Effective Perspective Spotlight

In einem Interview im Blog der AME Awards sprechen Alexander Schill und Alessandro Panella über kreative und effektive Arbeiten bei Serviceplan, das Finden innovativer Lösungen, die Wichtigkeit von Kreativwettbewerben sowie über Crazytivity.

  • AME Awards: In einem kürzlich erschienenen LBB Influencer Artikel (http://sp-url.com/panella-creativity) erklärt Alessandro, dass Kreativität mit der „Umformulierung des Problems“ beginnt. Er beschreibt, wie die Umformulierung eines Problems zu innovativeren Lösungen führt, weil man nicht mehr um eine Lösung für das jeweilige „offensichtliche Problem“ ringen muss. Wie gewährleistet dieser Umformulierungsprozess, dass das Markenziel erreicht wird, dass eine Kampagne alle Kriterien für die Marke erfüllt und dass sie letztendlich effektiv ist? Geht Serviceplan beim Briefing nach dieser Methode vor?

    Alessandro Panella: Das richtige Problem zu identifizieren ist eine effektivere Art, das Markenziel zu erreichen. Hierfür ist der Fall Sainsbury, den ich in diesem Artikel erwähnte, ein großartiges Beispiel. Die „offensichtliche“ Lösung zum Erreichen der Vertriebsziele hätte darin bestanden, sich auf die Gewinnung neuer Kunden für den Supermarkt zu konzentrieren. Die Umformulierung des Problems in die Fragestellung „Wie viel mehr soll jeder vorhandene Kunde bei einem Besuch von Sainsbury ausgeben?“ führte zu einer vollkommen anderen kreativen und weitaus effektiveren Lösung. Beim Projekt-Briefing gehen wir bei Serviceplan gern stärker in die Tiefe und fragen uns, worin das aktuelle Problem wirklich besteht. Normalerweise besprechen wir das gern mit dem Kunden, um ein besseres Verständnis für das geschäftliche Problem zu entwickeln. Anschließend diskutieren wir darüber, was die optimale kreative Lösung dafür sein kann. Diese kreative Lösung kann viele unterschiedliche Formen und Gestalten annehmen: von der gemeinsamen Entwicklung einer Braille-Armbanduhr für sehbehinderte Menschen mit dem Start-up-Unternehmen Dot bis hin zur Schaffung eines interaktiven Erlebnisses für die Markteinführung des neuen BMW M2 Coupés.

  • Welche Merkmale von preisgekrönter kreativer und effektiver Werbung sind für Sie ausschlaggebend? Was haben Werbungen gemeinsam, die Kundenanforderungen in Werbekampagnen umsetzen, die Meinungen ändern, Handlungen auslösen und für die Marke neue Maßstäbe setzen?

    Alessandro Panella: Preisgekrönte kreative und effektive Kampagnen haben mindestens drei Gemeinsamkeiten:

    • Erstens beruhen sie auf einer universellen menschlichen Wahrheit, die bei den Kunden gut ankommt. Marken müssen heute stärker als je zuvor Mitgefühl zeigen und den Kunden signalisieren, dass sie die Welt verstehen, in der diese leben. Dabei spielt die menschliche Wahrheit eine wesentliche Rolle, und wir müssen sicherstellen, dass die von uns entwickelte Idee für die Menschen relevant ist und ihre Gefühle anspricht.
    • Zweitens: Den Kern einer preisgekrönten UND effektiven Kampagne bildet die Kreativität. Die auf Angaben aus der IPA-Datenbank basierende Arbeit von Les Binnet weist nach, dass Kampagnen, die speziell zur Schaffung eines hohen Bekanntheitsgrades für eine Marke entwickelt wurden, andere Kampagnen bei allen Geschäftskennzahlen in den Schatten stellen. Außerdem sind für hohe Kreativität preisgekrönte Kampagnen erfolgreicher als Kampagnen, die nicht für ihre Kreativität preisgekrönt wurden.
    • Drittens müssen kreative wie auch effektive Kampagnen eine Veränderung im Verhalten und in der Wahrnehmung herbeiführen können. Eine Arbeit, die nur die Menschen mitreißt, aber nicht die Art und Weise ändert, wie sich die Menschen zu einer Marke verhalten oder diese wahrnehmen und dementsprechend ihr Verhalten ändern, wird sich auf lange Sicht nicht zur Ausprägung der Marke eignen.
  • Was sind die Erkennungsmerkmale für kreativen, strategischen und messbaren Erfolg in Ihrer persönlichen Arbeit?

