Ich will nicht lange drum herum reden: Ich bin ein großer Fan der EU. Es ärgert mich, wenn sich Ökonomen über Bürokraten-Kleinklein und Behäbigkeit in Brüssel und Straßburg beschweren. Natürlich: Es gibt vieles zu verbessern und man kann sich durchaus über Verordnungen wundern wie 1677/88/EWG, die den Krümmungsgrad von Gurken vorschreibt.

Aber ehrlich: Stehen solche wundersamen Details in irgendeinem erwähnenswerten Verhältnis zu dem, was die EU bisher geleistet hat? Nie und nimmer. Deshalb sollten wir mehr loben statt lästern: Wir profitieren von einem Reiseverkehr ohne Beschränkungen, vereinfachten Warenflüssen, Verbesserungen für Transport & Logistik, Flexibilisierung für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt und dem Aufbau verbindlicher Standards, die gerade der Autoindustrie sehr genützt haben. Das sind wesentliche Leistungen der EU, auf die wir Europäer stolz sein dürfen.

Wir erschaffen einen Wirtschaftsraum, der viele Nationen verbindet, wir wachsen zusammen. Aus „Made in Germany“, „Produit en France“ oder „Made in Britain“ (um nur einige EU-Länder zu nennen), wird „Made in Europe“. Unternehmen müssen deshalb lernen, verstärkt europäisch zu denken und zu handeln.

BMW und Bosch auf dem Siegertreppchen

Das scheinen vor allem deutsche Markenunternehmen verstanden zu haben. In der repräsentative Studie „Best Brands 2016“, die Serviceplan mit Partnern und der GfK in fünf EU-Ländern durchführte, dominieren sechs deutsche Marken die Top Ten der europäischen Brands: Porsche (1. Platz), BMW (2.), Bosch (3.), Adidas (5.), Audi (6.) und Miele (7.). Auch zwei französische Marken gehören dazu (Michelin, 8. und L’Oreal, 10.Platz), eine schwedische (Ikea, 4.) sowie die Schweizer Marke Nestlé (9.).

Alle deutschen Konzerne haben beeindruckende Geschäftszahlen vorzuweisen. So freute sich BMW zum Beispiel 2015 über das erfolgreichste Jahr aller Zeiten und verkaufte allein in Europa fast eine Million Fahrzeuge. Bei Adidas erhöhte sich der Umsatz in Westeuropa um stattliche 14 Prozent. Die Bosch-Gruppe meldete ein deutlich stärkeres Umsatzwachstum in Europa als 2014 – um plus 4,2 Prozent auf 37,5 Mrd. Euro (Stand: 12/15). Und Miele verbuchte für 2014/15 den höchsten Zuwachs seit 2005: um 8,3 Prozent auf 3,49 Mrd. Euro.

Auffallend dabei: Auf dem Siegertreppchen landeten zwei Unternehmen, die Nachhaltigkeit und mutige Zukunftsorientierung kombinieren – BMW und Bosch. So bereiten die Autobauer mit aller Konsequenz die Transformation in ein Elektromobilitätsunternehmen vor und wurden als nachhaltigster Konzern 2016 weltweit ausgezeichnet (Marktforschung Corporate Knights).

„Made in Europe“ ist begehrt

Bosch fällt durch fortschrittliche Produkte für die vernetzte, mobile Welt auf – aber auch durch seine ethische Unternehmensphilosophie: „Eine anständige Art der Geschäftsführung ist auf die Dauer das Einträglichste, und die Geschäftswelt schätzt eine solche viel höher ein, als man glauben sollte“, schrieb Robert Bosch 1921. Der Gründer und Jean-Claude Juncker hätten sich womöglich gut verstanden, denn dessen Überzeugungen entsprechen genau dem, was der Präsident der Europäischen Kommission heute fordert. „Wir brauchen in Europa eine Renaissance der sozialen Marktwirtschaft“, betonte er 2014 auf der „Best Brands“-Gala, deren Eröffnungsrede er hielt.Um es deutlich zu sagen: Alle führenden Marken Europas haben ihren beachtlichen Erfolg den Weichenstellungen der EU zu verdanken. Ihre geglückte Positionierung als europäische Marken macht sie auch weltweit beliebt: In Ländern wie China und Russland sind Waren „Made in Europe“ sehr begehrt. Dieser einzigartige Erfolg ist nun durch die innereuropäischen Grenzschließungen in Gefahr. Nicht auszudenken, welche Folgen das auf Dauer haben kann: Wenn ein stockender Warenfluss Produktion und Logistik lähmten. Wenn Leistungskraft und Wettbewerbsfähigkeit sänken, die Kaufkraft nachließe. Das wäre eine Kettenreaktion, die unsere Wirtschaft und mit ihr die Marken Europas um Jahrzehnte zurückwerfen würde.

Ich hoffe, dass sich die Politiker aller EU-Nationen über die Tragweite ihres Handelns im Klaren sind. Und dass sie besonnen genug sind, das ursprüngliche Ziel nicht aus den Augen verlieren: der Aufbau eines starken Europa als gemeinsame Wirtschafts- und Wertegemeinschaft, die unser aller Wohlstand sichert. Allen aktuellen politischen Verwerfungen zum Trotz.

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