangenen Jahres um das zehn bis 20-fache angestiegen ist!

Potentielle Kunden werden – auch wenn sie „analoge“ Kommunikation sehen – immer und überall sofort ihre Smartphones parat haben, was auf Dauer zu einer weiteren Verschmelzung zwischen Analog und Digital und somit einer fortschreitenden Konvergenz der Medien führen wird. Das ist für Vermarkter und Mediaagenturen nach wie vor eine Herausforderung.

Der Fachhandel wird weiter unter Druck geraten, denn das sofortige Vergleichen von Preisen wird zum Standard werden. Und unter anderem bläst beispielsweise eBay bereits zum Angriff auf den PoS: eBay-CEO John Donahoe meinte neulich schon, dass die Grenzen zwischen eCommerce und Einzelhandel, Online und Offline weiter einbrechen.

Es ist also an der Zeit, geeignete Mobile-Strategien nicht nur theoretisch auf dem Papier zu haben, sondern sie tatsächlich zur Chefsache zu machen: Der Mobile-Markt hat noch gewaltiges Potential und wer vorne dabei sein möchte, muss Budgets freigeben und die Marketingabteilungen sensibilisieren. Mobile kann nicht vom Praktikanten „mal so eben“ nebenbei erledigt werden.

By the way: Eine App zu haben, ist noch keine Strategie!