Social Bee steht für die nachhaltige Integration von Geflüchteten und Migrant:innen in den deutschen Arbeitsmarkt – für Chancen auf eine Karriere in Deutschland und ein selbstbestimmtes Leben. Innerhalb der Serviceplan Group haben wir uns dazu entschieden, das „Female Accelerator Program“ von Social Bee zu unterstützen und damit für mehr Chancengleichheit und eine einfachere Integration im deutschen Arbeitsmarkt zu sorgen. Zwei neue Kolleginnen haben im Juni bereits bei Plan.Net TechNest gestartet.

Geflüchteten Menschen wird der Zugang zum Arbeitsmarkt häufig erschwert: Zertifikate oder Abschlüsse werden teilweise nicht anerkannt, Bearbeitungsprozesse dauern lange und es kommt immer wieder zu Sprachbarrieren. Durch die Kooperation mit Social Bee leisten wir unseren Beitrag dazu, Migrantinnen und Frauen in Tech-Berufen zu unterstützen und uns im Gegenzug mehr Expertise in diesem Bereich ins Haus zu holen.

Arbeitnehmer:innenflaute im Tech-Bereich

Dem europäischen Arbeitsmarkt fehlen Arbeitskräfte im Technologieumfeld – allein in Deutschland sind aktuell rund 780.000 Stellen in diesem Sektor vakant, wie ein ZDF heute-Artikel zeigt. Bis 2027 werden dem EU-Arbeitsmarkt voraussichtlich bis zu vier Millionen Arbeitskräfte fehlen. Die steigende Nachfrage kann laut Artikel durch den aktuell überwiegend von Männern geprägten, europäischen Talentpool nicht gedeckt werden.

Zeit, umzudenken! Daher haben wir uns entschieden, Partner des „Female Accelerator Program“ von Social Bee zu werden. Die Kooperation liegt uns sehr am Herzen, weil das Programm gerade geflüchtete Frauen in Tech-Berufen unterstützt und damit Chancengleichheit und Integration fördert. Darüber hinaus bietet die Förderung des Frauenanteils im MINT-Bereich ein großes wirtschaftliches Potenzial, wie eine McKinsey-Studie zeigt: Wenn es gelingt, den Frauenanteil in Tech-Berufen wie Produktentwicklung, Datenanalyse oder Programmierung bis 2027 zu verdoppeln, könnte das europäische Bruttoinlandsprodukt um bis zu 600 Milliarden Euro steigen.

Das Portfolio von Social Bee

Das Ziel von Social Bee ist es, geflüchteten Menschen zu helfen, sich in ihrer neuen Heimat wohl und integriert zu fühlen. Dabei stellt die Integration über den Arbeitsplatz eine der nachhaltigsten und effektivsten Formen dar. Die Initiative hat einen beeindruckenden Track Record, was das Thema angeht. Sie arbeiten mit ausgewiesenen Expert:innen für Interkulturalität und Integration zusammen. Das ist für uns ungemein hilf- und lehrreich.

Geflüchtete können durch die Zusammenarbeit mit Social Bee Zusatzqualifikationen erwerben und Weiterbildungen wahrnehmen, zum Beispiel die Zertifizierung als Projekt-Manager:innen und Scrum Master, und sie werden auf einjährige Traineeships in Unternehmen vorbereitet. Zudem übernimmt Social Bee die Vermittlung zwischen den Projektteilnehmenden und den (potentiellen) Arbeitgebern. Regelmäßige Mentoring-Termine runden das Portfolio von Social Bee ab.

Wie das ganz konkret bei uns aussieht: Anisa aus Afghanistan und Christine aus Uganda arbeiten seit Juni als Trainees Technical Project Manager bei Plan.Net TechNest. Sie werden von Plan.Net-Ambassadors vor Ort begleitet und haben immer wieder Abstimmungstermine, Entwicklungsgespräche, Coachings und Mediationen mit Social Bee. Auch die Ambassadors aus unserem Haus nehmen an verschiedenen Workshops teil, um sich beispielweise bezüglich Unconscious Bias und interkulturellem Training weiterzubilden.

Wir freuen uns sehr, dass wir als Partner des Female Accelerator Programms mit dabei sind, denn interkulturelle Zusammenarbeit kann durch unterschiedliche Herangehensweisen nicht nur die Produktivität im Team steigern, sondern auch großen Mehrwert schaffen und dabei helfen, Herausforderungen zu bewältigen. Es ist Zeit, umzudenken und es macht uns große Freude, dabei mit gutem Beispiel voranzugehen.

Neuseeland ist eine abgelegene Insel am anderen Ende der Welt, auf der sehr viele Schafe und deutlich weniger Menschen leben. Was der dortigen Werbebranche an Größe fehlt, scheint sie durch Kreativität wettzumachen. Denn obwohl in Neuseeland gerade einmal fünf Millionen Menschen leben, mischt der Inselstaat auf internationalen Werbefestivals regelmäßig vorne mit. Hier ein paar Beispiele: Beim renommierten D&AD Festival – das für seine recht strenge Jury bekannt ist – gewann Neuseeland insgesamt 31 „Yellow Pencils“. Deutschland mit einer sechsmal größeren Bevölkerung holte „nur“ 44. Und vergangenes Jahr bei den Cannes Lions gewann Neuseeland 1,8 Löwen pro 1 Million Einwohner:innen. Zum Vergleich: Die erfolgreichste Nation auf dem Festival – die USA – gewann lediglich 0,7 Löwen pro 1 Million Einwohner:innen.

Da ich auch ein „Kiwi“ bin – wie sich die Neuseeländer:innen selbst liebevoll bezeichnen – habe ich mich gefragt, wie es einer abgelegenen Insel im Südwestpazifik gelingt, in der Werbebranche einen so prominenten Platz einzunehmen. Vielleicht können wir gar alle ein bisschen von dieser „Inselmentalität“ lernen?

Zunächst einmal war die neuseeländische Gesellschaft schon immer recht fortschrittlich. So führte Neuseeland als erster Staat der Welt das Frauenwahlrecht ein. Konservative Kunden sind bekanntlich die größten Ideenkiller – vielleicht gibt es in Neuseeland einfach nur sehr wenige davon?

Die Größe des Landes spiegelt sich auch in den Werbebudgets wider. Um sich durchzusetzen, müssen Agenturen deshalb mit originellen Ideen punkten. Disruptives Denken ist in Neuseeland nicht nur erwünscht, sondern ein Muss. Und angesichts knapper Budgets sind neuseeländische Kreative es gewohnt, Probleme auf innovative Weise zu lösen. Dafür sind Kiwis bekannt – man nennt es die „No. 8 Wire Mentality“, die Vorstellung, dass Landwirte mit einem Stück Zaundraht jede fehlerhafte Maschine reparieren können. Diese kulturell verankerte Hands-on-Mentalität hilft scheinbar auch, um richtig gute Werbung zu machen.

Hinzu kommt, dass in Neuseeland so wenig Menschen leben, dass auch die hierarchischen Strukturen auf Kundenseite weniger komplex sind. Ideen werden in der Regel den Leuten präsentiert, die die Entscheidungen treffen. Aus meiner Erfahrung ist das der wohl wichtigste Faktor, um innovative und mutige Konzepte umzusetzen.

All das sind natürlich nur Mutmaßungen – aber vielleicht erklären sie ein Stück weit, warum ein kleines, abgelegenes Land wie Neuseeland in der Kreativbranche so erfolgreich ist. Oder, wie wir auf Englisch sagen: Maybe there’s just something in the water?

Dieser Artikel ist im Rahmen des W&V-„Innovationsradar“ zuerst in der W&V-Ausgabe 02/2023 erschienen.

Wie kann ich das Metaverse für meine Marke nutzen, wie wird dieses neue digitale Universum die Customer Experience verändern und wofür genau steht der Begriff „Metaverse“ überhaupt? Strategieexpertin Eva Lihotzky verschafft einen Überblick und formuliert vier Handlungsempfehlungen für Brands.

Neal Stephenson hat in seinem Science-Fiction-Klassiker „Snow Crash“ bereits 1992 den Begriff „Metaverse“ geprägt. In dem visionären Roman geht es um einen Pizzaboten, der nachts als Hacker in einer immersiven, virtuellen Welt unterwegs ist. 30 Jahre später ist die Idee einer dreidimensionalen, immersiven Online-Umgebung, in der Menschen in Echtzeit miteinander interagieren und Dinge schaffen, kaufen und verkaufen können, nicht mehr nur Stoff für Sci-Fi-Bücher: Das Potenzial für soziale und kommerzielle Interaktionen in einer virtualisierten Umgebung ist enorm, und Investments in Technologien und neu entstehende virtuelle Räume haben über die letzten Jahre signifikant zugenommen. Denn schon heute gehen Technolog:innen, Unternehmen und Investor:innen davon aus, dass das Metaverse zu einem Schauplatz der Zukunft und damit zu einer großen Umsatzquelle wird. Eine Studie des Finanzdienstleisters Citigroup bestätigt diese Einschätzung: Das mögliche Business-Potenzial durch virtuelle Welten wird darin auf bis zu 13 Billionen US-Dollar bis zum Jahr 2030 geschätzt.

Das Metaverse – mehr als nur ein singulärer Raum

Doch worum genau handelt es sich beim Metaverse? Eine erste Google-Recherche führt neben 173.000.000 Suchtreffern auch zu unterschiedlichen Definitionen. Die meisten davon haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Sie verstehen unter der Bezeichnung „Metaverse“ mehr als nur eine einzelne Technologie oder einen Endzustand. Vielmehr berufen sie sich auf die Konvergenz mehrerer separater Technologien, die in den kommenden Jahren alle nach und nach Marktreife erreichen werden – und damit den Weg in die Web3-Ära ebnen. Neben dem fortschreitenden Einsatz der Blockchain und interaktiven Technologien, wie Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR), stehen Internet-of-Things(IoT)-Anwendungen (beispielsweise der Einsatz von Sensoren und Netzwerk-Kommunikationslösungen), Computing Technology (wie 5G- und 6G-Netzwerke) sowie Cloud Computing, Artificial Intelligence (AI) und Gaming-Technologien im Fokus.  

