Das mobile Internet in Deutschland boomt: Sowohl was die Nutzer betrifft, als auch den Traffic. Selbst Shoppen über Smartphone setzt sich immer mehr durch. Parallel hat sich Programmatic Advertising als feste Größe zumindest im Online-Mediabusiness etabliert. Als Konsequenz aus beiden Entwicklungen müsste Programmatic für Mobile demzufolge eigentlich ein Renner sein. Doch die Werbevolumina in diesem Segment wachsen – außerhalb der Silos von Facebook und Google – nicht in dem Maße, in dem man es eigentlich erwarten würde. Woran liegt es, dass Programmatic Advertising für Mobile Werbung in Deutschland das Potential bisher nicht ausschöpft?

Wenn wir heute von mobiler Werbung sprechen, meinen wir damit vor allem InApp-Werbung mit Formaten wie Bannern und Video Ads bis hin zu vollflächigen Interstitials. Drei von vier Werbe-Dollars werden aktuell innerhalb von Apps ausgegeben. Sieht man davon ab, dass es in Apps deutlich andere und weniger Webformate als auf dem Desktop gibt und der Dateneinsatz auf Apple-Devices wegen der mangelnden Cookie-Akzeptanz erschwert ist, funktioniert das mobile Web bezüglich der programmatischen Möglichkeiten sehr ähnlich wie das Web, auf das wir am Desktop-Computer zugreifen.

Die deutschen Vermarkter haben das Thema verschlafen

Und tatsächlich haben Mobile Apps durch Programmatic Advertising bereits einen Schub erlebt: Vor den Zeiten von DSP und SSP konnten Reichweiten nur über Aggregatoren gebucht werden. Eine Third-Party-Austeuerung über den Agentur- oder Kunden-Adserver war dabei nicht möglich. Außerdem steht heute mit der Advertising-ID aus den Apps ein sehr stabiler Identifier zur Verfügung, der eine langlebigere Profilierung erlaubt als ein Browsercookie. Über Programmatic Advertising kann ein Werbekunde auf diese Profile erstmals app-übergreifend seine Kampagne aussteuern.

Und es gibt noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Datenprovider stellen dem Markt Daten zur Verfügung, die neuartige und wirksame Kampagnenansätze vor allem im Bereich Hyper Local Targeting erlauben – also potentielle Kunden, die sich in unmittelbarer Nähe befinden, direkt und zielgenau anzusprechen.

Warum also die Zurückhaltung? Die deutschen Vermarkter von Qualitäts-Apps haben das Thema Programmatic Advertising verschlafen. Erst langsam machen sie ihre Reichweiten für InApp-Werbung vernünftig programmatisch nutzbar – denn dazu gehört mehr, als einfach nur die App in der Supply-Side Platform einzustellen. Diese Nachlässigkeit führt dazu, dass große Teile des programmatisch verfügbaren Angebots an mobiler Werbung in Deutschland noch immer aus intransparenten Reichweiten internationaler Marktplätze bestehen.

Nicht die Technik, die Werbeformate sind das Hindernis

Und in den Global Exchanges lauern erhebliche Defizite, was die Transparenz und die technische Kontrolle betrifft. Die Folge: AdFraud – also Traffic, der nicht durch menschliche User, sondern sogenannte Bots generiert wird – stellt bei mobiler InApp-Werbung sowohl bei den Reichweiten als auch bei Daten ein erhebliches Problem und somit ein Wachstumshindernis für die Branche insgesamt dar.

Mit den umfassenden Möglichkeiten des Programmatic Advertising wird auch mobile Werbung einfacher buchbar und gezielt steuerbar. Aber auch Programmatic kann ein zentrales Probleme nicht lösen, das Werbung auf den Smartphones generell noch hat: Es fehlt noch an reichweitenstarken attraktiven Werbeformaten, die zwar aufmerksamkeitsstark sind, aber die Nutzer dennoch nicht belästigen. Wenn wir diese Herausforderung besser bewältigen, wird für die mobile Werbung der Boom erst noch kommen.

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Seit sechs Monaten gibt es Chatbots im Facebook Messenger, mehr als 30.000 stehen den Nutzern inzwischen zur Verfügung. Der erste Hype hat sich gelegt und Unternehmen fragen sich nun, ob Bots tatsächlich das Potenzial haben, relevante Kommunikations- und Distributionskanäle für ihre Inhalte zu werden.

Die grundlegende Funktionsweise ist bei allen Chatbots identisch. Nutzer stellen dem Bot eine Frage, woraufhin dieser die hinterlegte Datenbank nach bestimmten Regeln durchsucht, um eine passende Antwort zurückzusenden. Je größer die Datenbank ist, desto größer ist das Wissen, auf das der Chatbot zugreifen kann.

Mobile-getriebenes Nutzungsverhalten und technologischer Fortschritt ebnen den Weg

Die Voraussetzungen für den Erfolg der Chatbots sind durchaus gegeben: Zum einen verlagert sich die Internetnutzung zunehmend auf mobile Geräte – und dort findet Kommunikation primär in Instant-Messengern statt. Der Umgang mit Textnachrichten ist also längst alltäglich geworden und die Anwender haben sich an die reduzierte Kommunikationsform gewöhnt.

