„Keranamu Ku Akan menari ikut rentak ini, Keranamu Ku Akan tidur tanpa makan.“ Wer westafrikanische Lieder live hören will, der beginnt seinen Arbeitstag am besten um halb fünf Uhr morgens im Haus der Kommunikation, wenn das Reinigungspersonal verständnisvoll die Spuren der vorabendlichen Brainstormings beseitigt. Um Kazuko müssen sie allerdings herum putzen. „Kazuko, was machst du denn noch hier? Hast du wieder die Nacht durchgearbeitet?“ – „Der Prinz will jetzt doch wieder alles blau.“ – „Herr Prinz? Welcher Herr Prinz?“ – „Nicht Herr Prinz, der Prinz! Abd al-Qādir Ibn Bechir oder-wie-er-heißt will jetzt doch wieder alles blau!“ Verstehe, wenn unsere arabischen Kunden wissen, was sie wollen, dann wollen sie es sofort. Ich will mir das gleich mal angucken, finde aber die Datei nicht gleich. Kein Wunder, hätte mir ja denken können, dass Kazuko Yoshida „Stoyboad“ ohne r schreibt, wie man’s spricht eben… 🙂

In meinem Postfach fällt mir sofort die Mail einer „Oxana“ auf, der Rest steht da in kryptischem Kyrillisch. Ich will mich schon über den allzu durchlässigen Spamfilter ärgern, als ich gerade noch rechtzeitig merke, das Oxana eine leibhaftige Kollegin aus Moskau ist! Ich glaube, sie betreut auch einen internationalen Kunden von uns, für den wir ein Motiv retuschieren mussten: Drei junge Leute stehen an einem Brunnen, eine junge Frau ist darunter mit einem ärmel- und trägerlosen Kleid. Das geht nicht! Jedenfalls nicht in Indien – und so bekommt die Schöne mit Photoshop noch ein Paar züchtige Träger zu ihrem Kleid  dazu gemalt. Man sieht dann weniger vom Busen, was okay ist und auch ganz schön aussieht in einem Banner mit meinem Text in Hindi-Schrift.

Steve fragt mich per Mail nach dem Stand der Dinge. Ich gehe lieber die paar Meter zu ihm rüber – ich find’s gut, ab und zu miteinander zu reden, statt immer nur zu mailen. Aber das klappt hier nicht: „Wo ist Steve?“ – „Der kommt erst nächsten Dienstag wieder.“ – „Aber er hat mir doch vor einer Minute noch ’ne Mail geschrieben!“ – „Aus Hong Kong. Steve ist in Hong Kong.“ Klar, man sieht einer Mail nicht an, ob sie 20 Meter oder fünfeinhalbtausend Meilen zurückgelegt hat. Okay, das mit Steve kläre ich später, jetzt ist eine Telefonkonferenz angesetzt: sieben Kollegen und ein Kunde. Ich finde es schwierig, jemandem etwas mühsam zu erklären, was er mit einem Blick aufs Scribble sofort verstehen würde, worüber wir umständlich reden. Also kurzum: „Ich besuche Sie einfach morgen und zeig‘ es Ihnen.“ – „Sind Sie denn auch in Las Vegas?“ – „Las Vegas?“ – „Ja, ich bin gerade in Las Vegas.“ Ach so.

Es sind noch Regieanweisungen für den Filmdreh zu schreiben: Produktmanager aus der ganzen Welt werden immer wieder mit ihren Präsentationen in englischer Sprache für einen Handelskonzern aufgenommen. Was die Italiener mit ihren Händen machen und die Briten mit ihren Augenbrauen, das alles lässt sich ganz gut bestimmen. Was ich dagegen sehr schnell aufgegeben habe, war der Versuch, von Leuten zu erwarten, die englische Aussprache jeweils nicht ganz so griechisch, polnisch, schwedisch oder spanisch klingen zu lassen. In diesem Konzern, anscheinend in der ganzen Branche, spricht und schreibt nämlich jeder ganz einfach „sein“ Englisch – und die verstehen sich alle prima!
Was ich nicht verstand, war das Deutsch eines amerikanischen Modeltrainers, der einen deutschsprachigen Werbetext zu sprechen hatte, in dem das Wort „Erreichbarkeit“ vorkam. Nach zehn Takes schrieben wir den Text um. „Tommy, bist du glucklich?“ fragte er mich, als wir alles im Kasten hatten. „Ja, Dave, ich bin glücklich“, lautete meine wahrheitsgemäße Antwort am Ende eines langen Drehtages, der mit Drinks beim Mexikaner um die Ecke beschlossen wurde.
„Lian, was trinkst du denn da?“ – „Apricot Fizz. Mir als Chinesin fehlt ein Enzym zum Alkoholabbau. Ich werde dann rot und falle um.“ – „Oh, okay, also cheers.“ – „Skål!“ prostet uns Börje, unser Schwede, zu.