Serviceplan-CEO Florian Haller eröffnet das Best Brands College 2020

 

Das Best Brands College 2020 stand unter dem Motto Purpose. Und der kann viele Facetten haben, wie die Referenten bei der Veranstaltung im Vorfeld des Best Brands Awards darstellten.

Am drastischsten formulierte es Thomas Gries. „Nur Saufen für den Regenwald reicht heute nicht mehr.“ Der Geschäftsführer des Markenverbands war einer der Referenten auf dem Best Brands College, dass die Serviceplan Gruppe als Veranstalter in diesem Jahr unter das Motto Purpose stellte. Genauer gesagt: „Die neue Währung Purpose – Wie sich Unternehmen durch eine werteorientierte Markenführung als erfolgreiche Zukunftsbrand positionieren“. Mit kurzfristigen Marketingaktionen jedenfalls nicht, betont Gries mit seinem kleinen Seitenhieb auf Krombacher. Die Brauerei – so viel Gerechtigkeit muss sein – zeigte mit ihrer Kampagne zur Rettung des Regenwaldes allerdings schon Haltung, als in anderen Unternehmen der „Purpose des Business einfach Business“ war, wie Beat Balzli es treffend formuliert. Business ohne Purpose – das geht nicht mehr, glaubt der Wirtschaftswoche-Chefredakteur. Dieses System habe nun ein Legitimationsproblem. Finanzkrise, Klimakrise, Wohnungskrise, gierige Manager: „All diese Exzesse haben den Boden für eine Purpose-Diskussion bereitet. Manager müssen das beachten: Die Gesellschaft akzeptiert diesen Verhalten immer weniger.“

Die Hedonisten von „Fridays for Future“

Deutlich erkennbar an der Generation „Fridays for future“, eine „kleine aber verdammt laute und einflussreiche Gruppe“, hat Mathias Friedrichs herausgefunden. Der Director Consumer Insights bei GfK hat untersucht, was die 15- bis 24-Jährigen die sich des Freitags auf Klimademonstrationen engagieren, antreibt. Das sind – und das ist auf den ersten Blick überraschend – weniger altruistische als hedonistische Werte. Ihr grundlegendes Mantra lautet, so Friedrichs: „Ich möchte Spaß in der Welt haben, dafür muss die Welt natürlich erhalten bleiben. Platt gesagt, ich möchte, dass man mir meinen Spielplatz nicht kaputt macht.“  Dafür üben die jungen Demonstranten auch im Alltag Verzicht. 46 Prozent kaufen nur Produkte und Dienstleistungen, die ihren Werten entsprechen. Und Shoppen finden sie einfacher, wenn die Auswahl begrenzt ist, sagen 42 Prozent. Ihr Konsum ist generell geprägt von Eco-Basics: Wie (31 Prozent) und wo (43 Prozent) wird etwas hergestellt und ist es auch frei von künstlichen Inhaltsstoffen (64 Prozent) und bitte schön, so wenig Verpackung wie möglich (64 Prozent).

Mathias Friedrichs, Director Consumer Insights bei GfK

Bayer: Mitarbeiter als Testimonials

Ob die jungen Planeten-Retter sich von der aktuellen Marketingkampagne Bayers überzeugen lassen würden? Auf dem Best Brands College erläutert Uwe Schmidt, Head of Corporate Brand & Reputation Management bei Bayer, deren Hintergründe. Schlagworte wie Monsanto haben den Weltmarktführer in Ernährung und Agrar, chemischer und biologischer Saatgutschutz ins mediale Blickfeld gebracht. „Die Analyse der Einstellung in Deutschland zu naturwissenschaftlicher Forschung und Innovation generell und zur pharmazeutischen und Agrarindustrie im Speziellen ergab die Notwendigkeit, unseren Purpose wieder stärker in den Vordergrund zu rücken“, sagt Schmidt. #voranbringen – unter diesem Leitmotiv läuft die neue Unternehmenskampagne von Bayer.

