Beiträge

Dank Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) verschmelzen reale und virtuelle Welten im Alltag der Menschen, auch beim Shopping. Eva Simone Lihotzky, Director Group Corporate Strategy bei der Serviceplan Group, erklärt in ihrem Gastbeitrag, wie diese Entwicklung den Handel beeinflussen wird.

Hybrid-Commerce-Strategien spiegeln schon seit Jahren die neuen Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden zwischen realen und digitalen Shoppingwelten – etwa traditionelle Handelsketten, die eigene Online-Shops betreiben, oder E-Commerce-Plattformen, die Brick & Mortar-Läden eröffnen. Nun steht der Hybrid Commerce vor seiner nächsten Evolutionsstufe: Das Metaverse eröffnet Handel und Marken neue Potenziale.

E-Commerce gilt als größter wirtschaftlicher Treiber des Metaverse, wie etwa eine aktuelle McKinsey-Studie belegt. 2022 liegen die Metaverse-Investitionen von Unternehmen bei 120 Milliarden Dollar – mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Marken wie Nike verbinden schon heute ihre virtuellen Showrooms und Shops mit dem stationären Handel: Das New Yorker Flagshipstore-Erlebnis wird in eine digitale Shopping-Welt verlängert und mit Nike Virtual View oder Nikeland auf der Spieleplattform Roblox verknüpft. Luxusmarken wie Prada, Gucci oder Balenciaga verkaufen dagegen digitale Produkte als NFTs (Non-Fungible Token) in virtuellen Metaverse-Räumen.

AR- und VR-Geräte werden massentauglich

In der Post-Screen-Ära werden wir neben Smartphones, Tablets und Laptops zunehmend auch AR- und VR-Devices nutzen. Derzeit kommen Technologien noch überwiegend beim Gaming zum Einsatz, doch die hohen Investitionen der großen Tech-Unternehmen könnten AR- und VR-Geräte bald massentauglich werden lassen und vielfältigere Nutzungen ermöglichen, etwa beim Shoppen, Reisen oder Arbeiten. (Teil-)Virtuelle Erlebnisse werden so immer mehr Einzug in unseren Alltag finden.

Dass Konsumierende beim Shoppen auch interagieren und entdecken wollen, verdeutlicht der Social-Commerce-Boom: Auf Facebook, Instagram und TikTok wird inspiriert, vor allem jüngere Zielgruppen erwarten ebenso kurzweilige wie einnehmende Erlebnisse. Virtuelle Welten werden diese Social-Commerce-Erlebnisse noch reichhaltiger machen. Nicht nur durch lebendige 3-D-Effekte, durch den Austausch mit anderen Avataren oder multi-dimensionale Inspirationen, sondern auch und vor allem, weil die neuen Räume mit uns in Echtzeit interagieren: Hier können wir Inhalte erstellen, Produkte entwickeln und Neues erschaffen.

Personalisierte und selbst gestaltete Produkte werden boomen

Ein Produkt zu kaufen, das für individuelle Bedürfnisse maßgeschneidert wurde, bietet ein einmaliges Exklusivitätsgefühl. Deshalb schätzen wir es, unsere Autos zu konfigurieren, unsere Sneaker und T-Shirts selber zu gestalten oder persönliche Duftvariationen zusammenzustellen. Im Metaverse wird sich dieses menschliche Bedürfnis besonders gut ausleben lassen: Dort können Individuen kreativ sein, gestalten, sich mit ihren Avataren und virtuellen Produkten und Umgebungen von anderen unterscheiden und in völlig neue Konstellationen begeben. Deshalb ist davon auszugehen, dass Nutzerinnen und Nutzer gerade hier den Drang nach Personalisierung ausleben, ihre Produkte selbst gestalten und sie dann auch im wirklichen Leben über den Handel kaufen wollen.

Vom Metaverse in den realen Handel

Die nächste Stufe des Hybrid Commerce wird Handel und Marken beim Verkauf von Metaverse-Produkten vor neue Herausforderungen stellen. Konsumierende sind an Echtzeitverfügbarkeit und -lieferfenster gewöhnt. Der Prozess von einem virtuell gestalteten hin zu einem real tragbaren Sneaker kann dagegen nicht nur längere Lieferzeiten bedeuten, sondern auch Designeinschränkungen. Um On-demand-Ware aus dem Metaverse in den realen Handel zu bringen, müssen Unternehmen daher weiter in die Digitalisierung und in innovative Design-Prozessketten investieren, von der Produktion bis hin zum Handel – zum Beispiel in noch bessere Produktionstechniken mithilfe programmierbarer Nähmaschinen oder 3-D-Drucker.

Noch steckt das Metaverse in Sachen Commerce sowie bei der Produkt- und Markeninszenierung in den Kinderschuhen. Künftig werden reale und virtuelle Shoppingwelten aber noch intensiver zusammenwachsen. Dabei wird es nicht nur um den Verkauf digitaler Ware im Metaverse gehen, sondern auch um personalisierte und selbstgestaltete Produkte, die Verbraucherinnen und Verbraucher anschließend in der realen Welt kaufen möchten. Die Evolution der Handelsstrukturen wird dabei Hand in Hand gehen mit den veränderten Bedürfnissen der Konsumierenden, insbesondere junger Zielgruppen. Im Zentrum stehen dabei Live-Erlebnisse, Freiräume für Ideen, Gestaltung und Differenzierung sowie der nahtlose Übergang zwischen realen und virtuellen Welten.

Zuerst erschienen auf zukunftsinsitut.de

Es ist egal, ob einige noch darüber streiten, ob der Hype nun vorbei ist oder nicht. Fakt ist, dass die Extended Reality (Augmented Reality, Virtual Reality, 360°-Film) aus vielen Bereichen nicht mehr wegzudenken ist. Allein im Marketing hat sie bereits viele Probleme gelöst. Dafür muss man sich nur genau ansehen, was die Unterschiede und damit die Vorteile der einzelnen Darstellungsformen sind.

Augmented Reality: Was kommt nach dem Smartphone?

Augmented Reality ist schon seit Jahren eines der großen Innovationsthemen der Technologiebranche. Momentan konzentriert sich der Bereich vor allem stark auf die Kamera von Smartphones, über die die Nutzer einen digitalen Inhalte-Layer auf ihre Umwelt projizieren können.

