Haben die sozialen Medien zu einer epidemischen Vermehrung von Käfern, Kakerlaken und anderen – zumindest im Essen ekeligen – Tieren geführt? Kenner der Systemgastronomie bejahen diese Frage. Denn seit Facebook, Youtube, Instagram & Co. Einzug auf die Mobiltelefone gehalten haben, ist die Zahl der Kundenbeschwerden über unerwünschte Zutaten in Schnellrestaurants geradezu explodiert.

Nun könnte man argumentieren, die Verbraucher hätten ja früher kaum Möglichkeiten gehabt, ihrem Unmut freien Lauf zu lassen und sich daher beim Auftreten von Ekelzutaten angewidert, aber stillschweigend abgewandt. Oder man unterstellt eben doch einem Teil der Kundschaft den Versuch, Schnellrestaurants gezielt mit angeblichen Ekelfunden im Essen unter Druck zu setzen, um eine Entschädigung abzustauben. Da solche Praktiken zumindest in Einzelfällen dokumentiert sind, sollte man mit der Kritik an vermeintlichen Verfehlungen der Systemgastronomie vorsichtig sein.

Die Vapiano-Erfolgsstory hat einige Kratzer bekommen

Was aber nun die „Welt am Sonntag“ der Pizza- und Pastakette Vapiano vorwirft, ist gut dokumentiert: Immerhin zehn aktuelle und ehemalige Mitarbeiter aus Berlin, München, Frankfurt, Köln und Hannover haben sogar eidesstattliche Erklärungen abgegeben, mit denen sie Vapiano schwer belasten. In den Schnellrestaurants – so lautet der Vorwurf – würden Nudeln, Gemüse und Fleisch mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum nicht entsorgt, sondern einfach mit neuen Aufklebern umetikettiert und weiter verarbeitet.

Die Vapiano-Mitarbeiter sprechen von eklig riechendem Hühnchen, schleimigen Zucchini, Nudeln mit grünem Schimmer und davon, dass dann eben die Soße oder ein besonders heißer Wok dafür sorgen würden, dass der Kunde nichts von der Gammelware bemerke. Nicht gerade appetitanregend.

Und wie reagiert die Pizza- und Pastakette? Positiv ist, dass sie überhaupt reagiert und dass die Reaktion zur Chefsache gemacht wurde. Im BILD-Interview spricht Vapiano-Chef Jochen Halfmann von „möglichem Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter“. Auf Facebook zeigt er sich „absolut überrascht und getroffen“. Und auf der Vapiano-Website sprechen jetzt Mitarbeiter und Kunden in Videos über „die Wirklichkeit der Vapiano Frische“. So weit, so gut. Das kann man alles schon machen. Wobei die Vorwürfe damit nicht wirklich entkräftet sind.

Die Vapiano-Erfolgsstory hat durch die Vorwürfe in Sachen Gammelware zumindest einen Kratzer bekommen. Einen weiteren Kratzer. Denn erst kürzlich hatte der WDR herausgefunden, dass bei Vapiano verkaufte Scampi gar keine Scampi waren, sondern wesentlich billigere Garnelen. Echte Scampi kosten im Einkauf 30 Euro pro Kilo, die bei Vapiano als Scampi servierten Garnelen gibt es schon unter zehn Euro. Die Restaurantkette gab dies übrigens zu.

Für Vapiano gibt es nur einen Weg aus der PR-Krise: eine Zero Tolerance Policy

Und im Juli dieses Jahres gab es bei Vapiano einen Skandal um Lohnbetrug. Die Stempelzeiten der Beschäftigten waren nachträglich ohne deren Wissen und Einverständnis zu deren Ungunsten geändert worden. Der Renditedruck bei der Pizza- und Pastakette scheint enorm zu sein. Einen weiteren Skandal sollte sich Vapiano so schnell nicht mehr leisten. Sonst bleibt deutlich mehr zurück, als nur ein übler Beigeschmack, sonst wird die Marke nachhaltig beschädigt.

Was jetzt gefragt ist, ist eine Null-Toleranz-Strategie in Sachen Schummeleien und Tricksereien. Eine ganz klare Ansage aus der Chefetage: Wer schummelt, der fliegt. Und das in allen Bereichen. Bei der Qualität, bei Frische, bei der Lohnabrechnung. Damit hätten alle Mitarbeiter – vom Mindestlohnhelfer bis zum Restaurantleiter – klare Leitplanken, an denen sie sich tagtäglich orientieren können.

Und die Zero Tolerance Policy sollte auch offensiv nach außen transportiert werden, damit auch die Kunden wieder Vertrauen fassen können. Die Vision von Vapiano lautet übrigens „Alles was wir tun, machen wir mit Liebe“. Dazu würde die klare Kante wunderbar passen.