Der Klimawandel lässt die Grenzen zwischen den Jahreszeiten verschwimmen und auch im Suchmaschinengeschäft kündigen sich große Verwerfungen an. Während der Herbst sich noch anfühlt, wie ein Frühling, blicken wir mit den SEO News für den Monat Oktober in die Zukunft.

Die Profanierung der Suchmaschinenoptimierung

Das Feuer hat uns über die Schöpfung erhoben, die Dampfmaschine hat unser Leben beschleunigt, die künstliche Intelligenz killt Millionen von Jobs und die geheimnisvolle Welt der Suchmaschinen wird endgültig zum Selbstbedienungsladen. Von außen betrachtet umgibt unser SEO-Gewerbe ja noch immer eine Aura des Geheimnisvollen.  Suchmaschinenoptimierer gefielen sich immer ein wenig in der Rolle als Hüter von Herrschaftswissen, die mit Hilfe magischer Formeln und Handlungen das entrückte Wesen der Suchmaschine wenn schon nicht bändigen, so wenigstens im gewissen Rahmen beeinflussen konnten. Eine Fähigkeit, die ein Mindestmaß an Geheimwissen und einen großen Erfahrungsschatz als Voraussetzung hatte.

Nun haben sowohl Google als auch Bing angekündigt, Webmastern mehr Kontrolle über die Darstellung ihrer Inhalte auf Suchergebnisseiten zu erlauben. Google hat in einem Blogpost ein neues Set von Attributen angekündigt, mit deren Hilfe man die Inhalte zur Darstellung auf der Ergebnisseite, dem sogenannten Snippet, konkret einschränken und zur optimalen Darstellung vorab definieren kann. Das Ganze steht explizit unter der Überschrift „Mehr Kontrolle über die Suche“. Mit Hilfe strukturierter Daten können vor allem Anbieter von Inhalten, wie Nachrichtenseiten oder Videoportalen, die Vorschau ihres Angebots präziser kontrollieren. Neben einer bessern Darstellung von Suchergebnissen ist dieser Schritt auch ein Friedensangebot im Konflikt zwischen Suchmaschine und Webseitenbetreibern um die Nutzung von Inhalten in Snippets und den wachsenden Anteil von ‚No-click-searches‘. Bei diesen wird der Informationsbedarf des Users bereits auf Googles Seiten befriedigt, ohne dass eine Weiterleitung des Klicks auf die Quellseite erfolgt.

Microsoft zog nach und stellte einen Funktion in Aussicht, mit deren Hilfe Webseitenbetreiber nicht länger nur eine Liste von URLs direkt an die Suchmaschine BING übermitteln können, sondern nun auch Inhalte, wie Text, Bilder und Videos direkt gepusht werden können. Auch dies kennzeichnet die Abkehr vom zwei Jahrzehnte alten Paradigma, dass Suchmaschinen Inhalte selbst crawlen, um sie nach Relevanz und Aktualität zu bewerten.

Organische Suche im Auktionsverfahren

Steht uns also die schleichende Profanierung der Suchmaschinenoptimierung ins Haus, in deren Verlauf organische Ergebnisse nicht mehr sein werden, als die Summe von Webmaster-Eingaben durch diverse Self-Service-Tools der großen Suchanbieter?

Auf der Suchmaschinenkonferenz „Bay Area Search Meetup“ in San Francisco hat Googles Hauself Gary Illyes überraschend eine interessante Analogie skizziert, das gut ins Bild dieser Entwicklung passt. Laut Illyes kann man die organische Suche ähnlich wie bezahlte Suchmaschinenanzeigen als Auktionsmodell betrachten. Statt eines monetären Gebots liefert jeder Suchtreffer eine Kombination verschiedener Argumente, die ihn für die Ergebnisanzeige qualifizieren. Nach Prüfung dieser Signale auf Intention, Relevanz und Qualität werden die verfügbaren Positionen der organischen Suche anhand dieser nicht-monetären Gebote verteilt. In unterschiedlichen Intentions-Kategorien steht dabei nur ein begrenztes Inventar zur Verfügung. Handelt es sich beispielsweise um eine transaktionale Suche, wie „Samsung Galaxy S10 ohne Vertrag“, so wird eine Website mit rein informationeller Ausrichtung und ohne Möglichkeit zur Conversion von dieser Auktion bereits im Vorfeld ausgeschlossen. Der Vergleich von bezahlter Anzeigenauktion und organischer Suche ist natürlich überzogen und SEO wird auch künftig nicht auf die clevere Nutzung der richtigen Tools von Google, Bing & Co. reduziert werden. Aber die Organisation von Informationen ist die zentrale Aufgabe von Suchmaschinen und der Einfluss von künstlicher Intelligenz auf diese Prozesse ist bereits heute enorm. Die Grenze zwischen bezahlter Werbung und organischen Ergebnisdienst wird technisch wie ökonomisch weiter verschwimmen. Die sich dabei ergebenden Möglichkeiten zur Synergie im Auge zu behalten, wird eine der zentralen Herausforderungen für die Suchmaschinenoptimierung der kommenden Jahre sein.

Dieser Artikel erschien zuerst bei internetworld.de.

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