Digitale „Shitstorms“ drohen Marken überall auf der Welt, wenn sie durch Nachlässigkeit religiöse Gefühle verletzen, Minderheiten kränken, oder politische Tabus brechen. In einigen Wachstumsmärkten auf der Welt ist dieses Risiko deutlich höher als in Europa oder in den USA, weil es dort eine größere kulturelle und religiöse Vielfalt und zahllose lokale Befindlichkeiten gibt, sodass die Zahl der Stolpersteine von vornherein größer ist. Unter einem „Shitstorm“ versteht man laut Duden einen „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht.“ Niklas Schaffmeister (Managing Partner Globeone) und Florian Haller (CEO Serviceplan Gruppe) erläutern, warum Krisenvorbereitung Teil der Markenstrategie beim Markenaufbau sein sollte – alle Details dazu in unserer Springer-Neuerscheinung „Erfolgreicher Markenaufbau in den großen Emerging Markets“.

Einer der aufsehenerregendsten Entrüstungs-Stürme dieser Art war die öffentliche Zerstörung eines Maserati Quattroporte in der ostchinesischen Küstenstadt Qingdao. Der Besitzer zerstörte sein Luxusfahrzeug während einer Automesse direkt vor den Ausstellungshallen. Grund war die seiner Ansicht nach schlechte Kundenbetreuung durch den lokalen Händler. Die Qingdao Morning Post berichtete, der Eigentümer des Sportwagens sei so verärgert, weil ein Schaden an einer der Türen nicht vernünftig repariert worden sei und Angestellte des Autohändlers an der Nobelkarosse auch noch Kratzer hinterlassen hätten. Maserati veröffentlichte über Sina Weibo eine Erklärung, in der die Entscheidung des Kunden, ein Exemplar dieser weltberühmten Automarke „aus Sensationsgier“ zu zerstören, als „bedauerlich“ bezeichnet wurde.

Eine schnelle Reaktion ist oberstes Gebot – zur Not muss der CEO ran

Anfang Mai 2013 musste General Motors eine weltweit eingesetzte TV-Werbung zurückziehen, weil sie respektlos auf China Bezug genommen hatte. Der Werbespot war für den Chevrolet Trax SUV, eines der damals neuesten Modelle des US-Autobauers, produziert worden. In dem Spot erklang ein Lied mit Versen wie diesen: „In the land of Fu Manchu, the girls all now do the Suzie-Q, clap their hands in the center of the floor, saying ching-ching, chop suey, swing some more.“ Als General Motors davon erfuhr, reagierte das Unternehmen sofort und ersetzte den Spot durch eine neue Version ohne die als beleidigend empfundenen Verse.

Im März 2013 pickte sich das staatliche chinesische Fernsehen CCTV in seiner alljährlichen Sendung zum Thema Fehlverhalten von Unternehmen den IT-Giganten Apple und den deutschen Autobauer Volkswagen heraus. CCTV behauptete, Apple habe chinesischen Kunden nicht die gleichen Serviceleistungen angeboten, wie in anderen Märkten. VW wurde vorgeworfen, das Doppelkupplungsgetriebe in einigen Fahrzeugtypen führe gelegentlich zu einer unkontrollierten Beschleunigung oder Abbremsung. VW musste 384.000 Fahrzeuge zurückrufen. Es kam zu einem Ansehensverlust des Unternehmens in seinem größten nationalen Markt. Auch bei Apple führte der Fernsehbericht zu einem vergleichbaren Rückschlag. Apple-Vorstandschef Tim Cook entschuldigte sich persönlich gegenüber den chinesischen Konsumenten für die schlechte Kommunikation im Zusammenhang mit der Garantiepolitik des Unternehmens. Zwischenfälle dieser Art zeigen, wie wichtig es für ausländische Marken ist, den sozialen Raum genau zu beobachten und schnell reagieren zu können. Kampagnen gegen ausländische Marken können zumindest kurzfristig durchaus schwere Schäden hervorrufen.

Gute Beziehungen und interne Vorbereitungen schützen

Da die Wachstumsmärkte sich schnell entwickeln und immer weniger abhängig von ausländischen Investitionen und Technologie sind, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass größere ausländische Unternehmen ins Visier geraten, teilweise unter Einsatz sozialer Netzwerke und von Mikroblogger-Plattformen. Die beste Möglichkeit, sich gegen derartige Kampagnen zu wappnen, besteht darin, gute Beziehungen zu wichtigen Behörden und Vereinigungen aufzubauen, aber auch Glaubwürdigkeit als ein Freund des Ziellandes aufzubauen, indem man soziale Verantwortung als Unternehmen übernimmt. Es gilt auch, Schwachpunkte im Auge zu behalten und sich auf PR-Krisen durch interne Weiterbildung und Aktionspläne vorzubereiten. In deren Mittelpunkt müssen aus den genannten Gründen als Erstes soziale Medien stehen.

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