Virtuelle Räume führen zu neuen Begegnungsmöglichkeiten

Das geschickte Zusammenspiel dieser Technologien kann das Erlebnis einer immersiven, dreidimensionalen Umgebung schaffen, in der Konsument:innen miteinander, mit dem jeweiligen Unternehmen und der jeweiligen Umgebung so interagieren, als befänden sie sich in einem gemeinsamen Raum. Dieser Raum kann zukünftig mehrere Eigenschaften aufweisen: Erstens ist davon auszugehen, dass dort sowohl die physische als auch die digital-virtuelle Welt in den Erfahrungsraum der Nutzer:innen einbezogen und ineinander übergehen wird. Zweitens werden dort Reaktionen und soziale Interaktionen ermöglicht, sodass ein kontinuierlicher Austausch zwischen den jeweiligen Konsument:innen, Unternehmen, Influencer:innen und deren Avataren stattfindet. Drittens werden darin Kreativität, Produktdefinition und -weiterentwicklung grenzenlos und im Idealzustand zwischen einzelnen Räumen interoperabel sein, sodass komplett neue Begegnungsmöglichkeiten, Kommunikationswege und Business-Modelle entstehen. Viertens werden virtuelle Räume zu jeder Zeit verfügbar und von Nutzer:innen definiert sowie gestaltbar sein.

Das nächste Level der Customer Experience

Dadurch wird Echtzeitkommunikation und Personalisierung zu einem noch wichtigeren Differenzierungsmerkmal für Unternehmen, die mit ihren Konsument:innen im Metaverse in den Austausch treten. Deshalb muss das Konzept der Customer Experience neu gedacht, erweitert und die Kommunikations- und Interaktionsgeschwindigkeit von Brands auf das nächste Level gehoben werden. Denn neben bestehenden Touch Points, die Unternehmen weiterhin zur Begegnung mit ihren Konsument:innen dienen, kommen nun diejenigen im Metaverse bzw. in virtuellen Räumen hinzu. So werden eine Vielzahl neuer Interaktionspunkte entstehen, die Unternehmen in ihre Marken- und Kommunikationsstrategie einbetten sollten.

The Hitchhiker’s Guide to Metaverse Experiences

Für Brands empfiehlt es sich daher, unter anderem folgende vier Handlungsempfehlungen umzusetzen:

  1. Metaverse-Potenziale identifizieren und eine langfristige Strategie implementieren
    Unternehmen sollten die für sie Business-relevanten Metaverse-Potenziale ableiten und eine Metaverse-Strategie in bestehende Kommunikations- und Marketingstrategien einbinden. Diese sollten flexibel genug sein, um schnell auf den anhaltenden technologischen Fortschritt und damit sich verändernde Kundenanforderungen und -verhaltensweisen reagieren zu können.
  2. Relevante Technologien flexibel und sukzessive einbinden
    Virtuelle Räume werden durch die bereits genannten Technologien ermöglicht. Allerdings braucht es nicht alle Technologien für jeden Anwendungsfall gleichzeitig. Vielmehr werden Unternehmen unterschiedliche Technologie-Kombinationen an unterschiedlichen Touch Points anwenden. Umso wichtiger wird es also, die jeweils relevanten Technologien schnell einsatzfähig bereitzuhalten und entlang der Customer Journey an das Kundenverhalten anpassen zu können. Eine diversifizierte und flexibel auf die jeweilige Anforderung anwendbare Technologiearchitektur wird damit in Zukunft für den Unternehmenserfolg im Metaverse entscheidend sein. 
  3. Konsumentenverhalten und -emotionen in virtuellen Räumen intensivieren
    Auch im Metaverse wird eine überzeugende Customer Experience ein Unterscheidungsmerkmal bleiben. Deshalb sollten Unternehmen sich darauf konzentrieren, auch in virtuellen Räumen konsistente und fesselnde Erlebnisse zu schaffen, die die Vorteile der Immersivität und Interaktivität einzusetzen wissen. Durch geschickte Kombination der relevanten Technologien, wie beispielsweise AR, Sensoren sowie On- und Offlinekombinationen, können Brands ihren Konsument:innen durch neue Blickwinkel gegenübertreten, eine stärkere Identifikation mit Produkten durch sprichwörtlich anfassbares Storytelling ermöglichen und so das Kaufverhalten und die Kundenloyalität positiv beeinflussen.
  4. Vertrauen, Authentizität und Verantwortung in den Vordergrund stellen
    Vertrauen und Sicherheit werden noch mehr in den Vordergrund rücken, wenn es darum geht, die Customer Experience in diesen neuen virtuellen Räumen zu definieren. Denn nur so kann Akzeptanz für die neu entstehenden Erfahrungen geschaffen werden, die Konsument:innen mit Unternehmen in den jeweiligen immersiven Interaktionen machen werden. Die bereits bestehenden Überlegungen – und Bedenken – in Bezug auf Datenschutz, Sicherheit, IP-Schutz oder Accessibility werden umso mehr an Bedeutung gewinnen, je mehr die Grenze zwischen physischen und virtuellen Welten der Konsument:innen verschwimmt. Unternehmen stehen demzufolge in der Verantwortung, damit verantwortungsbewusst umzugehen und diese inklusiv zu gestalten.

Schöne neue Welten

Der technologische Fortschritt und die daraus entstehenden immersiven Räume verändern die Basis und Funktionsweise physischer und virtueller Interaktionen. Allerdings ist noch lange nicht final definiert, wie sich das Metaverse weiterentwickeln und mit welchen schrittweisen Entwicklungen und Funktionalitäten zu rechnen sein wird. Zwar sind einige Technologien und Bausteine bereits vorhanden, jedoch wird die vollständige Realisierung von immersiven, reaktiven und kontinuierlich expansiven virtuellen Welten noch einige Jahre dauern. Denn viele der erforderlichen Technologien werden noch Zeit benötigen und vom Fortschritt anderer Technologien abhängig bleiben, bevor ihre Fähigkeiten und Potenziale in der Breite eingesetzt werden können. Und selbst dann werden sie sich nach und nach noch weiterentwickeln und neue Maßstäbe setzen.

Jetzt zu beschreiben, wie ein Leben im Metaverse zukünftig aussehen und welche Auswirkungen das auf Unternehmen haben wird, ist deshalb in etwa so, als hätte man im Jahr 1990 versucht zu beschreiben, was einmal aus dem Internet werden wird. Aber vielleicht sollte man dazu einfach Neal Stephenson befragen – er hatte ja bereits vor 30 Jahren eine Vorahnung, in welche Richtung es gehen könnte.

Dieser Artikel erschien zuerst im TWELVE, dem Magazin der Serviceplan Group für Marken, Medien und Kommunikation. Weitere spannende Artikel, Essays und Interviews von und mit prominenten Gastautor:innen und renommierten Expert:innen lesen Sie in der neunten Ausgabe unter dem Leitthema „Speed! The Winning Factor in the Digital Age“: https://sp-url.com/twelve23-lp.

Unsere Welt wird gefühlt jeden Tag ein Stück komplexer. Wir müssen immer schneller agieren, um Anschluss zu halten und unsere Marktposition zu sichern. Wie geht ein öffentlich-rechtliches Medienhaus mit den veränderten Rahmenbedingungen um? Und wie wird hier Speed zum Erfolgsfaktor? Darüber sprach Barbara Evans mit ZDF-Programmplanungschef Dr. Florian Kumb.

BARBARA EVANS: Herr Dr. Kumb, mögen Sie Geschwindigkeit?

FLORIAN KUMB: Absolut! Wenn unter hohem zeitlichem Druck etwas gelingt, ist der Motivationsschub noch größer. Geschwindigkeit ist zwar kein Selbstzweck, aber unerlässlich für den Erfolg in der dynamischen Medienwelt. Beim Einsatz neuer Technologien zum Beispiel und bei den Entwicklungszeiten von Programminnovationen ist Geschwindigkeit zu einem zentralen Erfolgsfaktor geworden. Ein gutes Beispiel dafür ist die fiktionale Serie „Himmel und Erde“, die in fünf Geschichten den Krieg in der Ukraine thematisiert und damit die politische Lage der vergangenen Monate aufgegriffen hat. 

In welchen Bereichen können Sie umgekehrt Geschwindigkeit am wenigsten gebrauchen?

FK: An vielen Stellen müssen Geschwindigkeit und Sorgfalt zusammenkommen, gerade im journalistischen Bereich. Ändern wir unser Programm aufgrund der aktuellen Nachrichtenlage, müssen wir über gesicherte Informationen verfügen. Hintergründe und Einordnung liefern zu können, ist in einer unübersichtlichen Lage eine große Herausforderung. Und im Investigativbereich geht Gründlichkeit definitiv vor Schnelligkeit. Abseits des Programms gilt das an Stellen, wo Präzision im Vordergrund steht, etwa bei Compliance-Themen oder bei der Budgetsteuerung.

Ist die Speed-Thematik für Sie eher ein kurzfristiges Phänomen oder ein langfristiges?

FK: Wir sehen uns einer sich wandelnden Erwartungshaltung der Nutzerinnen und Nutzer gegenüber, die sich schneller ändert als in früheren Zeiten. Und auf die wir schneller mit Programmangeboten reagieren müssen. Die stetige Veränderung ist das neue Normal. Die Vorstellung, dass sich alles wieder in überschaubare und stabile Zeiten zurückentwickelt, ist für mich abwegig. 

In welchen Bereichen spüren Sie beim ZDF den größten „Need for Speed“?