Die Anwendungsbereiche sind jedoch um einiges vielfältiger: Mit Shopping Apps lassen sich Brillen oder Sneaker vor dem Kauf virtuell anprobieren und Einrichtungsgegenstände in die eigenen 4 Wände projizieren. Google Maps weist den Weg seit kurzem nicht mehr nur mit Pfeilen auf einer Karte, sondern per Augmented Reality. Auch bei Pokémon Go sitzen die Pokémon inzwischen auf einer echten Wiese und nicht mehr nur in der gerenderten Spiele-Umgebung.

Eine Gemeinsamkeit der zahlreichen Augmented-Reality-Anwendungen war bisher, dass sich so gut wie alle auf den visuellen Aspekt der erweiterten Realität beschränkten und meist das Smartphone Plattform der Wahl war. Mindestens so spannend sind aber auch die aktuellen Entwicklungen, die Augmented Reality vom Smartphone holen und in andere Wearables integrieren.

Der Ton kommt aus der Brille

Ein Pionier auf diesem Gebiet ist beispielsweise der amerikanische Audio-Hersteller Bose: Auf der SXSW 2018 präsentierte Bose die ersten Prototypen seiner Augmented Audio Sonnenbrille, neun Monate später kamen im Dezember die ersten beiden marktreifen Modelle auf den Markt. Der Sound aus der Bose-Brille wird im Gegensatz zu anderen Devices, wie der gerade erschienenen OptiShokz Revvez, nicht über Knochenschall und den Schädel, sondern über Mikro-Lautsprecher direkt ins Ohr projiziert.

Bose vermarktet seine Brillen unter dem Schlagwort Augmented Audio und liefert nicht nur die Hardware, sondern kündigte auch ein umfassendes Software Development Kit an, das im März 2019 auf der SXSW gelauncht wird und App Entwickler dazu motivieren soll, innovative und spannende Einsatzmöglichkeiten für die Hardware auf den Markt zu bringen. Hier wird das ganze Thema erst richtig interessant, denn nur ein Kopfhörer-Ersatz ist zwar nett, aber nicht wirklich bahnbrechend.

Augmented Audio Anwendungen

Audio Feedback, basierend auf GPS Location und der Orientierung der Brille, ermöglicht die Informationsweitergabe bezüglich Objekten im direkten Blickfeld: Infos über Sehenswürdigkeiten oder zu Bars und Restaurants sowie Wegbeschreibungen. So werden zum Beispiel Navigations-Apps oder Stadtführer ganz ohne Smartphone Screen möglich.

In zukünftigen Versionen der Brille kann wohl auch eine Gestensteuerung per Kopfbewegung implementiert werden, um beispielsweise Anrufe anzunehmen oder Mediaplayer zu steuern. Auch Location Based Services, die ohne Screen-Interaktion auskommen und den Nutzern je nach Position Services oder Angebote direkt ins Ohr spielen, sind denkbar. Offensichtlich sinnvoll wäre in Zukunft außerdem die Integration von digitalen Assistenten mit Sprachsteuerung wie Google Assistant und Amazons Alexa.

Augmented Audio: erst der Anfang der Digitalisierung von Alltagsgegenständen

Produkte wie die Bose Frames sind nur ein weiterer Schritt auf dem Weg in eine Welt, in der alle Alltagsgegenstände, die wir tagtäglich mit uns führen, digital und smart werden. Die Device Evolution hat digitale Dienste bereits aus dem Arbeitszimmer (Desktop-PC) in die Umhänge-Tasche (Laptop) und von dort in die Hosentasche (Smartphone) und ans Handgelenk (Smart Watch) gebracht. Der Kopf ist in dieser Entwicklung nur der nächste logische Schritt. Auch im Bereich Smart Glasses ist die Entwicklung trotz einiger Misserfolge meiner Einschätzung nach noch nicht zu Ende.

Wearables, die auf Audio als Transport-Medium setzen, sind allerdings deutlich diskreter und weniger invasiv, als die direkt vor die Augenlinse projizierenden Brillen oder Kontaktlinsen und dürften daher von einer höheren Nutzerakzeptanz profitieren.

Was bringt also die Zukunft?

Werden wir demnächst von Kopf bis Fuß mit smarten Devices bekleidet durch die Städte wandern? Wahrscheinlich nicht. Zwar arbeiten mit Nike und Under Armor bereits zwei große Sportartikel-Brands an der Entwicklung smarter Sneaker und Levi’s und Google haben eine Jeansjacke mit Touch-Steuerung auf den Markt gebracht, durchsetzen werden sich all diese Technologien jedoch erst, wenn die angebotenen Dienste einen wirklich konkreten Nutzwert für die Konsumenten bieten.

Ein Testbericht der lange erwarteten Magic Leap One Augmented Reality Plattform

Vor mir schwebt ein virtuelles Regal mit verschiedenen Objekten und Kategorien, die ich auswählen kann. Ich greife mit dem Controller nach einer kleinen Rakete, nehme sie aus dem Regal und platziere sie im Raum. Zack! Niet- und nagelfest steht das kleine Raumfahrzeug im Comic-Videospiel-Stil vor mir. Ich gehe drum herum und gucke mir das Ding von allen Seiten an.

Für meine Kollegen sehe ich ein bisschen aus wie Vin Diesel in Riddick. Leider nicht wegen der Muskeln, sondern dank der spacigen Brille, die ich trage: Das Headset der neuen AR-Plattform Magic Leap One. Ich hatte die Gelegenheit das neue System in der „Creator Edition“ nur wenige Tage nach Veröffentlichung in unserem Plan.Net Innovation Studio in München zu testen.

Das augmentierte Bild durch die Brille ist leicht durchsichtig, ich kann das Muster des Teppichbodens hinter der Rakete noch erkennen – zumindest wenn ich bewusst darauf achte. Die Farben sind hell und bunt, wie sie sein sollen – für einen kurzen Moment entsteht der Wunsch, die Rakete mit dem Finger anzufassen und sie anzustupsen. Immersion Level 1 wird fix erreicht.

Zwischenzeitlich hieß es, die Brille könne Bilder auf sechs verschiedenen Ebenen projizieren um in Verbindung mit dem Tracking der Augenbewegung Objekte in verschiedenen Schärfegraden darzustellen. Experten beschwerten sich bereits, dass die Hardware nun mit nur zwei dieser Ebenen ausgestattet sei, was die Wahrnehmung wesentlich schlechter werden ließe. Ich kann das nicht nachvollziehen, denn die Gesamtleistung der Grafik ist für meine Begriffe noch weit davon entfernt, Kapital aus diesen sechs Ebenen schlagen zu können. Noch sieht alles sehr Videospiel-mäßig aus und auch die Auflösung ist noch nicht so hoch, dass dieser Detailgrad in der Wahrnehmung bereits eine entscheidende Rolle spielen würde.