Zum anderen investieren alle wichtigen Tech-Unternehmen massiv in die Entwicklung künstlicher Intelligenz, Machine Learning sowie in das Verstehen und Verarbeiten natürlicher Sprache durch Algorithmen. Über standardisierte Schnittstellen der Bot-Anbieter können Angebote und Services interessierte Unternehmen zudem relativ einfach in Chatbots eingebunden werden.

Unabwägbarkeiten menschlicher Kommunikation

Bis eine Unterhaltung mit einem Chatbot allerdings nicht mehr von einem Gespräch mit einer echten Person zu unterscheiden ist, wird noch einige Zeit vergehen, da viele Chatsbots aktuell noch schnell an ihre kommunikativen Grenzen stoßen. Entweder scheitern sie bereits am korrekten Verarbeiten menschlicher Kommunikation inklusive aller Unwägbarkeiten wie Umgangssprache, Dialekt oder Tippfehlern oder ihr Antwortrepertoire ist rasch ausgeschöpft. Erste Reaktionen der Early Adopter waren eher ernüchternd. Das lag mitunter aber auch daran, dass Facebook die Chatbot-Plattform erst wenige Wochen vor dem offiziellen Launch für Entwickler geöffnet hat.

Dass diese Zeitspanne möglicherweise zu kurz war, um einen guten Chatbot zu entwickeln, räumte auch Facebooks Vice President für Messaging Produkte Davis Marcus ein. Seit dem Launch habe Facebook den Entwicklern aber viele APIs und Anleitungen zur Verfügung gestellt. Man darf also gespannt sein, wie gut die zweite Generation an Bots wird.

Für langfristigen Erfolg müssen vor allem zwei zentrale Voraussetzungen erfüllt werden:

Auffindbarkeit: Es gibt aktuell keinen einfachen Weg, Chatbots für den Facebook Messenger zu finden, denn der beim Launch angekündigte Bot-Store lässt weiter auf sich warten. Man muss also den Namen des Bots kennen und ihn über die Suchfunktion des Messengers einbinden. Andere Messenger wie Kik, Telegram oder Skype bieten hier bereits Übersichtskataloge an.

Mehrwert: Damit Nutzer einen Chatbot nicht nach einmaligem Ausprobieren wieder löschen, muss der Bot dem Usern schon beim ersten Testen an echten Mehrwert bieten. Dieser kann dabei verschiedene Bereiche abdecken:

  • Komplexitäts- und Informationsreduktion: Shopping Bots, wie der Chatbot von Tommy Hilfiger, helfen User beispielsweise bei der Suche nach passenden Produkten, indem sie durch gezielte Fragen eine Vorauswahl der Produkte treffen. Der Mehrwert von News-Bots wie dem von CNN liegt ebenfalls in der Reduktion von Informationen. Nutzer geben an, welche Inhalte sie interessieren und bekommen dann über Push-Nachrichten passende Beiträge geschickt.
  • Zeiteffizienz & Problemlösung: Die Fluggesellschaft KLM setzt auf besonderen Service für ihre Kunden: Will man beispielsweise seinen Sitzplatz ändern, so muss man nicht länger die App öffnen, sondern kann einfach eine kurze Nachricht an den KLM-Bot schreiben.
  • Zusatzangebote: Mit dem Absolut Vodka Chatbot können User in mehreren amerikanischen Städten Bars finden, in denen das Produkt verfügbar ist. Der Mehrwert dabei: Der Nutzer bekommt gleich noch einen Gutschein für ein Freigetränk dazu.

Werden diese Punkte in der nächsten Generation von Chatbots weiter optimiert und das Problem der Auffindbarkeit gelöst, spricht vieles dafür, dass sich die Dienste als Kommunikationskanal für Marken auf Facebook etablieren. Mit ausreichend vielen Angeboten könnte der Facebook Messenger in Europa und Nordamerika zur mobilen Servicezentrale für die User werden – ähnlich wie es das WeChat, LINE und Kik bereits in zahlreichen asiatischen Märkten sind.

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Seamless Commerce, Connected Retail, Customer Centricity: Dies sind nur einige der vielen Schlagworte, die dieser Tage auf Konferenzen, Messen und in Workshops ungebremst auf die Teilnehmer einprasseln. Sie alle sollen erklären, wie für den Kunden tatsächlich ein relevanter Mehrwert geschaffen werden kann. Dabei stellt sich mir aber bisweilen die Frage, ob das Konzept „Connected Commerce“ nicht manchmal auch falsch verstanden wird.

Das Ziel von Connected Commerce ist es nämlich nicht, Lösungen für erfundene Probleme zu finden, um so einen Anwendungsfall für den neuesten „heißen Scheiß“ kreieren zu können. Vielmehr sollen Technologien, Dienste und Applikationen so verknüpft werden, dass smarte Ansätze entstehen, die aktuelle und echte (!) Kundenprobleme lösen. Bei allem, was man tut, muss also immer die Frage im Zentrum stehen: Was brauchen meine Kunden in ihrer ganz spezifischen Situation wirklich, um glücklich zu sein? Können die neusten Trends dabei behilflich sein, umso besser. Wenn nicht, müssen wir eben andere Ideen entwickeln.

Kenne deine Kunden wie dich selbst

Die Herausforderung besteht deshalb darin, ein umfassendes Wissen über die eigene Zielgruppe zu sammeln, das über bloße soziodemografische Merkmale hinausgeht. Tracking und ausgefeilte Datenanalyse-Tools sind hier ein guter Anfang. Oft erfährt man aber Einstellungen und Bedürfnisse der Kunden am besten in der direkten Auseinandersetzung mit ihnen – beispielsweise durch Interviews, Beobachtungen oder eigene Nutzertests.