Das Motto steht für die Haltung und Firmenkultur in der mehr als 150-jährigen Geschichte der Bayer AG. Die Testimonials sind Angestellte des Konzerns, die ihre Motivation und Engagement für das Unternehmen zum Ausdruck bringen. Zugleich wird das Versprechen der Corporate Brand „Science for a better life“ emotional aufgeladen. Den Hunger beenden, ein gesundes Leben für alle ermöglichen und dabei Ökosysteme schützen. Schon lange bevor Purpose in aller Munde war, hatte Bayer in diesem „Science for a better life“ das Sinnstiftende für Mitarbeitende und die Gesellschaft klar formuliert. Die Kampagne ist Teil der Unternehmens- und Nachhaltigkeitsstrategie. Die Ziele bis 2030: 100 Millionen Kleinbauern sollen unterstützt werden, ebenso viele Frauen in Entwicklungsländern Zugang zu Empfängnisverhütung bekommen, und noch einmal so viele eine medizinische Grundversorgung erhalten. Bayers Ziel für alle Unternehmensbereiche: Bis 2030 Klimaneutral agieren.

Michael Durach , Geschäftsführer Develey

Develey: Der erste klimaneutrale Senf

Das Ziel hat Develey zumindest für seine Unternehmenszentrale in Unterhaching schon erreicht, „Wir sind der erste klimaneutrale Senf“, sagt Michael Durach, der das Familienunternehmen in vierter Generation zusammen mit seinem Bruder Stefan leitet. Bis 2022 will der Mittelständler an all seinen Standorten CO₂-neutral produzieren. Weniger Deponiemüll und Verzicht auf Palmöl sind weitere Ziele, die Develey 2008 formuliert hat. Palmöl in der Produktion ist bereits seit 2016 konsequent verzichtet. „Nachhaltigkeit war bei uns als Familienunternehmen schon immer in der DNA verankert. Bei uns ist das ehrlich und nicht Marketing. So etwas geht auch nicht kurzfristig“, weiß Durach. Und man muss alle Mitarbeiter auf diesem Weg mitnehmen: „Wir bieten nicht die Vorteile eines Großunternehmens. Wir müssen unsere Mitarbeiter durch Authentizität und Vorleben überzeugen“. Das scheint gelungen. 70 Prozent, so eine Mitarbeiterbefragung, könnten sich vorstellen, das restliche Berufsleben bei Develey zu verbringen. Die Stärke als regionaler Arbeitgeber und Anbieter, auch das ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie, spielt dabei sicher eine Rolle. „Wir haben 17 Standorte, damit wir konsequent den Weg der Regionalität gehen“, erklärt Durach. Die Deutschlandkarte in Sachen Senf ist dreigeteilt in die Unternehmensmarken Bautzner Senf im Osten, Löwensenf im Westen und Norden und Develey im Süden.

Cawa Younosi, HR Head Germany bei SAP

Im Tandem und Teilzeit für SAP

Vorteile eines Großunternehmens, damit kann SAP eigentlich nur so klotzen. Kinder- und Haustierbetreuung, freies Mittagessen, Einkaufsservice – Der Weltmarktführer für Unternehmenssoftware lässt sich seine Mitarbeiter einiges kosten. Das hat Gründe: „Klar“, gibt Cawa Younosi, HR Head Germany bei SAP, ehrlich zu. „Der Standort Walldorf ist nicht der Nabel der Welt.“ Ein noch wichtigerer Faktor: Neue Mitarbeiter rekrutieren ist wesentlich teurer, als zufriedene Mitarbeiter halten. Und: zufriedene Mitarbeiter arbeiten besser. Younosi sieht eine direkte Relation zur Marktkapitalisierung. Der Walldorfer Softwarekonzern beglückt seine Angestellten zudem mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. „Wir sind der flexibelste DAX-Konzern Deutschlands. Bei uns muss man nicht zwischen Beruf und Familie entscheiden. Und im Zweifel geht Familie vor.“