FK: Im aktuellen journalistischen Bereich war der „Need for Speed“ schon immer sehr groß, das sind wir gewohnt, und die Kolleginnen und Kollegen agieren sehr professionell in Breaking-News-Situationen. Aber auch in anderen Programmgenres steigt der Druck auf Entwicklungszeiten. Die Welt verändert sich so schnell, dass Ideen in kürzerer Zeit umgesetzt werden müssen. Besonders stark hat die Notwendigkeit für Geschwindigkeit aber bei der strategischen Arbeit und im Bereich der nonlinearen Distribution zugenommen. Um unser Ziel „Ein ZDF für alle“ zu erreichen, müssen wir hier besonders anpassungsfähig sein, hochdynamisch agieren und reagieren.

Was genau tut das ZDF, um sich in dieser Hinsicht für die Zukunft zu rüsten?

FK: Es klingt merkwürdig, aber zunächst müssen wir die Komplexität erhöhen. Denn auf komplexe Herausforderungen gibt es keine einfachen Antworten. Ein Beispiel: Wir haben die Bereiche Kommunikation, Digitale Medien und Programmplanung enger zusammengebracht, die in der Logik der Hierarchie in verschiedenen Direktionen verortet sind. Wir haben gemeinsame Prozesse und Aufgabenfelder definiert, wie 360-Grad-Planung, Marke/Design oder KI in der Distribution, die wir nun gemeinsam verantworten. Das erhöht den Abstimmungsbedarf, legt Rollen- und Ressourcenkonflikte offen. Aber wir teilen die Erkenntnis, dass kein Bereich allein die Probleme für sich lösen kann – für mich die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in der Zukunft.  

Wird sich auch etwas bei der internen Datenzusammenarbeit ändern? 

FK: Ich plädiere für eine vollständige Demokratisierung von Daten und gleichzeitig einen klaren Rahmen, der in diesem Datendschungel Orientierung bietet. Wir sind dabei, sämtliche Daten intern für alle verfügbar zu machen. Denn auch von Untersuchungen zu Formaten, die Kollegen und Kolleginnen nicht selbst verantworten, kann gelernt werden. Das ist ein echter Mind Change. Seit Kurzem gibt es zudem den ZDF KOMPASS – ein ganzheitliches Steuerungstool für alle relevanten Performance-Indikatoren zu Nutzung, Qualität, Wirkung und Akzeptanz unseres öffentlich-rechtlichen Angebots. Der KOMPASS legt Prioritäten fest und hilft, in der unübersichtlicheren Medienwelt den Überblick zu behalten.

Wie sieht es mit dem Einsatz von KI aus? Und wie lässt sich dieser mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag Ihres Hauses vereinbaren?

FK: KI hat für uns eine zentrale Bedeutung, beispielsweise in der Planungsarbeit. Wir nutzen KI sowohl für das Empfehlungssystem der ZDFmediathek als auch für die lineare Planung, beispielsweise für ZDFinfo. Hier macht die Maschine die Vorschläge, was Nutzer und Nutzerinnen als nächstes schauen könnten oder welche Programme hintereinander programmiert werden sollten. Wichtig ist, dass der dahinterliegende Algorithmus einen öffentlich-rechtlichen Charakter aufweist. Uns geht es nicht darum, Menschen mit den immer gleichen Inhalten an uns zu binden und deren Nutzung zu kommerzialisieren –, wir haben andere Ziele, beispielsweise Menschen mit Neuem oder Unerwartetem zu konfrontieren. Die Daten helfen uns herauszufinden, wie das gelingen kann.

Gibt es schon erste Erfahrungen?

FK: Die ersten Erfahrungen sind sehr gut. Die Vielfalt der Empfehlungen in der ZDFmediathek hat deutlich zugenommen – es werden heute mehr unterschiedliche Programme empfohlen als bei händischer Kuratierung. Das ist auch naheliegend, denn kein Planer kann alle Titel gleichermaßen im Blick haben. Im Linearen sind die Erfolge so augenscheinlich, dass wir gerade an der Ausweitung auf andere Sender und Sendestrecken arbeiten. ZDFinfo ist auch dank KI-Unterstützung zum erfolgreichsten linearen Informationssender geworden – mit Abstand, auch bei jüngeren Zielgruppen.

Welche Auswirkungen ergeben sich auf die Programmgestaltung und die Markenkommunikation des Senders?

FK: Die strategische Arbeit in Bezug auf das inhaltliche Profil, die Markenkommunikation und die Entwicklungspotenziale der Ausspielwege ändert sich nicht. Das ist und bleibt menschliche journalistische Arbeit und Kreativleistung. Die KI stellt sicher, dass die Kolleginnen und Kollegen dafür genug Zeit haben, denn bei der operativen Planungsarbeit und in der Distribution werden sie deutlich entlastet.

Ergeben sich für das ZDF als öffentlich-rechtlichem Sender hier besondere Chancen oder Herausforderungen?

FK: An vielen Stellen müssen wir im Digitalen neue öffentlich-rechtliche Wege finden. Denken Sie an die Erwartungen an das Nutzungserlebnis. Dafür müssen wir die Bedürfnisse der Menschen genau kennen. Dies stellt uns aber vor Herausforderungen, wenn wir gleichzeitig die höchsten Datenschutzstandards erfüllen wollen. Unser größtes Privileg ist es jedoch, Ideen und Projekte abseits kurzfristiger wirtschaftlicher Rentabilität umsetzen zu können. Gleichzeitig ist aktuell der wirtschaftliche Druck besonders hoch: Bei gleichbleibenden Erträgen und den derzeitigen Kostensteigerungen sind Investitionsentscheidungen besonders schwierig. Vor allem, wenn sie sich erst langfristig auszahlen.

Wenn es darum geht, neue Ideen zu entwickeln: Schauen Sie sich in erster Linie innerhalb des deutschsprachigen Raumes um oder lassen Sie sich von Konzepten und Ideen aus anderen Ländern inspirieren?

FK: Sowohl als auch, wobei ich den in der Branche weit verbreiteten Fokus auf die USA nicht nachvollziehen kann. Kleinere Märkte sind viel dynamischer, vor allem wenn sie ein progressives Verständnis von Technologie verinnerlicht haben. Vor diesem Hintergrund sind die skandinavischen Märkte, die Schweiz oder Israel für mich sehr interessant – wir arbeiten beispielsweise gerade mit einem dänischen Start-up zusammen, das auf gutem Weg ist, eines unserer Datenprobleme in Bezug auf Diversität lösen zu können.

Glauben Sie, dass wir hier im deutschsprachigen Raum schon auf einem guten Weg sind, um immer schneller zu werden im Entscheiden und Handeln?

FK: Den Deutschen sagt man gerne nach, leidenschaftliche Bedenkenträger zu sein. Gleichzeitig ist für uns das Idealbild des Tüftlers, der viel probiert und dann zu überzeugenden Lösungen kommt, positiv besetzt. Ich glaube, der Generationenwechsel in den Unternehmen ist eine große Chance, schneller zu werden. Die ältere Generation muss die klassischen „Ingenieurstugenden“ an die Jüngeren weitergeben, ihnen aber erlauben, das Tempo vorzugeben. „Fail fast“ ist keine neue Strategie, das gab es schon zu Gründerzeiten. Wir müssen sie wieder mehr zulassen.

Dank der GfK ist bekannt, dass Unternehmen, die schneller handeln, erfolgreicher sind. Aus einem hauseigenen Forschungsprojekt wissen wir, dass in rund zwei Dritteln der Unternehmen in Sachen Nutzung von Realtime-Daten, Vernetzung zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen, Individualisierung von Kommunikation oder Angeboten etc. längst noch nicht so viel passiert, wie eigentlich nötig wäre. Welchen Rat würden Sie einem Entscheider bzw. einer Entscheiderin zum Thema „an Speed zulegen“ mit auf den Weg geben?

FK: Es ist notwendig und es ist mühsam, gerade zu Beginn. Dabei geht es weniger um radikale Grundsatzentscheidungen als um eine klare Vision und viele kleinteilige, langwierige Prozessanpassungen. Daran kommt man nicht vorbei. Aber wenn das Management erst einmal eine Grunddynamik entfacht hat, Mitarbeitende und Führungskräfte merken, dass kein Weg daran vorbeiführt, erhöht sich die Geschwindigkeit. Ich empfehle, zunächst auf wenige zentrale Kern- und Unterstützungsprozesse des Unternehmens zu blicken und sie einer End-to-End-Betrachtung zu unterziehen – auch wenn das komplex ist. Dafür muss ein kleines internes Projektteam aus guten Mitarbeitenden aufgestellt und autorisiert werden. Externe Berater und Beraterinnen sollten möglichst vermieden werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview erschien zuerst im TWELVE, dem Magazin der Serviceplan Group für Marken, Medien und Kommunikation. Weitere spannende Artikel, Essays und Interviews von und mit prominenten Gastautor:innen und renommierten Expert:innen lesen Sie in der neunten Ausgabe unter dem Leitthema „Speed! The Winning Factor in the Digital Age“: https://sp-url.com/twelve23-lp

„Insbesondere für junge Generationen gilt: Vorn ist das neue Oben“, sagt Dr. Jens Thiemer, Senior Vice President Kunde und Marke BMW bei der BMW Group. Doch wie schnell müssen Marken heute tatsächlich sein, um zu den Besten zu gehören – und wann sollte man den Fuß auch mal vom Gas nehmen? Wolf Ingomar Faecks, Managing Partner der Serviceplan Group, hat nachgefragt.

WOLF INGOMAR FAECKS: Ist das Prinzip „Höher, schneller, weiter“ noch zeitgemäß?

JENS THIEMER: Wir beobachten verstärkt, dass sich das Statusdenken in der Gesellschaft verändert. Insbesondere für junge Generationen gilt: Vorne ist das neue Oben. Das heißt, dass wir einen Trend von den Social Climbern hin zu den Social Drivern erleben, die der Welt etwas zurückgeben möchten und sich als Teil einer Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Sinn betrachten. Für BMW geht es daher nicht mehr nur noch darum, der Beste in der Welt zu sein, sondern eben auch der Beste für die Welt. Wir bewegen Menschen, berühren Herzen und beflügeln den Verstand. Das ist unser Führungsanspruch.