Die sich daraus ergebenden Resultate sind dann möglicherweise auch überraschend und stellen einen vor neue, noch gar nicht angedachte Herausforderungen. Aber genau darum geht es bei Transformationen und disruptiven Prozessen. Sie rütteln uns wach und eröffnen den Blick auf die Bedürfnisse und Anforderungen, die die Kunden heute tatsächlich stellen.

MACHEN, MACHEN, MACHEN

Denn erst wenn die Wünsche, Erwartungen und konkreten Probleme der Kunden bekannt sind, kann man damit beginnen, konkrete Lösungen zu erarbeiten. Am besten klappt das, indem man in wenigen Stores erste Prototypen testet.

Der Vorteil von Prototypen ist offensichtlich: kurze Erarbeitungs- und Rollout-Zeiten. Darüber hinaus sind sie günstiger als umfängliche Lösungen und reichen trotzdem aus, um Ansätze zu testen. Sie können aus grafischen Klick-Dummies oder ersten Applikations-Versionen bestehen, in denen die Idee mit grundsätzlichen Funktionen umgesetzt ist. Die Form ist dabei erst einmal vollkommen egal. Hauptsache der Kontakt zum Kunden kommt zustande und es werden erste Erfahrungen im Umgang mit der Lösung gesammelt. Wichtig ist dabei natürlich, Prozesse für eine kontinuierliche Verbesserung der Lösung zu etablieren, in denen Nutzerfeedbackschleifen und Korrekturrunden am Prototypen eingeplant sind.

Rückschläge und ein gefühltes Scheitern sind übrigens beim Arbeiten mit Prototypen fest vorgesehen. Auch wenn es abgedroschen klingt: Aus Fehlern lernt man nun mal mehr als aus Erfolgen. Und mit jeder Kritik wird die Lösung besser! Ob der Prototyp am Ende erweitert, als richtiges Projekt ausgerollt oder eingestampft und durch einen neuen Lösungsansatz ersetzt wird – und ob der neuste heiße Scheiß dann tatsächlich zum Einsatz kommt, muss zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar sein. Wichtig ist nur: Man nähert sich Schritt für Schritt den Bedürfnissen der eigenen Kunden.

Mit den Technologien, die uns heute schon zur Verfügung stehen, sind viele, echte Kundenprobleme lösbar. Dafür ist nur die Konzentration auf die Brüche innerhalb der Customer Journey notwendig sowie das konsequente Einbinden des Kunden.

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Technologiefachwissen und Informatikkenntnisse zählen nicht gerade zu den Spezialgebieten von Marketing-Entscheidern. Doch die größten IT-Ausgaben eines Unternehmens werden in den kommenden Jahren im Marketing liegen. Denn nur mit einer geeigneten Soft- und Hardware-Lösungen kann eine wirklich erfolgreiche automatisierte und personalisierte Kundenansprache gelingen.

Wie Unternehmen deshalb Marketing und IT sinnvoll miteinander verknüfpfen können und wie sie die beste Lösung für ihre Anforderungen finden, erklärt Alexander Emmendörfer in seinem Gastbeitrag auf onlinemarketing.de: sp-url.com/marketingit

 

Die Regeln von VR sind noch ungeschrieben. Eine seltene Chance für die Markenkommunikation.

Innovationen werden in der Kommunikationsbranche routiniert angekündigt und selten eingelöst. Bei Virtual Reality ist es anders, dieses „Next Big Thing“ rechtfertigt jeden Hype. VR ist eher unter- als überschätzt, denn es ist tatsächlich ein vollständig neues Medium.

Wenn ein neues, folgenreiches Medium entsteht, muss es eine Weile mit bereits bekannten verglichen werden, um die Erfahrung in Begriffe zu bringen. Das beeinflusst eine Weile auch die kreative Form. Kino begann als „lebende Photographie, perfekt in jedem Detail und in Lebensgröße“, Fernsehen als visuelles Radio, das World Wide Web als Hypertext. Bei VR ist es der Name selbst, der auf diesen Übergang verweist: VR ist „sowas wie Realität“.

Natürlich ist VR so wenig über Realität erklärbar wie jedes andere Medium. Aber uns fehlen Erfahrungen und Konventionen, um VR als Medium einzuordnen. Deshalb ist jeder Beitrag über VR ein Erlebnisbericht, und deshalb macht Erfahrung hier auch tatsächlich noch den Unterschied: Man begreift es nicht, wenn man es nicht erlebt hat.

VR wird als immersives Medium aufgefasst, also das Versprechen des „als ob“ – als ob man da wäre, als ob man die Person wäre, die repräsentiert wird. Die Idee der visuellen Immersion ist jedoch wesentlich älter. 1787 baut Robert Barker seine begehbaren 360-Grad-Ansichten auf und nennt sie „Panorama“. Noch älter sind die „Guckkästen“, die bis ins 19. Jahrhundert in Salons und auf Jahrmärkten beliebt waren, hölzerne Kleinapparaturen zur Betrachtung von Perspektivtheatern aus Papier, Holz oder Glas. Frühzeitliche VR-Gears also.