Seit 2017 werden alle Jobs für Führungskräfte als Teilzeitstellen mit 75 Prozent Arbeitszeit ausgeschrieben. Wer mehr arbeiten will, kann das natürlich tun. „Aber wer beispielsweise aus familiären oder gesundheitlichen Gründen keine Vollzeit arbeiten kann, soll deswegen nicht an einer Führungslaufbahn gehindert werden“, betont Younosi. Teilzeit ist natürlich nicht nur eine Option für Top-Manager. Mittlerweile haben vier von zehn Arbeitnehmern keine Vollzeitstelle mehr, darunter auch viele Männer. Auch Job Sharing ist möglich. SAP kooperiert hierzu mit dem Start-up Tandemploy. Hier können Menschen wie beim Online-Dating passende Tandem-Partner und Unternehmen Job-Tandems für freie Stellen finden.  Younosi zählt die Vorteile auf: Man arbeitet produktiver, ist motivierter. Motiviert auch für neue Ideen. Bei SAP, so sagt Younosi, sei erst mal jeder Verbesserungsvorschlag willkommen. „SAP DOCH heißt: wir schulden es uns, über alle Vorschläge nachzudenken.“

dm: nachhaltig produziert und verpackt

Ähnlich sieht es dm-Geschäftsführerin Kerstin Erbe: „Bei uns gibt es ganz wenig Top-Down-Führung. Jeder Mensch will sich entwickeln und DM schafft die Freiräume dafür.“  Mahatma Ghandi stand Pate für die Unternehmensphilosophie: „Du musst die Veränderung sein, die du in der Welt sehen willst. Jeder Einzelne ist für nachhaltiges Handeln verantwortlich.“ . Das wird von den mehr als 41.000 Mitarbeitern deutschlandweit bei ihren täglichen Aufgaben mitgetragen. Die Drogeriemarktkette arbeitet kontinuierlich an der Ausweitung des nachhaltig produzierten und verpackten Sortiments. Um den CO²-Ausstoß zügig und bei vielen Produkten reduzieren zu können, arbeitet die Kette mit dem Institut für Technischen Umweltschutz der TU Berlin und Herstellpartnern der dm-eigenen Marken zusammenarbeiten.

Peter Christmann, Gründer Media4Planet

Media4Planet: Mediagelder zur Planetenrettung

Was für Produkte gilt, ließe sich für Media eigentlich ziemlich unkompliziert umsetzen. „Was wäre, wenn ein Bruchteil des globalen Werbemarktes in die CO2-Reduzierung fließen würde? Wenn nur ein Prozent von 600 Milliarden US-Dollar für Klimaschutzprojekte verwendet würde?“, fragt Peter Christmann: Der bekannte Medienmanager und Gründer der Meeresschutzorganisation Orange Ocean hat deshalb Media4Planet (M4P) ins Leben gerufen. Das neue Mediamodell bündelt Werbeflächen von Medienpartnern aller Gattungen und verkauft sie mit Aufschlag weiter. Werbetreibende und Agenturen, die über Media4Planet buchen, nutzen diese Flächen für die Kommunikation von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen. Der Überschuss von Media4Planet fließt in den Klimaschutz. Die Vergabe der Mittel wird von einem externen Beirat überwacht. „Derzeit bereiten wir eine Partnerschaft mit der UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, vor“, sagt Peter Christmann. 50 Prozent des Profits, den sein neues Unternehmen durch den Verkauf der Media erzielt, sollen in Aufklärungs- und Aktivierungskampagnen der UNEP fließen. Mit der anderen Hälfte des Profits wollen Christmann und seine Mitstreiter CO²-Kompensationsprojekte finanzieren, etwa erneuerbare Energien oder Wiederaufforstungsprojekte. Zudem will man eine Plattform mit förderungsfähigen NGOs aufbauen. Werbekunden könnten sich dann aussuchen, für welche Klimaschutzprojekte die Hälfte des Mediaaufschlags verwendet wird.

Hier schließt sich der Kreis: Der Purpose von Media4Planet ist Business, das aber verwendet der Vermarkter für Purpose.