    Alessandro Panella: Die Arbeit muss nachweisen, dass sie dazu beigetragen hat, ein Problem zu lösen. Hierbei kann es sich um ein gesellschaftliches oder unternehmerisches Problem handeln. Großartige kreative und strategische Kampagnen sollten außerdem den Anspruch haben, eine kulturelle Relevanz für Marken zu schaffen. Kulturelle Relevanz differenziert Marken, die den Menschen wichtig sind, von Marken, die den Menschen nur etwas mitteilen. In diesem Zusammenhang sind wir sehr stolz auf verschiedene Arbeiten, die wir in der Vergangenheit durchgeführt haben: unsere Arbeit für Dot, ein Unternehmen, das sehbehinderte Menschen unterstützt, die App „What’s German“ (eine App, die Flüchtlingen dabei hilft, kostenlos Deutsch zu lernen) und unsere Kampagne für den deutschen Discounter Penny, in der wir das „Miteinander“ feiern.

  • Wie tragen Auszeichnungen für Werbe-/Marketingkampagnen wie AME, die sich ausschließlich auf Effektivität konzentrieren, zur Festlegung des Standards für Spitzenleistungen in der Branche bei?

    Alessandro Panella: Preise wie der AME oder Effie Award sind für unsere Branche entscheidend, weil sie den hohen Wert der Kommunikation für Marken demonstrieren. Diese Preise sind nicht nur für uns als Agenturen, sondern auch für unsere Kunden wichtig. In Zeiten, in denen immer mehr CMOs eine positive ROMI (Marketingrendite) belegen müssen, ist es unerlässlich, den Einfluss der Kommunikation auf die Marke und ihre Beiträge zu Wachstum und „Gesundheit“ der Marke nachzuweisen.

  • Sind Branchenpreise wichtig und falls das so ist, worin besteht die Investitionsrendite (der Wert außer der eigentlichen Trophäe) für eine entsprechende Anmeldung?

    Alessandro Panella: Dieses Thema und auch die notwendigen Investitionen für eine Teilnahme an solchen Wettbewerben werden in unserer Branche heiß diskutiert. Einige kritische Stimmen äußern Bedenken hinsichtlich der Inflation der Kategorien, die vor allem zusätzliche Mittel generieren sollen. Andererseits sind wir davon überzeugt, dass Preisverleihungen für Effektivität wichtig sind, um den hohen Wert der Arbeit zu demonstrieren, den wir für unsere Kunden erschaffen. Aus unserer Sicht geht die Tatsache, dass wir zu den regelmäßig mit Preisen ausgezeichneten Agenturen gehören, auch mit dem zunehmenden Interesse seitens neuer Kunden einher, die mit uns arbeiten wollen. Schließlich stärken preisgekrönte kreative und effektive Kampagnen auch die Anziehungskraft unserer Agentur für neue Talente.

  • Alex erklärt, dass er sich in der Kreativarbeit mehr „Crazytivity“ wünscht und dass weniger Regeln befolgt werden sollten. Die Arbeit von Serviceplan scheint diese Philosophie zu versinnbildlichen. Welche Projekte hat die Agentur unter Einhaltung dieser Philosophie vor Kurzem abgeschlossen?

    Alexander Schill: „Crazytivity“ folgt der Idee, dass heutzutage jeder und alles für sich beansprucht, kreativ zu sein. Deshalb scheint Kreativität heute etwas ziemlich Normales zu sein. Als Agentur müssen wir aber hervorstechen. Kreativität gemäß ihres Kerngedankens ist unser Hauptgeschäft. Trotz aller Diskussionen über Kanäle, Formate, künstliche Intelligenz usw. ist es an der Zeit, die Kreativität mit Innovationen zu beleben.