Diese Panoramen und Guckkästen waren primär optische Illusionen. Mit der Digitalisierung kommt in den 1980ern Taktilität ins Spiel, aus dem Zuschauer wird ein Akteur. Jaron Lanier entwickelt den „Data Glove“ und prägt den Begriff Virtual Reality. Die visuelle Repräsentation, die der Data Glove steuern kann, ist noch abstrakt und klötzchenhaft, aber richtungsweisend. Die eigene Körperwahrnehmung beeinflusst, was wir sehen. Wir können im Bild handeln.

In modernem VR kommt beides zusammen – Körperlichkeit und Panorama. Dabei hat VR einige Tricks im Ärmel, die unser Gehirn effektiv überlisten. Und zurzeit sieht es so aus, als ob wir auch nach mehrfacher Wiederholung darauf hereinfallen. Der Gang über den virtuellen Abgrund bringt im Labor auch nach der x-ten Wiederholung das Herz zum Rasen und erzeugt messbare, körperliche Angst. Falsche Körpererfahrung im VR-Dummy, der simulierten Person, die „ich“ bin, kann quasi-traumatische Effekte auslösen. So spürbar, dass der Bewusstseinsforscher Thomas Metzinger mit Kollegen eine Ethik der VR-Produktion formuliert hat.

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Im britischen Thorpe Park schickt der Mentalist und Illusionist Derren Brown seit Juli die Besucher in seinen „Ghost Train“. Ausgestattet mit einem VR Gear Kit, wird man buchstäblich zum Teilnehmer eines Grusel-Szenarios, attackiert von Dämonen und anderen seltsamen Passagieren. Brown verstärkt die sowieso überzeugende VR-Illusion mit Bewegung, Ortswechsel und Berührungen durch Schauspieler. Immersion pur.

Und dennoch spricht vieles dafür, dass dieses Wunder des „Dabeiseins“ vorübergeht, dass es ein Phänomen der Pionierphase ist. Es fehlt nicht nur die Erfahrung bei Rezipienten, es fehlen auch die Regeln der Form. Beide, Produzenten und Rezipienten, experimentieren noch. Es ist ein Vortasten zur Grammatik des Mediums, die Konventionen ermöglicht.

Das zeigt sich in einer großen Formenvielfalt, geradezu eine Explosion der Ideen. Zurzeit scheint VR alles sein zu können: Spiel, Kino, Dokumentation, E-Learning, Horror-Trip, und, nun ja, Videokonferenz. Einer der Gründer der US-Produktionsfirma Wevr, Anthony Batt, bringt es auf eine schöne Formel [„Studio 360“, New Yorker, 25. April 2016]:

„Does that mean our stuff is always perfect? Fuck no! It means we start with no idea of how we´re gonna make a project work, and we make it work. Or we don´t, and the whole thing turns to jello, and we learn.“

Es ist eine große Chance der Markenkommunikation, sich an der Entwicklung dieser Grammatik zu beteiligen. Zwei Besonderheiten helfen dabei: erstens sind kurze Formate heute noch am besten für VR geeignet, und zweitens sind auch vergleichsweise kostengünstige Produktionen umsetzbar.

Seien wir ehrlich: 90% der Markenkommunikation ist mehr oder weniger freundliche Überlistung. Retargeting ist kein Vergnügen fürs Publikum. Mit VR darf Werbung endlich Spektakel sein. Gut gemacht, entlässt sie ihr Publikum aus einer (überwältigenden, aufklärenden, erschreckenden) Erfahrung. Dieses vollständig neue Medium mitzugestalten ist eine Gelegenheit, die so schnell nicht wiederkommt.

 

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Erleben Sie VR auf unserer Roadshow „Reality by Virtuality“ im November live in Hamburg, Berlin, München und Köln.

Der Handel in ein paar Jahren  – so könnte er aussehen: Weil ich im Online-Shop erfahre, dass meine favorisierte Jeans auch im Laden um die Ecke verfügbar ist, mache ich mich auf den Weg, um sie dort direkt anzuprobieren. Bereits kurz vor dem Geschäft erhalte ich eine Push-Nachricht auf mein Smartphone, die mir mitteilt, dass ich das Hemd von meiner Merkliste für fünf Euro weniger sofort kaufen könnte. Im Laden liegt die Hose schon für mich bereit. Hose und Hemd passen, aber weil ich sie nicht sofort mitnehmen will, schickt sie mir der Verkäufer kostenlos nach Hause. Weil er außerdem durch meine Kaufhistorie meine Vorlieben kennt, empfiehlt er mir gleich noch eine Jacke. Zwar ist diese nicht im gewünschten Blau im Lager vorrätig, aber ich kann sie in einem Digital-Signage-Screen anschauen. Die Jacke lege ich mal in meine Merkliste, auf die ich online wie auch im Store Zugriff habe. Das Hemd und die Hose bezahle ich bargeldlos mit meinem Smartphone und verlasse das Geschäft. Am nächsten Tag erhalte ich alles bequem nach Hause geliefert.

Dies ist eines von vielen Szenarien, die im Moment auf Herz und Nieren getestet werden, um den Kunden auch am Point of Sale (POS) die bestmögliche digitale und personalisierte Kundenansprache bieten zu können. Für Händler, die sich bisher noch nicht mit dem Thema Connected Retail beschäftigt haben, mag das auf den ersten Blick vielleicht fast schon bedrohlich wirken: Wie soll man das nur alles schaffen? Welche Aspekte sind für mich relevant? Und wo bitte soll ich eigentlich anfangen?