Die Rakete klebt da immer noch. „War’s das jetzt?“ frage ich mich. Ich klicke die Rakete an und „Woosh!“ düst sie davon. Keine Ahnung wohin, sie ist jedenfalls weg. Danach setze ich einem meiner Kollegen einen Cowboy-Hut auf und verpasse ihm einen Schnurrbart aus der Objekte-Bibliothek, die auch noch immer hinter mir im Raum schwebt. Zumindest so lange, bis er einfach geht und Hut und Schnurrbart alleine im Raum schweben. Spielverderber.

Aus der nächsten Kategorie der Bibliothek klaue ich mir einige Teile, mit denen ich fix eine Art Kugelbahn zusammenbauen kann. Ich kann aus allen Richtungen an meiner Konstruktion arbeiten, mich währenddessen mit meinen Kollegen unterhalten und ihnen dabei in die Augen blicken es ist als hätte ich nur eine Sonnenbrille auf und würde an einem Aufbau arbeiten, der sich zwar für die Gesetze der Physik nicht sonderlich interessiert, aber ansonsten recht realistisch auf mich wirkt. Jedenfalls erreicht das Ganze recht zügig ein routiniertes und selbstverständliches Level. Dann schnappe ich mir die Kugel aus der Bibliothek und höre ihr zu, wie sie durch mein Rohrsystem rumpelt, auf ein Trampolin fällt, durch den Raum fliegt und dank des Real-World-Trackings von einem echten Tischbein im Raum abprallt.

Ich sehe meine Kollegen an, strahle wie ein kleines Kind und sage: „Das ist der Hammer, oder?“. Die drei Kollegen gucken mich an, ihre Hände in den Hosentaschen, und zucken fast simultan mit ihren Schultern. Immersion Level 2! Nur ich sehe meine Kugelbahn – das hatte ich vergessen. Tatsächlich ein kleiner Nachteil – teilen lassen sich die Erlebnisse noch nicht ganz so einfach.

Die zweite App, die ich testen darf, dreht sich um die isländische Band Sigur Rós. Gemeinsam mit Magic Leap hat man sich fünf Jahre damit beschäftigt, wie man in der Mixed Reality Musik kreieren oder komponieren kann. Tónandi nennt sich die App und eignet sich hervorragend zum Testen der Steuerung durch Gesten – den Controller braucht diese App nämlich nicht. Die Aufgabe besteht darin, sich durch verschiedene Level oder Welten zu bewegen, die man mit Gesten zum Leben erweckt. Man sammelt zum Beispiel Steine, streicht durch virtuelles Gras und stupst virtuelle Quallen an. Hat man eine Szene mehr oder weniger komplettiert, entsteht eine Art Wurmloch, durch das man in die nächste Szene gelangt. Beeindruckend!

Die Vielfalt der Gesten der eigenen Handbewegungen ist ein riesiger Vorteil. Es gibt acht verschiedene, die das System erkennt. Entwickler können selbst weitere Gesten hinzufügen und entwickeln. Das ist aus meiner Perspektive ein riesiger Pluspunkt des Magic Leap Systems. Microsoft bietet im Vergleich derzeit nur zwei fest definierte Gesten. Als jemand der Oberflächen und Produkte der digitalen Welt entwickelt und immer getrieben ist vom Wunsch nach bestmöglichen Nutzererlebnissen und relevanten Produkten, interessieren mich die verschiedenen Möglichkeiten zur Implementierung verschiedener Gesten in diesem Kontext natürlich brennend. Denn ich bin davon überzeugt, dass die Benutzung eines Produktes als unmittelbar markenbildend betrachtet werden muss. Unsere Arbeit hat daher neben dem zufriedenen Nutzer auch die Aufgabe zum gewünschten Markenbild beizutragen. Durch Details wie eine sinnvolle Gestensteuerung werden Angebote wesentlich schneller angenommen und können viel früher zu sehr immersiven Erlebnissen werden.

Auch wenn die Gesten aktuell oft noch sehr unnatürlich in ihrer Anwendung sind, es noch schwierig ist selbstverständlich nach einem virtuellen Stein zu greifen und hohe Latenzen einen im Unklaren darüber lassen ob man nun erfolgreich zugegriffen hat oder nicht: Die Tatsache, dass Entwickler eigene Gesten entwickeln können, sorgt dafür, dass viel ausprobiert und experimentiert werden kann, um schnellstmöglich zu einer User Experience zu kommen, die die Bedienung der Extended Realities so natürlich wie möglich macht.

Fazit: Alles in Allem bietet die Magic Leap One in ihrer ersten Version ein Mega-Erlebnis und ist ein wichtiger Schritt in Richtung consumer-facing AR fürs Wohnzimmer. Die Hardware ist grundsolide, einige Details hat Magic Leap noch nachzuliefern. Der Gesamteindruck leidet am stärksten unter dem massiven Hype, den die Kommunikation der letzten Jahre aufgebaut hat. Denn diesen Traum kann die Creator-Edition noch nicht wirklich erfüllen. Es ist wie mit allen modernen Plattformen: Die Third Party Development Community ist nun gefragt. Sie wird uns zeitnah die tatsächlichen Potentiale der Plattform offenlegen und Magic Leap eine gute Unterstützung bei der weiteren Entwicklung von Hard- und Software bieten.

Und was kostet das Ganze? Wer sich eines der begehrten Geräte anschaffen möchte, muss in die USA und dort vor Ort umgerechnet knapp 2.000 Euro investieren. Hinzu kommt dann noch der Zoll bei der Einführung nach Deutschland.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei lead-digital.de.

Innovation ist die treibende Kraft der Wirtschaft. Ohne sie herrscht Stillstand. Aber Neuerungen funktionieren nur, wenn sie die Probleme der Menschen lösen. Dennis Pfisterer plädiert für eine neue Herangehensweise an Innovationen

Ein neues Jahr beginnt, und wann, wenn nicht jetzt, macht es Sinn zu hinterfragen, wie wir die Dinge in Zukunft angehen wollen. Gibt es neue Ideen oder Erkenntnisse, die uns 2018 weiterbringen werden? Die uns persönlich, geschäftlich oder gar gesellschaftlich nachhaltig prägen werden? Innovationen versprechen Fortschritt, aber ist das wirklich so? Ist Innovation per se überhaupt erstrebenswert?

