VR

Storytelling

Über “ein ganz neues Storytelling” erzählt Peter Gocht, Global Executive Creative Director, Part des Creative Boards bei der Serviceplan Gruppe und Mitglied beim Ersten Deutschen Fachverband für Virtual Reality.

Warum sollten die Menschen VR-Brillen nutzen? Weil die Technik immer besser wird? Weil sie immer leichter und günstiger wird? Wohl eher nicht.

Wie bei jedem Medium kommt es in erster Linie auf den Inhalt an. Es bringt wenig, einfach eine 360°-Kamera aufzustellen und zu hoffen, dass die Leute ausflippen. Manche Unternehmen beamen Zuschauer voller Stolz in ihre Fabrik, um dann festzustellen, dass es den Menschen zu langweilig ist. Es reicht nun mal nicht (mehr), ein Medium als erster zu nutzen, vielmehr muss man die Besonderheiten dieses Mediums ausschöpfen. Und wie bei allem braucht es etwas Herzblut, um es zum Leben zu erwecken. Einfach gesagt: Ideen.

VR und 360°-Film sind die ersten Medien, die ihre Zuschauer komplett in eine andere Welt versetzen. Oder in eine Situation mit anderen Menschen, die mich begrüßen und ansprechen können, mich auf eine Reise mitnehmen oder mit mir in eine Geschichte eintauchen. Dadurch ergeben sich völlig neue Erzählweisen für Filmemacher. Ich schaue also keinen Film, sondern bin plötzlich Teil eines Films, spiele sogar eine Rolle. Der Zuschauer wird zum Zentrum eines Films.

Ziel muss es sein, das Erlebnis so realistisch wie möglich zu gestalten. Denn je weniger ich meine Umgebung infrage stelle und je mehr alles einer mir bekannten Logik folgt, desto mehr lasse ich mich auf diese Realität ein.

Ein weiterer Hebel ist die Geschichte selbst. Je mehr der Zuschauer in eine Geschichte verwickelt wird, desto immersiver wird das Erlebnis, desto mehr vergisst der Zuschauer, wo er sich wirklich gerade befindet. Storytelling macht das Erlebnis weniger virtual und mehr real.

Die größte Frage, die sich dabei stellt, ist: Was, wenn der Zuschauer in die falsche Richtung guckt und etwas Wichtiges in der Handlung verpasst? Auch hier kann man sich einfach in der Realität bedienen. Die Story muss so konzipiert sein, dass der Zuschauer sich natürlich verhalten kann und eben genau dorthin sieht, wo es gerade am meisten Sinn ergibt. Wenn man die quietschenden Reifen eines Autos hört, aber nicht sieht, dreht man sich höchstwahrscheinlich um.
Dazu kommt, dass es im Gegensatz zum klassischen Film keine Close-ups gibt. Tatsächlich ähnelt die Art der Inszenierung eher dem Theater. In VR muss der Zuschauer also aktiv werden, eigenständig zum Ort des Geschehens gehen, im 360°-Film müssen die wichtigen Dinge nah genug an ihn herankommen.

Um dieses neue Medium kreativ zu erforschen, wurde im Haus der Kommunikation Hamburg das Serviceplan VR Lab gegründet. Zusammen mit unseren Kunden finden wir heraus, wie VR zu einem neuen, elementaren Baustein im Mediaplan bzw Marketingplan werden kann. Man muss sich demzufolge vorranging fragen: Welche Ideen werden dem Medium wirklich gerecht und bieten dadurch einen Mehrwert? Denn es geht nicht mehr darum, ob sich VR und 360° durchsetzen, sondern wer den besten Content und die besten Lösungen für Nutzer bietet.

Zuerst erschienen im Interactive-Festival Magazin.