Aus meiner Erfahrung möchte ich Ihnen gerne folgende Schritte empfehlen:

1. Aller Anfang liegt beim CEO

Die erste Voraussetzung ist eine Unternehmensführung, die voll und ganz hinter dem Thema steht. Ohne geht es nicht. Erfolgreiche Lösungen im Connected Retail zu entwickeln und umzusetzen, muss Chefsache sein, da die Umsetzung einen Einfluss auf die gesamte Organisationsstruktur haben kann.

Wichtig ist, dass alle internen Stakeholder in das Projekt involviert werden. Ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis, das analoge und digitale Elemente miteinander verschmelzen lässt, bedarf vielfacher Kompetenzen: Marketing, IT, Sales, die Verkäufer selbst – sie alle müssen dafür an einen Tisch. Gerade die Mitarbeiter im Laden spielen dabei eine zentrale Rolle, da nur sie das Konzept in der Praxis erfolgreich umsetzen können. Deshalb muss gleich zu Beginn eine ganzheitliche Vision geschaffen werden, auf die alle Beteiligten hinarbeiten.

2. Der Kunde steht im Fokus aller Aktivitäten

Die Zielgruppe ist natürlich der Kunde. „User Centricity“ darf also nicht nur als Buzzword, sondern muss als Selbstverständlichkeit verstanden werden. Ohne im Vorfeld die Kundenbedürfnisse zu identifizieren und die Verhaltensweisen kennenzulernen, sollten Sie nicht beginnen. Nur so können Sie wirklich relevante Services an den dazu passenden Touchpoints am POS zu mehrwertstiftenden Interaktionen anbieten.

Eine solche mehrwertstiftende Interaktion kann bereits ein einfaches Tablet ermöglichen: Der Verkäufer kann für den Kunden so ergänzende Produktinformationen aufrufen und ihm zusätzliche Produkte anbieten, die aktuell nicht auf der Fläche sind. Darüber hinaus könnte er so Zugriff auf die Kaufhistorie des Kunden erhalten, die über eine digitale Kundenkarte gespeichert wird und ihm so Auskunft über die Vorlieben des Kunden gibt.

3. Denken Sie groß, aber beginnen Sie smart

Schaffen Sie Ihre Vision mit einem ganzheitlichen Blick auf Ihr Gesamt-Touchpoint-System, aber entwickeln Sie die neuen Touchpoints Schritt für Schritt. Sammeln Sie Erfahrungen und entwickeln diese weiter. Und vor allem: Vermeiden Sie eine Lösung „von der Stange“, die nicht auf Ihre Kunden ausgerichtet ist.

Formulieren Sie für kleine Problemstellungen erste Thesen, entwickeln Sie davon ausgehend Ansätze und testen Sie diese in kurzen Zyklen direkt auf der Fläche aus. Dieses iterative Vorgehen ermöglicht einen Start mit geringeren Investitionen und bewahrt vor möglichen Fehlinvestitionen. Erst wenn ein Szenario als Prototyp erfolgreich war, sollte man mit aufwändigen Anbindungen von ERP-, CRM- oder Kassensystemen beginnen.

4. Jetzt starten statt warten

Beginnen Sie Learnings aus kleineren Projekten mit Ihren Partnern (Retail, Agentur, etc.) zu sammeln. Diese Erfahrungen verbessern die Zusammenarbeit noch bevor größere Projekte anstehen und stärken das einheitliche Bild für den Kunden.

Das Wichtigste aber ist: Starten Sie jetzt! Wer jetzt zögert, wird auf lange Sicht das Nachsehen haben, denn der Kunde wird bei dem Unternehmen kaufen, das ihm zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, im richtigen Kontext die passenden Informationen oder Produkte zur Verfügung stellt – online und offline.

Der Artikel wurde auf wuv.de veröffentlicht.

Es war vermutlich nur ein einfacher Entwicklungsfehler, der im Dezember 2015 bei eBay zu einer Sicherheitslücke führte, die das Potenzial hatte, Kundenpasswörter während des Anmeldeprozesses abzufangen. Die Folgen von Hackerangriffen, die sich solche Pannen zunutze machen, können jedoch erheblich sein – und für den Nutzer äußerst unangenehm: SPAM-Mails, Phishing oder gestohlene Kreditkartendaten sind nur einige davon.

Und das Beispiel eBay zeigt: Auch große Player bleiben davon nicht verschont. Bis zu 87 Prozent aller Websites weisen mittlere, knapp 50 Prozent sogar schwerwiegende Sicherheitslücken auf. Der dadurch jährlich entstehende Schaden liegt weltweit bei über 400 Milliarden US-Dollar. Dem Unternehmen droht bei einem Datenverlust nicht nur ein erheblicher Imageverlust. Da Online-Händler für die Sicherheit der Kundendaten verantwortlich sind, müssen sie bei Datenlecks auch entsprechend dafür haften. Prozesse und Methoden, die auf die Sicherheit einer E-Commerce-Lösung abzielen, sind für die Händler deshalb unerlässlich. Allerdings beschränken sich diese nicht auf eine bestimmte Phase in einem Projekt, sondern ziehen sich durch die gesamte Laufzeit bis hin zum Tag der Livestellung und Inbetriebnahme. Sicherheit ist ein unverzichtbarer Teil des Prozessdesigns, Teil der Implementierung, Teil der Systeminfrastruktur und Teil des Betriebs.