Per Definition ist Innovation ein willentlicher und gezielter Veränderungsprozess hin zu etwas Erstmaligem, Neuem. Die Suche nach neuen Erkenntnissen oder Lösungen setzt daher Neugier, Kreativität und Lust auf Erneuerung voraus. Das erklärt auch, warum der Begriff „Innovation“ gern und oft gewählt wird, um Neuartiges jeglicher Art zu verkaufen. Von Gedankenkonstrukten wie zum Beispiel dem Kommunismus, der den Einzelnen und die Gesellschaft von Grund auf verändern wollte, bis hin zu ganz greifbaren Produkten wie dem iPhone X, das so ziemlich den gleichen Anspruch hat.

Steigt man in das vergleichsweise noch recht neue Forschungsfeld der Neurowissenschaften und damit in die tieferen Gefilde unseres Hirns ein, erkennt man, wie tief das Konzept in uns verankert ist. Betrachtet man zum Beispiel das von Dr. Hans-Georg Häusel entwickelte Modell der Limbic Map genauer, ist Innovationsdrang mit einer der drei Hauptkräfte gleichzusetzen, die unser Denken und Handeln maßgeblich beeinflussen: der Stimulanz. Sehr vereinfacht ausgedrückt, prüft unser Gehirn demnach unterbewusst (im limbischen System) alle sensorischen Informationen, ob sie a) dazu beitragen, unseren Status quo zu erhalten, b) uns in irgendeiner Weise zu stimulieren oder c) uns möglicherweise Kraft oder Macht verleihen.

Innovation kann somit evolutionär tatsächlich als urmenschlichen Drang verstanden werden, sich aus dem Status quo zu befreien, um unsere Zukunft zu sichern. Was neu und innovativ ist, steht natürlich immer in einem bestimmten geografischen und gesellschaftlichen Kontext und ist somit vom Zeitgeist abhängig. Logischerweise sind Innovationen natürlich auch nur für einen limitierten Zeitraum relevant. Wir alle kennen den peinlichen Moment, wenn Mutti auf Anerkennung hoffend begeistert von diesem Facebook redet oder der Bekannte vom Lande diesen oder jenen Look jetzt total Berlin-Style findet. Heute Hype, morgen Mainstream, übermorgen old-school. Eine Innovation überholt die nächste. Soweit nichts Neues. Aber zurück zur eigentlichen Frage: Ist in Zukunft tatsächlich nur der erfolgreich, der total „different thinkt“ und seine neuartigen Ideen mit voller Power in unsere Köpfe pusht?

Sind sie down mit Uber-Innovation?

Ein Problem entsteht auf jeden Fall, wenn wir Menschen mit unseren eigenen Innovationen nicht mehr mithalten können. Denn durch den digitalen Wandel hat die ohnehin rasante Entwicklung der Technik jüngst noch einmal einen ordentlichen Kickstarter bekommen. Von der menschlichen Evolution lässt sich das leider nicht behaupten. Im Gegenteil: Dummerweise ist und war Mensch schon immer von Natur aus eher auf langsamen und linearen Wandel geprägt. Unser menschlicher Prozessor hat in den letzten 50.000 Jahren weitaus weniger Leistungs-Updates erhalten als Computer in den letzten 50 Jahren.

Betrachtet man die exponentielle Entwicklungskurve der Rechenleistung von Computern, die dem sogenannten Mooreschen Gesetz folgt, kann man davon ausgehen, dass diese in wenigen Jahrzehnten ein schwindelerregendes Niveau erreichen wird. Demnach wird vermutlich irgendwann zwischen 2050 und 2060 ein einziger Superrechner die Rechenleistung von weltweit allen menschlichen Gehirne zusammen besitzen. Fantastisch, was in Zukunft damit – technisch gesehen – alles möglich sein wird. Aber wie wird unser weitestgehend noch neolithisches Hirn in der ständigen Konfrontation mit AI-enhanced-Superbrain-Autos und Staubsaugern emotional umgehen?

Schon heute scheinen immer mehr Menschen an Überforderung durch den Innovations- Overflow und der damit verbundenen Informationsfülle zu leiden. Besonders absurd, weil diese meist mit dem Versprechen größerer persönlicher Freiheit, Selbstbestimmung und Glück daherkommen. Gleichzeitig wird in immer mehr Studien eine direkte Parallele zwischen der Verbreitung von Depressionen und der steigenden Nutzung neuer Technologien gezogen und der sogenannte Digital Detox als heilende Maßnahme nahegelegt. Wenn nun auch noch die Architekten der großen Innovationsschmieden in Silicon Valley selbst bekennen, dass ihre Technologie das soziale Gefüge der realen Welt zerstört, ist es vielleicht angebracht, die einfache Gleichung Innovation = neue Technologie ernsthaft zu hinterfragen.

Sind wir „hooked on innovation“?

Die große Gefahr der digitalen Transformation steckt vielleicht neben der extremen Geschwindigkeit, mit der sie voranschreitet, ein ganzes Stück weit auch im Über- und Missbrauch des Wortes „Innovation“ selbst. Auf Tech-Summits, in Start-ups, Marketingabteilungen und den Social Networks wird alles gefeiert, was weltverbessernde digital-soziale Disruption verspricht. Das wiederum verleitet dazu, nur Ideen für innovativ zu halten, die einen fetten Wow-How-Awesome-Technology-Badge tragen. Vor lauter Begeisterung für die innovative Technologie geht die wirklich spannende Frage, wohin uns diese eigentlich bringen soll, schon mal unter.

Natürlich, man könnte sagen, wir leben in einem freien Markt. So lange sich damit Geld machen lässt, und der Nutzer glaubt, freier, einfacher oder schneller durch den Alltag zu kommen, ist alles gut. Anderseits, wer redet da eigentlich wem was ein? Facebook stoppte kürzlich sein AI-Programm, weil es eine effizientere Sprache erfand, die ihre Schöpfer nicht mehr verstanden. Fraglich außerdem wie lange die breite Masse der Menschen der Überflut an Innovationen noch ihre Aufmerksamkeit schenkt? Neben irgendeiner blockchain-basierten Cyber-Währung dürfte aber genau Aufmerksamkeit die Währung der Zukunft schlechthin sein.

