Langsam, aber um so nachhaltiger, kommen die Agenturen oder das, was man früher einmal so bezeichnet hat und heute eigentlich Kommunikationshäuser heißen müsste, aus der Schmuddelecke heraus. Wurde doch die Arbeitgeberattraktivität einer ganzen Branche jahrelang systematisch heruntergeredet und – geschrieben (am liebsten von uns selbst), so sieht das allmählich wieder anders aus. Unter Hochschulen und Hochschülern, unter Konkurrenten und Kandidaten gewinnen die Arbeitsplätze in Agenturen zunehmend wieder an Profil und Attraktivität. Fünf Themen sind es, die diese Entwicklung befeuern, nicht alle sind neu, aber wir haben es zu lange vernachlässigt hier in eigener Sache zu argumentieren:

Wer heute ins Berufsleben einsteigt, die/der will vor allem eines nicht: sich langweilen, stattdessen die eigenen Fähigkeiten sinnstiftend und für sich selbst erfüllend einbringen. Möglichst selbstbestimmt zu arbeiten und „sein eigenes Ding“ (wir nennen es Ownership-Philosophie) zu machen sind weitere Kriterien, nach denen sich die Generation Y und Z ihre Arbeitgeber aussuchen. Auch hier haben Agenturen eine Menge zu bieten. Was man früher einmal Werbung nannte, lebt heute von integrierten Prozessen und Projekten. Die Kombination der verschiedensten Gewerke erfordert alle denkbaren Qualifikationen. So entstehen Teams, die sich je nach Aufgabenstellung immer wieder neu formieren und agil zusammenarbeiten. Da kommt es auf jede/n einzelne/n an aber auch darauf, im Team gemeinsam zu performen. Das wiederum liest sich wie der berufliche Wunschzettel der aktuellen Absolventenjahrgänge.

Berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung wurde in den Agenturen inzwischen in großer Breite und Tiefe etabliert. Zugang zu fachspezifischen e-learnings, zu Webinaren oder firmeninternen Vortragsreihen haben die meisten AgenturkollegInnen. Dazu kommen bei einigen Häusern regelrechte Firmen-Hochschulen oder Hochschul-Partnerschaften für berufsbegleitende Bachelor- und Master-Studiengänge. Um bei Bachelor-Absolventen den Praxisbezug zu verstärken werden Traineeships angeboten, die mit elaborierten Kurssystemen gekoppelt sind.
Alle diese bisher vermeintlich exklusiven Bindungs-Tools der Industrie setzen mittlerweile Agenturen, die darüber verfügen, mittlerweile als Recruiting-Argumente ein – und punkten auch damit.

New Work ist ein weites Feld und Agenturen standen bisher eher weniger im Verdacht, hier die Pace vorzugeben. Aber das ändert sich gerade. Nachdem mit der Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Home Office-Regelungen, individuellen Teilzeitmodellen und ernsthaften Anstrengungen in Richtung Gender-Diversity die Voraussetzungen geschaffen wurden, können Organisationsstrukturen, Raumkonzepte und Arbeitstechniken nachgezogen werden. Wenn dies auch kundengetrieben geschieht, umso besser, Druck macht erfinderisch – und attraktiv für die Bewerberseite.

In Agenturen arbeitet heute ein Mix aus Menschen, der sich sonst nie getroffen hätte. Gerade nach der Integration digitaler Geschäftsfelder und der Internationalisierung von Kundenbeziehungen und Projekten hat hier eine Kulturrevolution stattgefunden, die zusammenbringt, was früher wenig miteinander zu tun hatte. Bei uns sind es 80 Berufsbilder aus 40 Ländern in 15 Geschäftsfeldern.
Da ist die Lernkurve enorm und der Job bleibt auch nach Monaten und Jahren noch spannend. Das lässt die mehr oder weniger monothematischen Arbeitswelten großer Dienstleister oder kleiner Start ups schon mal alt aussehen.

Aber ganz zentral stellt sich bei all dem die Frage: Und wer hat´s erfunden?

Neue digitale Berufsbilder entwickeln sich seit einigen Jahren in so schneller Folge, dass sich viele anstrengen müssen, den Überblick zu behalten. Creative Coder, Planner Digital Media, Planner Social Advertising, Social Media Community Manager, Informationsarchitekt, Data Analyst, Data Scientist, Consultant Programmatic Advertising, Database Manager, Audience Broker ……… Diese Berufe sind in ihrer überwiegenden Mehrheit in Digitalagenturen entstanden und nicht bei den großen Internet-Dienstleistern. Sie wurden in Agenturen erfunden, getrieben durch die aktuellen Anforderungen des Marktes. Denn neue Berufe entsteigen nicht den Curricula der Hochschulen und schon gar nicht den SCRUM-Boards großer Software-Häuser. Sie entstehen da, wo Kunden etwas brauchen, dass es so bisher nicht gibt. Und sie entstehen gleichzeitig auf einem Stockwerk aus Arbeitsprozessen heraus, die deshalb so spannend sind, weil die Kunden und Aufgabenstellungen täglich wechseln. Gerne hat so ein neuer Beruf am Anfang zwei verschiedene Namen (Creative Coder versus Creative Technologist) und gewinnt oder verliert durch trial and error die eine oder andere Kompetenz. Wer inhabergeführt ist, kann da erst recht vieles ausprobieren – und fühlt sich auch berufen, bei den Hochschulen aktiv zu werden, auf dass diese Berufe dort als solche anerkannt und ausgebildet werden. Wobei in Deutschland die privaten Hochschulen hier viel schneller reagieren als die staatlichen. Aber ganz egal ob noch ausgebildet durch learning by doing oder bereits hochschulbasiert: da möchte man sein und arbeiten, wo so etwas wie das kurzfristige Entstehen neuer Berufe überhaupt erst möglich wird. Deshalb suchen und finden Agenturen wieder die Pioniere, die sie so dringend brauchen.

Soll heißen, bei den Agenturen hat sich in Sachen Arbeitgeberattraktivität mehr getan als nur ein Facelifting. Das hat einmal damit zu tun, dass Agenturen inzwischen viel mehr sind als Agenturen, aber auch damit, dass es unser Geschäft und auch unser Wesen ist, ziemlich nahe an den Menschen dran zu sein: an den Verbrauchern, an unseren Kunden und an all denen, die wir davon begeistern möchten, bei uns zu arbeiten. Probiert uns einfach aus!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei wuv.de.