Sichere E-Commerce Lösung

Besonders beachten sollten Sie dabei folgende Punkte:

Definieren Sie klare Anforderungen

Es klingt banal, aber es ist so wichtig: Sicherheit beginnt bereits vor dem Projektstart. Und jeder Web-Shop hat dabei andere Anforderungen. In einem B2B-Shop, der etwa technische Dokumente gegen Gebühr zum Download zur Verfügung stellt, ist es natürlich extrem wichtig, die Identifikation oder Registrierung der Kunden und den Zugangsschutz sehr sicher zu konzipieren. Für einen Telko-Anbieter, der alle seine Produkte als Self-Service in einem Portal anbietet, ist es genauso von entscheidender Bedeutung, dass nur der berechtigte Nutzer auf seine Vertrags- und Rechnungsdaten Zugriff hat. Obwohl es bei beiden Beispielen um die Implementierung eines Zugriffsschutzes geht, sind die zugrunde liegenden Anforderungen unterschiedlich. Diese müssen bereits in der „Requirements-Engeneering“-Phase erfasst werden und bilden die Basis für die spätere Umsetzung.

Setzen Sie Standards

„Secure Coding Standards“ helfen den Entwicklern, sichere Codes fürs Web zu schreiben. Im Idealfall greifen sie dabei auf sicherheitsgetestete Frameworks zurück. Obwohl diese präventive Investition in die Sicherheit der Web-Anwendung immens wichtig ist, gibt es noch immer keinen anerkannten Industriestandard oder eine Norm, die die Sicherheit von Web-Applikationen definiert. Daher muss sich jede Agentur oder jeder Online-Händler selbst in die Verantwortung nehmen und ein eigenes Portfolio von Standards in den Bereichen Qualitätssicherung, Sicherheit und Testing erarbeiten.

Wir haben deshalb bereits vor einigen Jahren begonnen, die Best-Practices oder Empfehlungen von Experten, beispielsweise dem Open Web Application Security Project (OWASP), zu sammeln, damit nicht jeder Auftraggeber selbst einen Standard suchen muss und um so wirklich messbare Sicherheit bieten zu können.

Suchen Sie Ihre Sicherheitslücken

Darüber hinaus setzen wir am Ende einer jeden Entwicklung auf einen „Web Application Security Test“, der prüft, ob unsere Security Standards tatsächlich eingehalten werden. Hierzu arbeiten wir zum einem mit zertifizierten „Ethical Hackers“ zusammen – also speziell ausgebildeten IT-Experten, die das Wissen eines Hackers besitzen, aber eben für uns tätig sind. Zum anderen geschieht dies mit Hilfe verschiedener Software-Tools (wir setzen zum Beispiel IBM AppScan ein), die Angriffe auf die Applikation simulieren. Jede verdächtige Reaktion der Applikation wird dabei dokumentiert und muss später manuell verifiziert oder falsifiziert werden. Am Ende steht ein Bericht, der die gefundenen Sicherheitslücken dokumentiert und technische Hilfestellungen bereitstellt, die bei der Behebung des Problems unterstützen.

Betrachten Sie dabei jede Sicherheitslücke, die Sie in dieser Phase entdecken, nicht als einen Fehler der Programmierer, sondern als Erfolg! Immerhin haben Sie diesen noch in der Entwicklungsphase entdeckt. Denn je später ein Fehler ans Licht kommt, umso teurer wird dessen Behebung.

Betreiben Sie kontinuierliches Monitoring

Nicht beeinflussbare Faktoren wie die Ausführungsumgebung (Browser), verschiedene Devices (Desktop und Mobile) und heterogene Systeme stellen E-Commerce-Lösungen vor nicht immer im Vorfeld planbare Herausforderungen. Punktelle Sicherheits- und Penetrationstests, bei denen Experten (z.B. zertifizierte Ethical Hacker) gezielt Angriffsversuche durchführen, helfen dabei, diese Faktoren im Blick zu behalten. Denn die Zahl der neu entdeckten Sicherheitslücken und die Wege, wie Lücken ausgenutzt werden können, wächst täglich.

Außerdem besteht die Option, zusätzlich eine „Web Application Firewall“ (WAF) zu installieren. Diese kontrolliert jede eingehende Anfrage, bevor sie an die eigentliche Web Application geleitet wird. Dafür muss eine WAF ein komplexes Regelwerk besitzen, das individuell an die jeweilige Web Application angepasst ist. Verdächtige Anfragen werden sofort abgewiesen und unter vorher definierten Bedingungen könnte ein Alarm ausgelöst werden (etwa durch eine E-Mail an einen Administrator, wenn pro Sekunde von einer IP-Adresse 100 Requests gesendet werden, die den Code einer SQL-Injection enthalten). Da eine WAF ein unabhängiges System ist, gelangen Angriffsversuche erst gar nicht in die Nähe der zu schützenden Applikation bzw. deren zu schützenden Daten.

Von Beginn an sicher sein

Der Grundstein für eine sichere E-Commerce-Lösung muss also bereits bei der Planung gelegt werden – noch bevor die Software tatsächlich zum Einsatz kommt. Außerdem ist die regelmäßige Prüfung der Software sowie daraus entstehende Aktualiserungen unumgänglich und unbedingt notwendig. Nur so ist es möglich, die Software auf dem neuesten Stand zu halten und ihre Sicherheit gewährleisten zu können.

