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Ohne ein tiefes Verständnis der lokalen Kultur und Mythen geht in den großen Wachstumsmärkten kaum etwas, selbst wenn der Rest der Vorbereitungen stimmt. Ganz gleich, ob es um Götter, Festivals und Farben in Indien geht, um chinesische Legenden und Konfuzianismus, oder um ansteckende Lebensfreude und Volksmärchen in Brasilien: wer sich nicht die kulturelle DNA der Zielmärkte verinnerlicht und das eigene Marketing darauf abstimmt, wird gegen eine Wand laufen. Von der chinesischen Philosophie bis hin zur hinduistischen Mythologie halten die extrem vielfältigen Zukunftsmärkte endlos viele Analogien bereit, um eine Marke mit den jeweils vorherrschenden Symbolen, Glaubensvorstellungen, Geschmäckern und Mythen zu verknüpfen. Niklas Schaffmeister (Managing Partner Globeone) und Florian Haller (CEO Serviceplan Gruppe) erklären, auf welche vier Faktoren es dabei ankommt. Im Detail nachzulesen in unserer Springer-Neuerscheinung „Erfolgreicher Markenaufbau in den großen Emerging Markets“ .
1. Auf regionale Weltanschauungen anspielen: Das Beispiel mit der Reinkarnation
Jede Region kultiviert ihre eigenen Weltanschauungen, Überzeugungen, religiösen Ausprägungen und Mythen. Sie äußern sich in farbenfrohen Ritualen und Festivals, in ernsten Prozessionen, oder in überlieferten Erzählungen. Westliche Unternehmen und Marken haben sich in vielen Zielmärkten einfallsreich lokaler Mythen und Glaubensvorstellungen bedient. Zum Beispiel Volkswagen in Indien. Eine Zeitlang fuhr der Autobauer eine Anzeige, die auf das Thema Reinkarnation anspielte. Die Reinkarnation hat im Hinduismus große Bedeutung. Die Anzeige zeigte einen alten VW Polo, der von seinem Besitzer sehr geschätzt wird. Selbst im hohen Alter pflegt der Mann das Fahrzeug noch. Doch er stirbt, als seine Tochter ein Kind erwartet. Die Tochter und ihr Ehemann kaufen einen neuen Polo und entdecken, dass der Enkel das Fahrzeug ebenso schätzt wie sein verstorbener Großvater. Die Vorstellung, die hier geweckt wird, besagt, dass sich der Großvater in seinem Enkel reinkarniert haben muss und dabei auch die Liebe zu dem Fahrzeug übertragen hat. Der Werbespot gipfelt in dem Slogan: „Der neue Polo – so gut, dass man dafür wiederkehren wird“.
2. Lokale Feste nutzen: Wie man wirkungsvoll Verbindungen aufbaut
Religiöse und andere traditionelle Feste setzen in einigen Ländern ganze Völkerwanderungen in Gang. Zum chinesischen Neujahrsfest kehren hunderte von Millionen Chinesen zu ihren Familien heim und feiern dort ausgelassen. Das ganze Land ist zu diesen emotionalen Feierlichkeiten auf den Beinen. Sie sind wunderbare Anlässe für Marken, um Verbindungen mit ihren Zielgruppen auf- oder auszubauen. Starbucks setzte in einer geschickten Werbekampagne den chinesischen Kalender ein, um den Umsatz zu steigern. Die Kaffeekette aus Seattle entwickelte einen 30-tägigen Kalender rund um das alljährliche Frühlingsfest, wenn ganz China auf den Beinen ist und alle Chinesen ihren Lieben rote Umschläge mit Geldgeschenken überreichen. Das Frühlingsfest wird in China gerne für Hochzeiten, Reisen oder andere wichtige Ereignisse genutzt. An einem Tag des Starbucks-Kalenders hieß es, er sei gut geeignet, um Verwandte zu besuchen. Ein anderer Tag war für „Blind Dates“ reserviert. Der Kalender wurde auf Plattformen der sozialen Medien verbreitet und die verschiedenen Tage mit Sonderangeboten in den Läden der Kaffee-Kette verknüpft. Einmal wurden die Kunden aufgefordert, ihre Eltern in einem Geschäft zu umarmen, um ein „Bestell drei, zahl zwei“-Angebot zu nutzen. An einem anderen Tag waren die Getränke kostenlos und es wurden Kundenkarten angeboten. Mit relativ geringen Investitionen machte Starbucks seine „Kampagne der täglichen Freundlichkeiten“ zu einem riesigen Erfolg. Sie soll die Verkaufserlöse im Vergleich zu anderen Werbeaktionen verzehnfacht haben.