    „Crazytivity“ heißt, an jene Dinge zu glauben, die keinen Regeln folgen. Das scheint überwiegend keinen Sinn zu ergeben. Das Risiko, mit solchen Ideen zu scheitern, ist nämlich viel höher als bei der Auswahl einer sicheren Idee. Aber wenn solche Ideen erfolgreich sind, werden sie sich über einen längeren Zeitraum vom Durchschnitt abheben als alle anderen. Unter unseren jüngsten Arbeiten haben wir mit Le Becks, der legendären Bierdose für die Biermarke Becks, hoffentlich „Crazitivity“ demonstriert; wie auch mit unserem letzten Auftrag unter der Bezeichnung SoundPils für denselben Kunden, in dem wir 8 Millionen Flaschen Bier mit einer besonderen Zutat kreiert haben – die Kundinnen und Kunden selbst. Und natürlich gefällt mir unsere neueste Werbung für den 8er BMW, in der wir auf den Kanälen von Venedig eine Straße für die allerersten Aufnahmen eines Autos in dieser wunderschönen Stadt gebaut haben, die eigentlich keine Straßen hat.

  • Serviceplan erringt in globalen Wettbewerben kontinuierlich Preise für Markenkampagnen, die sowohl kreativ als auch effektiv sind. Verraten Sie uns bitte etwas über Ihren kreativen Prozess und Ihre kreativen und effektiven Ergebnisse. Stammen Ihre Ideen aus der Inspiration oder kommen sie durch kollektive Brainstorming-Sessions mit Ihrem Team zustande?

    Alexander Schill: Die Zeiten der traditionellen Ideenfindung, in denen eine einzelne schräge Kreativperson oder ein ausgezeichnetes Team Ideen hervorbringt, die zu weltweiten Erfolgen werden, sind vorüber. Heute bringen wir gleich von Beginn an unterschiedliche Talente zusammen. In unserer Agentur bilden wir für jede Aufgabe gleich vom ersten Tage an interdisziplinäre Teams und halten diese Teams während des gesamten Prozesses bis hin zur Präsentation zusammen. Dazu gehören natürlich auch und insbesondere die Kollegen von Mediaplus, unserer Medienagentur – auch wenn die Medien kein Bestandteil des Briefings sind. Das zwingt uns bei jedem Schritt der Entwicklung dazu, nicht nur die besten kreativen Ideen zu suchen, sondern auch stets die KPIs im Blick zu behalten.

  • Auf welche messbar effektive Kampagne sind Sie am meisten stolz?

    Alexander Schill und Alessandro Panella: Das sind die Arbeiten, die wirklich dazu beigetragen haben, für unseren Kunden ein dringendes Problem zu lösen. Hierbei kann es sich um ein gesellschaftliches oder unternehmerisches Problem handeln. Großartige kreative und strategische Kampagnen sollten außerdem den Anspruch haben, eine kulturelle Relevanz für Marken zu schaffen. Kulturelle Relevanz differenziert Marken, die den Menschen wichtig sind, von Marken, die den Menschen nur etwas mitteilen. In diesem Zusammenhang sind wir sehr stolz auf verschiedene Arbeiten, die wir in der Vergangenheit durchgeführt haben: unsere Arbeit für Dot, ein Unternehmen, das sehbehinderte Menschen unterstützt, oder unsere Weihnachtskampagne für den deutschen Discounter Penny, in der wir das „Miteinander“ feierten. Die Kampagne, die wir für den Elektronikhändler Saturn schufen, ist ein weiteres gutes Beispiel hierfür. Für Saturn kreierten wir eine freundliche Person mit dem Namen Tech Nick und die Tagline „Bei Technik-Fragen Tech Nick fragen“, die zu einem Bestandteil des deutschen Sprachgebrauchs wurde. Diese Kampagne schaffte es nicht nur, Sympathie für die Marke zu erzeugen, sondern trug auch dazu bei, das Markenversprechen auf sehr relevante und engagierte Weise mit Leben zu erfüllen. Im Jahr 2017 gewann sie einen silbernen Effie.

Dieser Artikel erschien zuerst bei ameawards.com.

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