In der Serie „Dreimal aufgeschlaut“ erklären Experten der Plan.Net Gruppe regelmäßig ein aktuelles Thema der digitalen Welt aus unterschiedlichen Perspektiven. Was bedeutet es für die Oma, was für den Agentur-Kollegen? Und was hat der Kunde, also ein Unternehmen, davon?

Kaum eine neue Technologie hat in den letzten Jahren so viele Szenarien für eine goldene Zukunft gemalt wie die Blockchain, DIE Lösung zur dezentralen, manipulationssicheren Speicherung von Transaktionsdaten. Aber was ist denn jetzt wirklich dran?

Meine Oma und die Blockchain: Was ist das und ist das das gleiche wie diese Bitcoins?

Liebe Oma, nein, Blockchain ist vielmehr die Technologie, auf deren Basis zum Beispiel nicht-physische Währungen wie Bitcoins funktionieren. Die Blockchain, auf Deutsch „Block-Kette“, ist ganz vereinfacht eine erweiterbare Liste von Datensätzen, die in Blöcke eingeteilt werden – daher der Name. Stell dir eine Lokomotive vor, an die mit der Zeit immer mehr Waggons angehängt werden. In diesen Datenwaggons wird jeder Vorgang, beim Bitcoin beispielsweise ein Zahlungsvorgang, chronologisch vermerkt. Da dieser „Datenzug“ nicht nur auf einem, sondern auf ganz vielen verschiedenen Computern gespeichert und aktualisiert wird, sind die Daten viel sicherer. Denn wenn jemand einen Datensatz nachträglich verändern würde, zum Beispiel um etwas zu vertuschen, würde das nicht gehen – denn die eine falsche Information würde gegen die vielen richtigen nicht ankommen.

Bitcoin, auf Deutsch so etwas wie „digitale Münze“, ist ein weltweit einsetzbares Zahlungssystem, das auf dem Blockchain-Prinzip basiert. Es ist sehr sicher, einfach zu nutzen und kommt ohne eine Bank aus, denn die Abwicklung der Zahlungen erfolgt in einem Netzwerk, in dem jeder mitarbeiten kann. Was in der Theorie gut klingt, hat in der Praxis allerdings einige Nachteile. Um an diese digitale Münzen zu kommen, braucht man eine Wechselstube im Internet, der man sein Geld anvertraut. Ob diese ausreichend gegen Hacker-Angriffe abgesichert ist, kann man aber leider nur schwer erkennen. Zudem gibt es kaum Möglichkeiten, mit Bitcoins einzukaufen, denn Bitcoin ist als Zahlungsmittel eigentlich gar nicht geeignet: Die Abwicklung der Zahlungen dauert lange, kostet hohe Gebühren und der Wert der Währung schwankt zu sehr. Deshalb ist es auch eine ziemlich schlechte Idee, sein Erspartes in Bitcoins anzulegen – außer, man ist Zocker aus Leidenschaft.

Blockchain bietet aber auch Potential abseits von digitalen Währungen: zum Beispiel zur lückenlosen und transparenten Dokumentation von Lieferketten im Lebensmittel-Bereich. In zahlreichen Ländern wird die Blockchain auch immer wieder als Technologie für die öffentliche Verwaltung ins Spiel gebracht, z.B. für notarielle Dienste oder die Verwaltung medizinischer Daten. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.

Mein Kollege und die Blockchain: Schaffen wir damit Transparenz im Online-Advertising?

Im Digital Media Business gibt es mehrere potentielle Einsatzgebiete für Blockchain. Ein Beispiel ist die transparente und sichere Abwicklung von Kampagnen über Programmatic Advertising. Hier könnte die Blockchain Probleme rund um Ad Fraud, Brand Safety und Abrechnung lösen, wenn in der Kette lückenlos und manipulationssicher dokumentiert ist, wo und wann welche Impression zu welchem Gebot ausgeliefert wurde. Auch beim Reporting von Leistungswerten könnte Blockchain dazu beitragen, zwischen Publishern, Agenturen und Kunden einheitliche Datenstände sicherzustellen.

Zahlreiche Startups haben hier bereits Lösungen konzipiert, einem großflächigen Einsatz stehen aber noch enorme Entwicklungs- und Abstimmungsaufwände zwischen allen Beteiligten im Weg. Es muss aber auch nicht immer Blockchain sein – die Ads.txt Initiative des IAB hat mit einfachen Mitteln schon viel zur Vermeidung von Inventory Fraud beigetragen.

Blockchain für den Kunden: Welche der vielen Anbieter sind denn jetzt vertrauenswürdig?

Für werbetreibende Unternehmen ist Programmatic Media natürlich auch interessant. Darüber hinaus kann die Blockchain im Bereich Content-Vertrieb als Handelsplattform zwischen Produzenten und Käufern zum Einsatz kommen, z.B. im Bereich Bildrechte.

Zahlreiche Startups und etablierte Technologie-Firmen haben in den letzten Monaten Produkte und Anwendungen auf Basis der Blockchain gelauncht. Der größte Nachteil vieler Anbieter: Als Zahlungsmittel auf der jeweiligen Plattform dient in der Regel eine eigene Währung in Form von Coins oder Tokens, mit der die Transaktionsabwicklung sowie der Ein- und Verkauf von Media-Inventar oder digitalen Lizenzen bezahlt wird. Bei der Nutzung mehrerer Dienste müssen Unternehmen quasi eine Brieftasche voller verschiedener Währungen parat haben – das ist nicht nur im Urlaub unpraktisch.

Bei Startups rund um Blockchain hat sich der Erstverkauf dieser Währungen (das sogenannte Initial Coin Offering, kurz ICO) als neue Möglichkeit zur Kapital-Beschaffung etabliert. Zugrunde liegt dabei aber immer der Glaube an den Erfolg der Plattform: Funktioniert das Geschäftsmodell, steigt gleichzeitig auch der Wert der Währung. Das ist für die Investoren und Plattformbetreiber vorteilhaft, nicht aber für jemanden, der damit auf der Plattform Media oder (digitale) Güter kaufen möchte. Und längst nicht alle Anbieter sind erfolgreich. Eine Recherche der Crypto-Currency Newssite Bitcoin.com hat ergeben, dass von den über 900 ICOs im Jahr 2017 fast 60 Prozent der Unternehmen gescheitert oder so gut wie gescheitert sind. Auch hier gilt erstmal: abwarten, Tee trinken und die Entwicklung beobachten.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei LEAD.

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