Darf mich die „Fear of missing out“, kurz FOMO, im Digitalisierungskontext unvorsichtig machen? 

JT: Grundsätzlich sollte man beim Thema Digitalisierung neugierig und aufmerksam, aber nicht unbedingt vorsichtig oder zurückhaltend sein. So sehr uns die Digitalisierung auch anspornt, so viele neue chancenreiche Aufgaben und eben teilweise Risiken ergeben sich daraus. Gerade während Corona haben Hackerangriffe, Datendiebstahl und Datenmissbrauch einen neuen Höchststand erreicht. Für uns bei BMW gilt ein Höchstmaß an Achtsamkeit und Vertraulichkeit mit allen Daten. Und was FOMO angeht: Im Digitalisierungskontext erleben wir beinahe jeden Tag neue Hypes und Trends. Man sollte sich immer fragen, warum man vermeintlich unter FOMO leidet. Was genau ist es, das man verpassen könnte? Hat man es bereits vollständig verstanden? Welche Rolle spielt es für andere Entscheidungen? Und dann genau abwägen, ob man hier mitgehen sollte. 

Wie entscheiden Sie, ob etwas ein Hype oder ein ernst zu nehmender Trend ist, dem man folgen muss?

JT: Zunächst einmal analysieren wir sehr gründlich, woher eine Bewegung branchenübergreifend kommt, in welchem Umfeld sie entsteht und wer zuerst darauf aufspringt. Viele sogenannte Hypes scheiden danach bereits aus, weil sie nicht zur Unternehmensausrichtung und -strategie passen. Wenn ein Hype Potenziale für eine Marke bietet, sollte man schauen, wie schnell er sich in Richtung eines stabileren Trends entwickelt und wie schnell andere Player darauf aufspringen. Man sollte auch keine Angst haben, dass der Trend bricht oder floppt. Das kann passieren. Clubhouse war in Deutschland vor zwei Jahren ein Beispiel, wo wir relativ früh aktiv waren, weil die Plattform großes Potenzial hatte, zu einem Trend zu werden. Viele namhafte Persönlichkeiten waren dort früh vertreten. Wie wir heute sehen, hielt der Trend nicht so lange an wie erwartet oder braucht einfach noch Zeit. Da muss man dann reagieren, um nicht unnötig Ressourcen einzusetzen.

Geschwindigkeit ist heute ein entscheidender Erfolgsfaktor. Hat Speed auch Relevanz für das Vertriebsmodell, Innovationen und Customer Centricity?

JT: Geschwindigkeit hat für jeden unserer Prozesse Relevanz, denn sie zwingt uns dazu, unsere Prozesse auf das Wesentliche zu reduzieren und unnötige Redundanzen zu vermeiden. Ansonsten ist man einfach nicht schnell genug. Man könnte vielleicht die Bedeutung von Geschwindigkeit in diesen Prozessen gewichten. Bei Innovationen ist Geschwindigkeit grundsätzlich der entscheidende Faktor, um vorne zu bleiben. Wer hier schnell ist, gibt die Pace einer ganzen Industrie vor. Beim Vertriebsmodell wird Geschwindigkeit aus Kundensicht auch immer wichtiger: Transaktionen sind überall gefordert und sollten simpel, kurz und reibungsfrei erfolgen können. Customer Centricity dagegen ist zunächst einmal eine Haltung, die substanziell gelebt und mit Daten unterfüttert werden muss, um Prozesse optimal auf sie auszulegen. Das hat mit Schnelligkeit nur indirekt etwas zu tun. Allerdings sollte man den notwendigen Mindset Shift in einem Unternehmen hin zu echter Kundenorientierung nicht unterschätzen. Das dauert und muss dauerhaft und vorbildhaft gelebt werden.

Welche Gefahren und Vorteile hat Speed im Unternehmen – und auf der Straße?

JT: Mit unseren Fahrzeugen genießt man ab und zu ja auch höhere Geschwindigkeiten auf der Straße. Natürlich situationsangepasst und unterstützt durch alle vorstellbaren und technisch möglichen Fahrerassistenzsysteme. Aber der Fahrspaß eines BMW hängt nicht an der gefahrenen Geschwindigkeit. Freude am Fahren erleben alle Passagiere auch bei gemäßigter Fahrt. Im Unternehmen bietet Geschwindigkeit den Vorteil, Wettbewerbsvorteile schneller als andere zu erreichen, birgt aber auch das Risiko, ungenau zu werden und Fehler zu machen. Davor darf man dann keine Angst haben.

Ist Speed für BMW ein Unternehmensziel?

JT: Geschwindigkeit ist kein Selbstzweck. Sie schwingt natürlich bei allem mit, was wir tun. Wir beschleunigen unsere Prozesse, vermeiden Redundanzen und setzen klare Prioritäten. Das betrifft insbesondere unseren Entwicklungsprozess, unsere Innovationsgeschwindigkeit im gesamten Unternehmen und interne Entscheidungsprozesse. Somit zahlen unsere Ziele indirekt auf jeden Fall auf Geschwindigkeit ein.

Steht Speed im Zielkonflikt mit anderen Unternehmenszielen?

JT: Die Dinge gehen Hand in Hand. Manche Dinge müssen sehr schnell erledigt werden, anderes braucht auch Zeit, um zu wachsen. Das steht nicht im Konflikt, sondern wird je nach Ziel unterschiedlich bewertet.

Was sind für Sie die drei größten Speed-Killer?

JT: Lange Diskussions- und Entscheidungswege. Grundsätzliche Risikoaversion. Fehlender mutiger und reflektierter Blick über den eigenen Tellerrand.

Wie kann BMW die Geschwindigkeit gegenüber automobilen Disrupteuren, wie beispielsweise Tesla und Nio, die ein D2C-Vertriebsmodell anbieten, erhöhen?

JT: In der Automobilindustrie gibt es inzwischen viele junge, schnelle und risikobereite Unternehmen mit kaum gewachsenen Strukturen. Das ermöglicht Flexibilität und Freiraum zum Experimentieren und zum grundsätzlichen Einschlagen gänzlich neuer Wege. BMW ist ein Konzern, der über mehr als 100 Jahre Erfahrung hat. Bei uns brauchen Entscheidungen manchmal länger, aber wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass das oft die richtigen Entscheidungen waren, und wir konsequent unseren Weg weitergehen, langfristig orientiert, kundenorientiert und technologisch fokussiert – tech magic und human centric. Der Wettbewerb regt uns aber immer dazu an, schneller zu werden, konsequenter und noch mehr Wirkung zu erzielen.

Ist D2C der einzige Weg vorwärts? 

JT: Direct Sales hat für uns neben einer nochmaligen Verbesserung des Kundenerlebnisses natürlich noch viele weitere Vorteile, insbesondere den direkten Kundenzugang und die Möglichkeit, an jedem Touch Point im Vertrieb digital wie physisch Transaktionen zu ermöglichen, Omnichannel genannt. Hinzu kommt ein nicht verhandelbarer fairer Festpreis für die Produkte, damit die Kunden nicht mehr nach Rabatten und Angeboten suchen müssen; das ist heute für ein Premiumprodukt einfach nicht mehr zeitgemäß. Damit erreichen wir auch unser ambitioniertes Ziel 2025 einen 25-prozentigen Online-Sales-Anteil zu haben. Wir machen das Hand in Hand mit unserem starken Händlernetzwerk, das von Beginn an in den Prozess eingebunden wird. Daher ist das unser Weg vorwärts. Aber auch ein klassisches Wholesale-Modell kann natürlich digital optimiert werden. Wichtig sind immer bessere Prozesse und bessere Ergebnisse.

BMW setzt mit „Wir machen nicht Nachhaltigkeit bei BMW, sondern wir machen BMW nachhaltig“ ein starkes Leitmotiv zum Thema Sustainability. Benötigt es für diesen Ansatz noch mehr Speed als bisher?

JT: In erster Linie braucht dieser Ansatz Transparenz und Vertrauen. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das viel Substanz benötigt und noch mehr Konsequenz. Zudem braucht es viel Kommunikation und Erklärung nach innen und außen. Oberflächlichkeit muss unbedingt vermieden werden, um nicht unglaubwürdig zu werden. Oft liegt Unglaubwürdigkeit daran, dass Unternehmen zu schnell zu viel kommunizieren und dann nicht liefern. Daher geht es viel mehr um Ehrlichkeit als um Schnelligkeit. Wo steht ein Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit? Was können wir bereits leisten und was eben auch nicht? Das zu jeder Zeit technologisch Machbare in der Serie ist hier das jeweilige Optimum. Und ab und an einen Nordstern in die Zukunft des Anzustrebenden aufzeigen. Unser BMW i Vision Circular zeigt hier, wie umfassend und konsequent wir nachhaltige und vor allem zirkulare Mobilität denken. Er steht für unseren Anspruch, Vorreiter bei der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft zu sein. Wir haben bewusst gesagt: „Das ist unsere Vision für das Jahr 2040, und wir begeben uns auf eine aktive Reise dorthin.“ Dass man auf dem Weg natürlich trotzdem relativ schnell an nachhaltigen Lösungen arbeiten muss, liegt auf der Hand. Auch wenn die Schritte dahin noch zu klein scheinen. Einer muss hier in Führung gehen.

Helfen Speedboats als Pilotprojekte, bevor man den Regelprozess umstellt?

JT: Ein Speedboat eignet sich hervorragend, um Veränderungen erst mal im Kleinen zu erproben und die Auswirkungen abzuschätzen. Das spart Zeit und Nerven. Es ist viel leichter, einzelne Parameter sehr viel schneller anzupassen und die Schieberegler so einzustellen, dass es am Ende für den gesamten Prozess passend ist. Allerdings darf es nicht beim Piloten bleiben. Ich bin ein großer Unterstützer von Skalierung und schneller Überführung in das große Ganze.

