Was macht eigentlich ein Audience Broker?

Berufsbilder bei Serviceplan

Banner für Lippenstifte platziert man auf frauenaffinen Portalen, das weiß auch der Mediaplaner. Aber wie erreicht man ganz gezielt diejenigen, die die Lippenstiftseite schon mal besucht haben? Und unter welchen Umständen ist es besonders effizient, ebendiese Teilzielgruppe mit einer für genau dieses Szenario gestalteten Botschaft anzusprechen? Ein Fall für den Audience Broker! Marwa Saleh, Senior Audience Broker bei Prex Programmatic Exchange, einer Agentur der Serviceplan Gruppe, und eine der ganz wenigen Spezialistinnen in diesem jungen Bereich, stellt uns ihren spannenden Beruf vor.

Viel Spaß mit dem dritten Teil unserer Reihe Jobtitel-Bingo.

  • Liebe Marwa, ein Mediaeinkäufer schaltet Platzierungen, z. B. Banner auf Publikumsportalen. Worin unterscheidet sich denn der Audience Broker vom Mediaeinkäufer?

    Der größte Unterschied ist, dass wir’s selbst machen. Genau wie die Mediaplaner buchen wir Platzierungen ein. Aber wir haben nicht, wie ein Mediaplaner, die Schnittstelle, die beim Vermarkter die Verfügbarkeit von Platzierungen abfragt, beispielsweise für ein Banner und für eine bestimmte Zielgruppe. (Anmerkung der Redaktion: Sogenannte Vermarkter bieten Platzierungen auf verschiedenen Portalen an. Die Werbeflächen auf den Portalen rtl.de und vox.de etwa werden gebündelt über den Vermarkter IP angeboten.) Vielmehr buche ich auf Basis des Kampagnen-Briefings die Werbemittel direkt ein, gebe sie frei und lasse sie ausspielen. Und in diesem Prozess kann ich noch Besonderheiten einsteuern, beispielsweise, indem ich bestimmte Volumina am Abend ausliefern lasse, wenn ich weiß, dass die Zielgruppe „modeaffine Frauen“ erst nach der Arbeit online shoppt. Oder indem ich bestimmte Volumina tagsüber mobil einkaufe, weil ich weiß, dass die Zielgruppe tagsüber vor allem über Smartphones erreichbar ist.

  • Und du kriegst die Platzierungen auch, das ist sicher, oder?

    Ja, das ist kein Problem. Der Markt stellt eigentlich meistens genügend Volumen bereit. Ich frage nicht einzelne Vermarkter an, sondern buche mit der Vorgabe eines TKP (Preis je tausend Sichtkontakte) bei einer ganzen Gruppe von Vermarktern, also z. B. bei Spiegel, IP und Burda, mit sogenannten „Private Deals“ oder ich setze meine Kampagne im Open Market auf.

  • Woher weißt du denn, wie viele Kontakte z. B. die Homepage von Spiegel Online am Tag herstellt?

    Aufgrund von Hochrechnungen kann ich von rund zehn Millionen Ad Impressions ausgehen. In Relation zum Budget, zur Zielgruppe und anderen Parametern buche ich dann beispielsweise 300.000. Und während die Kampagne läuft, optimiere ich, indem ich direkt eingreifen kann.

  • In welcher Art Unternehmen ist denn ein Audience Broker tätig? Und mit wem arbeitet er oder sie zusammen?

    Audience Broker arbeiten in Mediaagenturen, aber auch bei Vermarktern sowie bei Demand Side Plattformen, den technischen Plattformen zwischen Agenturen und Vermarktern. Ich arbeite mit Mediaplanern, Kundenberatern, mit Ansprechpartnern aufseiten der Vermarkter sowie von Plattformanbietern für Programmatic Advertising zusammen – und manchmal auch mit Kunden.

  • Womit bist du eigentlich mehr beschäftigt: mit der Bedienung von Tools oder mit persönlichen Gesprächen und Abstimmungen mit Kunden, Vermarktern und Planern?

    Das ist ganz unterschiedlich, je nach Kampagne und je nach Stadium des jeweiligen Kampagnenprozesses. An manchen Tagen bin ich tatsächlich vorrangig mit Kontrollieren, Analysieren, Nachbuchen, Ausbuchen, Programmieren und Nachjustieren auf den Programmierplattformen beschäftigt. An anderen Tagen fragen Kunden und Mediaplaner an, mit denen man dann zu einem Briefing über verschiedene Möglichkeiten brainstormt.

  • Wie macht man eigentlich aus der Zielgruppenbeschreibung eines Kunden eine Targeting-Zielgruppe?

    Die herkömmliche Zielgruppe zeichnet sich durch typische Merkmale – wie z. B. weiblich, zwischen 18 und 35 Jahre alt, Haushaltsnettoeinkommen über 2.000 Euro und modeaffin – aus. Für Programmatic-Awareness-Kampagnen kann man hier einfach Seiten suchen, die so eine Zielgruppe abbilden, oder wir setzen eine Re-Targeting-Strategie auf mit den User-Daten vom Kunden. Wir können also User gezielt ansprechen, die schon ein Produkt des Kunden online gekauft haben. Oder solche, die die Bestellseite aufgerufen, dann aber doch nicht geordert haben.

  • Es heißt, ein besonders kreativer Prozess ist der der Kampagnenoptimierung. Was ist denn daran so kreativ?