Die Mechanik, die man dazu einsetzt, dauerhaft Aufmerksamkeit von Nutzern zu erhalten, nennt sich „Computer Aided Persuasive Technology“, was übersetzt in etwa „computer-basierte Überredungstechnologie“ bedeutet. Der Begriff stammt vom Verhaltensforscher BJ Fogg, heute Leiter des Stanford Persuasive Tech Labs, wo Technologiejünger die neuesten Tricks der Manipulation erlernen. Wie man damit emotionale Abhängigkeit schafft, beschreibt auch Nir Eyal ausführlich in seinem Bestsellerbuch „Hooked: Wie Sie Produkte erschaffen, die süchtig machen?“ Das Wichtigste in seinem Modell: der Trigger, der in Fleisch und Blut übergeht. Ein Like hier, ein Benachrichtigungslämpchen oder ein Vibrationsalarm dort – alles, um Reaktionen beim Nutzer zu provozieren. Snapchats Streaks belohnen beispielsweise den Nutzer für Aktivität mit kleinen Flammen-Icons, die aber erlöschen, wenn keine weiteren Snaps innerhalb von 24 Stunden gesendet werden. Tja, wie lange diese Entwicklungen noch gut gehen? Fragt sich anscheinend auch die Börse und wettet nicht auf steigende Kurse von Snap Inc.

Innovation. For real!

Bevor Innovation also komplett aus dem Ruder läuft, befreien wir sie doch aus Bullshit-Bingo-Falle und laden dieses lebenswichtige Konzept wieder sinnvoll auf. Zum Beispiel mit zwei altbekannten Ansätzen: dem ehrlichen Human Centric Approach und dem ihm nahestehenden – sehr vernünftigen – Customer Value. Dieses Real-Deal-Team hätte womöglich die Power, wirklich Revolutionäres zu leisten, statt reflexartig immer nur in Richtung des technologiegetriebenen digital-sozial-disruptiven Fortschritts zu laufen. Denn Innovation, die den Menschen keinen Nutzen bringt oder sogar schadet, ist einfach keine.

So würde ein Schritt nach links, rechts oder bei Zeiten gar nach hinten kein Widerspruch zur Innovation mehr sein, sofern er einen Mehrwert schafft. Ein paar Beispiele: Kann in einer durchtransformierten, digitalen Zukunft, in der es von digitalen Sprachassistenten nur so wimmelt, ein Serviceanbieter mit echten Menschen im Support nicht auch ganz weit vorne dabei sein? Oder könnte ein etwas weniger-slimmes Mobiltelefon X, welches dafür die Akkuladezeit eines Nokia 3310 bietet, nicht als die smartere Wahl durchgehen? Oder könnte ein Auto, dass man nicht Stunden an ein Kabel binden muss, sondern dessen Batterie man ganz einfach wie bei einer Fernbedienung an jeder Tankstelle wechseln kann, nicht die nahliegende Wahl für urbane Explorer sein?

Grundsätzlich könnten vielleicht diejenigen, die in Zukunft Technologie einsetzen, um Nähe in der Realität herzustellen, zu Gewinnern der Digitalisierung gehören. Innovative neue Marken wie zum Beispiel der englische Hersteller von Radsportbekleidung Rapha nutzen bereits bestehende soziale und eigene digitale Kanäle dazu, um Menschen in der echten Welt zusammenzubringen und aktiv ihr Produkt ganz real erleben zu lassen. Nach den Content-is-King-Jahren in denen „media“ und „the message“ kaum mehr voneinander zu unterscheiden waren, tritt in einer Post-Fake-Bullshit-Ära quasi zwangsläufig das echte Produkterleben wieder in den Vordergrund.

In vielen Lebensbereichen wird das vermeintlich Alte wieder neu entdeckt und in neuer innovativer Verpackung präsentiert. Entscheidend wird in Zukunft aber immer weniger der Einsatz von möglichst viel neuer Technologie wie zum Beispiel die aktuell viel diskutierte Virtual-, Augmented- oder Mixed-Reality sein. Vielmehr wird entscheidend sein, Technik innovativ einzusetzen, um ein Produkterlebnis zu kreieren, welches die Nutzer emotional bewegt und gleichzeitig die Frage „Warum diese Marke?“ beantwortet. Solche wirklich „immersiven“ Erfahrungen kosten zwar mehr Zeit und Geld als rein digitale Maßnahmen, liefern dafür aber auch einen nachweisbar nachhaltigeren Mehrwert für die Nutzer und generieren zudem ganz nebenbei einzigartige Marken-Inhalte für alle Marketingkanäle.

Wo auch immer die Reise dieses Jahr für Sie und Ihr Unternehmen hingeht, Innovation wird Sie treiben. Innovation darf aber nicht zum Problem für die Menschen werden, sondern muss die lösen. Daher wird eine zentrale Herausforderung für Markenmacher sein, Innovation zu durchschauen und zu erkennen, wann sie zur einer Sackgasse für die Nutzer wird.

Die heute schon verfügbare Menge an Daten aus Wirtschaft und Forschung erlaubt uns recht klar, ein durch Technologie geprägtes Bild der näheren Zukunft zu skizzieren. Die Frage ist, inwieweit wir dieses Wirklichkeit werden lassen wollen. Erlauben wir uns dieses Jahr doch öfter mal im Fall so einer In-NO-WAY-tion auf die Bremse statt reflexiv auf den Like-Follow-Button zu drücken. Statt viel Zeit mit der Suche nach der passenden Innovation zu verbringen, können wir sie dann nutzen, selbst echte Innovation zu treiben. Und manchmal braucht es ja auch nur einen ganz kleinen Schritt in die richtige Richtung, um unseren Kunden den größten Nutzen zu bringen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei capital.de.

Denken Sie gerade darüber nach, sich einen neuen Fernseher zuzulegen? Ein aufregendes Erlebnis – das Wohnzimmer ausmessen, sich den besten Stellplatz überlegen, die Farbe aussuchen, sich Gedanken machen über die nötigen Anschlüsse und Helligkeit. Und natürlich die Frage, ob der Fernseher den richtigen Abstand zur Couch hat – man will ja schließlich erkennen, wer das Tor in einem spannenden Fußballmatch schießt. Wenn Sie sich gerade nicht mit diesen Fragen auseinandersetzen, haben sie das wahrscheinlich schon zumindest einmal gemacht in Ihrem Leben oder es passiert noch irgendwann. Lassen Sie uns deshalb also mal kurz in die Zukunft blicken.