Ist die Geschwindigkeit in unterschiedlichen Verticals überall gleich schnell? 

JT: Das ist nicht der Fall. Und ich finde es auch normal. Wer schneller ist, soll vorauslaufen. Eine gleichzeitige End-to-End-Verantwortung über alle vertikalen Streams ermöglicht dann nach und nach einen Gleichklang. Dadurch schaffen wir gemeinsame Haltepunkte und stellen sicher, dass jeder Stream zur richtigen Zeit das Richtige abliefert. Das ist die Grundlage jeder echten Kundenorientierung, jeder weiß ungefragt, was er zu welchem Zeitpunkt zu tun hat.

Welche Rolle spielt Geschwindigkeit beim neuen, für BMW maßgeschneiderten Performance-Marketing-Agenturmodell?

JT: Ein Hauptgrund für die Implementierung des neuen Performance-Marketing-Agenturmodells war es definitiv, die Geschwindigkeit zu erhöhen, mit der wir unsere Kundinnen und Kunden relevant ansprechen und ihnen Angebote unterbreiten. Indem wir die Anzahl an Agenturen deutlich reduziert haben und eine maßgeschneiderte Lösung für unsere Umfänge in ganz Europa geschaffen haben, bieten sich hier bessere Möglichkeiten. Das Konstrukt der Marcom Engine ist auf inhaltlich ganzheitliches Performance-Marketing ausgerichtet, das datenbasiert und kundenzentriert echten Business Impact generiert und das beste Kundenerlebnis in unserer Kategorie schafft. Die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung unserer Arbeitsprozesse werden wesentlich zur Erhöhung der Geschwindigkeit beitragen. Natürlich ist die Umstellung mit sehr viel Aufwand verbunden und kostet zu Beginn eher Tempo, bis die Transition hin zum neuen Set-up geschafft ist. Auch der Transformationsprozess, sprich die veränderten Arbeitsprozesse erfordern anfangs mehr Managementkapazität und Zeit. Aber wir sehen hier heute schon enorme Synergieeffekte und Effizienzen und gleichzeitig einen hohen Innovationsgrad, der unsere Kundenansprache und unser Interaktionsverhalten einfach schneller und besser macht.

Welches Risikomanagement wird hier betrieben?

JT: Diese Umstellung erfordert Beidhändigkeit. Während wir an der Transformation arbeiten, fokussieren wir uns gleichzeitig auf unsere aktuellen Kernprozesse und stellen sicher, dass diese weiterhin weitgehend reibungslos funktionieren und wir auf dem gewohnten Qualitätsniveau liefern. Ein ordentlicher Planungsprozess und ein durchdachter Transitionsplan stellen sicher, dass die Umstellung vorwiegend reibungsfrei funktioniert und ein ordentliches Handover gewährleistet ist. Das ist gleichzeitig das beste Risikomanagement. 

Verlangsamen Transformationsprozesse den Vertriebsprozess?

JT: Es hilft sicherlich, Transformationsprozesse und organisatorische Anpassungen zeitgleich in Gang zu setzen. Oft passiert das in einem Großkonzern aber zeitlich versetzt. Auf allen verschiedenen Ebenen des Vertriebs müssen Menschen überzeugt, Prozesse verändert und die Aufbauorganisation optimiert werden. Der zeitliche Versatz sorgt manchmal für Störungen im System, sodass sich das neue Unbekannte erst einmal Platz verschaffen muss. Hier helfen Pilotprojekte oder die Unterstützung einzelner Märkte. Oftmals ist es der Impuls von außen über neuen Wettbewerb oder andere Branchen, der notwendig ist, um interne Veränderungsprozesse anzustoßen und uns hilft, uns weiterzuentwickeln und zu optimieren. Das muss man dann auch mal aushalten. Voraussetzung dafür ist natürlich eine gut koordinierte Transformation und die richtige Kommunikation im Unternehmen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview erschien zuerst im TWELVE, dem Magazin der Serviceplan Group für Marken, Medien und Kommunikation. Weitere spannende Artikel, Essays und Interviews von und mit prominenten Gastautor:innen und renommierten Expert:innen lesen Sie in der neunten Ausgabe unter dem Leitthema „Speed! The Winning Factor in the Digital Age“: https://sp-url.com/twelve23-lp

Langfristige, versicherungsbasierte Anlageprodukte bieten viele Vorteile, sind aber häufig schwer zu verstehen. Verpflichtende Produkttests sollen klären, welche Bedürfnisse die Zielgruppe hat und ob Finanzprodukte diese wirklich erfüllen. Zusammen mit Facit hat der Lebensversicherer Forward You, die FWU Life Lux, eine qualitative und quantitative Befragungsmethodik entwickelt, die Verständnisschwierigkeiten und offene Fragen der Interessierten klären soll.

Finanzprodukte werfen viele Fragen auf. Insbesondere wenn sich Pläne und Entscheidungen ändern: Was passiert bei einer frühzeitigen Kündigung? Was, wenn Prämien zeitweise nicht gezahlt werden können? Und was geschieht mit der Rendite in Ausnahmesituationen? Der Gesetzgeber versucht Konsument:innen zu schützen, aber auch Fehlinvestitionen aus Unwissenheit im Anlage-Sektor vorzubeugen, indem gewisse Anforderungen an die Anbieter von Finanzprodukten gestellt werden. Verschiedene EU-Richtlinien[1] setzen hier den Rahmen, die in nationales Recht übertragen werden sollen. Einige Staaten greifen das intensiver auf, andere weniger.

Zuständige Institution für die Finanzregulierung in der EU und Berater der Europäischen Kommission ist die European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA). Die EIOPA hat die Anforderungen in den Product Oversight and Governance Requirements (POG) dokumentiert. Wichtigste Forderung: konkrete Produkttests. Sie sollen im Vorfeld die Verständlichkeit und Kundenorientierung abchecken. Die Fragestellungen: Deckt das jeweilige Produkt die Bedürfnisse des Zielmarktes ab? Und sind Ziele und Produktmerkmale für die Konsument:innen nachvollziehbar? Da jeder Kunde beziehungsweise jede Kundin und jedes Produkt anders ist, müssen spezifische Methoden entwickelt werden. 

Derartige Produkttests sollten längst selbstverständlich sein: Schließlich ist es im Interesse der Versicherungsunternehmen, Produkte zu entwickeln, die Verbraucher:innen vollständig verstehen. Dennoch gibt es zahlreiche Unternehmen, die die Grundsätze und Auslegung der EIOPA nicht beherzigen.

Transparenz, Sicherheit, Beratung und Nachhaltigkeit sind ein Muss

Ganz anders Forward You. Gemeinsam mit Facit hat der Anbieter mittel- und langfristiger Lebensversicherungen einen methodischen Ansatz ausgearbeitet, der die Anforderungen der POG umsetzt. Der eigens dafür entwickelte Methodenmix integriert qualitative und quantitative Befragungselemente  – und das über Ländergrenzen hinweg. Fokusgruppen in mehreren europäischen Ländern haben die Finanzprodukte von Forward You und deren Eigenschaften diskutiert. Insgesamt wurden über 2000 Mitglieder des Zielmarktes befragt.

Das Ziel: Sicherstellen, dass Produkte von Forward You die Bedürfnisse der Zielgruppe wirklich erfüllen, hinterfragen wo Verständnisschwierigkeiten auftreten und wie diese in Zukunft vermieden werden können. Die Quantifizierung über eine Online-Panel-Befragung ergab, dass zentrale Produktmerkmale für die Zielgruppe nachvollziehbar gestaltet wurden.

Die Ergebnisse im Detail:

  • Transparenz ist ein wesentliches Element im Entscheidungsprozess für ein langfristiges Sparprodukt: Die Fokusgruppen fordern eine konkrete Kostenübersicht, auch für außergewöhnliche Ereignisse, die einen nachvollziehbaren Überblick über die gesamte Laufzeit gibt. In der Vergangenheit traten hier häufig Verständnisschwierigkeiten auf. Informierte Kund:innen waren jedoch bereit, Verluste zu akzeptieren, sollten sie den Vertrag vorzeitig kündigen.
  • Ebenso wichtig ist der Aspekt der Sicherheit: Ein Finanzprodukt soll auch während Finanz- oder privaten Krisen Sicherheit bieten. Die Performance der Anlageprodukte trat hinter diesem Gesichtspunkt leicht zurück. Wichtiger als potenzielle Gewinnsteigerungen – mit der Gefahr von Verlusten – ist den Anleger:innen offensichtlich, dass das angelegte Kapital mindestens in voller Höhe ausgezahlt wird. Über 60 Prozent fragten nach Garantien.
  • Die Proband:innen zeigten ein ausgeprägtes Bewusstsein zu kurzfristigen Marktänderungen. Fachkundige Beratung und Aufklärung im Vorfeld einer Investition nahm daher einen wichtigen Stellenwert bei der Fokusgruppe ein.
  • Nicht zuletzt spielt die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten eine immer wichtigere Rolle: Über die Hälfte der Befragten möchte nicht in Unternehmen investieren, die einen schlechten ökologischen Fußabdruck haben.

Forward You ist mit den Ergebnissen des Produkttests sehr zufrieden. „Unsere Test-Ergebnisse helfen uns, bessere Produkte zu bauen und wurden von uns mit der Regulierungsbehörde besprochen. Durch die Befragungen haben wir sehr nützliche Hinweise bekommen, welche Anforderungen und Bedürfnisse die Zielgruppe hat und können sicher sein, dass unsere Produkte im Interesse unseres Zielmarktes sind”, erklären Alexander Dirrheimer, Chief Commercial Officer und Matthias Grimm, Auftraggeber der Studie und Head of Marketing bei Forward You.