3. Forschen vor Ort: Die nächsten globalen Trends schon am Ursprung erkennen
Globale Trends entstehen meist dort, wo die größten, agilsten und kreativsten Märkte sind. Immer öfter werden daher die großen Wachstumsmärkte zur Quelle neuer Standards und Trends. Aus diesem Grund stärken westliche Marken seit ein paar Jahren ihre lokale Forschung und Entwicklung in den Zukunftsmärkten. Einer der Trendsetter in China war Mercedes-Benz. Der Autohersteller eröffnete in der ersten Hälfte des Jahrzehnts in Peking ein Zentrum für fortschrittliches Design. Grund war die weitsichtige Annahme, dass die Präferenzen chinesischer Verbraucher in Zukunft weltweite Trends setzen werden. Neben Anpassungen beim Infotainment und den Fahrassistenz-Systemen erforscht das F&E-Zentrum auch das Fahrzeugdesign der Zukunft und gezielt die Vorlieben der lokalen Verbraucher. Parallel zur Eröffnung des F&E-Zentrums stellte Mercedes sein erstes lokales Konzeptfahrzeug vor, ein SUV-Coupé-Crossover mit dem Namen „G-Code.“ Das Auto weist zahlreiche Anpassungen auf, die den besonderen Geschmack der lokalen Zielgruppe bedienen. Neben Anleihen bei der traditionellen Landesarchitektur, Mode und Kalligrafie wurde das Design auch von den spezifischen Geschmäcken der modernen Kunden beeinflusst. Chinesen ziehen ein ausdrucksstarkes und dominantes Design vor, um ihren individuellen sozialen Aufstieg zu demonstrieren. Dazu gehören auch auffallende Spielereien wie ein Kühlergrill, der seine Farbe ändern kann.
4. Gut übersetzt ist halb integriert: Wenn BMW zum „kostbaren Pferd“ wird
Richtig knifflig kann eine lokale Anpassung werden, wenn es um die lokale Sprache geht. Hier lauern Fallstricke. Sie können sich als teuer erweisen, wenn etwas schiefgeht, vor allem bei der Übersetzung des Markennamens. In der chinesischen Kultur haben Namen eine sehr große Bedeutung. Vor der Kulturrevolution war es ein weit verbreiteter Brauch, dem Familiennamen und Vornamen bei Erreichen der Volljährigkeit ein Pseudonym hinzuzufügen. Aus diesem selbst gewählten Namen konnte man auf die Einstellungen und Tätigkeiten des Namensträgers schließen. Das Gleiche gilt für Markennamen. Aus der Sicht chinesischer Verbraucher ist der Markenname eine Manifestation von Kultur und Werten des beworbenen Produkts. Doch bei etwa 50.000 Schriftzeichen und hunderten von Dialekten kann Fahrlässigkeit bei der Übersetzung im Desaster enden. Einigen deutschen Unternehmen sind mit Hilfe von Experten gelungene Übertragungen geglückt. Der Name für Siemens – „Xi-men-zi“ – bedeutet „Tor nach Westen“. Der Name BMW lautet im Chinesischen „Bao-ma“ – „Kostbares Pferd“. Und „Ben-chi“ als Übertragung von Mercedes-Benz wird mit „galoppiert schnell“ übersetzt.
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