In naher Zukunft müssen Sie sich voraussichtlich nicht mehr mit Entscheidungen wie diesen plagen; nicht wegen eines Durchbruchs in der Projektionstechnologie, oder weil niemand mehr fernsehen wird. Auch nicht, weil Hardware- und Content-Hersteller aussterben und durch Netflix oder Apple ersetzt werden – das geschieht nämlich bereits. Sondern weil Sie auf jedem beliebigen Screen, in jeder beliebigen Größe, zu jeder Zeit und an jedem Ort fernsehen können werden – nicht nur auf Ihrer gemütlichen Couch zu Hause. Die Magie dahinter nennt sich Augmented (AR) oder Mixed (MR) oder auch Virtual Reality (VR), allerdings in ihrer finalen Form. Der finalen Form von Medien. Der finalen Konsumform von Inhalten. Der finalen Unterhaltungsform.

Schauen wir uns mal kurz die Gegenwart an: Es existiert derzeit eine Menge VR-Geräten – manche davon sind sehr abgehoben. Sie haben vielleicht schon Namen wie Oculus Rift, HTC Vive, Playstation VR oder Samsung Gear VR gehört. Einige Hersteller machen bereits ordentlich Profit damit – Samsung hat beispielsweise im Jahr 2016 mehr VR Headsets verkauft als Oculus, HTC und Playstation zusammen, nämlich 4,51 Millionen Stück – und sie versuchen ständig, sich gegenseitig zu übertrumpfen. Kein Wunder, nachdem Einnahmen für den Verkauf von VR-Hardware in der Höhe von 15,7 Millionen Euro bis 2020 prognostiziert werden. Und es wurde auch schon sehr viel erreicht: Sehr hohe Auflösung, Content-Vielfalt, Verfügbarkeit an verschiedenen Geräten, es wird einem nicht mehr übel, wenn man zu viel Zeit in der virtuellen Realität verbringt – alles da. Es können sogar schon Bewegungen des Körpers und der Augen gemessen und in die virtuelle Umgebung transportiert werden, womit der virtuellen Realität ein weiterer Schritt in Richtung tatsächlicher Realität gelungen ist.

Aber ein entscheidender Faktor fehlt nach wie vor – und alle aktuell verfügbaren Geräte können dafür keine zufriedenstellende Lösung bieten: Einfachheit. Ein Alltagsapparat. Ein Gerät für jeden, nicht nur Experten, Gamer, Wissenschaftler oder Enthusiasten. Etwas, das man einfach aufsetzt und loslegt. Ohne Kabelsalat, komplizierter Steuerung oder externer Batterie und CPU. So einfach wie das Tragen einer Sonnenbrille oder ein Smartphone-Unlock.

Manche Hersteller versuchen, die Erfolgsgeschichte der Smartphone-Entwicklung nachzuahmen, weil es das ist, was sie können und weil das Rezept in der Vergangenheit für sie funktioniert hat: Die Auflösung ein wenig hochdrehen, die neueste Kamera einsetzen, einen etwas schnelleren Prozessor verwenden, eine neue Softwareversion installieren und eine neue, unerprobte Technologie zum Drüberstreuen. Aber für kleine Schritte ist der Markt bereits zu übersättigt. Wir brauchen kein weiteres Gerät, das ein bisschen schneller ist und ein bisschen besser aussieht. Wir brauchen einen Durchbruch. Wir brauchen die Möglichkeit, unsere Bewegungen natürlich zu kontrollieren in einer unnatürlichen Umgebung. Unser Gehirn will überlistet werden zu glauben, dass wir tatsächlich neben einem Lavastrom am Vulkan stehen oder in einem imperialen Hangar von Star Wars, voller Anspannung wartend auf den nächsten Laserabschuss aus dem Todesstern, ohne zu denken „Es ist ja eh nur ein Spiel“.

Lassen Sie mich meine ursprüngliche Frage neu formulieren: Sie möchten Ihr Wohnzimmer in einen Keller voller Zombies verwandeln, um diese zu jagen? Geht. Sie möchten Ihren neuen Kühlschrank virtuell in diese unmögliche Ecke in Ihrer Küche stellen, um zu sehen, ob er reinpasst? Geht auch. Sie möchten das Interieur Ihres neuen Autos in Originalgröße bewundern, während dieses in Ihrem Wohnzimmer steht? Klar. Oder Sie möchten sich einfach nur die letzte Folge Ihrer Lieblingsserie in Ihrem Garten auf einer riesigen Leinwand ansehen, mit ihren Freuden, während zeitgleich ein Hockey-Finalspiel läuft, das nur sie interessiert? Ja, das ist die Zukunft von der ich spreche. Und das Ende der Unterhaltungselektronik, wie wir sie kennen.

Wenn die Gerüchte wahr sind, ist die erste Firma, die diese Vision tatsächlich ermöglichen wird, Magic Leap. Zitat: „Diese Technologie könnte jedes Unternehmen betreffen, das Bildschirme oder Computer verwendet und viele, die das nicht tun. Es könnte den $120 Milliarden und $1 Trillionen Markt für Flachbildschirme vernichten und den $1 Trillionen globalen Markt für Unterhaltungselektronik in seinen Grundfesten erschüttern“, sagt David Erwalt vom Forbes Magazin. Und er hat recht: Wenn diese Vision zur Realität wird und endlich ein Erscheinungsdatum und einen Preis hat, ändert sich mit einem Schlag unser Konsumverhalten von digitalen Medien von Grund auf.

Vielleicht warten Sie also noch ein wenig mit dem Kauf eines neuen Fernsehers. Die Zukunft ist nur einen (magischen) Sprung entfernt.

Dieser Artikel erschien zuerst in Discover ME.

Die ersten Marketingmaßnahmen mit Augmented Reality (AR)tauchten in Deutschland um das Jahr 2011 herum auf. Plan.Net integrierte dazumal beispielsweise AR-Funktionen in eine Kampagne für den Spartensender Syfy. Plakate wurden mit Hilfe der damals verfügbaren Technologie des Münchner Unternehmens Metaio eindrucksvoll zum Leben erweckt.

Seither wurden immer mal wieder vereinzelte Projekte im Bereich Augmented Reality umgesetzt, der große Durchbruch blieb jedoch aus. Mit Pokemon Go war AR im vergangenen Jahr plötzlich wieder Gesprächsthema. Augmented Reality wurde euphorisch von Marketing-Experten gefeiert. Das sei der Durchbruch gewesen. Mitnichten war dies der Fall. Pokemon Go war ein riesiger Hype, aber AR nur ein ad on. Vielmehr trat Virtual Reality auf den Plan, zog die Aufmerksamkeit mit Hardware von HTC, Oculus und Sony auf sich, verbunden mit vielen interessanten Anwendungsszenarien. VR blieb bislang jedoch eine tolle Option eher für lokale Inszenierungen oder technisch begeisterte Zielgruppen.