Das Instrumentarium für weitere Produkttest auch anderer Anbieter ist geschaffen. Das von Facit entwickelte Set an Tools erfüllt die Anforderungen der EU-Richtlinien POG vollständig und unterstützt Unternehmen dabei, auch komplexe Finanzprodukte transparent und verständlich im Sinne des Zielmarktes zu gestalten.

[1] Umsetzungsgesetz zur europäischen Versicherungsvertriebs-Richtlinie (IDD), Delegierte Verordnung zu den Aufsichts- und Lenkungsanforderungen

Digitalisierung, die geopolitische Neuordnung der Welt, globale Krisen – seit der Jahrtausendwende durchleben Menschen und Marken einen nie dagewesenen Wandel. Ungeachtet aller Veränderungen behaupten einige Marken seit zwanzig Jahren ihre Top-Position bei den Best Brands. Wie gelingt ihnen das und was kann man vor diesen All-time-Champions lernen? Antworten darauf gab es im 20. Jahr der  Best Brands beim dazu gehörigen Best Brands College. Durch das Programm führte live aus dem House of Communication Daniel Boschmann. Die Keynote hielt Christoph Keese, Journalist, Bestsellerautor und Vordenker des digitalen Wandels.

Dass Marken sich immer neu erfinden müssen – das sieht Digital-Vordenker Christoph Keese fast als kategorischen Imperativ! „Neue Märkte werden verteilt, wenn sie entstehen. Wenn man zu den letzten gehört, ist es zu spät“. Amazon, Facebook, Elon Musk sind für den Ex-Chefredakteur von „Welt am Sonntag“ und „Financial Times Deutschland“ Paradebeispiele für First Principle Denker: Sie erkennen lange vor anderen ein logisches Prinzip, die Art und Weise wie die Gesellschaft oder ein Business sich verändern werden – und sie entwickeln eine neue Idee. Keeses Beobachtung: „Über 95 Prozent der Disruptoren der Welt haben zuvor nicht in der Branche gearbeitet, die sie disrupieren.“ Sie sind erfolgreich, gerade weil sie nicht belastet sind mit dem Vorwissen der Branche und neue Denkmuster entwickeln. Keese fordert von Unternehmen Thought-Leadership. Thought Leadership zieht Investoren und Talente magnetisch an.  Man müsse etwas Neues zu sagen haben, und es dann auch umsetzen, das ist Keeses Erfolgsrezept der Zukunft!

Christoph Keese plädiert für Thought Leadership von Unternehmern

Best of the Best Brands – Erfolgsfaktoren aus 20 Jahren Best Brands und darüber hinaus.
Petra Süptitz und Mathias Friedrichs, GfK

Was macht Marken dauerhaft stark? Die beiden GfK-Expert:innen Petra Süptitz und Mathias Friedrichs identifizieren 2 Hauptfaktoren: Liebe und Vertrauen. Doch wie schafft man gerade in diesen Zeiten Vertrauen? Marken verlieren bereits seit Jahren an Stellenwert. Nur 14 Prozent der Deutschen kaufen derzeit Marken, weil sie auf bessere Qualität vertrauen. Handelsmarken hingegen gewinnen hinzu, und nicht nur aus finanziellen Gründen: Ein Viertel der Menschen mit hohem Einkommen wechselt gleichfalls zu Handelsmarken.

Ein wichtiger Hebel sind Werte. Jeder zweite kauft Produkte, weil sie seinen Wertvorstellungen entsprechen. Nur wenn Marken die Konsumenten emotional berühren, bleiben diese der Marke treu.

Werte aber befinden sich im Wandel. Einer der wichtigsten Werte 2004 etwa war Gesundheit & Fitness. Best Brands 2004 war folgerichtig Adidas. 2017 stehen Werte wie „Leben genießen“, Freundschaft, Liebe hoch im Kurs. Der Sieger in diesem Jahr: Die Best Brand Coca-Cola hat damals am überzeugendsten auf diesen Wertekosmos eingezahlt.

Die beiden GfK-Forscher geben 3 Hinweise zur Markenführung mit auf den Weg:

  • Vertrauen und Liebe sind maßgeblich für den Erfolg von Marken
  • Halten Sie, was Sie versprechen und bieten Sie Produkte, die die Werte der Menschen adressieren
  • Erfinden Sie Ihre Marke immer wieder neu und setzen Sie auf relevante Trends
Petra Süptitz und Mathias Friedrichs, GfK erklären, was Best Brands zu Best Brands macht


Erfolgreiche Markenführung als Prozess konstanten Wandels
Christian Köhler, Markenverband

„Erfolgreiche Marken hören nie auf, sich zu verändern, Markenführung ist ein konstanter Prozess“, sagt Markenverband-Hauptgeschäftsführer Christian Köhler, mahnt aber: „Zukunft braucht Herkunft, ansonsten verliert man die, die an die Marke glauben“. Zusammen mit der Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens hat der Markenverband eine Szenario-Studie gemacht. Die Studie identifiziert 6 selbstverständliche Faktoren, auf die sich Marken besinnen sollten:

  1. Qualität der Leistung
  2. Vertrautsein mit dem Verbraucher
  3. Klare konsistente Botschaften
  4. Relevanter Kundennutzen
  5. Ehrlichkeit
  6. Wertschätzung des Verbrauchers

Marken bedroht sieht Köhler durch Werbeverbote und Monopolstrukturen. „Es geht um den Missbrauch marktmächtiger Strukturen.“ Der Markenverband reagiert: Beschwerden etwa gegen Apples Ad Tracking Transparency Modul, Verfahren gegen Google und Apple, die Bestwertklausel von Amazon  sollen Gesetze und Regulierungen schaffen.


Von den Best Brands der letzten 20 Jahre lernen – LEGO Gruppe
Katharina Redmonds, LEGO

3 „P“s – das ist das Erfolgsrezept von LEGO

  • Purpose
  • Play
  • People

To inspire & Develop the builders of tomorrow, so formuliert der Spielwarenhersteller seinen Purpose: „Wir sind überzeugt, dass Kinder alle Fähigkeiten, die sich auch für eine Welt von morgen brauchen, über Spielen lernen.“ Purpose hat aber weitreichendere Dimensionen: Inklusion und Diversität etwa – LEGO gibt es überall auf der Welt und ist für alle da, unabhängig von Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Kultur. Schon immer spielt auch Nachhaltigkeit eine große Rolle: LEGO-Steine sind kein Wegwerfprodukt, man gibt sie weiter an die nächste Generation. Bis 2030, so das Unternehmensziel, soll jeder einzelne Stein nachhaltig produziert werden, schon 2022 hat man auf papierbasierte Verpackungen umgestellt. 25 Prozent der Gewinne fließen zudem in die in LEGO Foundation, sie unterstützt benachteiligte Kinder rund um den Erdball

Das Play verändert sich ständig, auf der anderen bleibt es immer gleich. Die Strategie bei der Produktpalette heißt daher: Über 50 Prozent sind Neuheiten, doch der klassische Quader bleibt Kernelement aller Produkte. Ein wichtiger Grundsatz der Dänen: Mut zum Scheitern. Innovation geht auch mal schief. Ähnliches Prinzip wie beim spielen: Man baut etwas, baut auseinander und wieder neu. Erfolgreich hat LEGO sich eine neue Zielgruppe erschlossen: Erwachsene sind der große Wachstumstreiber der vergangenen Jahren. LEGO Bausets für Kunst, Design, Musik, Wissenschaft, Reisen und Geschichte sind Ausgleich zum stressigen Berufsalltag, bieten Möglichkeit, selbst wieder Kind zu sein.

Das dritte „P“ sind die People, die Mitarbeiter. Einen Arbeitsplatz schaffen, wo Mitarbeiter sich ausleben können, ganz sie selbst sein. Mitarbeiter zu fördern und zu inspirieren. Pate stand hierfür der Spielplatz in Live und wie Kinder dort interagieren: Be Curious, be focused, be brave.

Nadine Bartenschlager und Catherine Niebuhr machen als Führungsduo Nivea zur Lovebrand


Von den Best Brands der letzten 20 Jahre lernen – Nivea
Nadine Bartenschlager und Catherine Niebuhr, Nivea

Wer kennt sie nicht, die blaue Dose? Seit 112 Jahren schreibt die Marke Erfolgsgeschichte: Nummer eins Hautpflegemarke in Deutschland, Europa und weltweit. Nadine Bartenschlager und Catherine Niebuhr, die sich die Nivea- Markenführung im Jobsharing teilen, stellen stolz fest: „Ja, Wir sind eine  Ikone und eine Love Brand!“

Doch wie wird man zur Love Brand? Man muss immer wieder das Feuer entfachen, immer wieder überraschen – und trotzdem die perfekte Balance  zwischen Kontinuität und Innovation halten. Im Gegensatz zu LEGO aber liegt der Schwerpunkt eindeutig auf Kontinuität. Den Großteil der Umsätze macht Nivea mit seinen Bestsellern. Produkten, die stark an die originäre Nivea-Creme angelehnt sind. Farbe, Form, Schriftzug und Duft sind zentrale Elemente der Wiedererkennung. Jede noch so kleinste Veränderung an einer Ikone wie Nivea ruft unglaublich viel Feedback über Monate hervor. „Da müssen wir manchmal die Nadeln wieder zurückdrehen“, so Niebuhr.

„Andererseits muss man sich auch ab und zu in Schale schmeißen“. Gold und Silber spielen Rolle bei der Premierisierung der Marke. Die klassische Nivea-Creme kostet 2,50 Euro. Daneben ist Nivea auch mit seinen hochpreisigeren Produkten erfolgreich. In Impulskategorien wie Duschgel gilt: auffallen im Regal! First Mover zu sein ist auch für Nivea  höchstrelevant. 2020 etwa wurde die Luminous-Range gelauncht , inzwischen die Nummer 1  gegen Pigmentflecken.

