After Work XChange am 21. Juni 2018: Blockchain im Plan.Net Innovation Studio

Sie ist komplex, als Technologie nicht einfach zu verstehen, beinhaltet mathematische Rätsel und der ein oder andere ist mir ihr schon schwer reich geworden. Die Rede ist von der Blockchain, die beim zweiten After Work XChange im Plan.Net Innovation Studio, diskutiert wurde. Nach der Begrüßung durch Klaus Schwab gab Prof. Nils Urbach von der Universität Bayreuth eine auch für Laien verständliche Einführung in die technologischen Hintergründe. Dr. Manfred Krischke zeigte anhand des Geschäftsmodells seines Startups CLOUDEO, dass Blockchain insbesondere bei der Machine-to-Machine-Kommunikation noch sehr wichtig werden könnte. Schließlich berichtete Joachim Erdle, Leiter des Bereichs Corporate Finance der Landesbank Baden-Württemberg, von einem Anwendungsfall, der bewiesen hat, dass die Technologie für alle Branchen einen Nutzen bringen kann: Gemeinsam mit Daimler und später auch mit Telefonica setze die Bank erstmals einen Schuldschein auf Basis der Blockchain um. Er berichtet offen über die internen und externen Probleme, aber natürlich auch über zahlreiche Vorteile der Technologie. Wir haben die Gelegenheit genutzt und Joachim Erdle noch ein paar Fragen zu dem Projekt gestellt.

Nachdem Daimler im vergangenen Jahr gemeinsam mit der LBBW erstmals einen Schuldschein mithilfe der Blockchain platziert hat, haben Sie gesagt, dass die Blockchain die Rolle der Banken im Wirtschaftskreislauf verändern wird. Wie genau sieht diese Veränderung aus?

Joachim Erdle: Technologie ermöglicht es heute, Wertschöpfungsketten aufzubrechen und Prozesse komplett neu zu definieren. Das heißt, bestehende Prozesse werden nicht einfach digitalisiert, sondern wirklich komplett neu gestaltet. Vor allem die Blockchain-Technologie halten wir für einen wesentlichen Punkt, weil durch sie ein Umbruch möglich wird: Intermediäre – also Mittlerunternehmen wie eine Bank, die zwischen Emittenten und Investoren vermitteln – werden nicht mehr in ihrer bisherigen Rolle benötigt. Das ist für uns aber nicht schlimm, sondern eine Chance. Wir wollen vielmehr unsere Beratungskompetenz und -kapazität weiter ausbauen und diesen Teil der Wertschöpfung für unsere Kunden optimieren. Und da spielt der Faktor Mensch nach wie vor eine zentrale Rolle. Technologie ist wichtig, vor allem in der Beratung ist der Mensch aber immer noch wichtiger.

Wie haben Sie es geschafft, in einem sehr „klassischen“ Unternehmen wie der LBBW eine so fortschrittliche Technologie wie Blockchain einzuführen?

Joachim Erdle: Digitalisierung und Agilität gehören zu den strategischen Stoßrichtungen der LBBW, und damit waren die Bereitschaft und die Voraussetzungen für den Einstieg in innovative Technologien vorhanden. Wir waren uns von Anfang an bewusst, dass wir solch ein Projekt nur gemeinsam mit einem Kunden umsetzen können. Daher haben wir uns sehr früh entschieden, unsere eigene Entwicklung mit Kunden zu diskutieren, deren Ideen zu verstehen und gemeinsam mit ihnen weiterzuentwickeln. Ziel war es von Beginn an, eine echte Transaktion durchzuführen. Das führt natürlich zu einer ganz anderen Dynamik, als wenn man nur in der Theorie oder im Labor an irgendetwas arbeitet.

Welchen internen und externen Hürden sind Sie dabei begegnet?

Joachim Erdle: Die wesentliche Hürde war erst einmal die Technologie selber, die – als wir 2016 damit begonnen haben – für uns komplett neu war. Insofern war es wichtig zu verstehen, welche Möglichkeiten, aber auch welche Grenzen sie bietet. Der zweite Punkt war das Arbeitsmodell für die Zusammenarbeit. Innerhalb einer Bank ein Projekt zwischen Fachabteilung und IT-Abteilung durchzuführen ist schon komplex, dann noch einen Kunden mit Fach- und IT-Abteilung dazu zu nehmen, ist natürlich noch viel komplexer. Daher haben wir die ganze Entwicklung mit der agilen Arbeitsmethode Scrum durchgeführt. Das gemeinsame Ziel, eine echte Transaktion durchzuführen, verbunden mit einem sehr engen Zeitplan, hat dazu geführt, dass wir mit den internen Hürden gut umgehen konnten.

Heute stehen wir noch vor einigen externen, nämlich rechtlichen und regulatorischen Hürden. Da sind wir jedoch in einem sehr guten, detaillierten Dialog mit den Behörden. Eines der wesentlichen Themen ist die digitale Signatur: Die Bundesbank verlangt beim Schuldschein momentan noch eine echte Unterschrift auf Papier. Darüber hinaus arbeiten wir intensiv an dem Thema Tokenization. Das heißt da, wo wir einen Wert, in unserem Fall einen Schuldschein, digitalisieren und auf der Blockchain abbilden können, muss es auch die Möglichkeit geben, diesen Wert auf der Blockchain zu transferieren. Der dritte Teil ist das ganze Thema digitale Identität. Der Onboarding-Prozess von Investoren auf der Blockchain ist bisher sehr aufwändig. Da gibt es noch eine ganze Menge zu tun, um den eigentlichen Sinn der Blockchain – nämlich Effizienzsteigerung für unsere Kunden – nutzen zu können.

Nach Schuldscheinen mit Daimler und Telefonica – was ist der nächste Schritt Ihrer Digitalisierungsstrategie?

Joachim Erdle: Unser derzeitiges Ziel ist die komplette Digitalisierung des Schuldscheinprozesses. Wir haben uns zunächst mit der Blockchain-Technologie beschäftigt um die Umsetzung zur optimieren. Darauf folgten die erste Testphase mit Daimler und die erste Transaktion, gefolgt von der zweiten Phase mit Telefonica. Dabei haben wir uns bereits Skalierungsaspekten befasst. Jetzt gehen wir den Teil an, der bisher noch nicht digitalisiert ist – nämlich das, was ganz zu Beginn eines Schuldscheinprozesses stattfindet: Distribution, Marketing und das Zusammenführen von Emittent und Investoren. Dafür haben wir gerade unsere neue Plattform Debtvision gestartet, die wir im nächsten Schritt mit der Blockchain verbinden wollen. Damit hätten wir es erstmalig geschafft, den kompletten Schuldscheinprozess digital abzubilden.