Was Apple jetzt mit der Veröffentlichung des ARKit auslöst, wird eine andere Dimension erreichen. Unter der Haube des Systems verbirgt sich u. a. die seit 2011 weiterentwickelte Software von Metaio aus München. Jetzt aber für alle Apple-Developer sehr einfach zugänglich gemacht und noch einfacher in iOS-Apps implementierbar.

Mit großer Freude und Spannung haben wir uns im jüngst gegründeten Plan.Net Innovation Studio auf die neuen Möglichkeiten gestürzt – und wurden auch von der aktuell noch verfügbaren Beta-Version des ARKits nicht enttäuscht. Gewohnt gute Software-Dokumentationen ermöglichen einen schnellen Einstieg in die verfügbaren Möglichkeiten, die Einstiegshürden in die AR-Welt werden damit maximal reduziert.

Auch wenn die im Juni von Apple veröffentlichte Beta-Version in ihrem Funktionsumfang technisch noch etwas begrenzt erscheint, haben wir bereits in kürzester Zeit viele spannende Einsatzmöglichkeiten prototypisch erforscht und erste Kundenprojekte damit angereichert. Die Einsatzbeispiele reichen von AR-gestützter Navigation über das Platzieren von virtuellen Möbelstücken bis hin zu ersten Mixed-Reality-Beispielen. In jedem Fall ist zu erwarten, dass bei Veröffentlichung von iOS 11 eine Flut von ARKit-unterstützten Apps in den App-Store publiziert wird.

Quelle: Apple

Es wird noch etwas dauern, bis die Möglichkeiten der Plattform voll ausgereizt werden können, insbesondere in Hinblick auf ortsbasierte Datenlayer (Location Based Services) gibt es noch eine Funktionslücke. Aber Apple wird aller Wahrscheinlichkeit nach bald Funktionen ergänzen und auch bei neuen iPhones seitens Hardware noch die ein oder andere Komponente nachrüsten.

Die Möglichkeiten bei den vorhandenen Geräten sind jedenfalls bereits sehr vielversprechend. Und bei ca. 380 Mio. unterstützen Geräten, die zur Zeit im Umlauf sind, ist die Zielgruppe nicht gerade klein.

Und auch der nächste zu erwartende Meilenstein wird uns in Atem halten: Wenn Augmented Reality Anwendungen den Smartphone-Rahmen immer weiter sprengen und in alltagstauglichen Brillen und Linsen Einzug halten. Dann wird die Lücke zwischen Hardware-Hürde und bereits verfügbaren Daten geschlossen und jeder kann an jedem Ort sofort Umfeldinformationen einblenden. Zu Gebäuden, Kunstwerken, Personen, Produkten.

Eine Welt der grenzenlosen Vernetzung, die wir auch immer wieder konstruktiv, wie auch kritisch mitgestalten wollen. Wir freuen uns darauf!

Wie heißt es doch so schön: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Vermutlich war dieses Sprichwort nie zutreffender als in der heutigen Zeit. Es ist nicht sonderlich überraschend, dass die Menschen heutzutage weniger über Textnachrichten miteinander kommunizieren, sondern vielmehr über Bilder in mobilen Nachrichten-Apps und insbesondere Social-Media-Plattformen.

Urheber dieses Trends in den sozialen Medien war vor einigen Jahren vielleicht Instagram, doch es war Snapchat, das als erstes Unternehmen in den Bereich der persönlichen Nachrichten vordrang und andere Plattformen folgten schließlich diesem Beispiel. Mittlerweile ist digitales Bildmaterial mehr als nur eine Form der Präsentation und Dokumentation unseres Lebens. Vielmehr nutzen wir anstelle von Text aktiv Bilder zur Kommunikation. Snapchat bestimmte diesen Trend in den letzten drei Jahren maßgeblich und konnte die Zahl seiner täglich aktiven Nutzer auf über 160 Millionen verdreifachen. Facebook wollte dabei natürlich nicht abseits stehen und übernahm nahezu alle Funktionen für Bildnachrichten, die sich durch Snapchat verbreitet hatten, auf all seinen vier Plattformen Instagram, WhatsApp, Messenger und Facebook.

Während verschiedenste Einstellungen für Portraitbilder und einfache Bildbearbeitung mittlerweile Standard in den Social-Messaging-Kanälen geworden sind, versuchen beide Plattformen, sich künftig verstärkt in Richtung „Augmented Reality“ zu bewegen. Nutzer sollen so die Möglichkeit haben, in ihrer realen Umgebung aktiv und in Echtzeit digitale Elemente zu platzieren. Man kann sich dies so ähnlich wie bei Pokemon Go vorstellen, allerdings mit weitaus mehr Möglichkeiten mit der Umwelt zu interagieren und auf sie zu reagieren. Snapchat beschreibt dies als „Malen der Welt durch 3D-Erlebnisse“.

Snapchat mag diesen Trend beschleunigt haben, doch Facebook scheint ein noch höheres Innovationstempo anzuschlagen. Kürzlich stellte Mark Zuckerberg im Rahmen der „F8“, der jährlichen Entwicklerkonferenz von Facebook, zahlreiche neue Effekte für 3D-Kameras vor. Er unterstrich, dass ein verstärktes Augenmerk auf der Schaffung einer „Kameraplattform“ liegen wird. Diese Plattform soll nicht nur zum Aufnehmen von Bildern, sondern auch als Kommunikationsmittel dienen. Er erklärte sogar, dass die Kamera künftig in allen Facebook-Apps eine zentralere Funktion als die Texteingabefelder bekommen soll.

Für Facebook erschließt sich dadurch eine Möglichkeit, vollständig in der „realen“ Welt anzukommen und zur Schnittstelle zwischen Smartphone und Umgebung des Nutzers zu werden. In einem Gespräch mit BuzzFeed News führte Zuckerberg diesen Ansatz weiter aus und stellte fest, dass sich bei Facebook sehr viel darum drehe, die reale Welt mit der Onlinewelt zu verknüpfen. Weiterhin erklärte der Facebook-Gründer, dass das Nutzererlebnis verbessert und unser Leben bereichert würde, wenn es gelingt, die digitalen und physischen Aspekte unserer Welt miteinander zu vereinen.