Dieser Artikel wurde auf e-commerce-magazin.de veröffentlicht.

Wie im letzten Video-Blog angekündigt, dreht sich diese Folge um den richtigen Einsatz von Native Advertising. Unsere These: Es braucht ein vermarkterübergreifendes, zentrales System, um Teaser- und Content-Flächen über ein einziges Tool auszuspielen. Denn der Unterschied von Display-Werbeflächen und Content-Flächen ist gar nicht so groß wie gedacht.

Native Advertising ist vielleicht noch nicht so verbreitet wie Display-Werbung, es gibt jedoch viele Parallelen, die Werbetreibenden dabei helfen, ihre Kampagnen zu testen und zu optimieren. In seiner neuen Folge „Bscheid gsagt“ erklärt mediascale-Geschäftsführer Wolfgang Bscheid, wie man Native Advertising richtig einsetzt und optimiert.

„Es ist an der Zeit, die abscheuliche Natur des Telefons öffentlich zu machen und seine vielen Erfinder zu verdammen.“ Nein, die Kritik zielt nicht auf das Smartphone, es geht nicht um Digital Detox und auch nicht um die NSA. Das Zitat stammt aus der New York Times des Jahres 1877. Der Autor sorgte sich schon damals um die Privatsphäre der Bürger. Aufhalten konnte die Technologiekritik die Entwicklung nicht: Mehr als drei Viertel aller Deutschen besitzen heute ein Smartphone. Bei den unter 30-Jährigen hat es den Fernseher als „unverzichtbarstes“ Gerät abgelöst. Die Digitalisierung hat unsere Hosen- und Handtaschen, ja sogar unseren Körper erreicht.

Das hat weitreichende Folgen und birgt jede Menge Chancen, aber natürlich auch Risiken. Wie bei jeder wichtigen technologischen Entwicklung, wird es Versuche geben, die neuen Möglichkeiten zu missbrauchen. Trotzdem überwiegen die Chancen der digitalen Transformation die Risiken bei weitem. Wir werden als Gesellschaft und als Einzelner den Umgang damit lernen und im Prozess der Digitalisierung reifen.

Chancen für den Einzelnen und die Gesellschaft

Heute kaufen wir mit dem Smartphone völlig selbstverständlich das Ticket für den Nahverkehr, lesen darauf die News oder den Wetterbericht, hören Musik, stoppen die Zeit für unsere Joggingrunde, chatten mit den Freunden. Für den Einzelnen bedeutet die digitale Transformation mehr Komfort, eine schnellere Verfügbarkeit von Information und neue Kommunikationsformen. Rund 14 Prozent der Deutschen lernen ihren Partner laut Statista mittlerweile völlig selbstverständlich über Online-Partnerbörsen kennen. Diesen Komfort zahlen wir auch mit unseren Daten. Wie wir künftig mit dieser neuen Währung umgehen, ist ein gesellschaftlicher und individueller Lernprozess. Datenschutz ist ein wichtiges Thema für Politik, Wirtschaft und jeden Einzelnen von uns.

Vor der Erfindung des Buchdrucks wurde Wissen in Klöstern gehortet, wo Bücher von Hand kopiert wurden. Lesen war ein Privileg für die, die sich Bücher leisten konnten. Heute findet jeder mit Internetanschluss global Zugang zu Information und Bildungsquellen. Die Demokratisierung des Wissens beinhaltet neben dem Konsum von Information auch die freie Meinungsäußerung: Über Kommentare, Blogs und soziale Medien können wir am politischen und öffentlichen Leben teilnehmen. Dass diese Möglichkeit auch für Stumpfsinn jeden Grades genutzt wird, müssen wir verkraften können. Wichtiger ist, dass in einer vernetzten Welt gesellschaftliche Fehlentwicklungen schneller sichtbar werden als je zuvor. Die Wikileaks Enthüllungen beispielsweise, hätte es ohne Digitalisierung nie gegeben.

Chancen für die Wirtschaft und das Marketing

Die Digitalisierung erlaubt in vielen Märkten eine Leistungserbringung ohne räumliche und zeitliche Beschränkungen. Das wird ganzen Branchen einen Schub geben. Und die Digitalisierung wird helfen, Prozesse noch effizienter zu gestalten. Eine aktuelle Bitkom-Studie schätzt die Potenziale für die Produktivitätssteigerung (Stichpunkt Industrie 4.0) in Deutschland auf bis zu 78 Mrd. Euro bis 2025.

Für das Marketing und Marken bedeutet die digitale Transformation, sie können und müssen mehr Relevanz bieten und zielgerichteter kommunizieren. Die richtige Botschaft zur richtigen Zeit am richtigen Ort anzubieten, benötigt jedoch Daten – nicht zwingend personenbezogene, auch pseudonymisierte Informationen reichen. Die Menschen, Nutzer und Konsumenten erwarten von Marken künftig mehr Service, einen klaren Mehrwert und sinnhaftes Tun.

Technologiekritik ist immer Teil einer gesellschaftlichen Debatte. Die Vergangenheit hat aber bewiesen, dass es deutlich sinnvoller ist, Marktentwicklungen mit zu gestalten, anstatt sie kategorisch abzulehnen. Für die digitale Transformation trifft das ganz besonders zu.

Dieser Artikel wurde auch in Horizont, Ausgabe 40/2016, veröffentlicht.

