Tour de Marketing

Von CMOs für CMOs – so lautet die Idee des „CMO of the Year“ Awards. Wer die begehrte Auszeichnung als bester Marketing-Manager des Jahres erhält, bestimmt unter anderem ein Gremium aus über 50 Marketingentscheidern: das CMO-Council. Die Experten-Community ist das Ergebnis einer ungewöhnlichen Deutschlandreise.

Die Erkenntnisse über die Bedürfnisse deutscher Marketingchefs beruhen auf über 20000 Kilometern. Diese Strecke hat Stefan Schütte in elf Monaten zurückgelegt. Mit dem Flugzeug, dem Auto und manchmal sogar mit dem Motorrad ging es von München aus quer durch Deutschland. Nach Hamburg, Frankfurt, Berlin, Mainz – aber auch ins beschauliche Brühl bei Heidelberg – führten die Wege des Geschäftsführers der Holding der Serviceplan-Agenturen.

Nun könnte man sagen, das gehört zu seinem Jobprofil. Reisen, Kunden gewinnen, überzeugen. Doch Schütte ging es bei seiner Deutschlandreise um etwas anderes, als neue Aufträge an Land zu ziehen. Er wollte die Top-Entscheider im Marketing bei renommierten Firmen für eine Idee gewinnen: das CMO Council.

Das ist auch in einer Republik mit allein 600.000 Vereinen und zahllosen Organisationen eine sportliche Aufgabe. Denn Marketingentscheider sind keine Berufsgruppe, die unter Langeweile und zu viel Freizeit leidet. Doch das hat Schütte nicht abgeschreckt. Die Reaktionen in Telefonaten mit mehreren Entscheidern waren im Vorfeld zu positiv. Die Tour de Marketing konnte starten.

Das Gremium, so das eigentliche Ziel, soll künftig das Herz des CMO of the Year Awards sein. „Wir wollen die CMOs stärker in die Entscheidung über den Preisträger einbeziehen, um die Bedeutung des Awards weiter aufzuladen“, sagt Schütte. Aus einem reinen Jurypreis der vergangenen drei Jahre soll jetzt eine Auszeichnung werden, die das Label „von CMOs für CMOs“ zu Recht trägt. Der Plan ging auf.

Anfang 2017 nahm das Council seine Arbeit auf. Über 50 Marketingentscheider sind dabei, aus allen Branchen, aus großen und kleineren Unternehmen. Anja Stolz (Commerzbank) beispielsweise. Oder Frank Niewöhner (Renault), Winfried Meier (Arla Foods) und Gareth Locke (Mytheresa). Tina Müller (Opel) und Sebastian Rudolph (Bilfinger) gehören ebenfalls dazu. Die Council-Mitglieder bestimmten in einem Online-Voting die fünf Finalisten für den CMO of the Year 2017, zehn von ihnen sind zudem Teil der Jury, welche die finale Entscheidung über den Sieger getroffen hat. Entscheidend für die Aufnahme in das Council ist neben der Persönlichkeit des Chief Marketing Officers auch die Bedeutung der Marke, die er vertritt. „Die Mitgliedschaft ist bislang kostenlos und an ein Unternehmen gebunden“, nennt Schütte zwei weitere Regeln.

Damit könnte die Geschichte zu Ende sein. Doch es ist wie immer bei Reisen. Man sammelt Eindrücke, nimmt Stimmungen auf und manchmal löst das alles zusammen Veränderungen und Ideen aus. In seinen Gesprächen stellte Schütte fest, dass in der Idee des Councils mehr Potenzial steckt als nur die Absicht, einen Wahlverein zu gründen. „Bei den CMOs gibt es eine Sehnsucht, sich zu vernetzen und sich über Themen jenseits des Alltagsgeschäfts auszutauschen“, fasst er seine zahlreichen Gespräche zusammen. Und dieser Wunsch ist unabhängig davon vorhanden, ob es sich um einen Konsumgüterhersteller, Pharmariesen oder einen Autobauer handelt.

Das Council soll sich deshalb zu einer Community entwickeln, einer Art Xing des Marketings. Warum das sinnvoll ist, dafür gibt es zahlreiche Gründe. Sie reichen von der steigenden Komplexität in der Disziplin, von höheren Anforderungen und dem ständigen Druck auf die Marketiers, auch die eigene Position behaupten zu müssen, bis hin zu dem Wunsch, sich auch mal von CMO zu CMO unterhalten zu können, ohne gleich über die eigene Marke und Kampagnenstrategie sprechen zu müssen. Stattdessen sind es Felder wie Themen setzen, Strukturen schaffen, den Nachwuchs fördern und an sich binden, die CMOs stark beschäftigen.

Genau hier setzt das Council an. Zweimal im Jahr wird es künftig ein Forum zum Austausch geben. „Idealerweise findet das Treffen in einem Umfeld statt, das die CMOs ohnehin nutzen würden“, sagt Schütte. Best Brands und der Innovationstag mit der „CMO of the Year“-Auszeichnung als Höhepunkt sind solche Gelegenheiten, die der Council-Schirmherr dabei im Blick hat.

Ein möglicher weiterer Schritt sind Angebote von Studienreisen für Marketingentscheider, etwa zur South by Southwest nach Austin. „Wir haben in diesem Jahr für unsere Kunden eine Art Probefahrt nach Cannes organisiert, auf der wir an einem Tag gezielt Höhepunkte des Werbefestivals vorgestellt haben. Die Resonanz darauf war sehr positiv“, bilanziert Schütte erste Erfahrungen.

Hinzu kommen Studien, die den Mitgliedern exklusiv zur Verfügung gestellt werden, oder eigens auf deren Bedürfnisse zugeschnittene Vorträge. „Wir müssen Content generieren, der unsere CMOs weiterbringt“, beschreibt der Schirmherr des Gremiums den Anspruch für die kommenden Monate. Doch es geht ihm nicht nur um Inhalte, sondern um konkrete Angebote, um das Vertrauen der Entscheider zu rechtfertigen.

Erste Punkte gibt es bereits: Im Rahmen der Best-Brands-Verleihung im vergangenen Februar hat Serviceplan beispielsweise das Programm „Future CMO of the Year“ vorgestellt. Die Idee dahinter: Die Unternehmen schicken ihre besten Nachwuchskräfte auf die Berliner Steinbeis School of Management and Innovation. Gemeinsam mit Serviceplan vergibt die Hochschule fünf bis sechs Studienplätze. „Aktuell haben die ersten drei Nachwuchs-Marketer ein Stipendium erhalten“, sagt Schütte.

Vom Council profitieren auch Schütte und seine Agenturkollegen, nicht nur CMOs: „Ich bin nochmals auf die Schulbank gegangen und kann jetzt noch besser verstehen, wie CMOs denken und was sie beschäftigt.“ Das könnte Kundengespräche erleichtern. Die Tour de Marketing hinterlässt vielfache Spuren.

Der Artikel ist erschienen im Sonderheft zum „CMO of the Year 2017“ Award von HORIZONT (dfv Mediengruppe).

Illustration: Dominique Rossi, Horizont

Michael Reidel

Redakteur Horizont

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