In den vergangenen Jahren ist es immer beliebter geworden, unter einem Markendach ganz unterschiedliche Produktkategorien anzubieten. Xerox erweiterte seinen Markenkern von Kopierern zu Computern. General Electric verkauft auch Finanzdienstleistungen. Wir können Zimmer in Luxushotels von Versace reservieren, oder mit Notebooks von Ferrari im Internet surfen. Wir können sogar Schuhe oder Uhren von Caterpillar, Porsche oder Jeep tragen.

Diese horizontale Markendehnung, also die Erweiterung einer Marke in auf den ersten Blick untypische Produktfelder, ist auch in den Schwellenländern eine beliebte Strategie. Denn sie hilft nicht nur, den Marktzugang zu beschleunigen und Kosten zu reduzieren. Sie nutzt auch die Hebelwirkung bekannter Marken in rasch wachsenden neuen Produktkategorien. Einer der wichtigsten Treiber für die Ausdehnung einer Einzelmarke in andere Kategorien oder sogar Branchen ist die Tatsache, dass der Aufbau von Marken und deren Vertriebswegen in großen Ländern wie China oder Indien sehr kostspielig sind. Oft scheuen sich Unternehmen davor, zusätzliche Investitionen in eine zweite Marke zu tätigen, wenn dies nicht durch starke strategische Überlegungen gestützt wird.

Worauf es bei einer horizontalen Markendehnung ankommt, erklären Dr. Niklas Schaffmeister (Managing Partner Globeone) und Florian Haller (CEO Serviceplan Gruppe) in unserer Springer-Neuerscheinung „Erfolgreicher Markenaufbau in den großen Emerging Markets“.

Vertrauen in Hersteller mit mehreren Marken ist größer

Für dieses Verhalten gibt es auch weiterführende wissenschaftliche Belege. Untersuchungen zeigen, dass chinesische Verbraucher in der Regel besser bekannten Marken mehr vertrauen. In erster Linie deshalb, weil die Marke dazu beiträgt, größeres Vertrauen in die Produktqualität und Produktsicherheit zu vermitteln. Mehr als einer von drei Konsumenten in China gehen davon aus, dass Unternehmen, die in zahlreichen Produktkategorien aktiv sind, vertrauenswürdiger als diejenigen sind, die sich nur auf ein oder zwei Produktsegmente beschränken. Dieser Vertrauensvorschuss ist doppelt so hoch wie in den USA (18%).

Diese Einstellung von vielen Konsumenten in den großen Wachstumsmärkten eröffnet Unternehmen die Möglichkeit, sehr weitreichende Markendehnung in diesen Märkten vorzunehmen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Coca-Cola während der Modewoche in Rio de Janeiro eine legere Bekleidungskollektion vorstellte, die sich an junge und modische Verbraucher richtete. Der Getränkekonzern beabsichtigte, seine Position als weltweit wertvollste Marke noch zu verstärken, und forderte den brasilianischen Designer Thais Rossiter auf, eine aus verschiedenen Quellen schöpfende Mischung aus Retro-, sportlichem und urbanem Design voller bildhafter und blumiger Drucke zu kreieren. Die Kollektion reichte von glamourösen Abendkleidern bis zu Nylon-Shorts – alle versehen mit dem Coca-Cola-Markenzeichen.

Beispiel Haier: Erst Kühlschränke, dann auch Wasserkocher und Computer

Auch der größte chinesische Hausgerätehersteller Haier dehnte seine Kernmarke, Kühlschränke, auf Fernsehgeräte, Wasserkocher, Mobiltelefone und sogar Computer aus. Diese horizontale Markendehnung wurde allerdings auch als Beispiel für eine Überdehnung herangezogen. Aber dies scheint sich auf Haier nicht zu negativ ausgewirkt zu haben, denn das Unternehmen ist immer noch die weltweite Nummer 1 im Bereich der Hersteller von Weißer Ware

Die horizontale Markendehnung hat in den großen Wachstumsmärkten besonders gute Voraussetzungen, weil hier die Konsumenten noch nicht so stark auf bestimmte Marken festgelegt sind und weil sie experimentierfreudig sind. Hinzu kommt, dass Unternehmen, die in mehreren Produktkategorien aktiv sind, zwischen Rio, Shanghai, Mexiko City und Mumbai meist mehr vertraut wird.

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