    Die laufende Auswertung einer Kampagne zeigt mir viele Details. Da sehe ich etwa die Performance eines Banners zu einer bestimmten Uhrzeit, angezeigt in einem bestimmten Browser beim User, außerdem das mobile Betriebssystem und so weiter. Wenn ich also feststelle, dass ein Banner, der z. B. Schuhe bewirbt, zwischen 21 und 22 Uhr besonders oft geklickt wird und diese Klicks dann auch zu Käufen führen, dann optimiere ich die Kampagne zugunsten dieser Uhrzeit. Oder ich sehe, dass ein gewisser Browser schlechter abschneidet, dann kann ich den ausschließen. Entscheidungen und Umbuchungen dieser Art muss ich während des Kampagnenzeitraums treffen bzw. vornehmen.

  • Was ist denn eine typische Herausforderung? Was sind das für Momente, in denen du wirklich alles geben musst?

    Es kommt schon mal vor, dass man eigentlich alles richtig macht und trotzdem performt die Kampagne nicht wie erwartet. Man optimiert in diese oder in jene Richtung und muss doch einiges ausprobieren, um möglichst viel herauszuholen. Das ist vor allem dann herausfordernd, wenn Faktoren eine Rolle spielen, die man gar nicht beeinflussen kann. Beispielsweise, wenn ein Wettbewerber deines Kunden eine aggressive Strategie fährt. Dann ist es auch möglich, dass ich unser Gebot für bestimmte Platzierungen in Abstimmung mit dem Kunden erhöhen muss, um die Präsenz unserer Kampagne zu erhöhen. Wenn mich niemand überbietet, kriege ich die Platzierung.

  • Kommt es auch vor, dass dein Feedback zu Änderungen im Mediaplan führt?

    Ja, klar. Nehmen wir an, ein neues Sportgerät soll beworben werden. Da liegt es nahe, in sehr spitzen Umfeldern zu inserieren, wo ohne Streuverlust die affine Zielgruppe erreicht wird. Wir können dann vielleicht darauf hinweisen, dass andere Umfelder, z. B. zum Thema Clean Eating, deutlich mehr Reichweiten generieren würden. Da sind zwar dann nicht nur Sportaffine unterwegs, dafür aber insgesamt mehr User und wahrscheinlich sogar diejenigen mit höherem Kaufinteresse.

  • Nehmen wir an, eine Kampagne ist erfolgreich. Welchen Anteil hast du daran?

    Na ja, ich habe da schon einen sehr großen Anteil (lacht). Aber ich bin natürlich erst dann wirklich erfolgreich, wenn die Zusammenarbeit mit dem Kunden und dem Vermarkter, mit der Mediaplanung und nicht zuletzt mit der Kreation klappt. Und das Produkt spielt natürlich auch eine Rolle.

  • Ist Audience Broker schon ein etablierter Ausbildungsberuf oder entsteht dieser Beruf gerade erst?

    Als ich vor vier Jahren damit angefangen habe, war das Thema wirklich noch ganz neu und in Deutschland gab es nicht wirklich viele, die das sozusagen hauptberuflich gemacht haben. Andere Märkte sind da deutlich weiter, wie z. B. die USA, Australien, die Niederlande, Schweden, Frankreich und Großbritannien. So langsam bildet sich allerdings auch bei uns ein Berufsbild heraus. Aber bis auf weiteres heißt es doch eher noch „Learning by doing“. Ich selbst habe eigentlich Marketing und International Business studiert – und jetzt bin ich hier.

  • Wenn du zu den ganz, ganz wenigen Audience Brokern überhaupt gehörst, dann prägst du dieses Berufsbild auch mit, oder?

    Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Aber ja, es stimmt: Mein Feedback an die Plattformanbieter führt auch zu Optimierungen von Tools. Und überhaupt wirke ich an Projekten mit, die auf einer innovativen Idee unseres Teams basieren, in ihrer Art weltweit erstmalig und einzigartig sind – und die dementsprechend mal zum Standard werden können, weil sie erfolgreich waren.

  • Welche Begabungen, welche Persönlichkeitsmerkmale sind denn nützlich, wenn man Audience Broker werden will? Kreativität? Ehrgeiz? Ganz was anderes?

    Analytische Fähigkeiten sind ganz wichtig. Und natürlich auch eine technische Affinität, um mit unseren Plattformen zu programmieren, Reports zu erstellen und so weiter. Neugierde und eine gewisse Abenteuerlust sind hilfreich, denn man hat dauernd mit neuen Entwicklungen zu tun, die noch niemand so richtig ausprobiert hat und deren Handhabung man sich erst mal erschließen muss. Und nicht zu vergessen Ehrgeiz und Beharrlichkeit: Man kann wirklich viel erreichen, aber man muss sich auch ziemlich reinhängen.

  • Gibt es auch konkrete Hard Skills, die man haben sollte, um sich mit Aussicht auf Erfolg bewerben zu können?

    Es ist hilfreich, wenn man sich mit technischen Tools gut auskennt. Microsoft Excel sollte man unbedingt beherrschen können. Überhaupt – eine hohe Web-Affinität ist eigentlich schon Voraussetzung.

  • Marwa, worauf freust du dich am meisten, wenn du morgens in die Agentur kommst?

    Auf Peters Kaffee aus unserer Cafete. Damit guck ich mir die Auswertung laufender Kampagnen an und kann erste Optimierungen vornehmen. So beginnt ein guter Tag für mich – und so beginnt er meistens.

  • Vielen Dank für die spannenden Einblicke!

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