Die sich verändernden Werte erkennen, ihnen folgen: Nivea steht schon immer für gesunde schöne Haut. Aber wie diese aussieht, hat sich im Laufe der Jahre verändert: in den 70ern war tief gebräunte Haut das absolute Schönheitsideal, heute – mit zunehmendem Wissen über die Gefahren der Sonne – ist ein natürlicher gesunder Teint gefragt. Auch Familienbilder ändern sich. Anfangs klassisches Role-Model. Später: die Rolle des Vaters nimmt zu. Heutzutage ist der Freundeskreis ebenso Familie. All das spiegelt die Kommunikation wider.

Niveas Zielsetzung: Auch für künftige Generationen Lovebrand mit großem Herzschlag bleiben.

Serviceplan-CSO Stefanie Kuhnhen: „Tappen Sie nicht in die Romanesco-Falle!


Markenkonsistenz braucht Wandel – die Megatrends der nächsten 20 Jahre
Stefanie Kuhnhen, Serviceplan Germany

Ein Fraktal: das kleinste Teil sieht aus wie das Ganze. Damit hat das grüne Kohlgemüse Romanesco mit Markenführung viel gemein: auch die sollte konsistent sein und sich immer ähnlich. Doch Vorsicht: Die Schönheit des Romanesco entsteht aus einem Gen-Defekt! Ständig bringt er neue Knospen hervor, die aber nie zur Blüte kommen. So wie 70 Prozent der Marken, die schon innerhalb von 10 Jahren wieder vom Markt verschwinden. Serviceplan-CSO Stefanie Kuhnhen rät: „Tappen sie nicht in die Romanesco-Falle. Marken müssen nicht nur schön und konsistent sein, sondern über viele Jahrzehnte blühen“ Die wichtigste Zutat ist Neugier. Neugier auf Kunst und Kultur, neue Phänomene, das Verhalten junger Menschen.

Der Fotograf Luc Kordas etwa hat die Einsamkeit in der Großstadt New York fotografisch eingefangen. In Japan beobachten wir seit 10 Jahren das Phänomen der Streichelcafes, Menschen können dort gegen Gebühr Katzen und Hunde streicheln. Eine Studie gibt zudem Einblicke in die Gefühlswelt der 13- bis 16-Jährigen: 30 % dieser Generation Alpha geben an, dass es ihnen schwer fällt, Freunde zu gewinnen. 63 % fühlen sich einsam selbst im Kreise von Freunden und Familien.

Drei Beobachtungen, ein augenscheinlicher Trend: Einsamkeit. Cultural Strategy ist die Fähigkeit von Marken Subkultur zu erkennen, darauf aufzusetzen und in den Mainstream zu bringen. Damit können selbst kleine Marken in kürzester Zeit Platzhirsche verdrängen. Kuhnhen definiert vier Megatrends der nächsten 20 Jahre.

  1. neue Gesellschaften – die Pflicht mit echter Wertschätzung neue Communities zu erschließen.
    54 Prozent der Deutschen wünschen sich mehr Diversität in der Kommunikation. 66 % der Jungen würden Marken kaufen, die das in der Kommunikation versprechen
  2. Neue Realitäten – die Chance, das Markenerlebnis neu zu erfinden.  
    75 Prozent der Befragten sind eher positiv gestimmt auf zukünftige digitale Erfahrungen. Herausforderung an Marketer: Wie kann sich die Marke in einen dreidimensionalen Raum anfühlen?  Eine andere: Welches Kundenproblem lösen wir mit Web3, das Web2 so nicht lösen kann?
  3. Neue Knappheit – die neue Notwendigkeit aus weniger mehr zu machen
    62 Prozent der Deutschen kaufen Second Hand Kleidung. In knappen Zeiten muss das Produktangebot sinnvoller gestaltet werden: Sei es durch bessere Haltbarkeit, Leasingoptionen, Reparierbarkeit oder Kreislaufwirtschaft.
  4. Neue Markenrelevanz – Marken müssen wieder faszinieren, um datenbasierte Experiences zu bieten
    73 Prozent der Menschen nutzen “Private Browsing“, einen AD-Blocker oder löschen Cookies. Wo Adblocker und DSGVO Push-Marketing ausschalten, erlebt emotionale Markenführung eine neue Relevanz.

Wie arbeiten wir 2035, fragt Dr. Steffi Burkhart

What if in 2035 … we live in a post-demographic society?
Dr. Steffi Burkhart, Human Capital Evangelist

Was wäre, wenn wir in 2035 erstmals alle Probleme der Menschheitsgeschichte zu lösen? Diese Frage wirft Steffi Burkhart auf. Sie nennt sich Human Capital Evangelist und wirft einen Blick auf die Gesellschaft der Zukunft. Bereits heute sind 40 % der Menschen weltweit aus Generationen Y,Z und Alpha, 2035 werden sie 75 Prozent der Arbeitswelt stellen. Zentrale Frage wird sein: Was möchte ich mit meiner begrenzten Arbeits- und Lebenszeit anstellen?

Burkhart identifiziert 5 Zentrale Antreiber

  1. Statusorientierung: Status bedeutet, dass wir mehr Macht einnehmen.
  2. Nutzenzentrierung: Leben wir, um zu arbeiten? Nein! 2035 werden wir in einer Post-Growth Era ankommen. Wirtschaftlicher Wachstum ist dann nicht mehr selbstverständlich ist, insbesondere in Bezug auf Gewinn, Umsatz und Mitarbeiter.
  3. Beitragsorientierung:  Was geben wir unseren Kunden und Kollegen, was wirklich nutzenstiftend ist
  4. Gemeinschaftsorientierung: In Zeiten zunehmender Vereinsamung und Individualisierung steigt der Wunsch der Menschen nach echter Verbundenheit und Zugehörigkeit. Die Folge: Wir erleben einen Shift von Community zu Careunity, wo es in der Erfüllung durch die Zuwendung zu anderen geht.
  5. Leidenschaft: What Humans can be they must be, getreu nach Maslow: ein Poet muss schreiben, ein Sportler performen, ein Werber werben

Immer mehr Touchpoints, immer mehr Daten: Vielen Unternehmen fällt es schwer, den Überblick über alle Kundeninteraktionen mit der eigenen Marke zu behalten und personalisiertes Marketing zu betreiben. Customer-Data-Plattform (CDP) und die damit verbundenen Cloud-Lösungen können der Schlüssel sein, alle Aktivitäten und Interaktionen im Blick zu behalten.

Als Beratungs- und Implementierungspartner von Unternehmen ist es uns bei Future Marketing wichtig, die richtigen Partner an unserer Seite zu haben. Die Google Cloud Partnerschaft ist deshalb ein wertvoller Zugewinn. Sie eröffnet uns erweiterte Möglichkeiten für Datenanalyse, Datenmanagement, Predictive Modeling sowie Möglichkeiten zur Entwicklung und Umsetzung einer konsequenten 1st Party Data Strategy bei unseren Kunden. Kurz gesagt: Von unserem stärkeren Austausch mit Google profitieren auch unsere Kunden.

Gleichzeitig bauen wir mit der Google Cloud Partnerschaft unsere Beziehung zu diversen Customer-Data und Customer-Experience-Plattform-Partnern aus, deren Technologien auf der Google Cloud basieren.

Future Marketing setzt in der Zusammenarbeit mit Kunden jederzeit auf die modernsten und für die Problemstellung des Kunden jeweils besten Lösungen. Die Anwendungszwecke von MarTech-Anwendungen und Cloud Services sind umfangreich und vielfältig. Um das richtige Werkzeug und den richtigen Techprovider für jeden Anwendungsfall zu finden, evaluieren wir im engen Schulterschluss mit unseren Kunden die unterschiedlichen Optionen, stellen ihnen unser gesamtes Partnernetzwerk zur Verfügung und begleiten unsere Kunden Stück für Stück auf dem Weg in die neue Umgebung. Zudem bieten wir Workshops rund um das Thema Cloud und die Anwendungsbereiche.

Kontakt: Thomas Nuss, t.nuss@futuremarketing-network.de

Neben Metaverse und TikTok war wohl „Community“ eines der großen Marketing-Buzzwords im Jahr 2022, und das nicht ohne Grund. Die Entwicklung einer erfolgreichen Community-Strategie wird die wichtigste Marketing-Aufgabe der nächsten Jahre. Aber so vielfältig und divers wie die Communities im Netz, so unterschiedlich sind auch die Möglichkeiten für Unternehmen, diese für Markenkommunikation zu nutzen.

Brian Solis hat Social Networks schon 2014 als Stämme beschrieben, in denen Menschen zusammenkommen, weil sie Interessen, Leidenschaften und Herausforderungen teilen. Und digitale Communities gab es schon vor dem Aufstieg der heute dominierenden Social Plattformen – im Usenet, Internet Relay Chat und in Form von Foren.

Für die Gen-Z spielen Communities aber eine nochmals größere Rolle und werden so auch für das Marketing der Zukunft nochmals relevanter. Mit „Looking for Tribes“ lassen sich das Lebensgefühl und die zentralen Bedürfnisse einer ganzen Generation zusammenfassen. Die ständige Suche nach Gleichgesinnten, oft über flüchtige Verbindungen auf digitalen Plattformen, ist nirgendwo stärker verankert als unter den Digital Natives der Gen-Z. Ihre digitale Mediennutzung ist weniger zweckorientiert und viel stärker auf Verbindung, Unterhaltung und Meinungsaustausch angelegt, als in den Generationen zuvor.

Online-Diskurs über Discord, TikTok und Co.

Die geteilten Leidenschaften sind ausgesprochen vielfältig und reichen vom gemeinsamen Hobby wie z.B. Gaming über die geteilte Begeisterung für Popkultur – von Marvel über K-Pop bis zu Anime – bis zum politischen Aktivismus, sei es Klimaschutz oder LGTBQ+ Rechte. Vernetzung und Diskurs finden dabei weitgehend online statt – auf Discord-Servern, auf Twitch, auf Reddit aber auch auf TikTok. Gerade der TikTok Algorithmus dient dabei als eine unerschöpfliche Quelle an Content zu interessanten Themen und fördert zahlreiche neue Creator und Gleichgesinnte auf den Smartphone Screen.