Bei einer Demonstration der neuen 3D-Kameraeffekte richtete ein Facebook-Entwickler sein Smartphone auf den Tisch und ein 3D-Propellerflugzeug erschien auf dem Bildschirm, das um eine Wasserflasche auf der Tischplatte flog. Ein anderer benutzte die Kamera seines Smartphones, um den Raum in ein Planetarium zu verwandeln, das Planeten und Sterne an die Decke projizierte. Bei einer weiteren Vorführung wurde ein gewöhnliches Portraitfoto aufgenommen und der Gesichtsausdruck nachträglich zunächst in ein Lächeln und anschließend in ein Stirnrunzeln verändert.
Facebook zeigte außerdem verschiedene 3D-Szenen, die vollständig aus einer Reihe von 2D-Fotos erstellt wurden. Die Bildtiefe der Szenen ermöglichte es den Zuschauern, durch Drehen des Kopfs hinter das Bett in einem Raum zu blicken oder um einen Baum in einem Wald herumzuschauen. Nutzer konnten das Licht im Foto eines Raums dimmen, diesen unter Wasser setzen oder sogar ein digitales Objekt im Raum platzieren, das für andere Betrachter auch später noch zu sehen war.

Letztendlich geht es um die Idee, die reale Welt in eine Erweiterung von Facebook zu verwandeln. Während Zuckerberg Beispiele anführte, die Kamera von Facebook zu nutzen, um zum Beispiel digitale Kunst an einer Wand anzusehen oder ein auf eine Tischplatte projiziertes digitales Spiel zu spielen, wird die eigentliche Absicht doch ersichtlich: Elemente, die normalerweise im eigenen Feed angezeigt werden, können in die reale Welt gezogen werden. Dies gilt ebenso für Inhalte von Freunden und Familie und letztlich sicher auch für Werbeanzeigen. Da dem traditionellen Newsfeed von Facebook im Gegensatz zu den Nachrichten-Apps weniger Beachtung geschenkt wird, könnte das eine Möglichkeit sein, die Relevanz dieser Art von Content auch künftig zu sichern und gleichzeitig das Geschäft mit Werbeanzeigen zu erweitern.

Was bedeutet dies jedoch für die Marken, wenn die Konsumenten in einer erweiterten Realität leben, ständig mit ihrer Umgebung interagieren und diese visuell manipulieren? Und was geschieht wenn wir alle 24 Stunden am Tag AR-Brillen oder -Kontaktlinsen tragen? Unweigerlich kommt dabei das Bild einer dem Film „Minority Report“ ähnlichen Welt auf, in der uns die Werbeanzeigen quasi auf Schritt und Tritt verfolgen. Sicherlich muss es aber auch einen anderen Weg geben. Wir werden wohl einfach abwarten müssen, was passiert.

Dieser Beitrag wurde auch bei HORIZONT Online veröffentlicht.

TECHUCATION DANK AR & VR

Technologie und Bildung sind auf dem Vormarsch. Unternehmen wie IBM und Apple arbeiten gemeinsam an Lösungen wie „Watson Element“, um Lehrkräften Einblicke in individuelles Lernverhalten zu ermöglichen.  Die Vision von Sheikh Mohammad Bin Rashid Al Maktoum aus Dubai „NEUE GENERATIONEN mit den für die Zukunft notwendigen Kompetenzen auszustatten“ bringt auch den VR-Giganten Samsung mit Serviceplan zusammen, um gemeinsam VR-Lösungen für Klassenzimmer und den Arbeitsplatz zu entwickeln. Marken können von AR und VR profitieren, indem sie Inhalte entwickeln, anstatt sich lediglich auf die Geräte zur Darstellung von Inhalten zu konzentrieren. Für Entwickler von VR- und AR-Inhalten bietet sich eine große Chance: Der International Data Corporation (IDC) zufolge wird der Markt für Augmented und Virtual Reality im Nahen Osten und Afrika in den kommenden fünf Jahren ein solides Wachstum erzielen. Bis 2020 werden jährliche Wachstumsraten von über 100 Prozent erwartet.

REALTIME INFLUENCER MARKETING

Mehr denn je drängt Realtime Influencer Markting Marken dazu, langsam aber sicher die kreative Kontrolle abzugeben. Mit neuen Tools wie Facebook Live und Instagram Stories als Ergänzung zu Snapchat wird die Transparenz zwischen Marken und Influencern sowie die Authentizität von Inhalten 2017 noch wichtiger werden.  Marken fordern Inhalte mit unmittelbarer Relevanz, ungeachtet ihrer Flüchtigkeit. Allerdings möchten sie Statistiken hinter diesen Inhalten sehen. Das bedeutet kürzere Vorlaufzeiten für die Konzeptionierung und Erstellung, was Influencern mehr Kontrolle über die veröffentlichten Inhalte gibt. Somit werden Influencer die Marken als Partner wählen, die ihnen Authentizität zugestehen und ihnen ermöglichen, den Kern ihrer Online-Gefolgschaft zu behalten. Echtzeit-Inhalte breiten sich in sozialen Netzwerken aus und ersetzen Influencer-Popularität durch Influencer-Authentizität. Ruhm ist nicht zwangsläufig mit Qualität gleichzusetzen. Qualität aber, wenn sie kleineren Zielgruppen geboten wird, wird wertvoller und einflussreicher. Etablierte Marken werden Prominente bloßen Influencern vorziehen, und sei es nur, um der bereits erstaunlichen Dominanz sogenannter „Social Voices“ entgegenzuwirken. Der clevere Einsatz von Sharuk Khan im aktuellen Werbefilm von Dubai ist ein Beispiel hierfür.

ÖKONOMIE DER AUFMERKSAMKEIT UND DIE 5-SEKUNDEN-CHANCE

Aufmerksamkeit selbst wird zu einem immer kostbareren Gut. Maximal 3–5 Sekunden stehen zur Verfügung, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu gewinnen. Durch diese Veränderung des Verbraucherverhaltens steigt der Wert von Content Marketing, in dessen Mittelpunkt kurze Videoinhalte stehen. In diesem neuen Umfeld nehmen soziale Plattformen die Rolle ein, die traditionell den Rundfunkmedien zukam. Marken und Marketingexperten müssen innovative Inhalte entwickeln, die ihre Plattformen noch relevanter für das bereits interessierte arabische Publikum machen. Marken experimentieren bereits mit Live-Video (hauptsächlich von eigenen Veranstaltungen zur Vergrößerung der Reichweite) und 2017 wird sich dieser Trend noch weiter verstärken.