Personalisierung ist derzeit einer der Megatrends im Marketing. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren hat sich ein Markt entwickelt, an dem es kaum mehr einen Weg vorbei gibt. Für Business-Kunden und Solutionanbieter gleichermaßen. Auf der Anbieterseite bauen fast alle Branchen-Riesen wie Adobe, Oracle, Salesforce, Microsoft, IBM ihre sogenannten Marketing-Cloud-Lösungen immer weiter aus, auf Seiten der Kunden sucht man zunehmend nach Antworten, wie man die neuen Möglichkeiten gewinnbringend einsetzen kann.

Schließlich haben private Nutzer meist schon am eigenen Leib erlebt, wie beeindruckend Personalisierung und Automatisierung sich anfühlen können, wenn man ins Empfehlungsmanagement von Amazon rutscht oder das eigene Smartphone einem ungefragt die Zeit von der Arbeit nach Hause berechnet. Und die neuen Möglichkeiten versprechen, dass dies alles nur der Anfang ist. Da wird es höchste Zeit, dieses Potential auch für die eigenen Kunden zu nutzen.

Viele der erwähnten Cloud-Lösungen bieten tatsächlich bis dahin ungeahnte Möglichkeiten. Kunden können damit relevanter, schneller und effizienter angesprochen und begleitet werden. Egal ob vor oder nach dem Kauf. Dennoch ist aus Sicht eines einzelnen Unternehmens Vorsicht geboten. Denn die Erfahrung zeigt, dass die erwünschte Personalisierung auf Dauer kein Marketingtrick bleiben kann. Die Entscheidung für eine solche technische Lösung ist nur der Anfang. Echte Personalisierung ist der ernsthafte Wunsch beziehungsweise die Absicht, sich mit einem Kunden individuell auseinandersetzten zu können. Und zu wollen! Dies ist nicht nur eine Aufgabe für Systeme und Maschinen, es ist vielmehr eine Aufgabe von Menschen und letztlich der ganzen Organisation.

Kunden ganzheitlich verstehen

Wenn man heute Unternehmen auf dem Weg in die Personalisierung begleitet, merkt man schnell, wo die Chancen, aber auch die Risiken liegen. Die arbeitsteiligen Strukturen, oft viele Jahrzehnte lang Garant für eine erfolgreiche Unternehmensführung, versperren in vielen Unternehmen heute den Weg, Kunden und Interessenten wirklich ganzheitlich zu verstehen und alles, was man über sie weiß, auch zielführend zu nutzen. Es klingt logisch und paradox zugleich: Um Kunden individuell relevant ansprechen und begleiten zu können, müssen immer mehr Menschen und Bereiche in Unternehmen barrierefrei zusammenarbeiten.

Dies gilt zum einen horizontal für Vertrieb, Marketing, Kundenservice etc. Es ist schließlich nicht nur aus Sicht der Kunden wenig sinnvoll, wenn sie zum Beispiel gerade online einen Handyvertrag abgeschlossen haben, und parallel ständig weitere inkompatible Angebote derselben Marke erhalten. Oder wenn im aufkommenden Omnichannel die Kunden weiter mit Fragen zur Ergänzung ihres Profils belästigt werden, sie aber im stationären Handel längst geschätzte Kunden sind.

Auch vertikal ist Integration gefordert: Einkauf, IT, Legal etc. sind gefragt, die nötige Infrastruktur, Daten und Systeme, sowie Rechtssicherheit zu implementieren. Woher sollte eine IT-Abteilung zum Beispiel wissen, welches System zu welcher Marketing-Strategie am besten passt? Der Markt für derartige Beratungsmandate, also Unternehmen fit für das Personalisierungszeitalter zu machen, boomt gerade. Aus inhaltlich konzeptioneller Sicht, aber auch aus einer organisatorischen Perspektive, die Barrieren abbaut und Unternehmen abteilungsübergreifend handlungsfähig macht.

Ist Personalisierung für das Unternehmen wirklich geeignet?

Aber die Herausforderung ist noch viel tiefgreifender: Wer sagt, dass konsequente Personalisierung für jedes Unternehmen geeignet ist? Wer sagt, dass es innerhalb einer Branche der entscheidende Wettbewerbsvorteil für das eigene Unternehmen sein wird? Unternehmen sollten sich vielmehr überlegen, ob sie wirklich dem Megatrend folgen wollen, und wenn ja, wie sie sich von Wettbewerbern differenzieren können. Ist der Wunsch, einen Kunden noch persönlicher betreuen zu wollen, wirklich in der DNA eines Unternehmens verankert, und daher wettbewerbsfähig, oder ist der Wettbewerb letztlich überlegen.

Im digitalen Zeitalter bedeuten Personalisierung und Automatisierung auch extremes Tempo und Interaktionsbereitschaft, die langfristig bewältigt werden müssen. Und diese Frage stellt sich nicht nur gegenüber „alten“ Wettbewerbern: Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Megatrend neue Wettbewerber auf den Plan ruft, die nicht viel von den traditionell erfolgsrelevanten Wettbewerbsvorteilen einer Branche verstehen, aber neue Faktoren wie etwa eine konsequente Personalisierung zum Mittelpunkt und entscheidenden Erfolgsfaktor eines Angriffs auf eine etablierte Branche machen…

Dieser Artikel wurde auf capital.de veröffentlicht.