Als Marketer steht man jetzt vor einer schwierigen Aufgabe. Über demographische Merkmale oder die Nutzung bestimmter Kanäle lassen sich die wenigsten dieser Interessens-Communities durchdringen. Und selbst wenn – die verbindenden Elemente sind eindeutig identifizierbar, aber was hat man als Marke dazu beizutragen? Und wie passt die sehr spezifische Kultur einer Community, die sich häufig in Form einer eigenen Sprache und eigenen visuellen Codes manifestiert, zum sorgfältig gepflegten Brand Styleguide?

Die Antwort darauf ist: im Zweifelsfall: Auf den ersten Blick gar nicht. Oder noch nicht. Communities leben vom Mitmachen, von den positiven Beiträgen der einzelnen zum kollektiven Interesse oder Entertainment – und genau das gilt auch für Marken. Hat man passende Tribes identifiziert, die gut zur Marke passen, gilt es erst einmal die Rolle des Ethnologen zu schlüpfen und sich maximal immersiv mit der Community und ihrer Kultur zu beschäftigen.

Es reicht nicht, Kanäle werblich zu belegen

Es reicht auch nicht, einfach nur bestimmte Kanäle werblich zu belegen – denn damit erreicht man im Zweifelsfall einen großen Teil der Community gar nicht oder wird als Außenseiter nicht wahrgenommen. Und wirkliche Mehrwerte für den Tribe lassen sich zwar konzipieren und bereitstellen – aber dann müssen auch erst einmal alle davon erfahren – und das auf einer Vielzahl von Touchpoints. Es gibt aber zum Glück eine Abkürzung und die lautet: Content Creator.

Zahlreiche Communities, egal ob im Gaming, in der Pop-Kultur oder rund um gesellschaftliche Themen, haben reichweitenstarke, kreative und gut vernetzte Creator in ihren Reihen. Oder die Creator selbst sind, wie z.B. auf Twitch, das verbindende Interesse der Gemeinschaft. Über Kooperationen und Partnerschaften öffnen sich hier für viele Marken die Türen – denn die Creator kennen ihre Communities. Sie haben Reichweite auf den wichtigen Touchpoints und sie genießen hohes Ansehen. Mittel- bis langfristig wird man über sie als Brand so selbst zum Teil der Community, schafft Mehrwerte, Content und Kommunikationsanlässe und knüpft auf dem Weg neue Verbindungen, erhält wertvolles und uniques Feedback und eine Menge Inspiration. Nur etwas Kontrolle wird man abgegeben müssen – aber das ist es in der Regel wert.

Intelligent handeln im Auge des Orkans, im Angesicht der Krise? Das geht, sagten Jenny Fleischer, CEO Babymarkt.de und Wolf Ingomar Faecks, CEO Plan.Net Group, CEO The Marcom Engine und Vorstand Serviceplan Group, beim DeepDive #3 des Rezessionskompasses. Was starke Marken anders machen, wenn es stürmt: Sie agieren weitsichtig, bündeln ihre Kräfte – und laden sich emotional auf.

Frostige Zeiten sind es derzeit – und damit ist nicht nur das Wetter in Deutschland gemeint. Auch die Angst vor der Rezession geht um. Kaufzurückhaltung und Preissteigerungen hängen wie dunkle Dauerwolken über der Wirtschaft. Wie kommen Unternehmen da am besten durch?

Sicher nicht durch aktionistisches Rotstiftschwingen beim Budget, sagt Wolf Ingomar Faecks. „Wer Marketing vor allem als Kostenbeitrag sieht, den er jetzt kürzen kann, handelt falsch und wird sich nach der Rezession mit einer schwächeren Marktposition abfinden müssen. Jetzt ist es besonders wichtig, Behavioral Data zu verstehen: Wie reagieren Kund:innen auf meine Engagement-Angebote? Wir brauchen emotional starke Marken. Ohne starke Marke keine Transaktion.“

Bäm! Also erst einmal vor der eigenen Kosmos-Tür kehren und die Triggerpunkte der Kund:innen verstehen und bedienen. Wissen, was sie brauchen und sich wünschen. Digitalmarketing ist dafür wie gemalt: „Je kleinteiliger ich alles steuern und betrachten kann, desto besser. Sicher setzt das eine gute Maschinerie voraus, die passenden Leute an den passenden Stellen, aber letztlich führt es dazu, was alle wollen: Marketingbudgets effektiv einzusetzen.“

„Jetzt erst recht“ – intelligentes Digitalmarketing rules

Resignation vor der Rezession? Nö. Jetzt ist nicht die Zeit, sich abzuducken, bis der Sturm vorbeigezogen ist. Viel mehr Sinn macht guter Brand Activism. Marken können in Communities denken, in den Dialog gehen, ihren Kund:innen Lösungen anbieten und nicht nur ein Produkt. „Orientierung geben bedeutet Sicherheit vermitteln in unsicheren Zeiten“, weiß Faecks. „Einfach mal an das Bild vom Leuchtturm denken.“

Okay, aber der Absatzdruck! Die steigenden Preise! Die Kaufzurückhaltung! „Durchatmen und klar bleiben. Den vielbeschworenen Purpose herstellen: Schau her, das ist der Wert, den ich als Marke stifte!“ Also nicht zu allgemein, sondern sehr fein zielgruppenspezifisch ausdifferenziert. „Wenn man eine funktionierende Community besitzt, ist es sogar wichtig, eine bestimmte Preisposition zu haben und die Marke nicht zu verwässern.“

Moment mal: Kund:innen sind doch selten immer loyal und wandern gerne zu den Preisbrechern ab, oder? „Dann wäre das nun der perfekte Zeitpunkt, um echte Innovationskraft zu zeigen. Wie geht es weiter, was machen wir eigentlich nach der Krise!?“ Also eine Investition in neue Treue machen. „Das kann durch Ausdehnen des Kommunikationsraumes gelingen, durch Entwickeln des Portfolios, durch das Einbinden von Ökosystem-Partnern. Oder anders gesagt: An der Lifetime Experience arbeiten, die den Kund:innen in verschiedenen Lebensphasen begleitet.“ Da könnte auch das Metaverse eine tragende Rolle spielen: „Es wäre doch wunderbar, eine digitale Erlebniswelt zu kreieren, in der ich mich frei bewege, in der meine Interessen und Einkäufe gebündelt sind.

Der Markenkosmos als emotionale Homebase

In der digitalen Welt einen Raum zu schaffen, der die verschiedensten Bedürfnisse bedient –   diese komplexe Herausforderung kennt Jenny Fleischer nur zu gut. Als CEO bei babymarkt.de, Europas größtem Online-Shop für Baby- und Kinderartikel, muss sie sich in die Verfassung und den Wertekosmos von Müttern aller Altersklassen hineinversetzen können.

Neben Deutschland sind die Bochumer in insgesamt 13 weiteren Ländern in Europa sowie in China vertreten, erzielen mit knapp 500 Mitarbeitern im Durchschnitt ein Wachstum von 30 Prozent im Jahr. Babymarkt.de wurde bereits zum sechsten Mal in Folge als bester Online-Shop in der Kategorie „Baby- und Kleinkindausstattung“ ausgezeichnet und war laut dem Technik-Portal CHIP einer der „Leading Shops 2021“. „Natürlich sehen wir Verschiebungen bei Ländern, aber auch bei Themen wie Lieferketten. Und als Auswirkung von 2021 gilt auch heute immer noch: Die Lager sind voll. Definitiv haben Konsument:innen im November bei größeren Investitionen auf die Black Friday Events gewartet.“

Jenny Fleischer befasst sich derzeit vor allem mit strategischen Fragen: „Wie kann ich die Marke aufladen? In unserem Fall gelingt das unter anderem mit Kundenbindungsmaßnahmen wie Promotion-Spielen oder Medienpartnern wie HelloFresh. Viel wichtiger scheint mir aber die Frage zu sein, wie ich für meine Kund:innen da sein kann. Welche Themen sind relevant? Ein Trendthema wie Nachhaltigkeit etwa muss tatsächlich sinnvollerweise an Produktkategorien angepasst werden, weil hier innerhalb der Zielgruppen unterschiedliche Gewichtungen stattfinden. Das bedeutet: Mehr Filter in die Shoppingwelt einbauen.“

Ihr Credo lautet: Die Customer Centricity klar in den Fokus stellen. Und die Einblicke aus Social Media in den Kontext rücken, denn mit ihnen lässt sich über Realtime-Dashboard-Auswertungen viel besser die so genannte Discovery Phase durchleuchten – wo es darum geht, den effizientesten Weg für die Umsetzung eines gewünschten Endprodukts zu finden. „Fakt ist: Wir müssen uns heute besonders mit der emotionalen Rolle der Marke bei Kund:innen beschäftigen.“

Definieren wir Online endlich neu!

Und wo geht die Reise hin? Wo stehen wir, wenn die Konsum- und Markenwelt wieder in ruhigeres Wasser kommt – wenn es denn überhaupt so passiert? Hoffentlich endlich bei der Neudefinition von Online! Der Erkenntnis, dass die Offline- und die Online-Welt eine Symbiose sein können. Wer innovationsfreudig sein will, muss die Datenlage der internen Silos endlich verbinden und Abteilungen kollaborationsfähig machen.

„So gelingen Insights, die uns wirklich näher an die Kund:innen bringen, weil wir uns tief mit der Rolle der Marke beschäftigen. Wir sollten auch unsere Experimentierfreude wieder entdecken und nicht vor Neuem scheuen. Das Mindset darf nicht vor der Auseinandersetzung mit einem Kanal wie TikTok Halt machen, nur weil das angeblich bloß die Jungen anschauen“, sagt Wolf Ingomar Faecks.